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3 Eigene Untersuchungen

3.1 Teil 1: Etablierung der Methode zur Herstellung von PCLS

3.1.1 Material und Methode

Unter Verwendung von Lungengewebe von 12 euthanasierten Pferden wurde eine Methodik erarbeitet, PCLS aus equinem Lungengewebe zu schneiden. Dies umfasste die Methodik der Entnahme des Lungengewebes sowie seine weitere Aufarbeitung und das Erstellen der PCLS.

Die verwendeten Pferde wurden aus unterschiedlichen Gründen (z.B. orthopädische Erkrankungen) euthanasiert. Weitere Angaben über diese Pferde wurden nicht erhoben, da das Lungengewebe ausschließlich zur Methodenentwicklung herangezogen wurde. Acht Pferde wurden mit dem Präparat T61 (5 ml/50 kg KGW) eingeschläfert. Bei den verbleibenden vier Pferden erfolgte die Euthanasie mit einer konzentrierten Lösung von Pentobarbital (Eutha 77, 80 mg/kg KGW, Essex Tierarznei München). Direkt nach dem Feststellen des Herzstillstandes, wurde das Lungengewebe gewonnen (3.1.1.1) und in steriler NaCl-Lösung mit Hilfe von Eis auf ca. 4°C gekühlt.

3.1.1.1 Entnahme des Lungengewebes

Um die anatomischen Gegebenheiten zu studieren und eine effiziente Möglichkeit der Gewebeentnahme zu erarbeiten, erfolgte bei fünf Pferden eine Fensterung der rechten Thoraxwand, indem drei Rippen reseziert wurden, um einen ausreichenden Einblick in den Thorax zu erhalten. Anschließend wurde bei diesen Pferden ein Randsegment aus dem dorsalen Bereich des Lobus caudalis und der Lobus accessorius entnommen.

Die Entwicklung einer weniger invasiven Methode war erforderlich, da die Pferde, deren Lungengewebe im zweiten Teil der Arbeit zu pharmakologischen Untersuchungen verwendet werden sollte, nachfolgend im Rahmen der studentischen Ausbildung zu anatomischen Studien herangezogen wurden. Sowohl das Randsegment aus dem Lobus caudalis als auch der Lobus accessorius wurden über einen 30 cm langen Schnitt im sechsten Interkostalraum entnommen. Die Schnittführung begann dorsal etwa auf Höhe des Buggelenkes und wurde nach ventral fortgesetzt. In den Schnitt wurde ein Rippenspreizer (Aesculap, B. Braun Melsungen AG, Deutschland) eingesetzt und der Zugang so unter Schonung der Rippen maximal erweitert.

Zur Entnahme des Randstückes aus dem L. caudalis wurde die Lunge aus der Thoraxöffnung vorgelagert, so dass ein dreieckiges Lungensegment (Kantenlänge ca. 10 cm) mit einer Schere herausgetrennt werden konnte. Um den L. accessorius durch den interkostalen Zugang zu entnehmen, wurde ein Entnahmegerät (Abbildung 3-1) entwickelt, welches eine minimal invasive Heraustrennung ermöglicht. Der L.

accessorius war manuell zu erfassen, sodass eine Liess`sche Säge, die durch das Gerät geführt war, um die Basis des Anhanglappens zu legen war. Ein Helfer trennte danach mit 2-3 Sägezügen den Lobus ab. Das gewonnene Gewebe wurde in sterile, gekühlte NaCl-Lösung verbracht und bis zur weiteren Verarbeitung auf Eis gelagert.

Abbildung 3-1: Gerät zur Entnahme des L. accessorius

a = Liess`sche Säge b = flexibles Endstück c = Handgriffe

3.1.1.2 Befüllung des Lungengewebes mit Agarose

Um aus dem weichelastischen Lungenparenchym Gewebeschnitte mit einer Schichtdicke von 250 µm erstellen zu können, musste die Konsistenz des Lungengewebes erhöht werden. Dazu erfolgte die Instillation von „Low melting point agarose“ (Typ VII, Sigma-Aldrich Chemie, Deutschland) über einen angeschnittenen Bronchus in das Gewebe. Diese Substanz ist bei 37°C flüssig und nimmt bei Raumtemperatur wieder den Gelzustand an, so dass höhere Temperaturen und damit verbundene Gewebsschäden vermieden werden.

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b

c

Das Lungengewebe wurde zunächst mit 3%iger Agaroselösung (Ansatz der Lösung mit destilliertem Wasser) ohne Zusatz von Zellkulturmedium befüllt. In den folgenden Versuchsreihen wurde die Agarose zu gleichen Teilen mit Zellkulturmedium (RPMI-1640 Medium, Biochrom AG Berlin) versetzt. Durch eine, in einen Bronchus im Anschnitt der Lunge eingeführte Metallknopfkanüle mit aufgesetzter Einmalspritze wurde das Agarose/Nährmedium-Gemisch langsam in das Gewebe instilliert. Der für die vollständige Befüllung erforderliche Druck machte es notwendig, sämtliche Anschnittflächen des Lungengewebes mit Hilfe von Pean-Arterienklemmen (16 cm) abzudichten. Das befüllte Lungengewebe wurde mitsamt Klemmen und ohne Entfernung der Spritze umgehend auf 4°C gekühlt und bis zur vollständigen Aushärtung der Agarose dort belassen.

3.1.1.2.1 Befüllung des Lungensegmentes aus dem Lobus caudalis

Das Randsegment aus dem L. caudalis besaß mehrere Schnittflächen, da es aus dem Lungenlappen herausgetrennt werden muss. Ein Abdichten dieser Anschnitte war notwendig, um eine ausreichende Befüllung des Gewebes mit Agarose zu gewährleisten. Dazu wurden unterschiedliche Methoden zur Abdichtung und Befüllung erprobt:

1. Setzen multipler Klemmen

2. Setzen von Klemmen in Kombination mit Ligaturen

3. Vollständige Einbettung des Gewebes in feste Agarose während der Befüllung 4. Einsaugen der Agarose über ein an die Atemwege angelegtes Vakuum

5. Kauterisieren der einzelnen Schnittflächen

3.1.1.2.2 Befüllung des Lobus accessorius

Alternativ zu dem Randsegment aus dem Lobus caudalis wurde eine Technik entwickelt, den L. accessorius mit Agarose zu befüllen. Dieser Teil der Lunge ist als

isolierter Lungenlappen mit Ausnahme einer Schnittfläche an der Basis allseits von Pleura visceralis umschlossen (Abbildung 3-2). Aufgrund dieser anatomischen Gegebenheiten musste nur eine Schnittfläche abgedichtet werden. Dies war mit zwei Pean-Klemmen gut durchführbar. Ein weiterer Vorteil bestand darin, das der L.

accessorius über einen eigenen Hauptbronchus (Bronchus accessorius) belüftet wird. Dies erlaubte eine vollständige Befüllung des gesamten Anhanglappens. Falls die Schnittfläche etwas weiter caudal lag, gelangte die Agarose über einen der beiden Segmentbronchien (B. segmentalis dorsalis/ventralis) in das Gewebe, was zu einer unvollständigen Befüllung führte (Abbildung 3-3). Für den Fall, dass zu wenig Gewebe mit Agarose instilliert wurde, erfolgte über den zweiten Segmentbronchus eine zusätzliche Befüllung.

Abbildung 3-2: Lobus accessorius der Lunge des Pferdes; unbefüllt

a = Anschnittfläche des L. accessorius an der Basis b = Hauptbronchus

a

b

Abbildung 3-3: Lobus accessorius im Anschnitt, teilbefüllt

a = mit Agarose befülltes Lungengewebe b = unbefülltes Lungengewebe

c = mit Agarose gefüllter Bronchus

3.1.1.3 Herstellen der Präzisionslungenschnitte

Aus dem agarosegefüllten Lungengewebe wurden mit Hilfe einer speziellen Schneidemaschine (OTS Tissue Slicer 5000, Electron Microscopy Sciences, Washington) (Abbildung 3-4) ca. 250 µm dicke Lungenschnitte erstellt.

Dazu wurden zunächst ca. 0,3 cm dicke Lungenscheiben senkrecht zum Verlauf der Atemwege präpariert, so dass man die Bronchien im Anschnitt sah. Gewebestücke

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b

c

mit geeignetem Bronchus wurden so zugeschnitten, dass ein ca. 0,5 x 0,5 cm großes Kernstück den gewünschten Bronchus als Zentrum hatte. Dieses Kernstück wurde mit Hilfe von Gewebekleber (Quick Bond, Aron Alpha, Electron Microscopy Sciences, Washington) auf der Schneideunterlage des Tissue Slicers befestigt.

Die Schneideunterlage mit dem befestigten Gewebestück wurde während des Schneidevorganges in gekühltem (4°C) Zellmedium (RPMI-1640 Medium, Biochrom AG Berlin), welches auch nachfolgend verwendet wurde, versenkt.

Der Tissue Slicer schneidet das Gewebe mit einer Klinge, die an einem variabel in vier Raumrichtungen verstellbaren Operationsarm befestigt ist. Die Oszillationsfrequenz der Klinge (60-5000/min) wurde mit 1000/min, 2000/min und 5000/min, der Vorwärtsschub der Klinge während des Schneidevorganges (0-5 mm/s) zwischen 0,1 mm/s, 1mm/s, 3mm/s und 5mm/s vorgegeben und die Schnittdicke (1-999 µm) wurde fest auf 250 µm eingestellt.

Abbildung 3-4: OTS Tissue Slicer 5000

a = Zellmedium b = Klinge

c = Operationsarm

Die angefertigten Schnitte wurden in eine mit 37°C warmem Zellkulturmedium gefüllte Petrischale überführt. Für das Umsetzen der Schnitte aus der Schneidemaschine in die Petrischale eignete sich ein Haarpinsel, der die feine Struktur des Gewebes unbeschädigt ließ. Anschließend wurden die Schnitte in einem Inkubationsschrank (Heraeus, CO2-Auto-Zero) bei 37°C gelagert.

a

b

c

3.1.1.4 Auswaschen der Agarose

Bei der im Inkubationsschrank herrschenden Temperatur von 37°C verflüssigte sich die noch in den Schnitten befindliche Agarose wieder und wurde in das Zellkulturmedium ausgeschwemmt. Ein halbstündlicher Mediumwechsel während der ersten zwei Stunden eliminierte die Agarose vollständig. Zusätzlich folgten zwei Medienwechsel in Abständen von je einer Stunde und ein Umsetzen der Schnitte in eine 12-well Gewebekulturplatte. Hier lagen die Schnitte einzeln in Schalen und erhielten Zellkulturmedium mit Antibiotikumzusatz (Penicillin (100 I.E./ml), Streptomycin (100 µg/ml), Firma Biochrom, Berlin).

3.1.1.5 Beurteilung der Vitalität der PCLS

Um die Vitalität der erstellten PCLS zu prüfen, wurde unter dem Mikroskop (Axiovert 25 C, Carl Zeiss, Jena) der Zilienschlag des Flimmerepithels beurteilt. Weiterhin wurde an einzelnen Schnitten eine Kontraktion des zentral liegenden Bronchus mit Metacholin in einer Konzentration von 10-3 mol/L provoziert.

3.1.2 Ergebnisse

3.1.2.1 Entnahme des Lungengewebes

Die Entnahme des Randsegmentes des Lobus caudalis gelang sowohl nach Fensterung mit Rippenresektion als auch durch den interkostalen Schnitt. Durch den interkostalen Zugang zur Thoraxhöhle konnte der L. accessorius aufgrund seiner Lage medial des L. caudalis nicht ohne eine weitgehende Zerstörung der umliegenden Gewebsstrukturen durch die Öffnung vorgelagert werden. Auch ein intrathorakales Absetzen des Lobus mit einer Schere war nur mit Zerstörung angrenzender anatomischen Strukturen möglich. Mit dem angefertigten Gerät (Abbildung 3-1), das im Aufbau einem Fetotom nach Thygesen ähnelt, konnte der L.

accessorius bei allen sieben Pferden minimal invasiv über den interkostalen Schnitt in der rechten Thoraxwand entnommen werden. Von bedeutendem Vorteil erwies sich, dass die vordere Hälfte des Gerätes flexibel gestaltet war.

Die Zeitdauer von der Euthanasie des Pferdes bis zur Entnahme des L. accessorius betrug zwischen drei und zehn Minuten. Die Befüllung des Lungengewebes fand 40 bis 120 Minuten später statt. Die weiteren Untersuchungen an den PCLS (Zilienschlag/Metacholinprovokation) ergaben keine messbaren Einflüsse dieses Zeitablaufes auf die Vitalität.

3.1.2.2 Befüllung des Lungengewebes

Im Rahmen der Methodenetablierung wurde jedem der zwölf Pferde ein Randsegment aus dem Lobus caudalis und der Lobus accessorius entnommen (3.1.1.2).

Der Verschluss der einzelnen Schnittflächen war bei dem aus dem L. caudalis entnommenen Segment unzureichend, da dieses mehrere Anschnittflächen besaß und die darin eröffneten Atemwege mit keiner der beschriebenen Techniken

(3.1.1.2.1) vollständig verschlossen werden konnten. Die Folge war ein Herauslaufen der Agarose während des Befüllungsvorganges und eine mangelnde Festigkeit des Gewebes nach der Aushärtung. Das Randsegment aus dem L. caudalis erwies sich somit für die pharmakologischen Studien im 2. Teil der Arbeit als ungeeignet.

Im Gegensatz dazu besaß der Lobus accessorius nur eine Schnittfläche, da er an seiner Basis von der Lunge abgesetzt war. Der Verschluss konnte mit zwei Pean-Klemmen durchgeführt und dadurch ein Auslaufen der Agarose zuverlässig verhindert werden. Dieses Verfahren wurde demzufolge für die Untersuchung im zweiten Teil der Arbeit angewandt.

Die Befüllung des Lungengewebes mit der 3%igen Agaroselösung ohne Zusatz von Zellkulturmedium führte zu einem Absterben des Gewebes (kein feststellbarer Zilienschlag, keine Kontraktionen nach Metacholinprovokation). Um die Vitalität zu erhalten, war es somit nötig, die Agarose zu gleichen Teilen mit Zellkulturmedium zu versetzen, um eine annähernd isoosmolare Lösung zu erhalten.

3.1.2.3 Schneiden des Lungengewebes mit dem Tissue Slicer

Um das Lungengewebe schneiden zu können, war eine hochfrequente Oszillation (4500-5000/min) der Klinge bei minimalem Vorwärtsschub (ca. 0,1 mm/sec) des Operationsarmes notwendig. Alle anderen Einstellungen an dem Tissue Slicer führten dazu, dass keine verwertbaren PCLS zu erstellen waren. Insgesamt wurden aus einem Lobus accessorius 7-18 Gewebeblöcke gewonnen. Aus einem Gewebeblock ließen sich ca. 15 PCLS schneiden, wovon in der Regel bis zu 7 PCLS in späteren Untersuchungen auswertbar waren. Die Zeitspanne zum Erstellen eines PCLS betrug etwa 50 Sekunden; die Dauer des gesamten Schneidevorganges je Lobus accessorius lag zwischen 30 und 90 Minuten.

Unzureichende Ergebnisse beim Schneiden der PCLS traten auf, wenn das Lungengewebe nicht mit einer ausreichenden Menge an Agarose pro Volumen befüllt war. Es war in diesen Fällen zu weich und konnte durch den Tissue Slicer nicht geschnitten werden. Durch Manipulationen, z. B. Vorbereiten der Gewebeblöcke, bestand die Gefahr, dass Agarose aus dem Bronchus austrat. Auch

dann konnte das Gewebe aufgrund mangelhafter Stabilität nicht geschnitten werden.

Bei Vorhandensein von makroskopisch sichtbaren interlobulären Septen in der Schnittfläche der Gewebeblöcke bestand das Risiko, dass die Klinge des Tissue Slicers den zentral gelegenen Bronchus zerriss. Eine unzureichende Befestigung des Gewebeblockes (z. B. durch eine zu geringe Menge an Gewebekleber) führte dazu, dass sich das Lungengewebe unter dem Druck der Klinge von seiner Unterlage löste.

Die beschriebenen Wechselintervalle des Zellkulturmediums (3.1.1.4) erwiesen sich als ausreichend, um die Agarose vollständig aus dem Bronchiallumen zu eliminieren.

Unter den gewählten Inkubationsbedingungen konnten die Schnitte über Nacht ohne Vitalitätsverlust gelagert werden, d.h. der Zilienschlag des Flimmerepithels und die stichprobenartige Prüfung der Kontraktionsfähigkeit der Bronchien waren nach dieser Zeit unverändert erhalten.