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1. Einleitung

1.1 Membranproteine und Transport

Jede Zelle ist von einer Zellmembran umgeben, die die Zelle an sich erst definiert, indem sie sie dem Extrazellulärraum gegenüber abgrenzt, aber auch die wichtige Aufgabe der selektiven Steuerung des Ionen-/Molekültransports übernimmt. Somit befähigt sie die Zelle,

„Informationen“ mit dem sie umgebenden Gewebeverband auszutauschen. Diese Fähigkeit zum selektiven Stoffaustausch beruht auf ihrer Semipermeabilität: die Zellmembran besteht aus einer ca. 4 nm dicken Lipiddoppelschicht, die eine unüberwindbare Energiebarriere für hydrophile Stoffe darstellt; in sie ein- bzw. aufgelagert sind Membranproteine, die (u. a.) die Funktion des erleichterten und gerichteten Stofftransports übernehmen.

Neben der einfachen Diffusion, durch die nur lipophile Substanzen über die Membran diffundieren können, unterscheidet man zwischen den drei folgenden Transporterscheinungen an biologischen Membranen: a) Carriertransport („erleichterte Diffusion“) beruht auf einem System mit einer oder mehreren Bindungsstellen, die abwechselnd von der einen und von der anderen Seite her zugänglich ist/sind, aber nicht von beiden Seiten gleichzeitig. Ein b) Kanal stellt dagegen einen Transportweg dar, der nach beiden Seiten offen ist. Er besteht im Regelfall aus einem die Membran völlig durchdringenden Proteinmolekül, das im Innern eine

„Pore“ besitzt, die eine hydrophile Umgebung schafft. Sowohl Carrier- als auch Kanal-Transport erfolgen immer entlang des elektrochemischen Gradienten. Diesen beiden passiven Mechanismen gegenüber steht der c) aktive Stofftransport, der dem Gefälle des elektrochemischen Potentials entgegengesetzt sein kann. Für sich allein genommen, wäre der Transport thermodynamisch gesehen unmöglich, erst durch Kopplung des Transports an einen zweiten, energieliefernden Prozess wird dieser möglich. Die an ihm beteiligten Membranproteine werden auch als „Pumpen“ bezeichnet. Man unterteilt den aktiven Transport in primär aktiven Transport, bei dem die Energie für den Transport des jeweiligen Substrats „direkt“ bezogen wird (z. B. aus der Hydrolyse von ATP zu ADP im Falle der Na+ -K+-ATPase oder durch Licht im Falle von Bacteriorhodopsin) und sekundär aktiven Transport, bei dem eine Ionensorte entlang ihres elektrochemischen Gradienten transportiert wird, wobei dieser energieliefernde Gradient durch einen primär aktiven Transport generiert wird.

Sämtliche Transportmechanismen spezifiziert man darüber hinaus in Symport (beide Stoffe werden in die gleiche Richtung transportiert) und Antiport (Stofftransport in entgegengesetzte Richtungen).

1.1.2 Ionenkanäle

Ionenkanäle sind, wie zu Anfang schon dargelegt, integrale Membranproteine, die in allen Zellen vorkommen und denen wichtige Aufgaben beim Ionentransport und den damit verbundenen physiologischen Funktionen zukommen. Sie bestehen aus einer oder mehreren, die Pore formenden Untereinheiten und sind oft mit weiteren, akzessorischen Untereinheiten assoziiert. Ionenkanäle sind mehr oder weniger selektiv permeabel für bestimmte Ionen und lassen diese durch ihre Pore passieren, und zwar annähernd so schnell, wie deren freie Diffusion in wässrigem Medium wäre. Sie können nur in 2 distinkten Zuständen vorliegen, dem offenen, leitfähigen und dem geschlossenen, nicht-leitfähigen Zustand. Der Übergang zwischen beiden wird als „gating“ bezeichnet und durch elektrische oder chemische Signale, Temperatur oder mechanische Kräfte gesteuert.

Ionenkanäle besitzen wichtige Funktionen in den verschiedensten Prozessen, wie z. B. der Aufrechterhaltung eines Membranpotentials (u. a. homöostatischen Prozessen), der Nerven- und Muskelerregung, der Hormonsekretion, der Zellproliferation, der Apoptose, der Signaltransduktion etc. Daher ist es nur verständlich, dass eine Störung ihrer Funktion oft schwere physiologische Symptome bzw. Krankheitsbilder nach sich zieht und sie dementsprechend attraktive „drug targets“ in medizinischen Therapieansätzen darstellen [ASHCROFT, 2006].

Man kann die Fülle der bis heute bekannten Ionenkanäle anhand unterschiedlicher Eigenschaften einordnen (Struktur, Funktion, Spezifität, gating), die gängigste ist jedoch die Unterscheidung nach ihrem gating-Mechanismus, d. h. nach der Art des Signals, das ihr Öffnen und Schließen reguliert. Die beiden wichtigsten Klassen sind hierbei a) spannungsabhängige Kanäle, die in Antwort auf Änderungen des Membranpotentials (De-/Hyperpolarisation) reagieren, wie Kv Kanäle, TRP Kanäle, spannungsgesteuerte Ca2+ -Kanäle. Die zweite Klasse wird von b) ligandengesteuerten Ionenkanälen repräsentiert, deren Öffnen/Schließen von der Assoziation eines Bindungspartners (Liganden) an den Kanal abhängig ist. Man nennt diese Klasse auch ionotrope Rezeptoren, da Ligandenbindungsstelle und Ionenpore auf einem Proteinmolekül liegen. Die drei großen Superfamilien dieser Klasse sind die cys-loop-Familie (nicotinische ACh-, GABAA- und Glycin-Rezeptoren), die ionotrope Glutamat-Rezeptor-Familie (unterteilt nach ihrer Affinität gegenüber den synthetischen Liganden AMPA, NMDA und Kainat) und die Superfamilie der ATP-gesteuerten P2X Rezeptoren.

1.1.3 Purinerge Rezeptoren

Nukleotide sind die grundlegenden Bausteine des Lebens und somit Träger der genetischen Information. Des Weiteren können Nukleinsäuren auch Bestandteile katalytischer Reaktionen sein, wie z. B. in der snRNA oder der rRNA. Sie sind an der Regulation metabolischer Prozesse über - z. B. - cAMP/cGMP beteiligt und Nukleotidderivate können vielfach als aktiviertes Substrat biosynthetischer Reaktionen fungieren, wie z. B. Nukleotid-Zucker in Glycosylierungsreaktionen. Zusätzlich zu diesen Funktionen können die Nukleotide ATP, ADP, UTP und UDP als extrazelluläre Signalmoleküle fungieren [ZIMMERMANN et al., 1998]. In dieser Rolle nehmen sie im Vergleich zu anderen Signalstoffen eine gesonderte Stellung ein, da sie als Grundbausteine des Lebens ubiquitär vorkommen und kontinuierlich synthetisiert werden. Daneben scheinen nahezu alle Zellen des Körpers unterschiedliche Rezeptoren für Nukleotide aufzuweisen. Darauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.

Adenosin-5´-Triphosphat (ATP), ein Purin-Derivat und der universelle

„Energielieferant“ innerhalb der Zelle, kann auch außerhalb von Zellen vorliegen, wohin es durch verschiedene Quellen und Wege gelangt. Es kann zusammen mit anderen Neurotransmittern (Noradrenalin, Acetylcholin) aus Neuronen in sekretorischen/synaptischen Vesikeln freigesetzt werden, aber auch aus verletzten/apoptotischen Zellen oder aus Blutplättchen als Antwort auf einen steigenden Sauerstoffpartialdruck im Blut. Neueste Studien zeigen, dass darüber hinaus Connexin-gap junctions an der extrazellulären ATP-Freisetzung beteiligt sein können [ZHAO et al., 2005; DEVUYST et al., 2006]. ATP wirkt dann, neben seiner Funktion im Zellinneren, als extrazelluläres Signalmolekül über eine Reihe von Oberflächenrezeptoren [ABBRACCHIO et al., 1994; NORTH, 2002]. Auf der einen Seite gibt es die P1 Rezeptoren, die selektiv für Adenosin sind, das als Abbauprodukt des ATP nach Degradation durch Ectonukleotidasen entsteht. P1 Rezeptoren werden in 4 Subtypen gegliedert (A1, A2A, A2B, A3) und sind Mitglieder der „rhodopsin-like familiy of G protein-coupled receptors [BURNSTOCK 2007].“ Auf der anderen Seite stehen die P2 Rezeptoren, die durch Purine, einige Subtypen ebenfalls durch Pyrimidine aktiviert werden. Die P2 Rezeptoren sind wiederum in 2 große Klassen unterteilt, den P2Y und P2X Rezeptoren.

P2Y Rezeptoren sind G-Protein gekoppelte Rezeptoren, von denen bis heute insgesamt 8 Subtypen (P2Y1,2,4,6,11,12,13,14) identifiziert und kloniert wurden. P2X Rezeptoren (s. 1.2) sind liganden-(ATP)-gesteuerte Ionenkanäle, von denen bisher 7 Subtypen (P2X1-7) bekannt sind [BURNSTOCK 2007].