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1. Einleitung

1.6 Elektrophysiologie

1.6.3 Membranfleck-Spannungsklemme

-+ -+ -VC

IM RCE RPE

Vm Vm

Rm Cm

IM

Die hier verwendeten intrazellulären Elektroden sind Glasmikroelektroden, die mit einem Elektrodenziehgerät (Puller) fein (µm) ausgezogen werden. Mit diesen Pipetten lässt sich die Zellmembran ohne große Schädigung durchstechen. Nach Füllung mit 3 M KCl-Lösung wird der elektrische Kontakt zur Elektronik dann über einen chlorierten Silberdraht, der in die KCl-Lösung eintaucht, hergestellt (Ag/AgCl-Elektrode). Es wird KCl verwendet, da K+ und Cl- in wässrigem Medium gleiche Diffusionsgeschwindigkeiten aufweisen und somit Diffusionspotentiale an der Elektrodenspitze gering gehalten werden. Zudem sind durch den Einsatz einer hochmolaren Salzösung potentielle Diffusionspotentiale unabhängig vom Aussenmedium. Die Widerstände dieser Elektroden liegen im MΩ-Bereich. [SCHWARZ &

RETTINGER, 2004; HILLE, 2001; AXON INSTR., 1993].

1.6.3 Membranfleck-Spannungsklemme

Während es mit der TEVC-Methode nur möglich ist, makroskopische Ströme (Ganzzellableitungen) zu messen, ist es mithilfe der Patch Clamp-Technik (Saugpipetten-Technik oder auch „Membranfleck-Spannungsklemme“) möglich, Einzelkanalströme in biologischen Membranen abzuleiten. Diese Methode ist eine Weiterentwicklung der oben erläuterten (Single Electrode) Voltage Clamp-Technik und wurde erstmals im Jahre 1976 von Erwin Neher und Bert Sakmann vorgestellt [HAMILL et al., 1981]. 1991 erhielten sie für die Entwicklung dieser Methode und dem erstmaligen direkten Nachweis von Ionenkanälen den Nobelpreis für Physiologie und Medizin.

Messtechnisch (s. Abb. 1.15) betrachtet erfolgen im Patch Clamp-Setup die Spannungsmessung und die „Strominjektion“ (Anlegen der Spannung für die Spannungsklemme) mit nur einer Elektrode. Dies geschieht durch einen

Strom -+

-+ Upip

Rf

OPA1

OPA2

Usoll

Usoll

Strom-messung

Spannungswandler, der sich im Vorverstärker der Elektrode befindet. Auch von dem Patch Clamp-Verstärker wird die Differenz zwischen Pipetten- und Sollspannung gemessen, wobei der Eingangswiderstand des Operationsverstärkers (OpAmp) so hoch ist, dass praktisch kein Strom fließt. Bei einer Differenz zwischen dem Pipettenpotential (Upip) und der Sollspannung (Usoll) entsteht am Ausgang des Operationsverstärkers (OpAmp 1) eine Spannung, die wesentlich größer ist als die eingespeiste Spannungsdifferenz. Vermittelt durch einen Rückkopplungsmechanismus, fließt ein Strom durch den Rückkopplungswiderstand Rf

in die Pipette, solange eine Spannungsdifferenz zwischen Pipetten- und Sollspannung vorliegt, also eine Differenz zwischen den beiden Eingängen besteht. Da der Eingangswiderstand des OpAmp unendlich hoch ist, kann der Strom nur in die Pipette, nicht aber zurück in den Verstärker fließen. Ein zweiter OpAmp (OpAmp 2) misst den Spannungsabfall an dem Rückkopplungswiderstand; gemessen wird letztlich die Differenz zu der Kommandospannung, aus der anhand der bekannten Größe von Rf auf den Strom, der gleichzeitig die Messgröße darstellt, geschlossen werden kann. [SCHWARZ &RETTINGER, 2004; NUMBERGER &DRAGUHN, 1996;

ADAM et al., 2003].

Abb. 1.15: Schaltkreis eines Patch Clamp-Verstärkers. Erläuterungen s. Text.

Bei Patch Clamp-Messungen wird die hitzepolierte Spitze einer Glasmikropipette, deren innerer Durchmesser lediglich 1-5 µm beträgt (bis zu 20 µm für makroskopische Ströme aus excised Patches, s. u.), auf die Zellmembran aufgesetzt und durch leichten Unterdruck in der Pipette ein kleiner Fleck (Patch) der Membran in die Pipettenöffnung gesaugt. Auf diese Weise entsteht ein enger Kontakt zwischen Membranoberfläche und Glas, was letztlich oft zu einem extrem hohen Abdichtwiderstand (sog. Seal) führt, der zwischen 109-1011 Ω („Gigaseal“) liegt. Um diesen hohen Abdichtwiderstand zu erreichen, müssen eine Reihe von Vorkehrungen bezüglich der Pipettenform und der Oberflächenreinheit getroffen werden. Die Pipettenspitze sollte eine Öffnung mit glattem Rand besitzen und frei von Verunreinigungen sein. Zudem muss sie – im Unterschied zur TEVC -, vor jeder Messung frisch hergestellt werden, um die Sauberkeit der Pipette garantieren zu können. Der hohe Abdichtwiderstand wird durch direkte Wechselwirkung auf atomarer Ebene zwischen der Glasoberfläche und der

i = z e n

0

i = z e n t

0

i = z e n t

0

t

Zellmembran erreicht. Die wichtigsten Wechselwirkungen beruhen vermutlich auf der Bildung von Wasserstoffbrücken und Salzbrücken zwischen negativen Ladungen des Glases und der Membranoberfläche [NUMBERGER &DRAGUHN,1996].

Die Pipette selbst ist mit einer wässrigen Elektrolytlösung (die, je nach Messkonfiguration, s. u., entweder dem intra- oder dem extrazellulären Milieu angepasst ist) gefüllt, und über eine Ag/AgCl-Elektrode im Inneren der Mikropipette mit dem Messverstärker verbunden. Auf diese Weise können nun Ionenströme über die Membran detektiert werden, die nur in diesem Patch stattfinden.

Die auf diese Weise messbaren Einzelkanalströme liegen im Bereich von einigen pA. Eine Stromamplitude von 1 pA entspricht nach der Gleichung

mit i = Stromamplitude; n = Anzahl der Ionen (mit der Ladung ze0), t = Zeit.

einem Fluss von i/ze0 = 10-12 A/1.6 x 10-19 C ≈ 5 x 106 einwertigen Ionen pro Sekunde. Bei Stromamplituden von 1 pA können kurzzeitige Kanalöffnungsereignisse bis herab zu etwa 0,1 ms Dauer registriert werden. Diese Methode gestattet es also, bereits den Durchtritt von etwa 500 Ionen durch einen Kanal nachzuweisen.

Neben den Amplituden der Einzelkanalströme liefert die Patch Clamp-Technik Informationen über das statistische Öffnungs- und Schließverhalten von Ionenkanälen. Aus einer möglichst großen Zahl von Einzelereignissen bestimmt man statistische Parameter, wie z. B. die mittlere Offenzeit t des Kanals, oder die Wahrscheinlichkeit f(t) dt, dass die Offenzeit t eines Kanals in einem vorgegebnen Intervall (t, t+dt) liegt. Aus den statistischen kann man schließlich kinetische Parameter ableiten.

Die Patch Clamp-Technik kann in verschiedenen Konfigurationen angewendet werden.

Voraussetzung für alle Konfigurationen ist die Ausbildung eines Gigaseals in der cell attached/on cell-Konfiguration (oben beschrieben). Diese ermöglicht Messungen, bei denen die intrazellulären Gegebenheiten aufrechterhalten werden. Durchbricht man die Membran innerhalb des Patches ausgehend von der on cell-Konfiguration mit einem Spannungs- oder Druckpuls, so gelangt man in die whole cell-Konfiguration, wobei nicht mehr nur der Patch, sondern die gesamte Zellmembran in die Messung eingeht. Diese Konfiguration kann nur bei kleinen Zellen, wie Säugerzellen, nicht jedoch bei Oozyten angewendet werden. Ausgehend von der on cell-Konfiguration kann zudem die Zellmembran, ebenfalls nur bei kleinen Zellen, durch Zugabe von z. B. Nystatin in die Pipettenlösung für kleine Ionen permeabel gemacht werden (perforated Patch).

Abb. 1.16: Die verschiedenen möglichen Messkonfigurationen der Patch Clamp-Methodik an Oozyten:

ausgehend von der on cell-Konfiguration A) inside out; B) Vesikelbildung nach inside out-Patch in Anwesenheit von Ca2+ sowie ausgehend von der on cell- und anschließenden whole cell-Konfiguration (nicht messbar an Oozyten, nur in kleineren, z. B. Säugerzellen) in die C) outside out-Konfiguration. Details s. Text. (nach [SCHWARZ &RETTINGER, 2004])

A

B

C

cell attached/

on cell

zellfrei outside out (whole cell)

Vesikel-bildung zellfrei inside out

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der excised Patches, bei denen ein Stück der Zellmembran aus der Zelle herausgerissen wird und demnach die Messung zellfrei von statten geht. Dies ist möglich, da es nach Ausbildung des Gigaseals neben der elektrischen ebenfalls zu einer hohen mechanischen Stabilität des Patches kommt. Um eine inside out-Konfiguration im zellfreien Patch zu erhalten, wird nach Ausbildung des Gigaseals in der on cell-Konfiguration die Pipette von der Zelle zurückgezogen und der Patch damit aus der Zellmembran herausgerissen. Die innere Membranseite zeigt nun nach außen, die äußere Membranseite zeigt in das Innere der Pipette. Dabei wird die Badlösung frei von Ca2+-Ionen gehalten, da es ansonsten unter Umständen zur Bildung eines geschlossenen Lipidvesikels kommen kann, was den Patch unbrauchbar macht. Um in die outside out-Konfiguration zu gelangen, muss, ausgehend von der whole cell-Konfiguration (s. o.) die Pipette vorsichtig zurückgezogen werden, so dass sich die herausgerissenen Membranstücke über der Pipettenöffnung wieder zusammenfügen, jedoch invers, so dass das Membranäußere nach außen und die Membraninnenseite ins Innere der Pipette weist (s. Abb. 1.16). In diesem Fall ist das Vorhandensein von Ca2+-Ionen in der Badlösung von Vorteil, da es die Stabilität der Membran erhöht (s. 2.3.2).

Konventionelle Patch-Pipetten haben einen Spitzendurchmesser von wenigen µm (s. o.). Um Multikanalphänomene zu analysieren, wie z. B. gating Ströme, kann der Pipettendurchmesser erhöht werden (Makro-Patch). Durch spezielle Behandlung (Abbrechen der Pipettenspitze in einer Mikroschmiede/micro forge und anschließendes Hitzepolieren [HILGEMANN, 1990]) können Gigaseals mit Pipettendurchmesser von bis zu 50 µm erreicht werden. In diesen Fällen spricht man von Giant Patches, wobei auch hier on cell-, inside sowie outside out-Konfigurationen möglich sind. Mit dieser Variante ist es auch möglich, durch Pumpen und Carrier generierte Ströme zu untersuchen.