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2.9 Typisierung von VTEC

2.9.2 Methoden zur Genotypisierung

2.9.2.1 Plasmidtypisierung

Durch gelelektrophoretische Auftrennung lassen sich Anzahl und Größe der in der Zelle enthaltenen Plasmide darstellen. Bereits bei der Untersuchung der ersten bekannt gewordenen EHEC-Ausbrüche wurde die Plasmidtypisierung bei humanen und Lebensmittel-Isolaten durchgeführt (WELLS et al., 1983). Mittlerweile hat sich gezeigt, daß diese Methode vielen anderen Typisierungsverfahren (Phagentypi-sierung, PFGE, RAPD) unterlegen ist (RADU et al., 2001; MILCH et al., 2003). Sie kann jedoch eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Subtypisierungsmethoden dar-stellen. So erwies sich in der Untersuchung von PRADEL et al. (2001) die Kombination aus vtx 2-RFLP, Bestimmung der vtx 2-Varianten und Plasmidprofilanalyse genauso wertvoll wie die PFGE.

2.9.2.2 Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE)

Bei der PFGE wird das gesamte bakterielle Genom einem Restriktionsverdau unter-worfen. Dazu ist der Einsatz selten-schneidender Restriktionsenzyme, sogenannter

„rare cutters“, erforderlich, da ansonsten die Anzahl der entstehenden DNA-Fragmente zu hoch wäre, um gelelektrophoretisch ein klar erkennbares Banden-muster zu erhalten. Aus der geringen Anzahl von Schnittstellen resultieren jedoch vergleichsweise große Fragmente, die mittels herkömmlicher Elektrophorese nicht

mehr auftrennbar sind, da ab ca. 50 kb die Wanderung im elektrischen Feld nicht mehr proportional zur Fragmentlänge erfolgt. Die Auftrennung gelingt jedoch bei Anlegen eines alternierenden elektrischen Feldes, da sich die Reorientierungs-geschwindigkeit von DNA-Fragmenten bis zu 2.000 kb propotional zu ihrer Größe verhält. Das Verfahren wurde erstmals von SCHWARTZ und CANTOR (1984) bei Hefen beschrieben, wurde seitdem jedoch bei vielen Bakterien-Spezies erfolgreich ange-wandt (STROCKBINE et al., 1998).

BÖHM und KARCH (1992) berichteten als erste über den Einsatz der PFGE bei E. coli O157:H7-Stämmen. Die erhaltenen Restriktionsmuster der 36 untersuchten Stämme differierten nur um wenige Banden, oftmals wiesen epidemiologisch nicht assoziierte Isolate das gleiche Muster auf. Die Autoren schlußfolgerten, daß es sich bei E. coli O157:H7 um einen hochkonservierten Klon handelt, so daß DNA-Finger-printing im Rahmen von epidemiologischen Studien durch weitere Methoden ergänzt werden müßte. Mittlerweile hat sich die PFGE jedoch in vielen Untersuchungen als sehr wertvoll erwiesen. Sie wurde erfolgreich im Rahmen von Ausbruchsunter-suchungen (BARRETT et al., 1994) oder bei epidemiologischen Studien zur Ermittlung von Übertragungswegen (BARKOCY-GALLAGHER et al., 2001; AVERY et al., 2004;

DUFFY et al., 2005) eingesetzt. Im direkten Vergleich zu andern Typisierungs-methoden hat sie eine sehr große „discriminatory power“ bewiesen, so daß sie heute als „gold standard“ angesehen wird (RADU et al., 2001; GIAMMANCO et al., 2002; HAHM

et al., 2003; MILCH et al., 2003; FOLEY et al., 2004). Aus diesem Grund wurde sie auch für das molekulare Subtypisierungs-Netzwerk „PulseNet“ herangezogen, welches 1996 vom CDC in Zusammenarbeit mit anderen US-amerikanischen Untersuchungseinrichtungen ins Leben gerufen wurde, um die Typisierung von „food borne pathogens“ zu standardisieren und so durch Vergleichbarkeit der Ergebnisse verschiedener Labors die Aufklärung überregionaler Ausbrüche zu erleichtern.

E. coli O157:H7 war der erste Lebensmittelinfektionserreger, welcher in das Programm aufgenommen wurde (SWAMINATHAN et al., 2001).

Als nachteilig wird der große Zeit-, Material- und Arbeitsaufwand gesehen, der mit der PFGE verbunden ist. Um Schäden an der hochmolekularen DNA zu vermeiden, ist eine besonders vorsichtige Probenaufbereitung notwendig, was zusammen mit den langen Elektrophorese-Laufzeiten in einem großen Zeitbedarf resultiert (HAHM et al., 2003). Aus diese Grund empfehlen einige Autoren, die PFGE nur in zweifelhaften Fällen durchzuführen, und vorab einfachere und schnellere Verfahren anzuwenden (HAHM et al., 2003; MILCH et al., 2003). Generell wird trotz der hohen „discriminatory power“ auch für die PFGE die Kombination mit anderen Verfahren empfohlen, da auch epidemiologisch nicht assoziierte Stämme das gleiche PFGE-Muster aufweisen können und zudem die Interpretation sehr ähnlicher, aber nicht identischer Profile Schwierigkeiten bereiten kann (BARRETT et al., 1994; STROCKBINE et al., 1998; LIESE

-GANG et al., 2000). Als geeignetstes Restriktionsenzym für E. coli O157:H7 hat sich Xba I erwiesen (BÖHM und KARCH, 1992). Um eine zuverlässige Aussage zu er-möglichen, sollte die PFGE jedoch parallel mit mehreren Restriktionsenyzmen durchgeführt werden (DAVIS et al., 2003; GUPTA et al., 2004).

2.9.2.3 Ribotypisierung

Auch das „ribotyping“ beruht auf dem Restriktionsverdau des Genoms, wobei hier häufig-schneidende Enzyme zum Einsatz kommen. Nach elektrophoretischer Auf-trennung werden die Fragmente im „Southern blot“-Verfahren mit rRNA-Sonden hybridisiert. Während die Ribotypisierung in der ersten Hälfte der 90er Jahre bei einer Vielzahl unterschiedlicher Organismen breite Anwendung fand, erwies sie sich in mehreren Untersuchungen zur Typisierung von E. coli O157-Stämmen als unge-eignet (MARTIN et al., 1996; GRIF et al., 1998a; STROCKBINE et al., 1998). Im Gegensatz dazu bescheinigen HAHM et al. (2003) dieser Methode eine gute „dis-criminatory power“ und empfehlen sie aufgrund der einfachen und schnellen Durch-führbarkeit insbesondere für den Einsatz bei umfangreichen Screening-Unter-suchungen, die im Bedarfsfall durch die genauere, jedoch viel aufwendigere PFGE ergänzt werden kann. AVERY et al. (2002) bescheinigten diesen beiden Verfahren eine vergleichbare Eignung zur Differenzierung, die jedoch durch Kombination der beiden Methoden signifikant verbessert werden konnte.

2.9.2.4 Weitere Modifikationen des Restriktions-Fragment-Längen-Poly-morphismus-Tests (RFLP)

Neben dem bekannten „ribotyping“ wurden weitere Typisierungsverfahren publiziert, welche auf dem Restriktionsverdau des Genoms in Kombination mit einer an-schließenden Hybridisierung der Fragmente im „Southern blot“-Verfahren beruhen.

Als Sonden wurden u. a. λ-Bakteriophagen- oder Verotoxin-Gensequenzen einge-setzt (PAROS et al., 1993; SAMADPOUR, 1995); beide Verfahren fanden jedoch keine weite Verbreitung (STROCKBINE et al., 1998). DATZ et al. (1996) beschrieben eine Hybridisierung mit Sonden des λ-Bakteriophagen-Gens p, welches eine Rolle bei der Phagen-Replikation spielt und teilweise in Nachbarschaft zu Verotoxin-Genen ge-funden werden kann. Die Erstellung des p-Gen-Profils wurde von LIESEGANG et al.

(2000) in Kombination mit der PFGE empfohlen.

2.9.2.5 Genotypische Bestimmung des Virulenzprofils

Auf die Bedeutung der Verotoxin-Typisierung wurde bereits in Abschnitt 2.9.1.4 eingegangen. Um die einzelnen VT 1- und VT 2-Varianten differenzieren zu können, ist jedoch meist der Einsatz genotypischer Verfahren erforderlich. Teilweise muß im Anschluß an die PCR ein Restriktionsverdau vorgenommen werden, um bestimmte Varianten unterscheiden zu können. In Tabelle 40 ist eine Auswahl an publizierten Primern zur vtx-Typisierung aufgelistet.

Neben der Verotoxin-Typisierung wird auch auf das Vorhandensein weiterer Viru-lenzgene untersucht, so z. B. auf das hlyEHEC- und eae-Gen. Letzteres kann ebenfalls gemäß den verschiedenen Intimin-Varianten typisiert werden (REID et al., 1999;

GALLIEN et al., 2000).

Tabelle 40: Primer zur Verotoxin-Typisierung bei E. coli-Stämmen

Ziel-Gen Primer-Akronym Quelle

vtx 11) LP30 / LP31 CEBULA et al., 1995

vtx 1 KS7 / KS8 SCHMIDT et al., 1994b

vtx 1c Stx1c-1 / Stx1c-2 ZHANG et al., 2002c

vtx 1d VT1AvarF / VT1AvarR BÜRK et al., 2003

vtx 2 LP43 / LP44 CEBULA et al., 1995

vtx 2 / vtx 2c2) GK3 / GK4 RÜSSMANN et al., 1994

vtx 2d VT2d-AM-I / VT2d-AM-II ABDULMAWJOOD und BÜLTE, 2000

vtx 2e VTe-a / VTe-b JOHNSON et al., 1990

vtx 2e FK1 / FK2 FRANKE et al., 1995

vtx 2f 128-1 / 128-2 SCHMIDT et al., 2000

vtx 2g 209F / 781R LEUNG et al., 2003

1) Verotoxin-Gen

2) anschließend Restrikionsverdau mit Hae III zur Differenzierung von vtx 2 und vtx 2c

2.9.2.6 Random amplification of polymorphic DNA (RAPD)

Bei der auch als „arbitrarily primed PCR“ bezeichneten RAPD wird eine PCR mit willkürlich gewählten, nur ca. zehn Nukleotide umfassenden Primern unter wenig stringenten Annealing-Bedingungen durchgeführt, woraus ein Bandenmuster unter-schiedlich langer Amplifikate mit unbekannter Sequenz resultiert (LÜCKE und TEN BOSCH, 1998). Wenngleich es sich hierbei um eine schnelle und verhältnismäßig einfach durchzuführende Typisierungsmethode handelt, wird immer wieder über Probleme mit der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse berichtet (HOPKINS und HILTON, 2001). Im Vergleich zur PFGE wird der RAPD eine geringere „discriminatory power“

bescheinigt (GRIF et al., 1998a; RADU et al., 2001), trotzdem wird sie aufgrund der einfacheren Durchführbarkeit als initiale Typisierungsmethode vorgeschlagen (MILCH et al., 2003).

2.9.2.7 Repetitive element-PCR (rep-PCR)

Einem ähnlichen Ansatz wie die RAPD folgt auch die rep-PCR. Im Unterschied zur erstgenannten Methode werden hier jedoch keine zufällig ausgewählten Primer ver-wendet, sondern Oligonukleotid-Homologe definierter Sequenzen, die in zahlreichen Kopien im Genom vorliegen. Da die Zielsequenzen bekannt sind, kann die PCR unter stringenteren Bedingungen ablaufen, was die von der RAPD bekannten Probleme bezüglich der Reproduzierbarkeit reduzieren sollte (JOHNSON und O’BRIEN, 2000). In praxi wurden jedoch auch bei dieser modifizierten Methode ähnliche Schwierigkeiten wie bei der RAPD beobachtet (JOHNSON und O’BRIEN, 2000; FOLEY et al., 2004). Als Primer kommen beispielsweise „enterobacterial repetitive intergenic consensus“

(ERIC)- oder „repetitive extragenic palindromic“ (REP)-Sequenzen zur Anwen-dung. Als Vorteil ist die einfache und schnelle Durchführbarkeit zu nennen; jedoch

erreicht auch diese Methode nicht die hohe „discriminatory power“ der PFGE (HAHM

et al., 2003; FOLEY et al., 2004).

2.9.2.8 Amplified fragment length polymorphism (AFLP)

Die AFLP basiert auf einer selektiven PCR-Amplifikation von Restriktionsfragmenten, die aus einem vollständigen Verdau des kompletten bakteriellen Genoms re-sultierten. Werden die Amplifikate über Fluoreszenzsignale detektiert, spricht man auch von FAFLP. Von einigen Autoren wird dieses Verfahren als gleichwertige Alternative zur PFGE angesehen (IYODA et al., 1999; SMITH et al., 2000), andere be-scheinigen der PFGE eine bessere Eignung (WEIR et al., 2000; HAHM et al., 2003).

Im Vergleich zu dieser ist die AFLP weniger zeitaufwendig (HAHM et al., 2003) und ermöglicht eine genauere Bestimmung der Bandengröße (SMITH et al., 2000). Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit der partiellen Automatisierung (HAHM et al., 2003).

2.9.2.9 Polymorphic amplified typing sequences (PATS)

Da der „gold standard“ der E. coli O157-Subtypisierung, die Xba I-PFGE, zeitauf-wendig ist und Schwierigkeiten in der Auswertung bereiten kann, wurde versucht, die zugrunde liegenden molekularen Gegebenheiten durch eine einfachere und schnellere Technik zu detektieren. Ursache für Unterschiede im PFGE-Restriktions-muster sind u. a. Insertionen oder Deletionen von Xba I-Schnittstellen. Diese Inser-tionen bzw. DeleInser-tionen können auch mit Hilfe mehrerer PCRs, deren Primer mit Nachbarregionen von Xba I-Schnittstellen hybridisieren, nachgewiesen werden. Das PATS-Profil beruht also auf der An- oder Abwesenheit von PCR-Amplifikaten. Erste Versuche ergaben, daß die Xba I-PATS eine geringere „discriminatory power“ auf-weist als die Xba I-PFGE (KUDVA et al., 2002). Dieser Nachteil konnte jedoch durch Erweiterung des Primer-Panels, das zusätzlich auch Avr II-Schnittstellen-tragende Genomabschnitte detektiert, behoben werden. Nach Ansicht der Autoren liegt nun ein Subtypisierungsverfahren vor, dessen Differenzierungsvermögen dem der PFGE gleicht, jedoch einfacher in der Durchführung und Ergebnisauswertung ist (KUDVA et al., 2004).

2.9.2.10 Multi-locus variable-number tandem-repeats analysis (MLVA)

Unter der Bezeichnung „variable number of tandem repeats“ (VNTR) versteht man Wiederholungen von Sequenzmotiven, bei denen die Anzahl der Wiederholungs-einheiten an einem gegebenen Locus variiert. LINDSTEDT et al. (2003) identifizierten solche VNTRs im E. coli O157-Genom und entwickelten spezifische Primer für sieben der VNTR-Regionen. Abhängig von der Anzahl der Wiederholungseinheiten an einem gegebenen Locus resultiert in der entsprechenden PCR ein Amplifikat variabler Größe. Aus der Kombination dieser sieben Amplifikatgrößen resultiert das MLVA-Profil. Die Autoren bescheinigten dem Verfahren eine geringfügig höhere

„discriminatory power“ als der PFGE, bei geringerem Arbeits- und Zeitaufwand. Eine andere Arbeitsgruppe kam zu ähnlich guten Ergebnissen (NOLLER et al., 2003a).

Kürzlich wurde eine modifizierte Vorgehensweise vorgestellt, bei der die PCRs zu zwei Multiplex-Reaktionen zusammengefaßt wurden, was zu einer Reduktion der Durchführungszeit führte (LINDSTEDT et al., 2004).

2.9.2.11 Multilocus sequence typing (MLST)

Diese Methode basiert auf der DNA-Sequenzierung von „housekeeping“-Gen-segmenten, welche nicht unter Selektionsdruck stehen. Sie gilt als „gold standard“ für phylogenetische Untersuchungen und wird zu diesem Zweck auch bei VTEC angewendet (WIELER, 2004). Im Rahmen von epidemiologischen Untersuchungen scheint sie jedoch für E. coli O157:H7 nicht geeignet (NOLLER et al., 2003b; FOLEY et al., 2004).

3 MATERIAL UND METHODEN