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Das Gebärmutterlumen ist nach der Kalbung oft durch eine Vielzahl verschiedener unspezifischer Keime aus der Umgebung kontaminiert. Jedoch führt nicht jede Kontamination zu einer Infektion des Uterus.

Grundsätzlich wird zwischen Kontamination und Infektion unterschieden. Bei einer ungestörten Immunlage des Tieres kommt es in der Regel zu einem schnellen Einstrom neutrophiler Granulozyten, welche pathogene Organismen zügig eliminieren können.

Allerdings ist die Funktion der neutrophilen Granulozyten im peripartalen Zeitraum häufig gestört (ZERBE et al. 2000), was die Ausbildung einer uterinen Infektion begünstigt. Kühe mit einer verminderten Neutrophilen-Funktion sind deutlich anfälliger für schwere uterine Infektionen (KIM et al. 2005b). Ovarielle und luteale Hormone, wie Progesteron, sowie metabolische Veränderungen scheinen peripartal die Phagozytoseleistung und die Genexpression von PMN (polymorphkernigen Leukozyten) zu beeinträchtigen (MADSEN et al. 2002; BURVENICH et al. 2007). So wurde eine verminderte PMN-Funktion bei hohen peripartalen 17β-Östradiol-Konzentrationen beschrieben (KEHRLI et al. 1989; CAI et al.

1994; DA SILVA et al. 1998; HOEBEN et al. 2000; WATSON u. GAMETCHU 2001;

LAMOTE et al. 2006). Andere Autoren beobachteten, dass die Funktion von uterinen PMN bei hohen Östrogen-Konzentrationen unbeeinflusst bleibt (CHACIN et al. 1990). Einige In-vitro-Studien lassen jedoch vermuten, dass Chemotaxis, Phagozytose und der Respiratory Burst von PMN durch 17β-Östradiol beeinflusst werden (HOEDEMAKER et al. 1992;

LAMOTE et al. 2004). Weiterhin wird davon ausgegangen, dass hohe Progesteron-Konzentrationen bakterielle Infektionen der Gebärmutter begünstigen. So reagierten Tiere mit hohen Progesteron-Gehalten anfälliger nach experimentellen Infektionen mit Escherichia coli (E. coli) und Trueperella pyogenes (T. pyogenes) (DEL VECCHIO et al. 1994) und weniger anfällig bei niedrigen Progesteron-Spiegeln (und hohen Östrogen-Konzentrationen) (SEALS et al. 2003). Progesteron vermittelt einen negativen Effekt auf die uterine Immunabwehr, da es die Synthese von Prostaglandinen und Leukotrienen hemmt (LEWIS 2004; HERATH et al.

2006). Weiterhin hemmt es die Lymphozyten-Proliferation (SEGERSON u. GUNSETT 1993;

LEWIS 2004), vermindert die Aktivität proinflammatorischer Moleküle und fördert die

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Synthese von Prostaglandin E (PGE) (SLAMA et al. 1991; SZEKERES-BARTHO et al.

2001; AROSH et al. 2002; SEALS et al. 2002).

Auch die beteiligten Erreger einer Infektion können die Phagozytosefähigkeit von Zellen negativ beeinflussen. So hemmt Fusobakterium necrophorum (F. necrophorum) die Phagozytose durch PMN, indem es ein spezielles Leukotoxin produziert (ROBERTS 1967;

SHELDON 2004). KIM et al. (2005a) stellten fest, dass neutrophile Granulozyten von Tieren mit einer Endometritis signifikant schlechter Bakterien phagozytieren konnten.

Auch spielen bestimmte Risikofaktoren wie Nachgeburtsverhaltung, Dystokie, Zwillingsträchtigkeit oder Totgeburt um den Geburtszeitraum eine Rolle und können das Gleichgewicht zwischen Wirtsimmunität und Pathogenität der Erreger zugunsten der Erreger verschieben (GROHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000; KIM u. KANG 2003). Ist dieses der Fall, können pathogene Keime persistieren und Endometritiden verursachen. Durchschnittlich erleiden 20 bis 40 Prozent der Hochleistungsrinder eine akute klinische Metritis innerhalb einer Woche nach der Kalbung. 20 Prozent der Tiere zeigen eine persistierende klinische Endometritis drei Wochen p. p. und etwa 30 Prozent entwickeln eine chronische subklinische Endometritis (MARKUSFELD 1987; BORSBERRY u. DOBSON 1989; OPSOMER et al.

2000; DRILLICH et al. 2001; SHELDON et al. 2006; LINCKE et al. 2007).

Zu den uteruspathogenen Bakterien zählen vor allem T. pyogenes und E. coli, aber auch F.

necrophorum und Prevotella spp. können in diesem Zusammenhang genannt werden (SHELDON et al. 2002; WILLIAMS et al. 2005). E. coli erfüllt dabei gehäuft die Funktion eines Wegbereiters für andere Erreger (DOHMEN et al. 2000; WILLIAMS et al. 2007;

DONOFRIO et al. 2008), indem es die ovarielle Funktion, die Hypophysen-Hypothalamus-Achse, das allgemeine Befinden des Tieres sowie die Uterusgesundheit im Speziellen negativ beeinflusst (WILLIAMS et al. 2007). Eine nachfolgende Infektion mit T. pyogenes führt dann i. d. R. zu schweren Läsionen des uterinen Gewebes (BONNETT et al. 1991). T. pyogenes verfügt über das Cholesterol-abhängige Zytotoxin Pyolysin, welches in der Lage ist an cholesterolreiche Strukturen in der Zellmembran zu binden, dort zu einem Komplex zu aggregieren und eine Pore zu formen. Die betroffene Zelle geht dann aufgrund der veränderten osmotischen Verhältnisse zugrunde (JOST u. BILLINGTON 2005).

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Es lassen sich sowohl pathologisch als auch klinisch verschiedene Formen uteriner Entzündungen definieren.

Die puerperale Metritis ist eine schwere entzündliche Reaktion nach bakterieller Infektion, bei der alle Schichten des Uterus betroffen sind. Klinisch handelt es sich um eine akute systemische Erkrankung. I. d. R. tritt sie innerhalb von zehn Tagen (bis spätestens 21 Tage) p.

p. auf und führt zu einem übelriechenden, rot-braunen, wässrigen uterinen Ausfluss (SHELDON et al. 2006). Weiterhin tritt Fieber auf sowie in schweren Fällen eine verminderte Milchproduktion, Schwäche, Inappetenz, eine erhöhte Herzfrequenz sowie Dehydration.

Meist findet man einen großen, schlaffen Uterus vor, da die Involution verzögert ist. Einzelne Symptome können fehlen.

Die klinische Endometritis ist definiert als eine auf das Endometrium begrenzte Entzündung des Uterus, wobei die entzündlichen Prozesse nur bis in das Stratum spongiosum der Gebärmutter reichen. Bei der klinischen Endometritis kommt es zum Auftreten von purulentem (>50% Eiter) Ausfluss ab dem 21. Tag post partum (p. p.) oder mukopurulentem (etwa 50% Eiter und 50% Mukus) Ausfluss ab dem 26. Tag p. p. (SHELDON et al. 2006).

Dieses Exsudat kann zur Klassifikation des Schweregrades der Entzündung herangezogen werden und zeigt das Vorhandensein pathogener Erreger wie E. coli oder T. pyogenes an. I. d.

R. tritt diese Form der Erkrankung ab dem 21. Tag p. p. auf (SHELDON et al. 2006). In sehr schweren Fällen kann es zur Ausbildung einer Pyometra kommen. Als Pyometra bezeichnet man eine Ansammlung von eitrigem Material im Uteruslumen bei geschlossener Zervix und persistierendem Corpus luteum.

Die meisten Bakterien können innerhalb der ersten zwei bis vier Wochen nach der Geburt spontan eliminiert werden (ELLIOTT et al. 1968; BRETZLAFF 1987; HUSSAIN 1990).

Geschieht dies nicht, kann sich eine subklinische Endometritis entwickeln. Bei der subklinischen Endometritis fehlt jede klinische Symptomatik. Sie ist gekennzeichnet durch das Persistieren neutrophiler Granulozyten im betroffenen Gewebe. Dabei handelt es sich um eine subklinische Endometritis, sofern sich bei der zytologischen Untersuchung einer endometrialen Probe (beispielsweise einer Cytobrush-Probe) mehr als 18 Prozent neutrophile Granulozyten 20-33 Tage p. p. oder mehr als 10 Prozent neutrophile Granulozyten 34-47 Tage p. p. ermitteln lassen (KASIMANICKAM et al. 2004).

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Entzündliche Erkrankungen der Gebärmutter nach bakterieller Infektion verursachen oft Störungen der ovariellen und uterinen Funktion, was nicht selten zu einer Sub- oder Infertilität der Tiere führt. Z. B. zeigen Schafe und offenbar auch Rinder ein gehemmtes Wachstum des ersten dominanten Follikels post partum, da LPS die Sekretion von GnRH (gonadotropine releasing hormone) aus dem Hypothalamus und von LH (luteinising hormone) aus der Hypophyse supprimiert (PETER et al. 1989; BATTAGLIA et al. 2000;

KARSCH et al. 2002). Diese hormonelle Veränderung vermindert die Chance einer Ovulation. Weiterhin zeigen erkrankte Tiere verlängerte Lutealphasen durch eine Störung der Luteolyse, da es zur vermehrten endometrialen Sekretion von PGE anstelle des erwünschten Prostaglandin F (PGF) kommt (HERATH et al. 2009). Außerdem sind die peripheren Plasma-Östradiolkonzentrationen der Tiere erniedrigt (HERATH et al. 2007).