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Vergleich direkte/ indirekte Modellierung

4.1 Mathematische Modellierung

Da die Entstehung und Ausbreitung von Kavitation und der anschließende Zusammenfall der Dampfblase hochkomplexe physikalische Vorgänge sind, die im Detail nicht vollständig potenzi-altheoretisch abgebildet werden können. Deshalb werden semiempirische Verfahren verwendet, um eine entsprechende Bewertung eines Propellers vornehmen zu können. Um den Einsatzpunkt der Ka-vitation zu ermitteln, müssen die KaKa-vitationserscheinungen in verschiedene Arten aufgeteilt werden, die getrennt von einander bewertet werden. Im Wesentlichen sind hier zwei Arten zu untersuchen.

Zum einen kann der Druck auf der Flügeloberfläche den Dampfdruck unterschreiten, so dass in Folge Schichtkavitation, Wolkenkavitation oder Streifenkavitation entstehen kann. Zum anderen kann der Druckabfall sowohl im Spitzen- als auch im Nabenwirbel zu so genannter Wirbelkavitation führen. Da die Mechanismen für die Kavitationsarten unterschiedlich sind, müssen jeweils eigene Modelle implementiert werden.

4.1.1 Schichtkavitation

Bei der Schichtkavitation wird davon ausgegangen, dass sich die Kavitation an der oder in der Nähe der Flügeloberfläche bildet, da hier die geringsten Drücke auftreten. Es existieren zahlreiche Modelle mit deren Hilfe die Ausdehnung der Schichtkavitation berechnet werden kann (siehe hierzu u.a.: Lee und Kinnas (2001); Young und Kinnas (2003c); Salvatore et al. (2006)). Da in dieser

Arbeit lediglich der Kavitationseinsatzpunkt ermittelt werden soll und nicht deren Ausdehnung von Interesse ist, genügt ein relativ einfaches Modell.

Unter der Annahme, dass die Kavitation am Ort des niedrigsten Drucks einsetzt, kann die kritische Kavitationszahlσi aus dem minimalen dynamischen Druckanteil (hier:∆pind) hergeleitet werden. Der Kavitationseinsatzpunkt ist dann durch die Bedingung definiert, dass der minimale Druck dem Dampfdruck entspricht.

p = ρgH +pL − ρ

2v2 (4.1)

= ρgH +pL +∆pind (4.2)

= pv (4.3)

Dabei sindH die Tauchtiefe des Referenzortes am Propeller,g die Erdbeschleunigung,pv der Dampf-druck des Fluid undpL der Umgebungsdruck beiH =0. Aus der Definition der Kavitationszahl

σi = ρgH +pL −pv ρ

2n2D2 (4.4)

folgt mit Gl. 4.2 und 4.3:

σi =− ∆pind ρ

2n2D2 (4.5)

4.1.2 Modellierung der Spitzenwirbelkavitation

Im Vergleich zu den Kavitationserscheinungen, die durch großflächige Unterdrücke auf dem Blatt selbst erzeugt werden, stehen bei einer potenzialtheoretischen Analyse der Spitzenwirbelka-vitation deutlich weniger belastbare Informationen für die Bestimmung des Einsatzpunktes zur Verfügung. Die Spitzenwirbelkavitation wird im Allgemeinen durch den Unterdruck im Wirbelkern hervorgerufen. Hierbei spielen neben der Stärke des Wirbels viskose Effekte im Wirbelkern eine Rolle, welche in einen Zusammenhang mit der lokalen Gestaltung der Flügelspitze stehen. Eine umfassende Diskussion über die Entstehung von Wirbelkavitation sowie eine Zusammenfassung we-sentlicher messtechnischer Untersuchungen ist in Arndt (2002) zu finden. Die ersten umfangreichen Untersuchungen zu Wirbelkavitation wurden von Mc Cormick (1962) durchgeführt. Mc Cormick erkannte, dass der Kavitationseinsatzpunkt eines Spitzenwirbels an einer Tragfläche nicht nur von dem Auftriebsbeiwert der Tragflächecl, sondern auch von der ReynoldszahlRe abhängt und stellte dies in dem folgenden überK proportionalen Zusammenhang dar:

σi =KclαRem (4.6)

mitα = 2 und m im Intervall0.3...0.4, wobei die Werte in der Praxis vom Anwendungsfall und der speziellen Geometrie abhängen. Die Beobachtungen lassen sich auf zwei Grundlagen zurückführen. Die Abhängigkeit vom Auftriebsbeiwert resultiert aus der Tatsache, dass dieser bei einem endlichen Tragflügel stark mit dem Spitzenwirbel korreliert. Über unterschiedliche Oberflächenrauheiten an der Druckseite des Flügels konnte der Einfluss der Grenzschichtdicke auf die gemessenen Kavitationseinsatzpunkte des Spitzenwirbels nachgewiesen werden (siehe hierzu Mc Cormick (1962)). Die Grenzschichtdicke hängt unter anderem von der Rauheit und der Reynoldszahl ab, wodurch auch der Maßstab der Geometrie Einfluss auf den Kavitationseinsatz nimmt.

Diese Beobachtungen legen den Schluss nahe, die wirbelähnliche Strömung im Bereich Blattspitze durch einen äquivalenten Wirbel zu approximieren. Die Ausbreitung eines Wirbelfadens in der Strömung ist durch eine Zirkulation und einen viskosen Wirbelkern gekennzeichnet, wie weiter unten

noch gezeigt wird. Die Wirbelstärke des äquivalenten Wirbels kann mit der Zirkulationsverteilung am Rotor in Verbindung gebracht werden, über den viskosen Kern kann eine Verbindung mit der Reynoldszahl hergestellt werden. Entsprechend ist zu anzunehmen, dass sich im Spitzenwirbel eine ähnliche Druckverteilung wie im äquivalenten Wirbel einstellen wird.

Diese Idee wird beispielsweise von Isay (1970, 1991) angewendet, mit dem Ziel auf Basis einiger analytischer Ergebnisse und empirisch ermittelter Zusammenhänge das Verhalten des Spitzenwirbels an Tragflügeln und Propellern zu analysieren. Eine ähnliche Vorgehensweise wurde auch von Latorre et al. (1984) für Tragflügel mit elliptischem Grundriss entwickelt. Ein Wirbel entsteht nicht nur an der Blattspitze, sondern auch an der Nabe. Ein ähnlich analytischer Ansatz wird von Yuanpei (1984) zur Untersuchung von Nabenwirbelkavitation verwendet. Ein Aspekt, der bei der Prognose der Spitzenwirbelkavitation stark ins Gewicht fällt, ist ein Maßstabseffekt, der auf der unterschiedlichen Reynoldszahl zwischen Modell und Großausführung beruht. Hierauf wird von Hsu (1989) näher eingegangen. Gemeinsam ist den genannten Vorgehensweisen, dass lediglich geometrische Eigenschaften wie Profiltiefe und Steigung sowie integrale Kraftwerte in die Auswertung einfließen, lokale Strömungseffekte wurden auf Grund fehlender Verfahren so gut wie nicht beachtet.

Eine Kombination der analytischen Zusammenhänge mit potenzialtheoretischen Ergebnissen ist beispielsweise bei Koronowicz und Szantyr (1995) erarbeitet, um die Druckverteilung im Spitzen-wirbel hinter einem Delta-Flügel zu bestimmen. Von Lee und Kinnas (2001) sowie Szantyr (2006) wurden in potenzialtheoretischen Methoden zur Berechnung der Propellerumströmung Verfahren implementiert, um die Auswirkung vollständig entwickelter Wirbelkavitation zu untersuchen. Dabei stand die Ausbreitung des Wirbels bzw. in Szantyr (2006) die Druckschwankung am Rumpf auf Grund der Interaktion der Wirbelkavitation mit dem Druckfeld eines Ruders im Vordergrund.

Das in dieser Arbeit implementierte Verfahren wurde im Gegensatz zu den zuvor genannten Verfahren mit dem Ziel entwickelt, nicht die Auswirkung des kavitierenden Wirbels auf die Strömung zu ermitteln, sondern den Kavitationseinsatzpunkt zu bestimmen. Hierfür wird der Spitzenwirbel durch ein Wirbelmodell für Wirbel in freier Strömung repräsentiert. Dieser analoge Wirbel wird im Wesentlichen durch seine Stärke und seinen viskosen Kerndurchmesser charakterisiert. Anhand dieser beiden Parameter, die an potenzialtheoretisch berechnete Größen gekoppelt sind, wird der minimale Druck im Wirbelzentrum und damit auch der Kavitationseinsatzpunkt festgemacht. Die Stärke des Spitzenwirbels wird durch die Bewertung der Zirkulation in den freien Wirbeln berechnet.

Der Kerndurchmesser korreliert mit der Grenzschichtdicke an dem Tragflügel im Bereich der Blattspitze.

Im Folgenden werden zunächst verschiedene Wirbelmodelle erläutert und die numerischen Verfahren vorgestellt mit denen die Sträke und auch der Kerndurchmesser des Spitzenwirbels approximiert wird. Anschließend werden die vorhandenen semiempirischen Modellparameter an-hand geeigneter Referenzmessungen ermittelt. Nach der Analyse der Maßstabseffekte, die aus dem entwickelten Kavitationsmodell resultieren, erfolgt eine Validierung des Modells anhand von Messer-gebnissen an einem Tragflügel mit elliptischem Grundriss. Abschließend erfolgt eine exemplarische instationäre Auswertung eines Propellers in homogener und inhomogener Anströmung.

Wirbelmodelle

Der potenzialtheoretische Wirbel wird durch eine Art Drehung des Fluids um eine Achse beschrieben.

Die tangentiale Geschwindigkeit ist dabei umgekehrt proportional zum Abstand zur Wirbelachse.

Daraus folgt, dass im Ursprung des potenzialtheoretischen Wirbels die Geschwindigkeit unendlich

groß ist. Somit ist der Druck im Wirbelkern unendlich klein. Aufgrund der Viskosität ist dies nicht möglich, so dass sich ein anderes Strömungsverhalten einstellen muss.

Messungen zeigen, dass ein Wirbel in zwei Regionen aufgeteilt werden kann. Im äußeren Bereich verhält sich die Strömung wie der beschriebene potenzialtheoretische Wirbel, im Innern dagegen wie ein starr rotierender Körper. In diesem starr rotierenden inneren Kernbereich ist die tangentiale Geschwindigkeit näherungsweise proportional zum Abstand vom Wirbelursprung.

Dieser so genannte Rankine-Wirbel besitzt einen endlichen Druck im Wirbelkern. Die Größe des Wirbelkerns korreliert nicht mit der Stärke des Wirbels, sondern hängt von dessen Entstehung ab. Bei den Spitzenwirbeln, die an den Enden von Tragflügeln ansetzen, geht man von einem Zusammenhang zwischen KerndurchmesserRC und Grenzschichtdickeδaus. Ein solches Modell wird von Szantyr (2006) zur Bestimmung des Drucks im Wirbelkern verwendet.

Der Rankine-Wirbel weist an der Übergangsstelle zwischen Wirbelkern und dem äußeren Bereich eine Unstetigkeit der Geschwindigkeit auf, die so nicht in der Strömung existieren kann. Weiterhin zeigen Messungen, dass der Unterdruck im Wirbel nicht den Wert des Rankine-Wirbels annimmt.

Von Hamel und Oseen wurde eine Lösung der Navier–Stokes–Gleichung für die Strömung in Wirbeln entwickelt, die eine bessere Übereinstimmung mit den Geschwindigkeitsfeldern von gemessenen Wirbeln aufweist. Die tangentiale Geschwindigkeitsverteilung vt im Wirbel kann wie folgt als Funktion des Radiusrund der WirbelstärkeΓbestimmt werden:

vt(r) = Γ

2πr(1−e

r2

R 2C) (4.7)

Der Druck im Wirbel kann wie folgt bestimmt werden:

pWirbel(r) =p− Dabei istEi das ExponentialintegralEi(−x) =Rx

1

ξexp(−ξ)dξ.

Weiterhin wird von Oseen eine Funktion zur Alterung des Wirbels angegeben. Die Zähigkeit in der Strömung führt zu einem kontinuierlichen Wachstum des Wirbelkerns. Mit dem Alter∆t bezogen auf den Zeitpunktt0 wächst der Kern entsprechend:

RC2 =4ν(t0 +∆t) (4.9)

Zur weiteren Beschreibung des Wirbels sei an dieser Stelle auf Truckenbrodt (1999) verwiesen.