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Es konnten keine signifikanten Unterschiede in der Magendarmpassagezeit zwischen Gruppe M und P festgestellt werden. Gruppe M hatte im Median eine Magendarmpassagezeit von 28:18 Stunden, im Minimum von 16:35 Stunden und maximal 55:06 Stunden. In Gruppe P dauerte die Magendarmpassage im Median 29:00 Stunden, mindestens 27:51 Stunden und maximal 40:56 Stunden.

Ein Hund in Gruppe M konnte aufgrund von fehlender Aktivkohleaufnahme nicht beurteilt werden und wurde somit auch in Gruppe P nicht berücksichtigt. Daher beruhen die Berechnungen der Magendarmpassagezeit nur auf 6 Tieren.

4.6 Weitere adverse Effekte

Vier von sieben Tieren zeigten während der Infusion mit Methadon, zum Teil mehrfach oralen Auswurf mit herabhängendem Kopf und ohne sichtbare Kontraktion der Bauchmuskulatur. Dies geschah meist kurz nach dem Aufrichten der Tiere aus liegender Position und trat insgesamt frühestens ca. 11 Stunden nach Beginn der Infusion auf und spätestens ca. eine halbe Stunde nach Beendigung der Infusion (Tabelle 3).

Tabelle 5: Auftreten von oralem Auswurf bei den einzelnen Hunden in Gruppe M unter der Methadon-DTI von 0,1 mg/kg/h über die 5 Versuchstage. Die Methadonzufuhr endete morgens an Tag 4

Hund 1 Hund 2 Hund 3 Hund 4 Hund 5 Hund 6 Hund 7

Tag1 1x 1x - - - - 1x

Tag 2 1x 3x - - 6x - 5x

Tag 3 - - - - 5x - 4x

Tag 4 - - - - 1x - 1x

Tag 5 - - - - - - -

Weiterhin zeigten 5 von 7 Tieren in Gruppe M eine verminderte Futteraufnahme. Dies erstreckte sich von einer nicht vollständig gefressenen Halbtagsration bis hin zur vollständigen Futterkarenz von bis zu 47 Stunden.

5 Diskussion

Die vorliegende Studie ist nach unserem Wissen die erste, die eine Methadon-DTI hinsichtlich Antinozizeption im akuten Schmerzmodell und auftretender Nebenwirkungen untersucht. In der verwendeten Dosierung von 0,1 mg/kg/h mit vorangegangener Bolusgabe von 0,2 mg/kg KGW i.v. war die Methadon-DTI nachweislich antinozizeptiv wirksam, allerdings konnten auch Nebenwirkungen wie Sedation, Hypothermie und leichte Bradykardie während der Applikation der DTI beobachtet werden. Weiterhin war bei einigen Hunden eine Beeinträchtigung der Futteraufnahme sowie Regurgitieren bzw. Vomitus zu sehen.

In der hier vorgenommenen, experimentellen Studie wurde die antinozizeptive Wirkung einer Methadondauertropfinfusion im akuten Schmerzmodell anhand zweier verschiedener Testsysteme evaluiert.

Thermische und mechanische Schwellenwertmessungen wurden bereits in vielen Studien zur Untersuchung von Opioiden beim Kleintier genutzt (ROBERTSON et al.

2003; STEAGALL et al. 2006; STEAGALL et al. 2007; STEAGALL et al. 2008;

STEAGALL et al. 2009; HOFFMANN et al. 2012) und lieferten hier valide und reproduzierbare Ergebnisse. Diese Stimulationsmodalitäten scheinen zur Erprobung einer Methadondauertropfinfusion geeignet, da mit den hier verwendeten Heiz- und Druckraten vermehrt C-Fasern und weniger Aδ-Fasern angesprochen werden, was sich zum Nachweis der Wirkung von µ-Agonisten gut eignet (TYERS 1980).

Das verwendete Gerät für die mechanische Stimulation wurde bereits für den Hund validiert (DIXON et al. 2010), jedoch wurde in der vorliegenden Untersuchung aufgrund einer bei Pferden durchgeführten Studie ein anders geformter Pin gewählt (TAYLOR et al. 2016). Dieser zeigte im Vergleich mit zwei weiteren Pinformen die geringste Variationsbreite für mechanische Schwellenwerte. Grund hierfür ist wahrscheinlich die kleinere Stimulationsfläche des Pins.

Die Erhöhung der thermischen und mechanischen Schwellenwerte in Gruppe M im Vergleich zum Basalwert deutet auf eine kutane Antinozizeption unter der Methadondauertropfinfusion hin, die in der Kontrollgruppe nicht zu verzeichnen ist.

Die Ergebnisse der mechanischen Schwellenwertmessung bezüglich des Gruppenunterschieds bestärken diese Annahme, denn hier liegen über die Dauer der Infusion signifikante Unterschiede zur Placebogruppe vor. Die fehlenden

signifikanten Unterschiede zwischen Methadon- und Placebogruppe in der thermischen Stimulation könnten mehrere Ursachen haben. Zum einen könnte dies auf eine fehlende Wirksamkeit hinweisen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Ursache in der in dieser Studie sehr niedrig gewählten cut-out Temperatur von 50 °C zu suchen ist. In ähnlichen Studien lag der cut-out Wert bei 55 °C (STEAGALL et al.

2006; STEAGALL et al. 2007; SLINGSBY u. TAYLOR 2008; STEAGALL et al. 2008;

SLINGSBY et al. 2009; STEAGALL et al. 2009; HOFFMANN et al. 2012; SCHUTTER et al. 2016), jedoch wurde dieser in der vorliegenden Studie schrittweise reduziert, nachdem es in Pilotversuchen zu Hautirritationen und Verbrennungen bei zunächst 55°C und darauffolgend auch darunter kam. Hiermit sollten unnötige Schmerzen, Leiden und Schäden für die Tiere verhindert werden.

Die damit verbundene frühe „Deckelung“ der thermischen Schwellenwerte führt zu einem geringeren möglichen Anstieg in der Reaktionstemperatur. Diese lagen somit statt zwischen 43 und 55 °C nun zwischen circa 43 und 50 °C, somit sind signifikante Unterschiede schwerer zu detektieren. Da jedoch über die Dauer der Infusion und circa 3 Stunden darüber hinaus die Mehrheit der thermischen Schwellenwerte in Gruppe M zum Basalwert signifikant erhöht und jeweils höher als die der Placebogruppe waren, macht dies eine zufällige Variation unwahrscheinlich und deutet daher auf einen antinozizeptiven Effekt hin.

Die gemessenen Methadon Plasmakonzentrationen in der hier vorliegenden Studie bewegen sich, im Zeitraum der nachgewiesenen antinozizeptiven Wirkung, im Mittel zwischen 17,14 und 35,43 ng/ml, schließt man den 1 Minuten-Wert als Extremwert aufgrund der zuvor erfolgten Bolusgabe aus. HOFFMANN et al (2012) geben für das linksdrehende Enantiomer Levomethadon, in Kombination mit einem Anticholinergikum, in der Dosis von 0,2 mg/kg i.m. Plasmaspiegel von 22,6–46,3 ng/ml an, die im thermischen Schmerzmodell antinozizeptive Wirkung zeigten. Dies würde, wenn man von einer ungefähren Äquipotenz von 1:2 zwischen Levomethadon und Methadon am µ-Rezeptor ausgeht (KRISTENSEN et al. 1995), Plasmaspiegel von 45,2–92,6 ng/ml Methadon entsprechen und somit viel höher liegen, als die in der vorliegenden Studie ermittelten. Allerdings ist zu sagen, dass die Erhebung von Plasmaspiegeln zwar eine gängige Methode zur Ermittlung von Dosis-Wirkungsbeziehungen ist, jedoch nicht der realen Konzentration am Wirkort (effect site), den Rezeptoren, entspricht. Limitierend in der vorliegenden Studie ist weiterhin,

dass nicht zu jedem erhobenen Schwellenwert die jeweilige Methadonplasmakonzentration bestimmt wurde. Dies hätte neben einem sehr hohen Kostenaufwand auch einen insgesamt hohen, gegebenenfalls tierschutzrelevanten Blutverlust bedeutet, sodass davon abgesehen wurde und valide Daten zur Trenderkennung gesammelt wurden.

Der Abfall der Hauttemperatur unter der Methadoninfusion verlief parallel zum Abfall der Körperkerntemperatur und resultiert höchstwahrscheinlich aus diesem. Die Körperkerntemperatur fällt nachweislich beim Hund unter der Gabe von Opioiden ab, da diese direkt das Thermoregulationszentrum beeinflussen und die Hunde durch Hecheln Wärme verlieren können (PAPICH 2000). Interessanterweise bleibt nach dem Kurvenverlauf zu urteilen ein circadianer Rhythmus auch unter der Methadon-DTI erhalten, wie bereits anderweitig für den Hund beschrieben (REFINETTI u.

PICCIONE 2003). Weiterhin kommt es in Verbindung mit der Opioid induzierten Sedation zu einer Senkung der metabolischen Rate und somit zu weniger Wärmeproduktion (ADLER et al. 1988). Dies scheint in dieser Studie ursächlich für die abfallende Körperkerntemperatur zu sein, da Hecheln nach Gabe des Opioids nicht beobachtet wurde; Hecheln tritt meist erst in höheren Dosierungen auf (MENEGHETI et al. 2014).

Statt Hecheln konnte sogar eine Abnahme der Atemfrequenz gegenüber dem Basalwert verzeichnet werden, jedoch verlief diese synchron zu der in der Placebogruppe, sodass kein relevanter Einfluss von Methadon auf die Atemfrequenz festgestellt werden konnte. Methadon führt dosisabhängig zu einer Atemdepression (SCHLITT et al. 1978), somit wäre es möglich, dass bei der in dieser Studie relativ niedrigen Dosierung bzw. der Applikation als DTI keine oder nur eine sehr geringe Atemdepression induziert wurde. Allein anhand der Atemfrequenz ist eine mögliche atemdepressive Wirkung des Methadons jedoch nicht auszuschließen, da in dieser Studie keine Blutgase gemessen wurden. Nur durch die Erhebung weiterer Ventilationsparameter, wie des arteriellen Kohlendioxidpartialdrucks kann abschließend eine Aussage über eine mögliche Atemdepression getroffen werden (KUKANICH u. WIESE 2015).

Der in vielen Studien beschriebene Abfall der Herzfrequenz unter Opioidgabe konnte

auch in dieser Studie beobachtet werden (HELLEBREKERS et al. 1989; GRIMM et al. 2005; MONTEIRO et al. 2008; MAIANTE et al. 2009; GAROFALO et al. 2012;

MENEGHETI et al. 2014). Über die gesamte Dauer der Infusion konnte eine signifikante Reduktion der Herzfrequenz unter Methadon festgestellt werden, die sich nach Ende der Infusion wieder normalisierte. Dies lässt sich anhand der vielfach nachgewiesenen vagalen Stimulation und der damit verbundenen negativ chronotropen Wirkung des Opioids erklären (INOUE et al. 1980; STANLEY et al.

1980; COPLAND et al. 1992; KUKANICH u. WIESE 2015). Bradykardien können durch Reduktion des Herzminutenvolumens zum Abfall des Blutdrucks führen, was jedoch in dieser Studie nicht beobachtet werden konnte. Zum einen könnte die Beeinträchtigung des Blutdrucks durch die sinkende Herzfrequenz von einer Erhöhung des Plasmavasopressinspiegels und einer damit verbundenen Vasokonstriktion kaschiert worden sein. Methadon führt nachweislich zu einer Erhöhung des Vasopressinspiegels, jedoch ist eine klinisch relevante Erhöhung des mittleren arteriellen Blutdrucks nur für höhere Dosen (1 mg/kg) nachgewiesen worden (HELLEBREKERS et al. 1989; GAROFALO et al. 2012). Genauer hätte dies durch die Bestimmung der Vasopressinkonzentration nach Methadongabe geklärt werden können, die in dieser Studie jedoch nicht erfolgt ist. Es könnten auch weitere physiologisch-kompensatorische Mechanismen, wie Vasokonstriktion und Entleerung der Blutspeicher, eine Rolle gespielt haben (SPÖRRI 1987; COPLAND et al. 1992).

Methadon zeichnete sich auch in der relativ geringen Dosis in dieser Studie bzw.

nach Applikation in Form einer DTI durch eine sedierende Wirkung aus. Bereits in anderen Studien konnte eine dosisabhängige, sedative Wirkung nachgewiesen werden (MONTEIRO et al. 2008; MAIANTE et al. 2009; TUNSMEYER et al. 2012;

MENEGHETI et al. 2014). In der aktuellen Studie zeigte der einfach deskriptive Sedationsscore eine Sedation über die ersten 12 Stunden des Methadondauertropfs, danach kehrte er zur Baseline zurück. Das multimodale Scoringsystem hingegen wies sedative Wirkungen bis zu 52 Stunden nach Infusionsbeginn nach, also deutlich länger. Diese unterschiedlichen Ergebnisse könnten darauf hinweisen, dass durch das Heranziehen verschiedener einzelner Parameter zur Sedationsbeurteilung, wie im Falle des multimodalen Scoringsystems, ein sensitiveres Ergebnis erzielt wird.

Ähnliche Ergebnisse fanden Hofmeister et al (2010) als sie das multimodale Scoringsystem mit einer numerischen Rating-Skala verglichen haben und sensitivere

Ergebnisse für das multimodale System erhielten. Während die Sedation über 12 Stunden, ermittelt durch den einfachen deskriptiven Score, noch die Auswirkung des anfänglichen Bolus sein könnte, weisen die Ergebnisse des multimodalen Scoringsystems auf eine länger anhaltende und somit durch die Dauertropfinfusion verursachte sedative Wirkung hin. Der sedierende Effekt hält jedoch nicht bis zum Ende der Dauertropfinfusion an. Mögliche Erklärung hierfür wäre eine beginnende Desensibilisierung und Internalisierung der Opioidrezeptoren, wie es für die Toleranzentwicklung beschrieben ist (FREYE u. LATASCH 2003), sodass die sedative Wirkung hier nachlässt. Ebenfalls zeigen die mechanischen Schwellenwerte einen Trend zum Abfall im steady-state der Methadon-DTI, bleiben jedoch weiterhin signifikant höher als der Basalwert. Dies könnte weiterhin auf eine beginnende Toleranzentwicklung hindeuten, ohne jedoch bisher klinisch relevant zu sein. Jedoch ist es möglich, dass es unter Gabe des Methadon-DTI über die drei Tage hinaus zu einer klinisch relevanten Toleranzentwicklung mit Verlust der antinozizeptiven Wirkung kommen kann.

Methadon ist dafür bekannt, dosisabhängig und individuell variabel Dysphorie und Vokalisation beim Hund auszulösen. Dies wird in mehreren Arbeiten beschrieben (MONTEIRO et al. 2008; MAIANTE et al. 2009; MENEGHETI et al. 2014). In dieser Studie konnten solche Effekte nicht festgestellt werden. Zum einen wurden hier niedrigere Dosierungen verwendet, zum anderen könnte dies auch ein Effekt der konstanten Plasmaspiegel durch die DTI sein, im Gegensatz zu den schwankenden Plasmaspiegeln und mitunter auftretenden Peaks nach Bolusgabe von Methadon.

Weitere von anderen Autoren festgestellte Nebenwirkungen nach Bolusgabe waren Salivation und Defäkation. Bei MAIANTE et al. (2008) zeigten 2 von 6 bzw. 3 von 6 Hunden unter der Gabe von 0,5 mg/kg bzw. 1,0 mg/kg Methadon i.v. vermehrtes Speicheln. Bei der gleichen Dosierung zeigten weiterhin 1 von 6 bzw. 3 von 6 Hunden Defäkation. Unter der Gabe von 0,5 mg/kg Levomethadon in Kombination mit dem Anticholinergikum Fenpipramid und in Verbindung mit der Gabe von Acepromazin zeigte 1 von 5 Hunden in einer anderen Studie Defäkation, jedoch keine Salivation (TUNSMEYER et al. 2012). MENEGHETI et al. (2014) untersuchten 8 Hunde in den Dosierungen 0,3 mg/kg und 0,5 mg/kg, sowie 5 Hunde unter 1,0 mg/kg Methadon i.m.. Dabei beobachteten sie unter der Gabe von 0,3 mg/kg 1 Hund mit Defäkation und keinen mit vermehrter Salivation, unter der Gabe von 0,5 mg/kg 2

Hunde mit Defäkation und 6 mit vermehrter Salivation und unter der Gabe von 1,0 mg/kg 3 mit Defäkation und 5 mit vermehrtem Speicheln. In der hier vorliegenden Studie konnte weder Defäkation noch vermehrte Salivation festgestellt werden. Dies könnte mit der augenscheinlich vorliegenden Dosisabhängigkeit zu begründen sein bzw. auch mit der Applikationsart. Jedoch wurden andere, den Magendarmtrakt betreffende Nebenwirkungen festgestellt.

Die in unserer Studie festgestellte Inappetenz könnte ihren Ursprung in der vorliegenden sedierenden Wirkung haben. Die Inappetenz hielt bei einzelnen Tieren sogar bis zu 47 Stunden nach DTI-Beginn an. In diesem Zeitrahmen bewegte sich auch der bereits oben erwähnte sedative Effekt im multimodalen Scoringsystem. Mit Abnahme des sedativen Effekts wurde wieder mehr Futter aufgenommen. Außerdem könnte auch eine verzögerte Magenentleerung, die eine bekannte Nebenwirkung von µ-Agonisten darstellt (DEHAVEN-HUDKINS et al. 2008) zu der verringerten Futteraufnahme geführt haben. Bei Hunden konnte über eine elektrische Stimulation des Pylorus die Magenmotilität und –entleerung gehemmt und konsekutiv die Futteraufnahme reduziert werden (XU et al. 2005). Daher könnte die hier beobachtete reduzierte Futteraufnahme zumindest in Teilen einer verlangsamten Magenentleerung zuzuschreiben sein.

Weiterhin zeigten 4 Hunde oralen Auswurf von Futterbestandteilen. Dabei ist für Methadon beschrieben, dass es im Gegensatz zu anderen Opioiden weniger emetisch und in höheren Dosierungen sogar antiemetisch wirkt (BLANCQUAERT et al. 1986). Nach Meinung des Autors handelte es sich bei den in der vorliegenden Studie aufgetretenen Nebenwirkungen nicht um Vomitus, sondern um Regurgitation.

Vomitus ist per definitionem im Gegensatz zu Regurgitation ein aktives Hervorbringen des Magen- und oberen Dünndarminhalts, somit verbunden mit Würgen und Kontraktionen der Thorax- und Bauchmuskulatur. Dagegen ist Regurgitation der passive Ausfluss von Mageninhalt ohne solcher Anzeichen (OLDEN u. CHEPYALA 2008). Die Hunde in dieser Studie zeigten weder Würgen noch Bauchpresse und der Auswurf war assoziiert mit dem Aufrichten aus liegender Position und herabhängendem Kopf.

Der Grund für die Regurgitation könnte auch hier in der Wirkung von Methadon auf den Magendarmtrakt liegen. Zwar ist Regurgitieren als Nebenwirkung beim Hund nach Methadongabe nach Wissen des Autors bisher nicht beschrieben, jedoch ist bekannt, dass µ-Agonisten zu verlangsamter Magenentleerung, verminderter Motilität

und Sekretion und Erhöhung des Pylorussphinktertonus führen können. Diese Wirkungen von Opioiden stehen beim Menschen im perioperativen Bereich mit einem erhöhten Risiko für Regurgitieren in Zusammenhang (CRIGHTON et al. 1998). Somit liegt es nahe, dass auch hier die Ursache in der reduzierten Magenentleerung zu finden ist. Um dies abschließend beurteilen zu können, müsste die Magenentleerung von Hunden unter Methadondauertropfinfusion untersucht werden.

Eine weitere bekannte Nebenwirkung von Opioiden auf den Magendarmtrakt ist die Konstipation (KUKANICH u. WIESE 2015). In dieser Studie konnte jedoch kein Einfluss der Methadondauertropfinfusion auf die Zeit bis zum Kotabsatz festgestellt werden. Jedoch reduzierte die Futterkarenz einiger Tiere die Aufnahme von Aktivkohle und damit die Sensibilität der Untersuchung auf mögliche Konstipation.

Gegebenenfalls könnte bei einer höheren Tierzahl ein Einfluss der Methadondauertropfinfusion festgestellt werden.

Weiteres Ziel der vorliegenden Studie war die Berechnung von pharmakokinetischen Daten nach Applikation der Methadondauertropfinfusion von 0,1 mg/kg/h mit vorangegangener Bolusgabe von 0,2 mg/kg i.v. beim Hund.

Die Plasmaspiegel nach Erreichen des errechneten steady states nach 12 Stunden variierten im Mittel um 11,7 % und ohne Anzeichen für eine weitere Kumulation des Methadons.

In der vorliegenden Arbeit wurde ein Ein-Kompartment-Modell gewählt. In anderen Pharmakokinetikstudien zu Methadon Bolusgaben wurde zumeist ein Nicht-Kompartment-Modell genutzt (SCHMIDT et al. 1994; KUKANICH et al. 2005;

KUKANICH u. BORUM 2008; INGVAST-LARSSON et al. 2010).

Das Verteilungsvolumen von Methadon ist in dieser Studie mit 10,26 l/kg hoch, was auf eine weite Verteilung in andere Gewebe außerhalb des Gefäßsystems schließen lässt. Dies ist vergleichbar zum Verteilungsvolumen von 9,2 l/kg nach 0,4 mg/kg Methadon als i.v. Bolus (INGVAST-LARSSON et al. 2010). Auf Basis der pharmakokinetischen Daten der zuletzt genannten Studie wurde die Dosierung der hier untersuchten Methadon DTI gewählt. Das ähnliche Verteilungsvolumen legt ebenfalls die Annahme nahe, dass es zu keiner Kumulation während der DTI kam.

Methadon weist in dieser Studie eine hohe Körperclearance auf. Auch in anderen Studien mit Beagle Hunden wurde diese mit 25,14 ml/kg/min nach 1 mg/kg Methadon i.v. und 27,9 ml/kg/min nach 0,4 mg/kg i.v. bereits als hoch eingestuft (KUKANICH et al. 2005; INGVAST-LARSSON et al. 2010). In der hier vorliegenden Studie ist sie mit

51,44 ml/kg/min circa doppelt so hoch und mit der in Greyhounds ermittelten Clearance von 56,04 ml/kg/min nach einem 0,5 mg/kg Methadonbolus i.v. zu vergleichen (KUKANICH u. BORUM 2008). Zum größten Teil wird Methadon beim Hund über die Leber verstoffwechselt und biliär ausgeschieden, zu einem kleineren Anteil über die Niere und wenig über Faeces und Urin als unveränderte Substanz (GARRETT et al. 1985). Abhängig ist die Metabolisierung hierbei vom hepatischen und renalen Blutfluss, der beim Hund für die Leber ca. 30,9 ml/kg/min und die Niere 21,6 ml/kg/min beträgt (DAVIES u. MORRIS 1993). In Summe entsprechen diese beiden Blutflüsse unserer ermittelten Körperclearance, sodass eine extrahepatische Metabolisierung oder parallele Metabolisierungswege unwahrscheinlich erscheinen.

Dies steht in Konsens mit den bei Beaglen und Beaglemischlingen bestimmten pharmakokinetischen Daten nach Methadonbolusgabe (KUKANICH et al. 2005;

INGVAST-LARSSON et al. 2010). Die terminale Halbwertszeit ist vom Verteilungsvolumen und der Körperclearance in folgendem Maße abhängig: t1/2= 0,693 * Vd/Cl (KUKANICH u. BORUM 2008). Somit wird das hier bestimmte höhere Verteilungsvolumen durch die höhere Clearance ausgeglichen, sodass die Halbwertszeit von circa 2,4 Stunden ähnlich zu vorherigen Studien ist. INGVAST-LARSSON et al. (2010) ermittelten bei Beaglen eine Halbwertszeit von 3,9 Stunden nach 0,4 mg/kg Methadon i.v., wohingegen KUKANICH et al. (2005) nur eine Halbwertszeit von 1,75 Stunden nach 1,0 mg/kg Methadon i.v. beschreiben. Somit ist die hier ermittelte Halbwertszeit um 39 % kürzer als die von INGVAST-LARSSON et al. (2010) und 35 % länger als die von KUKANICH et al. (2005). Generell gilt, dass durch eine längere Beobachtung von Plasmaspiegeln die Wahrscheinlichkeit verringert wird, die Halbwertszeit zu unterschätzen (INGVAST-LARSSON et al.

2010). Die entsprechenden Werte betragen bei KUKANICH et al. (2005) bis 8 Stunden nach Medikamentenapplikation, bei INGVAST-LARSSON et al. (2010) 24 bis 30 Stunden und in der hier vorliegenden Studie bis 24 Stunden nach Ende der Infusion. In beiden genannten Studien wurde die Methadonplasmakonzentration mit verschiedenen Methoden der Flüssigkeitschromatographie bestimmt, mit Hochdruckflüssigkeitschromatographie mit Ultraviolett-Detektion oder Fluoreszin-Polarisation (KUKANICH et al. 2005) bzw. Flüssigkeitschromatographie-Elektrospray Ionisation-Tandem Massenspektroskopie (INGVAST-LARSSON et al. 2010), während in unserer Studie Methadon im Plasma mit Gaschromatographie und Massenspektrometrie bestimmt wurde. Die jeweilige Bestimmungsgrenze lag bei

KUKANICH et al. (2005) bei 20 bzw. 25 ng/ml und bei INGVAST-LARSSON et al.

(2010) bei 0,6 ng/ml. In der vorliegenden Studie betrug die Bestimmungsgrenze 5 ng/ml. Dies kann neben der unterschiedlich langen Messung der Plasmaspiegel ein weiterer Grund für die Unterschiede in den errechneten Halbwertszeiten sein, da durch sensiblere Nachweismethoden über längere Zeit Plasmakonzentrationen > 0 nachgewiesen werden können. Eine kontextsensitive Halbwertszeit, wie sie bspw.

nach Infusion von Fentanyl beim Hund beobachtet wurde (SANO et al. 2006), lässt sich somit nach DTI von 72 h mit Methadon im Vergleich zu Halbwertszeiten von Methadon nach einmaliger Injektion nicht erkennen. Jedoch stützt sich diese Aussage nur auf den Vergleich mit vorangegangenen Studien. Um Aufschluss über eine mögliche kontextsensitive Halbwertszeit von Methadon zu erhalten, wäre ein direkter Vergleich der Halbwertszeiten nach einmaliger Injektion und nach Infusion an den gleichen Tieren notwendig. Außerdem wurde der Abfall der Plasmakonzentration von Methadon nach Ende der DTI eventuell nicht engmaschig genug kontrolliert, da zwischen 8 und 24 Stunden nach DTI Ende keine Bestimmung erfolgte. Somit könnte bei mehr Messzeitpunkten die terminale Halbwertszeit gegebenenfalls länger sein und doch der Trend zu einer kontextsensitiven Halbwertszeit vorhanden sein.