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1. Einleitung

1.6 Elektrophysiologie

1.6.2 Zwei-Elektroden Spannungsklemme

Um zunächst nur die an der Zellmembran anliegende elektrische Spannung („Membranpotential“) messen zu können, benötigt man lediglich eine intrazelluläre Elektrode (Potentialelektrode) sowie eine im äußeren Medium befindliche, sog. Referenz- oder Badelektrode. Die Potentialelektrode misst mit sehr hohem Eingangswiderstand des Verstärkers die an der Zellmembran anliegende elektrische Spannung im Vergleich zur Badelektrode, deren Potential als 0 mV definiert ist. Der hohe Eingangswiderstand am Vorverstärker der Potentialelektrode ist unabdingbar, damit über diesen Widerstand kein nennenswerter Strom fließt und es demnach nicht zu einem, dem Ohm´schen Gesetz folgenden Spannungsabfall kommt, die Spannungsmessung also fehlerfrei ist.

Durch diese Spannungsmessungen lassen sich erste Rückschlüsse auf vermutete Leitfähigkeiten an biologischen Membranen ziehen, wobei eine genauere Charakterisierung der Leitfähigkeiten mit einer Spannungsmessung allein nicht durchgeführt werden kann. Zur exakten Untersuchung wird die Methode der sog. Zwei-Elektroden-Spannungsklemme (two electrode voltage clamp, TEVC) verwendet.

Diese Methode geht auf Kenneth Cole, Howard Curtis und George Marmount zurück, die in den 1940-er Jahren erstmals das Potential von Zellmembranen mithilfe von intrazellulären Elektroden und Rückkopplungs-Schaltkreisen konstant halten konnten. Die erste Voltage Clamp-Anordnung wurde für das Riesenaxon des Tintenfisches entwickelt [COLE, 1949]. Alan Hodgkin und Andrew Huxley entwickelten diese Methodik weiter und konnten im Jahre 1948

erstmals transiente Ionenströme über Membranen nachweisen. Ein Jahr später konnten sie die dem Aktionspotential an erregbaren Membranen zugrunde liegenden elektrochemischen Vorgänge aufklären und veröffentlichten diese Daten zusammen mit einem mathematischen Modell, das die Zeitverläufe eines Aktionspotentials interpretiert. 1963 erhielten sie für ihre wegweisenden Versuche den Nobelpreis für Physiologie und Medizin.

Das Prinzip des Voltage Clamps basiert nun auf der Anordnung einer bzw. zweier intrazellulärer Elektroden, mit deren Hilfe das Membranpotential der betreffenden Zellmembran zunächst gemessen und dann mithilfe eines Rückkopplungsmechanismus auf einem, vom Experimentator vorgegebenen, Sollwert konstant gehalten („Spannungsklemme“) werden kann. Der Strom über der Membran kann dann gemessen werden als Maß für die Leitfähigkeit der Zellmembran. Soll an größeren, intakten Zellen wie den Oozyten (s. u.) von X. laevis Voltage Clamp durchgeführt werden, muss die TEVC eingesetzt werden, da hier die single electrode voltage clamp–Technik nicht mehr ausreicht: man benötigt eine weitere, intrazelluläre Elektrode, um Strom- und Spannungsmessung unabhängig voneinander durchführen zu können. Beide intrazellulären Elektroden besitzen in dem die Zelle umgebenden Bad jeweils eine Referenzelektrode, wobei die der intrazellulären Stromelektrode geerdet ist, damit über sie die Ströme abfließen können. Die Badelektrode der intrazellulären Potentialelektrode ist nicht geerdet, da sie nur zur Potentialmessung dient, und wird somit als virtuelle Erde bezeichnet. Der Einsatz von zwei Badelektroden ist zwar nicht zwingend notwendig, hat aber den Vorteil, dass nur über die geerdete Elektrode große Ströme fließen und die Potential-Badelektrode nicht aufgrund von Stromflüssen polarisieren kann.

Außerdem können so Fehler verhindert werden, die der Serienwiderstand der Badlösung bei großen Strömen potentiell mit sich bringt.

In dieser TEVC-Anordnung misst das Potentialelektroden-Paar die an der Zellmembran tatsächlich anliegende Spannung, das Stromelektroden-Paar verändert aktiv, durch Anlegen einer Spannung das Membranpotential. Die Spannungsquelle wird dabei so geregelt, dass das Membranpotential genau dem gewünschten Kommandopotential VC entspricht:

Um die Zellmembran auf ein bestimmtes Membranpotential Vm klemmen zu können, ist es notwendig, ein Potential VC vorzugeben, dass groß genug ist, um den Spannungsabfall an dem Stromelektrodenwiderstand RCE zu kompensieren. Da sich der Membranwiderstand RM

und gelegentlich auch RCE sowie Vm während eines Experimentes ändern können, ist es

Abb. 1.13: Schematische Zeichnung der beiden Operationsverstärker-Anordnungen. Links: klassischer Operationsverstärker, rechts: Spannungsfolger (Erklärung s. Text).

e

+

e

-e

0

+ -e

+

e

-e

0

+

-notwendig, Vm permanent (mithilfe der Potentialelektrode) mit dem Kommandopotential VC

zu vergleichen und das Klemmpotential VCl dementsprechend nachzuregeln. Hierfür verwendet man Operationsverstärker (operation amplifier, OpAmp), deren wesentliches Charakteristikum darin besteht, die Differenz zwischen seinen beiden Eingängen mit einem Faktor A (gain) zu verstärken. Operationsverstärker können auch als Spannungsfolger eingesetzt werden, dazu wird der negative Eingang mit dem Ausgang verbunden – das Ausgangssignal ist also immer gleich dem Signal am negativen Eingang (s. Abb. 1.13).

In der TEVC finden beide Varianten des Operationsverstärkers Anwendung. Der Spannungsfolger wird benutzt, um das hochohmige Signal der Potentialelektrode von den folgenden Geräten mit niederohmigem Eingang (z. B. Oszilloskop oder Aufzeichnungsgeräte) zu entkoppeln und um den Eingangswiderstand der Potentialelektrode so hochohmig zu machen, dass Ströme über sie minimiert werden (s. o.). Die andere Variante des Operationsverstärkers wird als negativer Rückkopplungsverstärker (feedback amplifier) mit hoher Verstärkung eingesetzt. An den positiven Eingang wird hierbei das Kommandopotential angelegt, an den negativen Eingang das Ausgangssignal des Spannungsfolgers, das dem Membranpotential entspricht. Diese beiden Eingangssignale definieren das Potential am Ausgang, der zur Stromelektrode führt. So kann Vm schnell und genau auf das vorgegebene Potential geklemmt werden (s. Abb. 1.14).

Der Strom, der vom Rückkopplungsverstärker über die Stromelektrode in die Zelle fließt, entspricht nun dem Strom, der über die Membran fließt, und kann entweder am Ausgang des Rückkopplungsverstärkers oder an der geerdeten Badelektrode gemessen werden.

Der Vollständigkeit halber soll hier noch die Methode des Current Clamp erwähnt werden, die ebenfalls in der Elektrophysiologie Anwendung findet und bei der, im Gegensatz zur TEVC, der Strom konstant gehalten wird und das Membranpotential die zu messende Größe darstellt.

Abb. 1.14: TEVC-Schaltung mit Operationsverstärker und Spannungsfolger zur Messung des Membranpotentials und zur Konstanthaltung („Klemmen“) des Membranpotentials mithilfe negativer Rückkopplungsmechnanismen. Das RC-Glied stellt die Zelle dar, RPE und RCE die intrazellulären Elektroden.

+

-+ -+ -VC

IM RCE RPE

Vm Vm

Rm Cm

IM

Die hier verwendeten intrazellulären Elektroden sind Glasmikroelektroden, die mit einem Elektrodenziehgerät (Puller) fein (µm) ausgezogen werden. Mit diesen Pipetten lässt sich die Zellmembran ohne große Schädigung durchstechen. Nach Füllung mit 3 M KCl-Lösung wird der elektrische Kontakt zur Elektronik dann über einen chlorierten Silberdraht, der in die KCl-Lösung eintaucht, hergestellt (Ag/AgCl-Elektrode). Es wird KCl verwendet, da K+ und Cl- in wässrigem Medium gleiche Diffusionsgeschwindigkeiten aufweisen und somit Diffusionspotentiale an der Elektrodenspitze gering gehalten werden. Zudem sind durch den Einsatz einer hochmolaren Salzösung potentielle Diffusionspotentiale unabhängig vom Aussenmedium. Die Widerstände dieser Elektroden liegen im MΩ-Bereich. [SCHWARZ &

RETTINGER, 2004; HILLE, 2001; AXON INSTR., 1993].