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Methylierte und halogenierte Phenolderivate .1 Coaktivierung des Rezeptors

Alle untersuchten nicht-halogenierten Phenolderivate coaktivieren Glycin-Ströme sowohl an α1- als auch an α1β-Glycin-Rezeptoren in vergleichbarem Ausmaß. Bei den halogenierten Phenolderivaten sind diese coaktivierenden Effekte jedoch in einem signifikant niedrigeren Konzentrationsbereich nachweisbar.

Die halogenierten Phenolderivate 3-Methyl-4-chlorophenol und 3,5-Dimethyl-4-chlorophenol erreichen eine halbmaximale Aktivierung des Rezeptors bereits durch 30-fach bzw. 50-fach niedrigere Konzentrationen als ihre nicht halogenierten Strukturanaloga. Die Unterschiede der EC50-Werte zwischen den halogenierten und den nicht halogenierten Phenolderivaten sind signifikant (p < 0,0001).

Abb. 11

Repräsentative Stromspuren erzeugt durch 3,5-Dimethylphenol und 3,5-Dimethyl-4-chlorophenol bei einer simultanen Applikation mit einer 10 µM Glycin-Lösung am α1β-Glycin-Rezeptor. Beide Substanzen potenzieren den Effekt einer 10 µM Glycin-Lösung. Die halogenierte Substanz zeigt coaktivierende Effekte schon in einem sehr niedrigen Konzentrationsbereich.

Abb. 12

Repräsentative Stromspuren erzeugt durch 3-Methylphenol und 3-Methyl-4-chlorophenol bei einer simultanen Applikation mit einer 10 µM Glycin-Lösung am α1β-Glycin-Rezeptor. Beide Substanzen potenzieren den Effekt einer 10 µM Glycin-Lösung. Bei der halogenierten Substanz ist dies schon in einem sehr niedrigen Konzentrationsbereich zu beobachten (< 5 µM).

Die in ortho-Position methylierten Substanzen sind nicht signifikant potenter als die Substanzen, die ihre Methyl-Gruppe in meta-Position tragen. Genauso ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den einfach und den doppelt methylierten Substanzen.

Die Abbildungen 11, 12 und 13 zeigen repräsentative Strom-Kurven für 3-Methylphenol und 3-Methyl-4-chlorophenol bzw. 3,5-Dimethylphenol und 3,5-Dimethyl-4-chlorophenol bzw. 2-Methylphenol und 2,6-Dimethylphenol. Die Konzentrationen für eine halbmaximale Aktivierung des α1- und des α1β-Glycin-Rezeptors durch alle untersuchten Phenolderivate sind in der Tabelle in Abbildung 14 und Konzentrations-Wirkungskurven für alle untersuchten Phenolderivate in Abbildung 15 dargestellt.

1000 µm Glycin

Abb. 13

Repräsentative Stromspuren einer 2 Sekunden dauernden simultanen Applikation einer 10 µM Glycin-Lösung zusammen mit 2-Methylphenol bzw. 2,6-Dimethylphenol am α1β-Glycin-Rezeptor. Beide Substanzen potenzieren den Effekt der 10 µM Glycin-Lösung im gleichem Konzentrationsbereich.

Da eine 10 µM Glycin-Lösung am α1-Glycin-Rezeptor eine höhere Stromantwort erzeugt als am α1ß-Glycin-Rezeptor, werden die maximalen potenzierenden Effekte der Phenolderivate (bezogen auf den Effekt einer 1000 µM Glycin-Lösung) möglicherweise schon in geringeren Konzentrationen erreicht und damit die Potenz des Phenolderivates überschätzt. Die Effekte an α1-homomeren Rezeptoren können also nur qualitativ betrachtet werden. Die Coaktivierung des α1-Glycin-Rezeptors durch die verschiedenen Substanzen kann aber im gleichen oder niedrigeren Konzentrationsbereich wie die des α1ß-Glycin-Rezeptors beobachtet werden. Die ß-Untereinheit ist also nicht erforderlich für Coaktivierung des Glycin-Rezeptors. Repräsentative Strom-Spuren sind in Abbildung 16 gezeigt.

2000 ms

α1-Glycin-Rezeptor α1ß-Glycin-Rezeptor

Hill-Koefizienten (nH) und EC50-Werte in µM für alle untersuchten Verbindungen sowohl für α1- als auch für α1ß-Glycin-Rezeptoren (MW ± SD). Nur die Effekte an α1ß-Rezeptoren werden einer statistischen Analyse unterzogen, da die Strom-Antwort auf eine 10 µM Glycin-Lösung an α1-Rezeptoren signifikant höher (46 ± 5 %) ist als an α1ß- Rezeptoren (21 ± 7 %). Als Konsequenz der höheren Glycin-Empfindlichkeit der α1-Rezeptoren werden die maximalen potenzierenden Effekte der Phenolderivate (bezogen auf den Effekt einer 1000 µM Glycin-Lösung) möglicherweise schon in geringeren Konzentrationen erreicht und damit die Potenz des Phenolderivates überschätzt. Die beiden halogenierten Phenolderivate sind signifikant potenter als ihre nicht halogenierten Strukturanaloga (p<0,0001).

Abb. 15

Die Potenzierung der durch eine 10 µM Glycin-Lösung induzierten Stromantwort in α1β-Glycin-Rezeptoren durch alle untersuchten Phenolderivate. Die Daten aus jeweils 4 – 6 Experimenten pro Phenolderivat sind dargestellt in Prozent (%) als MW ± SD. Die durchgezogenen Linien zeigen eine Hill-Funktion (Inorm=[1+(EC50/[C])nH]-1) mit den für EC50 und nH gemittelten Parametern. Die Konzentrationen für eine halbmaximale Aktivierung des Rezeptors sind bei den halogenierten Phenolderivaten signifikant geringer als bei den nicht-halogenierten (p<0,0001). Die durch die einzelnen Substanzen induzierten Maximaleffekte unterscheiden sich nicht signifikant.

Abb. 16

Repräsentative Stromspuren einer 2 Sekunden dauernden simultanen Applikation einer 10 µM Glycin-Lösung zusammen mit 3,5-Dimethylphenol und 3,5-Dimethyl-4-chlorophenol (obere Zeile) bzw. Methylphenol und 3-Methyl-4-chlorophenol (untere Zeile) am α1-Glycin-Rezeptor. Der durch eine 10 µM Glycin-Lösung ausgelöste Effekt ist am α1-Rezeptor größer als am α1β-Rezeptor, coaktivierende Effekte zeigen sich jedoch im gleichen Konzentrationsbereich wie am α1β-Rezeptor.

1000 µM Glycin

3.3.2 Direkte Rezeptoraktivierung

Nur die doppelt methylierten, nicht halogenierten Phenolderivate induzieren messbare Chlorid-Einwärtsströme ohne Anwesenheit des natürlichen Agonisten Glycin. Die erforderlichen Konzentrationen liegen allerdings im Bereich > 1000 µM an beiden Rezeptoren. Wie in Abbildung 17b zu sehen, zeigen Ströme, die durch beide Verbindungen ausgelöst werden, während der 2 s dauernden Applikation keine Desensitisierung. Bei Applikation einer 3000 µM Lösung erreicht 3,5-DimethylphenolAmplituden von 30 ± 12 % (α1, n = 3) und 38 ± 5 % (α1β, n = 3) und 2,6-Dimethylphenol Amplituden von 32 ± 6 % (α1, n = 3) und 33 ± 10 % (α1β, n = 3) der Amplitude, die durch eine 1000 µM Glycin-Lösung ausgelöst wird.

Die Anpassung einer Hill-Funktion an die gemittelten Dosis-Wirkungs-Kurven ist in Abbildung 17a zu sehen und führt zu Konzentrationen für eine halbmaximale Aktivierung des Rezeptors (EC50) von 1410 ± 101 µM (α1) und 1549 ± 164 µM (α1β) für 2,6-Dimethylphenol und 1468 ± 208 µM (α1) und 1466 ± 83 µM (α1β) für 3,5-Dimethylphenol.

Abb. 17a

Konzentrations-Wirkungskurven für die direkte Aktivierung von α1- (Dreiecke) und α1β-Rezeptoren (Kreise) durch 2,6-Dimethylphenol und 3,5-Dimethylphenol (MW ± SD). Die induzierten Stromantworten sind normalisiert auf den maximalen durch eine 3000 µM Lösung des Phenolderivates erzeugten Effekt (gefüllte Symbole) und auf den maximalen durch eine 1000 µM Glycin-Lösung erzeugten Effekt (leere Symbole). Die durchgezogenen Linien zeigen eine Hill-Funktion (Inorm=[1+(EC50/[C])nH]-1) mit den für EC50 und nH aus jeweils n = 3 Experimenten pro Substanz und Rezeptortyp gemittelten Parametern.

0.0

Abb. 17b

Repräsentative Stromspuren der direkten Aktivierung des α1- (linke Spalte) und des α1β-Glycin-Rezeptors (rechte Spalte) durch 2,6-Dimethylphenol und 3,5-Dimethylphenol im Vergleich zu Stromspuren ausgelöst durch eine 1000 µM Glycin-Lösung.

1000 µM 2,6-Dimethylphenol 1500 µM 2,6-Dimethylphenol 2000 µM 2,6-Dimethylphenol 3000 µM 2,6-Dimethylphenol 1000 µM Glycin

1000 µM Glycin

1000 µM 3,5-Dimethylphenol 1500 µM 3,5-Dimethylphenol 2000 µM 3,5-Dimethylphenol

3000 µM 3,5-Dimethylphenol

1000 µM Glycin

1000 µM 2,6-Dimethylphenol 1500 µM 2,6-Dimethylphenol 2000 µM 2,6-Dimethylphenol 3000 µM 2,6-Dimethylphenol 1000 µM Glycin

2000 µM 3,5-Dimethylphenol

3000 µM 3,5-Dimethylphenol 1500 µM 3,5-Dimethylphenol 1000 µM 3,5-Dimethylphenol

3.3.3 Hemmende Effekte durch halogenierte Phenolderivate

3-Methyl-4-chlorophenol in Konzentrationen höher als 600 µM (n = 5) und 3,5-Dimethyl-4-chlorophenol in Konzentrationen höher als 300 µM (n = 6) besitzen bei einer simultanen Applikation mit einer 1000 µM Glycin-Lösung hemmende Effekte, die sich durch eine

Reduktion der Stromamplitude im Bereich höherer Konzentrationen und einen beschleunigten Abfall des Stromes nach Aktivierung des Kanals zeigen. Nach Beendigung der Coapplikation erfolgt eine erneute Öffnung des Kanals (Abbildung 18). Diese Beobachtungen könnten sich durch einen Offen-Kanal-Block erklären lassen.

Abb. 18

Der hemmende Effekt der halogenierten Phenolderivate zeigt sich durch eine in höheren Konzentrationen zunehmende Verringerung der maximalen Stromamplitude, einen beschleunigten Abfall während der Applikation und einer erneuten Öffnung des Kanals nach Beendigung der Coapplikation.

1000 µM Glycin