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2. Literaturübersicht

2.7. Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID)

2.7.5. Metamizol

2.7.5.2. Metamizol – Pharmakokinetik

Mit oral verabreichtem 14C-markierten Metamizol konnte gezeigt werden, dass es im Magen sofort zu 4-Methylaminoantipyrin (4-MAA) hydrolysiert und in dieser Form im Dünndarm

resorbiert wird (LEVY et al. 1995). Sowohl nach oraler als auch nach i.v. Applikation wurden ca. 90% der verabreichten Dosis mit dem Harn und ca. 10% mit den Faeces ausgeschieden.

Insgesamt waren mehr als 20 Metaboliten nachweisbar, von denen die 4 Hauptmetaboliten 4-MAA, 4-Aminoantipyrin (AA), 4-Acetylaminoantipyrin (AAA) und 4-Formylaminoantipyrin (FAA) ca. 60% der verabreichten Dosis darstellten.

Mit Einführung der HPLC konnten die 4 Hauptmetaboliten des Metamizols gleichzeitig im Plasma bzw. Urin nachgewiesen werden (ASMARDI und JAMALIE 1983, DAMM 1989).

Nachfolgend wurden Studien bezüglich ihrer Pharmakokinetik durchgeführt (ROHDEWALD et al. 1983, DAMM 1989). Im Humanbereich wurden die vier Hauptmetaboliten des Metamizol vorwiegend mittels HPLC und UV-Detektion im Plasma, Urin und Speichel nachgewiesen (LEVY et al.1995), während in Studien am Tier (insbesondere Dopingnachweis) die Gaschromatographie mit Massenspektroskopie zur Untersuchung von Pferde-Plasmaproben (SCHLINGLOFF 1997), bzw. Pferde-Urinproben (POPOT et al. 2000) Anwendung fand.

Beim Mensch konnte nach oraler Applikation vom Metamizol dieses nicht in unveränderter Form im Plasma und Urin nachgewiesen werden, während nach i.v. Injektion sehr geringe Mengen unverändertes Metamizol zu finden waren (VOLZ und KELLNER 1980, ASMARDI und JAMALIE 1985). Metamizol wird unmittelbar nach oraler Aufnahme im Magen komplett, bzw. nach i.v. Injektion „ nur“ nahezu vollständig nichtenzymatisch zu 4-MAA hydrolysiert. Somit beruhen pharmakokinetische Untersuchungen auf dem quantitativen Nachweis des 4-MAA und weiterer Metaboliten (ASMARDI und JAMALI 1985, LEVY et al. 1995, SCHLINGLOFF 1997). Abbildung 4 zeigt die chemische Struktur von Metamizol und seiner vier Hauptmetaboliten.

Abb. 4: Strukturformel von Metamizol (Dipyrone), 4-MAA, AA, FAA und AAA

Metamizol unterliegt zu einem hohen Prozentsatz einem First-pass-Effekt, in den ein bislang nicht genau identifiziertes Cytochrome-P450-Isoenzym involviert ist (LEVY et al. 1995). 4-MAA wird einerseits durch Desalkylierung zu AA, welches nach AGUNDEZ et al. (1994) und LEVY et al. (1995) analgetische, antipyretische und antiphlogistische Wirksamkeit besitzt, metabolisiert und weiter zu AAA alkyliert. Andererseits kann 4-MAA zu FAA oxydiert werden (DAMM 1989, VLAHOV et al. 1990). Nach LEVY et al. (1995) sind für die Bioverfügbarkeit von 4-MAA je nach Darreichungsform und Applikationsweise folgende Werte ermittelt worden: 85% bei Tabletten, 89% bei Tropfen, 54% bei Zäpfchen, 87% nach intramuskulärer Injektion. Die Absorption von 4-MAA erfolgt bei oraler Verabreichung und gleichzeitiger Nahrungsaufnahme im Vergleich zur Nüchterneinnahme geringgradig langsamer (FLUSSER et al. 1988). Die Plasmaproteinbindung, die mittels Ultrafiltration ermittelt wurde, beträgt für 4-MAA 58%, 48% für AA, 18% für FAA und 14% für AAA (ZYLBER-KATZ et al. 1985). Die höhere Proteinbindung von 4-MAA und AA im Vergleich zu FAA und AAA ist durch ihre chemische Struktur erklärbar. Das geringe Verteilungsvolumen ist von LEVY et al. (1995) nach intravenöser Injektion von Metamizol mit 33,5 l bzw. nach oraler Applikation mit 1,19 l/kg angeben. ASMARDI und JAMALI

(1985), SCHLINGLOFF (1997) und KLAUS et al. (1997) beschreiben nach i.v. Injektion von Metamizol die Konzentrations-Zeit-Verhältisse von 4-MAA im Plasma mit einem offenem Zweikompartiment-Modell. Nach unveröffentlichten Studien von LEVY et al.

(1995) passieren die Metaboliten des Metamizol die Blut-Hirn-Schranke und sind in der Cerebrospinalflüssigkeit nachweisbar. Die vier Hauptmetaboliten konnten nach einmaliger oraler Verabreichung einer therapeutischen Dosis bis 48 Stunden nach der Applikation (post applicationem – p.a.) in der Muttermilch quantifiziert werden. Dabei wurde gezeigt, dass die Konzentrationen der Metaboliten im Plasma und der Muttermilch korrelieren.

Untersuchungen von NEDDERMANN und ROHDEWALD (1988) zeigen, dass 4-MAA nach oraler Gabe niedriger Metamizol-Dosierung als einziger der vier Hauptmetaboliten im Speichel erscheint, wohingegen die übrigen erst nach höheren Dosierungen nachgewiesen werden konnten. Die Metamizol-Konzentrationen des Speichels korrelieren mit dem Anteil nichtproteingebundener Metaboliten im Plasma. Die HWZ der Elimination von 4-MAA aus Plasma und Speichel ist nahezu identisch. Metamizol bzw. seine Metaboliten werden zu 90%

in nicht glucuronidierter Form mit dem Urin ausgeschieden. 4-MAA erscheint als erster der Metaboliten im Urin und ist nicht mehr nachweisbar, während die anderen Hauptmetaboliten noch detektierbar sind (ZYLBER-KATZ et al.1992). AAA und FAA sind beim Menschen noch 48 Stunden nach der Applikation im Plasma und entsprechend länger im Urin messbar.

Die Prozentanteile der Gesamt-Metamizol-Dosis, die nach oraler Applikation im Urin nachgewiesen wurden sind 2 – 4% für 4-MAA, 5 – 9% für AA, 21 – 27% für AAA und 11 – 23% für FAA (LEVY et al. 1995). Die HWZ von 4-MAA im Urin ist im Vergleich zu der im Plasma länger (ZYLBER-KATZ et al. 1992). Es wird angenommen, dass nach i.v.

Applikation von Metamizol dieses zu einem geringen Teil im Plasma unverändert vorhanden ist und erst in den Nieren zu 4-MAA verstoffwechselt wird. Beides erklärt eine „ kumulative“

renale Elimination von 4-MAA (LEVY et al. 1995). Kinder im Alter von 1 bis 11 Jahren scheiden Metamizol-Metabliten schneller aus als Erwachsene, wobei ältere Menschen 4-MAA zu 33% langsamer ausscheiden als jüngere. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Kinetik nach einmaliger Gabe von Metamizol sind nicht bekannt, obwohl LEVY et al. (1995) eine unveröffentlichte Studie erwähnen, nach der Frauen 4-MAA und AA langsamer eliminieren als Männer. Einfluss auf das Ausscheidungsverhalten wurden zudem bei Leber- und Nierenerkrankungen diskutiert. Bei Patienten mit Leberzirrhose verläuft die Metabolisierung von 4-MAA zu den weiteren Metaboliten in geringerem Maße, bedingt durch die Reduktion der Demethylierungs-, Oxidierungs- und Acetylierungsreaktionen, ab.

Signifikante Unterschiede im Vergleich zu Gesunden sind durch folgende Veränderungen

dargestellt: die Plasma-HWZ ist nahezu um einen Faktor 2 – 3 länger, die maximale Plasmakonzentration ist geringer, die Zeit bis zum Erreichen maximaler Plasmaspiegel ist annähernd verdoppelt, die nichtrenale Clearance ist deutlich herabgesetzt ( ca. um die Hälfte), die renale Clearance ist ebenfalls geringer. Bei Lebererkrankungen korreliert (linear) die verlängerte Plasma-HWZ mit leberspezifischen Parametern im Blut, wie z.B. dem Serumalbumin, der Aspartat-Aminotransfersae (AST), der Alanin-Aminotransferase (ALT), der Lactat-Dehydrogenase (LDH), der Alkalischen Phosphatase (ALKP), dem Total-Bilirubin (TBil), dem Prothrombinwert (ZYLBER-KATZ et al. 1995). Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz konnte nach i.v. Applikation von Metamizol eine geringgradig verlängerte renale Clearance beobachtet werden. Dieses soll auf den unverstoffwechselt vorliegenden 4-MAA Anteil nach i.v. Verabreichung, der erst in den Nieren metabolisiert wird, zurückzuführen sein. Kardiovaskuläre Erkrankungen und Schocksymptomatik können eine verminderte renale Eliminierung bedingen. Ansonsten ist eine verzögerte Gesamtclearance zumeist in einer Beeinträchtigungen des Leberstoffwechsels begründet (HEINEMEYER et al.

1993, LEVY et al. 1995). Werden gleichzeitig mit Metamizol Neuroleptika, insbesondere Phenothiazinderivate verabreicht, kann es zu schwerer Hypothermie kommen. Metamizol reduziert beim Menschen die Furosemid-Clearance signifikant (ROSENKRANZ et al. 1992).

In Untersuchungen von BACRACHEVA et al. (1997) wurde der Einfluss einer Verabreichung von Cimetidin auf die Pharmakokinetik der Metamizol-Metaboliten betrachtet.

Die Ergebnisse zeigten, dass Cimetidin mit Metamizol interagiert, indem es die systemische Verfügbarkeit von Metamizol steigert, die Eliminations-HWZ verlängert und die systemische Clearance verzögert, wobei die renale Elimination von 4-MAA unverändert erscheint.

Nach SCHLINGLOFF (1997) variierte das Verteilungsvolumen beim Pferd zwischen 0,64 und 1,44 l/kg und lag im Mittel bei 1,0 ± 0,23 l/kg; nach KLAUS et al. (1997) lag das Verteilungsvolumen bei 1,85 l/kg. Die Plasmahalbwertzeit ist von EBERT et al. (2002) für Hund und Pferd mit 4 – 5 Stunden festgelegt. SCHLINGLOFF (1997) gibt eine Plasma-HWZ von 5,4 ± 1,3 Stunden für das Pferd an, wobei individuelle Schwankungen zwischen 4,1 und 7,8 Stunden lagen. Eine Kombination von Metamizol mit Induktoren der Lebermikrosomenenzyme (Barbiturate, Phenylbutazon) führt zu einer verkürzten HWZ von Metamizol und damit zu einer verkürzten Wirkungsdauer (EBERT et al. 2002). Nach SCHLINGLOFF (1997) beträgt die totale Clearance im statistischen Mittel 2,14 ± 0,35 ml/min/kg beim Pferd.