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Charakterisierung der equinen E. coli O157-Isolate

5.4.1 Biochemische Eigenschaften

Der in den eigenen Untersuchungen gefundene Anteil Indol-negativer E. coli-Isolate von 7,3 % liegt geringgradig oberhalb der in der Literatur berichteten Werte. Die von BÜLTE und REUTER (1989) überprüften Stämme zeigten sich zu 2,6 % Indol-negativ, FARMER et al. (1985) gaben Werte von 2 % bis 20 % (inaktive Stämme) an. Unter den

von RATNAM et al. (1988) untersuchten E. coli O157:H7-Isolaten waren keine Indol-negativen Varianten zu finden, wohingegen E. coli anderer Serovare zu 1-4 % kein Indol produzierten.

Ein typisches Merkmal von E. coli, welches auch diagnostisch zum Speziesnachweis genutzt wird (AMTLICHE SAMMLUNG [...], 1996), ist die ß-D-Glucuronidase-Aktivität.

Dieses Enzym ist bei 94-96 % aller E. coli nachweisbar (KILIAN und BÜLOW, 1979;

FENG und HARTMANN, 1982; BÜLTE und REUTER, 1989), darüber hinaus kann es auch vereinzelt bei Salmonella spp., Shigella spp. sowie Pseudomonas spp. gefunden werden (KILIAN und BÜLOW, 1979; BÜLTE und REUTER, 1989). In Übereinstimmung mit diesen Literaturdaten konnte bei allen equinen non-VTEC O157-Isolaten der eigenen Untersuchungen ß-D-Glucuronidase-Aktivität nachgewiesen werden. VTEC-Stäm-men des Serovars O157:H7 fehlt diese Enzymaktivität typischerweise (RATNAM et al., 1988; ALEKSIC et al., 1992; OSEK, 2004), was auch diagnostisch, beispielsweise beim Hemorrhagic Colitis-Agar nach SZABO (1986), genutzt wird. Vereinzelt wurde jedoch auch von VTEC dieses Serotyps berichtet, welche ß-D-Glucuronidase-Aktivität zeigten; teilweise handelte es sich dabei auch um klinische Isolate (ALEKSIC et al., 1992; NAGANO et al., 2002; DONTOROU et al., 2004).

Die Fermentation von Sorbit wird bei E. coli zu 75 % (inaktive Stämme) bis 94 % be-obachtet (FARMER et al., 1985). VTEC des Serovars O157:H7 hingegen zeigen sich typischerweise Sorbit-negativ (RATNAM et al., 1988; ALEKSIC et al., 1992; OSEK, 2004), weshalb bereits kurz nach Enteckung dieses neuen E. coli-Pathovars die Sorbit-Reaktion zum Screening empfohlen wurde (WELLS et al., 1983). Auch heute noch dient sie bei einer Reihe von Nährmedien als Schlüsselreaktion zum E. coli O157-Nachweis (HC-Agar nach SZABO, 1986; CT-SMAC-Agar ZADIK et al., 1993).

ALEKSIC et al. (1992) beobachteten, daß Sorbit-Fermentation und ß-D-Glucuroni-dase-Aktivität bei E. coli O157-Stämmen verschiedener Serotypen vergesellschaftet auftreten. Dies konnte bei den eigenen Untersuchungen nicht bestätigt werden, da sich die equinen E. coli O157-Isolate zu 100 % ß-D-Glucuronidase-, jedoch nur zu 62,3 % Sorbit-positiv darstellten. Das Vorliegen unterschiedlicher Sorbit- und ß-D-Glucuronidase-Reaktionen innerhalb eines Isolats konnte auch von verschiedenen anderen Autoren beobachtet werden (QUINTERO BOTERO, 2003), so beispielsweise bei porcinen E. coli O157:H--Stämmen (OSEK et al., 2004), einem caprinen E. coli O157:H7-Isolat (DONTOROU et al., 2004) sowie EHEC-Stämmen des gleichen Sero-vars (NAGANO et al., 2002).

Nach Literaturdaten beherbergen E. coli O157:H7/H--Stämme zu 93,3-100 % das hlyEHEC-Gen, jedoch prägen die SF VTEC O157:H--Varianten den enterohämo-lytischen Phänotyp oftmals nicht aus (SCHMIDT et al., 1995; BOCKEMÜHL et al., 1997;

GYLES et al., 1998; MENG et al., 1998; JANKA, 2003). In den eigenen Untersuchungen konnte nach Subkultur auf Blutagar bei keinem der 92 ausgewählten E. coli O157-Isolate Hämolyse beobachtet werden. Auf eine genotypische Untersuchung wurde jedoch verzichtet, da die Bedeutung des hlyEHEC-Gens für die Pathogenese EHEC-assoziierter Ekrankungen weiterhin umstritten ist, obgleich es bei der Mehrzahl der klinischen VTEC-Isolate nachgewiesen werden kann (BOERLIN et al., 1999; PRADEL et al., 2000; ADWAN et al., 2002). Das bereits seit längerem bekannte α-Hämolysin von E. coli ist mit extraintestinalen Infektionen assoziiert (BHAKDI et al., 1988). Nach den

Untersuchungen von HOLLAND et al. (1996) zeigten 11,5 % der E. coli-Isolate von Diarrhöe-kranken Fohlen Hämolyse, wohingegen von gesunden Fohlen keine hämo-lytischen E. coli-Stämme gewonnen werden konnten.

5.4.2 Untersuchung des H-Antigens

Die Bestimmung des H-Antigens bereitet in der Routine-Diagnostik oftmals Schwierigkeiten, da dieses nur unzuverlässig exprimiert wird, häufig Kreuzreaktionen beobachtet werden und keine kommerziell erhältlichen und somit standardisierten Antiseren zur Verfügung stehen (PRAGER et al., 2003). Um diese Probleme zu um-gehen, wurden in den letzten Jahren verschiedene genotpyische Methoden zum Nachweis des H7-Typs entwickelt (FIELDS et al., 1997; WANG et al., 2000; JOHNSON

und STELL, 2001). In den eigenen Untersuchungen wurde der RFLP-Test nach FIELDS et al. (1997) eingesetzt, welchem eine gute Übereinstimmung mit der klas-sischen Serotypisierung bescheinigt wird (PRAGER et al., 2003). Neben der zuver-lässigen Identifizierung von E. coli O157:H7-Stämmen ermöglicht er die Klassifi-zierung unbeweglicher (H-) sowie nicht-typisierbarer (Hnt) Isolate. VTEC O157:H- -und VTEC O157:Hnt-Isolate konnten mit dieser Methode bereits als „genetische H7“-Stämme identifiziert werden. Der unbewegliche Phänotyp von SF E. coli O157:H- -Stämmen wird auf eine 12 bp-umfassende Deletion im flhC-Gen zurückgeführt (MONDAY et al., 2004). Die 92 ausgewählten E. coli-Isolate aus den eigenen Unter-suchungen zeigten drei unterschiedliche RFLP-Muster, wobei von sieben Isolaten kein Amplifikat erhalten werden konnte. Dabei stimmte keines der Restriktionsmuster mit dem für E. coli O157:H7 und O157:H- charakteristischen Bild überein. Da sich die Publikation von FIELDS et al. (1997) primär auf den Nachweis von H7-Stämmen konzentriert, ist eine Zuordnung der erhaltenen Restriktionsmuster zu anderen Serotypen nicht möglich.

5.4.3 Verwandtschaftsgrad

Zur Untersuchung der Ähnlichkeit der erhaltenen equinen E. coli O157-Isolate unter-einander sowie im Vergleich mit Referenzstämmen wurde in den eigenen Unter-suchungen das Verfahren der Pulsfeldgelelektrophorese gewählt. Diese Subtypi-sierungsmethode wurde erstmals von SCHWARTZ und CANTOR (1984) beschrieben und seitdem bei vielen Bakterien-Spezies erfolgreich angewandt (STROCKBINE et al., 1998). BÖHM und KARCH (1992) erprobten ihre Zweckmäßigkeit zur Typisierung von VTEC -Stämmen des Serovars O157:H7. Nach Überprüfung verschiedener Restrik-tionsendonukleasen erwies sich das Enzym Xba I, welches auch in den eigenen Untersuchungen verwendet wurde, zur Differenzierung dieser Stämme am ge-eignetsten. Während die Autoren zu dem Schluß kamen, bei E. coli O157:H7 handele es sich um einen hoch konservierten Klon, der sich mittels PFGE nur unzu-reichend untergliedern lasse, konnte die Nützlichkeit des Verfahrens inzwischen doch in zahlreichen Studien unterstrichen werden. Im direkten Vergleich mit anderen Typi-sierungsmethoden wurde der PFGE eine sehr große „discriminatory power“ be-scheinigt, so daß sie heute als „gold standard“ angesehen wird (RADU et al., 2001;

GIAMMANCO et al., 2002; HAHM et al., 2003; MILCH et al., 2003; FOLEY et al., 2004).

Besonders hilfreich hat sie sich bei der Aufklärung von Ausbrüchen erwiesen (BARRETT et al., 1994; TSUJI et al., 2002; BRUCE et al., 2003; VARMA et al., 2003), also bei der Typisierung von räumlich und/oder zeitlich meist eng assoziierten Isolaten.

Darüber hinaus wird sie, wie in den eigenen Untersuchungen, zur Ermittlung der genetischen Verwandtschaft zwischen Stämmen verwendet, welche in keinem er-kennbaren epidemiologischen Zusammenhang stehen (KRAUSE et al., 1996; BÖHM, 2000; QUINTERO BOTERO, 2003). Derartige Applikationen werden jedoch von einigen Autoren kritisch betrachtet, da sich die Interpretation der erhaltenen PFGE-Muster schwierig gestaltet und keineswegs einheitlich gehandhabt wird. Bereits ein einzel-nes genetisches Ereignis kann - muß aber nicht - zwei bis drei Fragmente des Re-striktionsmusters verändern. Nach den vielzitierten Auswertungskriterien von TENOVER et al. (1995) sind solche Isolate als „closely related“ zu bewerten. Stämme, deren PFGE-Muster sich in vier bis sechs Banden unterscheiden, werden dement-sprechend als „possibly related“ kategorisiert, da solche Veränderungen bereits durch zwei genetische Ereignisse hervorgerufen werden können. Die Autoren be-tonen jedoch, daß diese Interpretationshilfe speziell für die Anwendung bei Aus-bruchsuntersuchungen bestimmt ist, bei denen eine überschaubare Anzahl zeitlich und räumlich assoziierter Isolate verglichen werden soll. Basierend auf den TENOVER -Kriterien bewerteten KARIUKI et al. (1999) Isolate mit einem DICE-Koeffizienten von über 60 % als „possibly closely related“. KRAUSE et al. (1996) hingegen betrachten Isolate mit einem DICE-Koeffizienten unter 95 % bereits als Subklone.

Anhand der PFGE-Muster ließen sich die 92 equinen Isolate aus den eigenen Unter-suchungen in acht Cluster unterteilen, die jeweils einen DICE-Koeffizienten zwischen 67,8 ± 9,1 und 88,0 ± 0,0 aufwiesen; zwei dieser „Cluster“ bestanden jedoch lediglich aus je einem Isolat. Die Clusterbildung spiegelte größtenteils auch biochemische Ähnlichkeit bzw. gleiche fliC-RFLP-Profile innerhalb der Isolat-Gruppen wieder.

Lediglich Cluster a setzte sich aus Stämmen zusammen, welche unterschiedliche Indol-Reaktionen zeigten. Derart differierende Stämme wiesen teilweise sogar iden-tische PFGE-Profile auf. Dieses Phänomen der phänotypischen Unterscheidbarkeit zwischen Isolaten mit übereinstimmenden PFGE-Mustern wurde bereits von anderen Autoren beschrieben. So konnten innerhalb eines PFGE-Typs beispielsweise unter-schiedliche Phagen- oder Serotypen beobachtet werden (LIEBANA et al., 2003;

QUINTERO BOTERO, 2003). Trotz der hohen „discriminatroy power“ der PFGE bleiben genetische Ereignisse wie Punktmutationen oder Rearrangements, sofern sie außer-halb der Restriktionsstellen stattfinden, bei dieser Typisierungsmethode unbemerkt.

Biochemische Eigenschaften und fliC-Polymorphismen schienen untereinander ebenfalls korreliert. Die Gesamtheit der Sorbit-negativen Stämme, welche gleichzeitig als einzige das fliC-RFLP-Profil B aufwiesen, bildete Cluster e. Cluster g beinhaltete ausschließlich Stämme des biochemischen Profils 2, welche sich von den restlichen Isolaten zudem durch die fehlende Amplifizierung in der fliC-PCR abgrenzten. Das einzige Isolat, welches das fliC-RFLP-Profil C zeigte und dem biochemischen Profil 3 zuzuordnen war, unterschied sich auch im PFGE-Muster deutlich von den anderen Stämmen und bildete das eigenständige „Cluster“ c. Sorbit- und Indol-positive Iso-late, welche ausschließlich das fliC-Profil A aufwiesen, verteilten sich auf die Cluster a, b, d, f und h.

Der E. coli O157:H7-Referenzstamm EDL 933 ließ sich keinem der genannten Cluster zuordnen. Die größte Ähnlichkeit (DICE-Koeffizient 72,7 %) zeigte er zu dem Sorbit-positiven und Indol-negativen Isolat mit dem biochemischen Profil 3 und dem fliC-RFLP-Profil c. Das Restriktionsmuster dieses Isolats beinhaltete im Bereich von 220-300 kb jedoch nicht die fünf charakteristischen Banden, die bei der Mehrzahl der VTEC O157:H7-Stämme zu finden sind (BÖHM und KARCH, 1992; QUINTERO BOTERO, 2003). Der von Minipferden gewonnene SF E. coli O157:H--Referenzstamm 3547/99 konnte ebenfalls in kein vorgegebenes Cluster integriert werden. Die größte Ähnlich-keit (69,8 ± 4,5 %) bestand zum Cluster g, welches die fliC-PCR-negativen Isolate beinhaltet. Die Restriktionsmuster dieses Clusters zeigten jedoch nicht die für SF VTEC O157:H--Stämme typischen fünf Banden im Bereich von 190-290 kb (BÖHM, 2000). Berücksichtigt man die Ergebnisse von DAVIS et al. (2003) sowie SINGER et al.

(2004), so muß in Betracht gezogen werden, daß die mit Software-Hilfe ermittelten Ähnlichkeitswerte möglicherweise zu hoch angesetzt sind. Nach DAVIS et al. (2003) stellt der unter Verwendung eines einzigen Restriktionsenzyms ermittelte DICE -Ko-effizient nur einen unzureichenden Schätzwert des genetischen Verwandtschafts-grades dar. Die Autoren konnten zeigen, daß als identisch bewertete Fragmente („matching bands“) nicht notwendigerweise homologes genetisches Material re-präsentieren. Das mangelhafte Auflösungsvermögen von Fragmenten ähnlicher Größe trägt zusätzlich zur Gefahr von Fehlpaarungen bei. Auch SINGER et al. (2004) konnten anhand einer Computersimulation zeigen, daß solche Fehlzuordnungen zu hohe Ähnlichkeitswerte vortäuschen können.

Unter Zugrundelegung der phäno- sowie genotypischen Merkmale muß also ge-schlußfolgert werden, daß die equinen Isolate der eigenen Untersuchungen weder als klonale Varianten des VTEC O157:H7-Stammes EDL 933, noch des equinen SF VTEC O157:H--Stammes 3547/99 anzusehen sind.