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2.2 Thrombingenerierung und ihre Rolle bei der Überwachung von Faktor Xa- Xa-Inhibitoren

2.2.1 Methode und Anwendung

Die TG ist eine alte und bewährte Labormethode in der Humanmedizin. Bei den kon-ventionellen Gerinnungstests Prothrombinzeit (PT) und aktivierte partielle Thrombo-plastinzeit (aPTT) sind zum Zeitpunkt der Gerinnselbildung lediglich ca. 5 % des ge-samten Thrombins gebildet worden (Mann et al., 2003). Da die restlichen 95 % des Thrombins nicht erfasst werden, gehen weitere wichtige Informationen der Gerinnung verloren (Mann et al., 2003). TG-Tests erfassen die gesamten Ergebnisse der Interak-tionen zwischen Proteasen und Inhibitoren des Gerinnungssystems und sind dement-sprechend den physiologischen Bedingungen näher als PT bzw. aPTT (Wilkens, 2011).

Das Verfahren wird u.a. bei der Hämophiliediagnostik zum Abschätzen der Blutungs-neigung (Salvagno et al. 2009) und zum Abschätzen des Risikos einer wiederkehren-den Thrombose (Eichinger et al. 2008) angewendet. Darüber hinaus bietet die TG die Möglichkeit der Therapieüberwachung von Antikoagulanzien. So ist sie u. a. im Hin-blick auf die Überwachung der Heparintherapie (Al Dieri et al., 2004; Robert et al., 2009), Vitamin-K-Antagonisten (Altman et al., 2007), Plättchenaggregationshemmern (Altman et al., 2006), Hirudin (Samama et al., 2007) und direkten Thrombin- und Fak-tor-Xa-Inhibitoren (Boström et al., 2004; Gerotziafas et al., 2007) in verschiedenen in vitro Studien getestet worden. Abgesehen von Hirudin habe alle Antikoagulanzien im therapeutischen Bereich die Parameter der TG signifikant beeinflusst, so dass sich alle Autoren einig waren, dass sich die TG zur Überwachung von Antikoagulanzienthera-pien eignen würde (Al Dieri et al., 2004; Boström et al., 2004; Altman et al., 2006;

Altman et al., 2007; Samama et al., 2007; Gerotziafas et al., 2007; Robert et al., 2009) (siehe 2.2.3).

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Bei der nach Hemker et al. (2002) entwickelten Methode, der „Calibrated Automated Thrombography“ (CAT), wird bei der TG die Umsetzung eines fluorogenen thrombin-abhängigen Substrats nach Aktivierung mit einer bestimmten Konzentration an TF er-mittelt. Dadurch wird die kontinuierliche Registrierung der Thrombinaktivität einer plätt-chenarmen Plasmaprobe ermöglicht. Für die Messungen sind derzeit 3 verchiedene TF-Konzentrationen (PPP [„platelet poor plasma“, plättchenarmes Plasma] Reagent 1 pM, PPP Reagent 5 pM, PPP Reagent 20 pM) kommerziell erhältlich.

Graphisch wird die TG mittels des Thrombogramms dargestellt, von dem sich die Pa-rameter Latenzzeit, endogenes Thrombinpotenzial (ETP), Thrombinpeak, Zeit bis zum Peak und Reaktionsdauer ableiten lassen (Abbildung 1). Die Latenzzeit beginnt mit dem Beginn der Messung bis zum Anstieg der Kurve und stimmt dabei gut mit der Gerinnungszeit überein. Das ETP stellt die Menge des aktiven Thrombins im Plasma dar, die potentiell bei der Aktivierung des Gerinnungssystems gebildet werden kann und entspricht der AUC (Hemker et al. 2006; Eichinger et al., 2008). Laut Wilkens (2011) spiegelt das ETP von den vielen Parametern der TG diese am besten wieder.

Der Thrombinpeak gibt die maximal produzierte Thrombinkonzentration wieder. Dem-entsprechend bezeichnet die Zeit bis zum Peak die Zeit vom Start der Messung bis zum Erreichen des Thrombinpeaks (Hemker et al. 2006). Die Gesamtdauer der TG wird durch den Parameter Reaktionsdauer wiedergegeben. Sie geht vom Start der Reaktion bis zum Abfall der Kurve hin zur Nulllinie (Hemker et al. 2006).

Chantarangkul et al. (2003) untersuchte den Einfluss verschiedener TF-Konzentratio-nen (1 pM–40 pM) auf das ETP bei klinisch gesunden Menschen und konnte zeigen, dass sich mit steigender TF-Konzentration von 1 pM auf 10 pM das ETP der TG zu-nächst um bis zu ca. 27 % erhöht. Ab einer TF-Konzentration von 10 pM gab es keinen weiteren Anstieg des ETP. Den gleichen Effekt konnten Chantarangkul et al. (2003) auch bei Patienten beobachten, die Antikoagulantien erhielten. Aufgrund dieser Ab-hängigkeit der TG von den verwendeten TF-Konzentrationen (Hemker et al., 2003) ist es schwierig eine internationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten bzw. einheitliche Referenzwerte zu erstellen (Dargaud et al., 2007; van Veen et al., 2009). Dargaud et

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al. (2012) haben in ihrer internationalen Multi Center Studie versucht eine standardi-sierte Arbeitsanweisung für die TG nach der CAT-Methode zu evaluieren. Dafür unter-suchten sie an verschiedenen Laboratorien gepoolte plättchenarme Plasmaproben von gesunden Individuen, Hämophilie A Patienten und von Patienten mit einer Vorge-schichte mit venöser Thromboembolie aufgrund von einer heterozygoten Prothrombin G20210A Mutation im Hinblick auf die intra-assay, inter-assay und inter-center Varia-bilität. Einen Teil der Ergebnisse verglichen sie mit zwei kommerziell hergestellten Re-ferenzplasmaproben. Als Vergleichsparameter wählten die Autoren das ETP. Die me-diane intra-assay Variabilität war bei allen Plasmaproben unter 5,9 % und die inter-assay Variabilität unter 15,7 %. Die inter-center Variabilität lag zwischen 9,8–21,3 %.

Im Vergleich dazu lag die inter-center Variabilität der beiden Referenzplasmaproben zwischen 3,6–15 %. Fazit der Studie von Dargaud et al. (2012) war, dass sich die Variabilität der TG nach der CAT-Methode durch die Einhaltung einer normierten Ver-suchsdurchführung mit einheitlichen Gerätschaften, standardisierten Reagenzien, ein-heitlicher Handhabung des Probenmaterials und sorgfältig ausgesuchten Referenz-plasmaproben reduziert werden kann. Auch schon in einer früher erschienenen Studie gab es das Verlangen nach einer standardisierten Durchführung der TG (Gerotziafas et al., 2005). In ihrer Studie evaluierten sie die Präzision verschiedener TG-Parameter, indem sie plättchenreiche Plasmaproben von gesunden Menschen mit unterschiedli-chen TF-Konzentrationen (0 pM–30 pM) versetzten und mit der TG untersuchten. Die intra-assay Variabilität lag dabei unter 9 % unabhängig welche TF-Konzentration ver-wendet wurde. Die inter-assay Variabilität war in Anwesenheit von TF gering. Stei-gende TF-Konzentrationen haben die inter-assay Variabilität nicht signifikant beein-flusst. Die in dieser Studie zusätzlich untersuchte inter-individuelle Variabilität war re-lativ hoch und lag zwischen 18–45 %. Gerotziafas et al. (2005) kamen zu dem Ent-schluss, dass die TG im plättchenreichen Plasma eine akzeptable Präzision hat mit geringer inter-assay und intra-assay Variabilität.

In der Tiermedizin ist die TG nach Kenntnis der Autorin als diagnostische Maßnahme noch nicht etabliert. Lediglich einzelne Studien befassten sich mit der Untersuchung der TG des Hundes (Allegret et al., 2011; Witten, 2011; Conversy et al., 2013; Dengate et al., 2016). Allegret et al. (2011) untersuchten die TG im caninen Plasma hinsichtlich

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der Einsetzbarkeit zum Monitoring der Therapie mit unfraktioniertem Heparin. Dafür haben sie Plasmaproben von 12 gesunden Beagles mit der CAT-Methode untersucht.

Sechs der Tiere erhielten eine bestimmte Menge an Heparin und die anderen 6 dienten als Kontrollgruppe. In dieser Studie wurde allerdings nur ein TF-Reagenz (PPP Rea-gent 5 pM) verwendet. Als Vergleichsparameter verwendeten sie das ETP. Das ETP war bei den Hunden, die Heparin erhielten im Median 38,5 ± 7,8 % geringer als bei den gesunden Hunden. Die intra-assay Variabilität für die gesunden Hunde lag bei ihnen für das ETP bei 7,1 % und die inter-assay Variabilität bei 12,9 %. Zusammen-fassend waren die Autoren der Meinung, dass sich die TG durchaus zur Überprüfung einer Heparintherapie bei Hunden eignen könnte. Die Effizienz der TG bei einer Lang-zeitgabe und höheren Dosierungen von Heparin müsste allerdings noch in weiterfüh-renden Studien evaluiert werden. Die Studie von Witten (2011) befasste sich neben technischen Aspekten mit der Erstellung von Referenzwerten für alle drei verfügbaren TF-Reagenzien (PPP Reagent 1 pM, PPP Reagent 5 pM, PPP Reagent 20 pM), wobei eine deutliche Streuung aller TG-Parameter bei allen TF-Konzentrationen auffiel. Dar-über hinaus befasste sich die Studie auch mit der TG bei Hunden mit Hypo- (Hämo-philie A und -B) und Hyperkoagulopathien (Morbus Cushing, entzündliche und tumor-öse Erkrankungen). Abgesehen von den hämophilen Hunden, wiesen Hunde mit Hy-perkoagulopathien im Vergleich zu gesunden Hunden ein erhöhtes ETP auf. Die Stu-die von Dengate et al. (2016) untersuchte den Unterschied der TG-Parameter zwi-schen gesunden Hunden und Hunden mit einer Thrombose. Dabei fanden sie heraus, dass die Parameter Thrombinpeak und ETP keinen signifikanten Unterschied aufwie-sen (P = 0,87; P = 0,24). Lediglich die Latenzzeit war bei Hunden mit Thrombose sig-nifikant länger als bei den gesunden Hunden (P < 0,001). Eine weitere canine Studie verwendete die TG, um in vitro den antikoagulierenden Effekt des Faktor Xa-Inhibitors Rivaroxaban in caninem Plasma zu demonstrieren (Conversy et al., 2013). Dazu wur-den gespikte Poolplasmaproben von 20 gesunwur-den Beagles mit dem Fluorometer nach der CAT-Methode untersucht. Conversy et al. (2013) verwendeten dabei lediglich nur die mittlere der kommerziell verfügbaren TF-Konzentrationen (PPP Reagent 5 pM).

Das Testsystem reagierte sensitiv auf den Zusatz von Rivaroxaban, sodass sich die

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TG analog zum Menschen (Gerotziafas et al., 2007) für ein Monitoring einer Rivarox-abantherapie eignen würde (siehe 2.2.3).

Bezüglich der Anwendung der TG bei der Katze gibt es in der zugänglichen Literatur bislang keine Angaben. Da aber Antikoagulanzien eine wesentliche Rolle bei der Pro-phylaxe und Therapie von Aortenthrombosen bei der Katze spielen (Fuentes, 2012), könnte die TG bei der Etablierung wirksamer Antikoagulanzientherapien und der The-rapieüberwachung eine geeignete Labormethode darstellen.