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Key–Blade–Technik

2.2.13 Behandlung effektiver Nachstromfelder

Bei der Abbildung eines Propellers im inhomogenen Schiffsnachstrom mit Hilfe der Potenzi-altheorie müssen Annahmen bei der Schiff–Propeller–Interaktion getroffen werden. Da die Ge-schwindigkeitsverteilung im Schiffsnachstrom sowohl von Verdrängungseffekten als auch von Reibungseffekten dominiert wird, kann das Schiffsnachstromfeld nicht mit Hilfe der Potenzialtheorie ermittelt werden, sondern kann nur als externe Größe in Form modifizierter Randbedingungen vorgegeben werden. Die einfachste Methode ist die Vorgabe eines nominellen Nachstromfeldes, wie es beispielsweise in Modellversuchen ermittelt wird. Dabei ist zu beachten, dass folgende Abweichungen zum tatsächlichen Propellerzustrom bestehen:

• In Versuchen aufgemessene Nachstromfelder weisen, bezogen auf die Schiffsabmessungen, eine dickere Grenzschicht auf, da die Messungen bei kleineren Reynoldszahlen durchgeführt werden.

• Durch den Sog des Propellers können Ablösungen am Hinterschiff, die sich im nominellen Nachstrom einstellen, verhindert werden. Das effektive Nachstromfeld ist somit unbekannt.

• Lokale, instationäre Wechselwirkungen zwischen Propeller und Schiff können nicht berück-sichtigt werden.

Häufig werden geeignete Korrekturverfahren angewandt, um die genannten Probleme zu umgehen.

Die Verfahren sind oftmals empirisch gestützte Verzerrungsfunktionen, mit deren Hilfe der nominelle Nachstroms modifiziert wird. Um das effektive Nachstromfeld in die potenzialtheoretische Analyse einbeziehen zu können, müssen mehr Informationen über die Interaktion zwischen Propeller und Schiff berücksichtigt werden. Ein Weg ist beispielsweise den Schiffsnachstrom im Grossausführungs-maßstab über ein RANSE–Verfahren zu berechnen, wobei der Propeller als einfache Druckscheibe modelliert wird. Das so ermittelte stationäre Nachstromfeld enthält nun die durch die Druckscheibe induzierten Geschwindkeiten. Da der Geschwindigkeitsanteil, der durch die Druckscheibe induziert wird, in der RANSE–Untersuchung nicht separat ermittelt werden kann, ist es nicht möglich das effektive Nachstromfeld aus der RANSE–Berechnung zu extrahieren. Somit muss das effektive Nachstromfeld in der potenzialtheoretischen Berechnung ermittelt werden, da hier die induzierten Anteile des Propellers getrennt ausgewertet werden können. Konkret bedeutet dies, dass zu jedem Zeitschritt die im potenzialtheoretischen Verfahren ermittelten propellerinduzierten Größen von dem vorgegebenen Gesamtnachstrom zu subtrahieren sind. Diese Vorgehensweise bietet folgende Vorteile:

• Abweichungen in der Nachstromziffer in Folge zu kleiner Reynoldszahlen werden vermieden.

• Der Einfluss des Propellersogs auf die Hinterschiffsumströmung kann berücksichtigt werden.

Um diese Vorgehensweise umzusetzten, muss das vorgegebene Nachstromfeld ein Stück stromauf vor dem Propeller aufgenommen und in der Rechnung positioniert werden. An den diskreten Orten~xw, an denen dieses Nachstromfeld aufgenommen worden ist, muss die propellerinduzierte Geschwindigkeit~vp,ind(~xw)ermittelt werden, damit sie von der vorgegebenen Geschwindigkeit

~vw,total(~xw)subtrahiert werden kann. Da nun der Propeller seine eigne Zuströmung modifiziert, ist eine iterative Ermittlung der induzierten Geschwindigkeit erforderlich.

Liegt der Ort~xw nur knapp vor dem Propeller, ändert sich die vom Propeller induzierte Geschwin-digkeit~vp,ind stark, da das lokale Geschwindigkeitsfeld um den Tragflügel auf diesen Ort wirkt.

Dieser Effekt wird bei der Ermittlung des stationären Gesamtnachstromfelds durch eine Druckschei-be im RANSE–Feld nicht Druckschei-berücksichtigt. Aus diesem Grund muss die induzierte Geschwindigkeit

~vp,ind zeitlich gemittelt werden. Hierdurch ensteht ein räumlich variables, aber zeitlich konstantes effektives Nachstromfeld. Soll die Vorgehensweise für quasistationäre Untersuchungen verwendet werden, kann die Induzierte nicht mehr zeitlich gemittelt werden, sondern muss über den Umfang räumlich gemittelt werden, so dass der induzierte Mittelwert für eine Propellerumdrehung gilt.

Wird anstatt eines Propellermodells ein räumlich aufgelöster Propeller in der RANSE–Untersu-chung berücksichtigt, sind auch die Induzierten des Tragflügels im Gesamtnachstromfeld enthalten, so dass letztlich das instationäre Nachstromfeld an das Potenzialverfahren gegeben werden könnte.

Aufgrund der Unterschiedlichkeit beider Verfahren sind die lokal um den Flügel induzierten Geschwindigkeiten nicht identisch. Daher ist es auch in einer solchen Rechnung zielführend nur gemittelte Größen zu übergeben.

Beispielhaft ist in Abbildung 2.15 der nominelle, der Gesamtnachstrom und der berechnete effektive Nachstrom eines Schiffes dargestellt. Das nominelle und das Gesamtnachstromfeld sind in einer RANSE–Untersuchung ermittelt worden, wobei der Propeller als Druckscheibe modelliert

0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 300 330 360 vAxial/vs

Drehwinkel [°]

axiale Nachstromkomponente

r/R = 1.10 r/R = 0.70 r/R = 0.40 Gesamtnachstrom berechn. eff. Nachstrom nomineller Nachstrom

Abbildung 2.15: Nominelles, effektives und Gesamtnachstromfeld im Vergleich.

1. Ordnung 2. Ordnung 3. Ordnung 4. Ordnung 5. Ordnung 6. Ordnung 7. Ordnung 8. Ordnung 9. Ordnung 10. Ordnung 11. Ordnung 12. Ordnung 13. Ordnung 14. Ordnung 15. Ordnung 16. Ordnung 17. Ordnung 18. Ordnung 19. Ordnung 20. Ordnung

vAxial/vs

Amplitude der axialen Nachstromkomponente

gesamt Nachstrom effektiver Nachstrom nomineller Nachstrom

Abbildung 2.16: Amplituden im nominellen, effektiven und Gesamtnachstromfeld.

wurde, siehe hierzu auch Steden et al. (2006). Das Nachstromfeld zeichnet sich vor allem durch die beiden starken Verzögerungen in der30° und330° Stellung aus. Im Bereich um0.7R fallen die durch den Propeller induzierten Geschwindigkeiten am höchsten aus. Im Bereich ausserhalb des Propellers (r/R = 1.15) ist hingegen kaum eine Veränderung der axialen Anströmgeschwindigkeit zu beobachten. Zum Vergleich ist darüberhinaus auch das nominelle Nachstromfeld dargestellt. Auch nach Abzug der Propellerinduzierten liegen die Geschwindigkeiten über den nominell ermittelten Werten. Insbesondere auf den inneren Radienschnitten ist der Einfluss des Propellers auf die Ausbildung des Nachstromfeldes sichtbar. Die Frequenzanalyse in Abbildung 2.16 zeigt, dass die größten Amplituden zwischen der vierten und siebten Ordnung liegen. Das nominelle Nachstromfeld weist nach dem effektiven Nachstromfeld hier die größten Amplituden auf. Dies deutet darauf hin, dass durch den stärkeren Propellersog in verzögerten Bereichen das Nachstromfeld vergleichmäßigt wird.

Auf dieser Vorgehensweise aufbauend, wurde mit dem in dieser Arbeit entwickelten Verfahren von Greve et al. (2012) eine Kopplung mit einem RANSE–Verfahren erstellt, um die dynamischen Propellerkräfte auf ein Schiff im Seegang zu ermitteln. Dabei werden die Zuströmgeschwindigkei-ten und die erzeugZuströmgeschwindigkei-ten Kräfte zeitschrittweise zwischen beiden Verfahren ausgetauscht. Hier ist ebenfalls eine vergleichende Untersuchung zu den induzierten Geschwindigkeiten für den Fall des freifahrenden Propellers zu finden.