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Management von Auen und Bruchwäldern im Burgenland

II. Die Feuchtgebietsinventarisierung des Burgenlands

4. Management von Auen und Bruchwäldern im Burgenland

Werner Lazowski

Naturschutz-Management ist eine Wortschöpfung unserer Zeit. Doch schon der Begriff von Naturschutz ist gar nicht so klar (Holzner & Kriech-baum 2005, Scherzinger 2005). Schutz vor was oder wem? Veränderung und Zerstörung – als Folgen menschlicher Eingriffe – könnte man anführen, vor denen die Natur zu schützen wäre. Jeg-liche Nutzung würde die Natur ver-ändern und sollte unterbleiben, wäre ein folgerichtiger Schluss. Nun ist Veränderung in gewisser Hinsicht ein kategoriales Merkmal der Natur. Die Ökologie ist die Wissenschaft dieser Veränderungen, der Beziehungen und Wechselwirkungen sowie der Stoff- und Energieflüsse im Naturhaushalt.

Jede Dynamik ist mit Veränderungen verbunden.

Eine These soll nun formuliert wer-den. Naturschutz dient der Erhaltung und der Entwicklung von Qualitäten der Natur.

Naturschutz bedient sich dabei der Planung (Einteilung, Bestandesbegrün-dung), der Regelung (z. B. Bestandes-regulierung), der laufenden Betreu-ung und Pflege (mit vielfach regelnden Funktionen, z. B. Mahd, Gehölzschnitt) sowie der Nutzung (Ernte, Entnahme von Biomasse), der Gestaltung (z. B.

Anlage, Restaurierung, Initiierung) bzw. in Verbindung mit der Planung, der Schaffung räumlicher Vorausset-zungen für ökologische Entwicklun-gen. Schließlich dient die Beobachtung (z. B. wissenschaftliches Monitoring) der Analyse und Bewertung, das ist Qualitätskontrolle (Evaluation). Die Begriffe weisen einen starken inneren Zusammenhang auf. Auch das

„Nichts-tun“ im Naturschutz ist eine bewuss-te, heute vielfach geplante Schutzmaß-nahme und ohne ein Mindestmaß an Beobachtung und Monitoring natur-schutzfachlich wertlos.

Landschafspflege und Landschafts-gestaltung sind als etablierte Katego-rien den aus der modernen Ökologie kommenden Schutzkonzepten gegen-über zu stellen, nämlich dem Prozess-schutz bzw. dem „Wildniskonzept“.

Hier ist das „Planen“ und „Eingreifen“

etwas zurückgestellt, wenn auch nicht ganz ausgeschlossen.

Auch der Schutzbezug ist einem Wandel unterworfen: von der ge-schützten Einzelart und dem Na-turdenkmal über das klassische Naturschutzgebiet zur Idee der Groß-schutzgebiete und dem europäischen Natura 2000-Schutzgebietssystem. Na-turschutz auf der ganzen Fläche bildet nun einen umfassenden Bezug.

Die FFH-Richtlinie definiert die eu-ropaweit zu schützenden Arten und Lebensräume (Anhänge I und II), ähn-lich auch die Vogelschutz-Richtlinie.

Beide Richtlinien zielen auf die Schaf-fung eines Netzwerkes besonderer Schutzgebiete ab. In diesen nun zum größten Teil bereits deklarierten Na-tur 2000-Gebieten soll sich der Erhal-tungszustand der Ökosysteme nicht verschlechtern. Zur Erhaltung und nötigenfalls Schaffung eines günsti-gen Zustandes der betroffenen Lebens-raumtypen (LRT) und Arten wird ein

„Management“ der Natura 2000-Ge-biete vorgeschlagen, welches Erhal-tungsmaßnahmen im Rahmen spezi-fischer Entwicklungs- und integrierter Bewirtschaftungspläne vorsieht (Arti-kel 6). Maßnahmen und Projekte eines solchen „Managements“ können aus bestimmten EU-Fonds (z. B. LIFE+, Regionalentwicklung) gefördert wer-den.

Für die Auen- und Feuchtwälder wäre, in traditioneller Hinsicht, viel-fach eine nachhaltige und naturnahe

Regelmäßige Mahd und der Abtransport des Mähgutes bilden notwendige Voraus-setzungen für die Entstehung und den Erhalt naturschutzfachlich wertvoller Wiesen (J. Weinzettl)

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Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Bewirtschaftung anzuwenden und

für die meisten Bestände auch aus-reichend. Für die Erlenbruchwälder bedeutet das die Aufrechterhaltung der extensiven Niederwaldwirtschaft und der Einzelstammnutzung. Bei den Hainbuchen- bzw. Hartholzauen wäre der Hoch- und Mittelwaldbetrieb un-ter Erhöhung der Umtriebszeiten be-wusster, d. h. durch Anwendung na-turnaher Waldbaumethoden, weiter zu entwickeln. Hier wird in Zukunft ein Ausgleich zwischen Wertholz- und Brennholz (Biomasse!)-Nutzung zu finden sein. Patentrezepte können jedoch in keinem Fall geboten werden.

So ist die im Burgenland traditionell im Niederwaldbetrieb genutzte Schwar-zerle durchaus geeignet, ältere Hoch-waldbestände aufzubauen (Schneide- und Schälholzqualität!).

Grundsätzlich sollte dem Standort und seinen Potenzialen entsprechend bewirtschaftet werden, unter Verwen-dung der standortsheimischen Gehöl-ze und regionalen Sippen sowie un-ter Beachtung naturschutzfachlicher Aspekte (AK forstliche Landespflege

1984, Scherzinger 1996). In diesem Zu-sammenhang spricht man von Wald-landschaftspflege. Auch die natürliche Vegetation kann geeignete Leitbilder bieten. Dabei gilt es, die ökologische Waldentwicklung (u. a. Sukzession) und die biologische Vielfalt (Biodiver-sität) z. B. in Form der natürlichen Ver-jüngung, aber auch in Form der spe-zifischen Altersstadien von Alt- und Totholz soweit als möglich in die Be-wirtschaftung zu integrieren.

Maßnahmen der Landschaftspfle-ge und pfleLandschaftspfle-gerisch-nachhaltiLandschaftspfle-gen Be-wirtschaftung betreffen auch andere Gehölzstrukturen wie Hecken und Kopfweiden (z. B. an der Leitha) und vor allem das Grünland. Erwähnt sei-en etwa die europaweit gefährdetsei-en Feuchtwiesen (z. B. Cnidion, Molinion als FFH-LRT). Die Nutzung der Wie-sen in den für den passiven Hoch-wasserschutz freigehaltenen Tal- und

Retentionsräumen wurde an anderer Stelle erwähnt. Auch hier kann auf Traditionen der Mähzeiten, Mähgut-behandlung und Verwertung, organi-sche Düngung oder Extensivnutzung rekurriert werden. Der Nährstof-fentzug und die Extensivierung des Grünlandes sind naturschutzfachlich sinnvoll, aber nicht unbedingt öko-nomisch. So wird das Verhältnis von Aufwand und Wirtschaftlichkeit zu naturschutzfachlichen Erfordernissen häufig in Frage gestellt.

Die Mähzeiten wurden u. a. von zoo-logischer Seite diskutiert (Vögel, Säu-ger, Insekten), auch die Art der Mahd und die verwendeten Geräte. Eine ganz neue Diskussion wurde durch mögliche Nutzungen der Biomasse des Grünlandes angeregt („Kraftwerk Wiese“), wenngleich praktikable Lö-sungen erst in Ansätzen erkennbar sind. In ökologischer Hinsicht würde der relativ frühe Nutzungszeitpunkt ganz erhebliche Auswirkungen auf die Artenzusammensetzung und Struktur des Grünlandes haben, eine mögliche Düngung ist dabei noch nicht berück-sichtigt. Hier sind zweifellos in Zukunft Kompromisse zu suchen. Die artenrei-che Magerwiese wird allerdings immer ein Pflegefall des Naturschutzes blei-ben, etwas besser stehen vielleicht die extensiv genutzten Feuchtwiesen da.

Jedenfalls nehmen im Rahmen der Naturraumerhebung naturschutzfach-lich wertvolle Wiesengesellschaften allenfalls Minimalpositionen ein. Ob-wohl ihre wirtschaftliche Integrierbar-keit begrenzt ist, kann die Erhaltung vielfältiger Extensivwiesen argumen-tiert werden, nicht zuletzt als Arten-pool der Kulturlandschaft. Hier ist Raum für weitere Entwicklungen of-fen zu lassen und sind Potenziale zu erhalten.

Neben der Biomassenutzung des

Der typisch „invasive Neophyt“ Impa-tiens glandulifera bildet an Flussufern sogenannte „Verdrängungsgesellschaf-ten“ gegenüber der standortsheimischen Vegetation. (J. Weinzettl)

Grünlandes könnte auch dessen Be-weidung im Flach- und Hügelland wie-der eine größere Rolle spielen, wie eini-ge Beispiele an der March zeieini-gen (UBA 1999). In einem viel größeren Zusam-menhang wird dies zurzeit in Deutsch-land diskutiert (Stichwort „WeideDeutsch-land- „Weideland-schaften“) und in den Niederlanden bereits praktiziert (Kampf 2000).

Naturschutz kann allerdings nicht in jedem Fall ökonomisch oder „wissen-schaftlich“ argumentiert werden, ein

„non profit“-Motiv genügt sich selbst.

Ähnliches gilt für die Landschaftspfle-ge als querschnittsorientiertem „Inst-rument“ bzw. als Dienstleistung, auch des Naturschutzes.

So ist das „Neophytenproblem“, so-fern die angesprochenen Arten wirk-lich invasiv und fachwirk-lich wie auch prak-tisch als Problem zu beurteilen sind, in den meisten Fällen auf fehlende Pfle-gemaßnahmen der Land- und Forst-wirtschaft, des Wasserbaues und von Seiten der Verwaltung sowie der Pra-xis des Naturschutzes zurückzufüh-ren. Ein Beispiel bietet die heute kaum mehr durchgeführte Uferstreifenpfle-ge. Die Bepflanzung von Uferböschun-gen mit autochthonen Strauchweiden und Erlen oder ihre Mahd kann die durchgehende Ausbreitung von Arten wie Japanischem Knöterich (Fallopia japonica), Himalaya-Springkraut (Im-patiens glandulifera), Rudbeckie (Ru-dbeckia laciniata) u. a. durchaus ein-schränken bzw. minimieren.

Auch der Kahlschlag in Wäldern oder die nicht mehr fachgerecht durch-geführte Nebenbestandspflege führen, zumindest lokal, zur quasi „invasiven“

Ausbreitung von Arten wie der Gol-drute (Solidago gigantea, S. canaden-sis). Ähnliches ist in pannonischen Trockenwäldern (Mittelwald) mit der Robinie (Robinia pseudacacia) zu be-obachten.

Die Landschaftsgestaltung wieder-um zielt planerisch auf die Schaffung von Landschaftselementen ab, sei es die Anlage bestimmter Biotope bzw.

ihrer gestalteten, abiotischen Kompo-nenten (Formen und Strukturen von Gesteinen bzw. Substraten, Gelände-konfigurationen, Gewässern etc.) oder von Vegetationselementen, welche be-wusst begründet oder sukzessiv ent-wickelt werden (z. B. Hecken, Alleen, Streuobst- und „Naturwiesen“).

Planung und Gestaltung im land-schaftlichen Maßstab ist heute Aufga-be von Projekten der Restaurierung von Ökosystemen z. B. von Fließgewässern, Auen und Feuchtgebieten. Die „Rena-turierung“ regulierter Fließgewässer etwa erhöht den Wasserrückhalt in der Landschaft und aktiviert eine Reihe ökologischer Prozesse, z. B. Sediment-dynamik, Sukzessionen. Darüber hin-aus kann damit die hydromorphologi-sche Differenzierung und biologihydromorphologi-sche

Diversifizierung angeregt werden und es kann zur weiteren Entwicklung kom-men. Natürliche Flussufer weisen viel-fältigere Pflanzengemeinschaften auf als regulierte Uferböschungen oder ein-getiefte Flussbetten, vielfach mit (Neo-phyten-) Dominanzbeständen bzw. ei-ner degradierten Begleitvegetation.

Die Pflege bzw. die Wiederherstel-lung von Landschaftselementen kann auch über den Artikel 10 der FFH-Richtlinie argumentiert werden, der solche Maßnahmen für die Natura 2000-Gebiete angibt. „Hierbei han-delt es sich um Landschaftselemente, die aufgrund ihrer linearen, fortlau-fenden Struktur (z. B. Flüsse mit ihren Ufern) oder ihrer Vernetzungsfunkti-on für die Wanderung, die geographi-sche Verbreitung und den genetigeographi-schen Austausch wildlebender Arten wesent-lich sind“.

Über die Eigengesetzlichkeit und Zu-fälligkeit natürlicher Prozesse entsteht ein wenig von dem, was als „Wildnis“

der Kultur- bzw. „Industrielandschaft“

unserer Zeit abhanden gekommen ist.

Die Strömung des Schutzes und der

Naturschutzgebiet „Batthyany-Feld. Ehe-malige Absetzbecken der Zuckerfabrik Bruck an der Leitha, heute ein erfolgreich restauriertes Feuchtgebiet (W. Lazowski)

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Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Schaffung solcher „Robinson-Inseln“

verzichtet wieder auf das „Manage-ment“, knüpft in gewisser Weise an die Romantik des frühen Naturschutzes an und lässt die Dinge wachsen, wie sie können. Als einzige Maßnahmen wer-den „Einräumen“ und „Gewähren las-sen“ angewandt und es wird mehr auf die räumliche Dimension der Ökosys-teme Wert gelegt.

Am Beispiel natürlicher oder groß-zügig renaturierter Fließgewässer ver-mittelt die Flussdynamik solche Qua-litäten, etwa am Beispiel primärer Sukzessionsreihen auf neu entstanden Kiesinseln und Gleitufern. Nie genutz-te Bestände solcher Flussbiotope, etwa ältere Stadien von Weidenauen, stel-len echte Urwälder dar. Im Bereich der Hainbuchen- und Hartholzauen wiederum können durch die Außer-nutzungstellung bestimmter Bestän-de zuminBestän-dest Naturwaldqualitäten, z. B. Alter, Bestandeszyklus, Verjün-gungsmuster und Totholzstrukturen, entwickelt werden (Naturwaldreserva-te). So ist, was den

Auen-Naturwald-schutz betrifft, im Burgenland durch-aus Handlungsbedarf gegeben.

„Naturzonen“ von Nationalparken befinden sich meist im „öffentlichen Besitz“ bzw. auf größeren Flächen mit einheitlichen Besitzverhältnissen. An Fließgewässern kann das „öffentliche Wassergut“ eine wichtige Rolle spielen, um den Flüssen wieder mehr Platz zu gewähren. Auch Flächen im Besitz von Naturschutzverbänden dienen immer mehr der Sicherung, Gestaltung und Pflege von Biotopen und besonderer Artenvorkommen (z. B. ÖNB, Biolo-gische Arbeitsgemeinschaft).

Naturwaldreservate werden in der Regel im Rahmen privatrechtlicher Vereinbarungen eingerichtet, genauso wie bestimmte landschaftspflegerische Dienstleistungen der Landwirtschaft (Vertragsnaturschutz). Letztere werden durch das „Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerech-ten, extensiven und den natürlichen

Literatur:

Arbeitskreis forstliche Landespflege (1984):

Biotoppflege im Wald, ein Leitfaden für die forst-liche Praxis. Kilda-Verlag, Greven, 230 pp.

Ellmauer, T. & Traxler, A. (2000): Handbuch der FFH-Lebensraumtypen in Österreich. Um-weltbundesamt - Monographien, Band 130, 208 pp., Wien.

European Commission (1999): Interpretation Manual of European Union Habitats. EUR 15, Version 2, 119 pp., DG Environment.

Europäische Kommission (2000): Natura 2000-Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG.

73 pp., Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg.

Holzner, W. & Kriechbaum, M. (2005): In- tegrativer Naturschutz – Einige Gedanken zur allgemeinen Diskussion. Wissenschaft & Umwelt Interdisziplinär 9: 81-93, Forum Österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz, Wien.

Kampf, H. (2000): Großflächige Beweidung in den Niederlanden. Arbeitsgemeinschaft Bio-logischer Umweltschutz Soest (ABU), info 24 (2/00), 19 pp.

Scherzinger, W. (1996): Naturschutz im Wald.

Qualitätsziele einer dynamischen Waldentwick-lung. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart: 447 pp.

Scherzinger, W. (2005): Welche Natur wollen wir schützen – und warum? Wissenschaft &

Umwelt Interdisziplinär 9: 3-18, Forum Öster-reichischer Wissenschaftler für Umweltschutz, Wien.

UBA (1999): Fließende Grenzen. Lebensraum March-Thaya-Auen. 384 pp., Umweltbundes-amt, Wien.

Lebensraum schützenden Landwirt-schaft“ (ÖPUL) finanziell gefördert.

Für Umwelt- und Naturschutz-Maß-nahmen der Forstwirtschaft existieren derzeit allerdings noch keine ausrei-chend vergleichbaren Fördertöpfe.

Naturschutz zwischen „Manage-ment“ und „Wildnis“ zielt auf Quali-täten der Natur ab. Diese Behauptung bedarf nicht unbedingt eines Beweises.

Artenreiche, strukturierte Kulturland-schaften, mit ausreichend großen und vernetzten „Inseln“ und „Korridoren“

naturnaher und natürlicher Ökosyste-me sind auch Qualitäten des ländlichen Raumes. Diese bedürfen heute mehr denn je unseres Schutzes, der Pflege und planerischen Abstimmung.

Schwarzerlen-Eschenwald auf grund-wassernahen Standorten an der Leitha (W. Lazowski)

5. Möglichkeiten einer Wiesenrückführung am Beispiel