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Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus und zur Erhöhung der Netzstabilität

8. Netzbestand und Netzausbau

8.7 Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus und zur Erhöhung der Netzstabilität

Netzstabilität

Der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien, die sukzes-sive Abschaltung der verbleibenden Kernkraftwerke und der Bau konventioneller Kraftwerke an neuen Standorten erfordern zunehmend einen Stromtransport über weite Strecken und machen einen beschleunigten Netzausbau dringend erforderlich. Verschiedene Gründe haben den Netzausbau bisher verzögert. So haben sich beispielsweise die Planungs- und Genehmigungsverfahren von länder-übergreifenden Leitungen unter anderem aufgrund der Zuständigkeit unterschiedlicher Behörden und der Anwen-dung unterschiedlicher Verfahrens- und Rechtsvorschrif-ten bislang vielfach langwierig gestaltet. Um den notwendi-gen Netzausbau voranzubrinnotwendi-gen und die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten, hat die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht.

Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) und Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG)

Bereits 2011 hat die Bundesregierung mit dem Netzausbau-beschleunigungsgesetz (NABEG) und der Novelle des Ener-giewirtschaftsgesetzes (EnWG) die Ermittlung des Netzaus-baubedarfs auf Übertragungsnetzebene und die Planung der konkreten Vorhaben auf eine neue Basis gestellt. Die Übertragungsnetzbetreiber erarbeiten jährlich gemeinsam einen Szenariorahmen, der die Randbedingungen künftiger Netznutzungssituationen beschreibt. Nach öffentlicher Konsultation prüft die Bundesnetzagentur die Szenarien,

verändert diese nötigenfalls und genehmigt den Szenario-rahmen. Auf Basis des Szenariorahmens berechnen die Übertragungsnetzbetreiber jedes Jahr den Ausbaubedarf ihrer Netze und fassen die Ergebnisse in einem Netzent-wicklungsplan (NEP) zusammen. Dieser enthält die Maß-nahmen zum Ausbau und zur Modernisierung des Übertra-gungsnetzes, die in den nächsten zehn Jahren für einen sicheren Netzbetrieb als erforderlich angesehen werden.

Nach einer öffentlichen Konsultation hat die Bundesnetz-agentur im November 2012 erstmals den Netzentwick-lungsplan Strom (NEP 2012) mit rund 2.900 km an Opti-mierungs- und Verstärkungsmaßnahmen in bestehenden Trassen und rund 2.800 km an Neubautrassen bestätigt und der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfs-plan übermittelt. Mindestens alle drei Jahre wird der bestä-tigte Netzentwicklungsplan zusammen mit dem zugehöri-gen Umweltbericht dem Gesetzgeber übergeben, der auf dieser Grundlage im parlamentarischen Verfahren das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) erlässt. So werden für die als vordringlich zu realisierenden Vorhaben auf Übertra-gungsnetzebene die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf per Gesetz festgeschrieben und eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmi-gungsverfahren bewirkt.

Das NABEG enthält die Grundlagen für die beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren. Insbesondere wird in diesem Gesetz der Bundesnetzagentur die Zustän-digkeit für die Verfahrensdurchführung übertragen. Für die im Bundesbedarfsplangesetz als grenzüberschreitend oder länderübergreifend gekennzeichneten Vorhaben legt die Bundesnetzagentur in der Bundesfachplanung die Trassen-korridore fest. Die Durchführung der anschließenden Plan-feststellungsverfahren für diese Vorhaben wurde mit der im Juli 2013 in Kraft getretenen Planfeststellungszuwei-sungsverordnung ebenfalls auf die Bundesnetzagentur übertragen.

Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG)

Im Bundesbedarfsplangesetz wird festgelegt, welche Aus-bauvorhaben im Übertragungsnetz energiewirtschaftlich notwendig und von vordringlichem Bedarf sind. Für den Ausbau des Übertragungsnetzes stellt der Bundesbedarfs-plan auch in Zukunft das zentrale Instrument dar. Das erste Bundesbedarfsplangesetz ist im Juli 2013 in Kraft getreten.

Das Gesetz dient der Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren für den notwendigen Netzausbau.

Die Projekte des Bundesbedarfsplans sind in der Abbildung 8.8 eingetragen. Nähere Informationen können der Inter-netseite der Bundesnetzagentur (www.netzausbau.de) ent-nommen werden.

Abbildung 8.8: Bundesbedarfsplan-Projekte

Quelle: Bundesnetzagentur

0 50 100

km

Herausgeber: Bundesnetzagentur Quellennachweis: © GeoBasis-DE / BKG 2013 Datenbasis: Übertragungsnetzbetreiber Quellennachweis: © GeoBasis-DE / BKG 2013 Datenbasis: Bundesnetzagentur Stand: 31.12.2013

Zeichenerklärung

Übertragungsnetz Vorhaben BBPlG

... genehmigt oder im Bau ... vor/im Planfeststellungsverfahren

7 lfd. Nr. des Vorhabens

(Zuständigkeit der Bundesnetzagentur)

7 lfd. Nr. des Vorhabens

(Zuständigkeit der Landesbehörden) Start- oder Endpunkt

Stützpunkt

Vorhaben nach dem Energieleitungsausbau-Gesetz (EnLAG)

Bereits im Jahr 2009 wurde mit dem Energieleitungsaus-bau-Gesetz der vordringliche Bedarf für 1.876 km neuer Höchstspannungsleitungen festgestellt (siehe Abbildung 8.9).

Im Jahr 2013 wurden 54 Kilometer der im EnLAG vorgese-henen Höchstspannungsleitungen fertiggestellt. Insgesamt sind damit 322 Kilometer, und somit siebzehn Prozent der erforderlichen Leitungskilometer, realisiert worden. Die Übertragungsnetzbetreiber rechnen mit einer Fertigstel-lung von bis zu 50 Prozent der EnLAG-Projekte bis 2016.

Für die sichere Stromversorgung Süddeutschlands ist vor allem die Realisierung der „Thüringer Strombrücke“ von Bedeutung, die den lokalen Erzeugungsrückgang durch die Abschaltung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld im Jahr 2015 auffangen soll.

Novellen der Anreizregulierungsverordnung Mit den Novellen der Anreizregulierungsverordnung wurde der Investitionsrahmen für den Netzausbau auf Hoch- und Höchstspannungsebene verbessert. Der bishe-rige Zeitverzug von zwei Jahren, mit dem die erheblichen Investitionskosten refinanziert werden konnten, wurde für große Investitionsvorhaben beseitigt. Solche Kosten kön-nen nunmehr unmittelbar in der Kalkulation berücksich-tigt und über die Netzentgelte refinanziert werden. Durch die beschleunigte Refinanzierung der Investitionen in die Übertragungsnetze werden Netzinvestitionen attraktiver und somit auch der Netzausbau beschleunigt.

Die Bundesregierung wird die Rahmenbedingungen für die Verteilernetze investitionsfreundlich ausgestalten, damit Investitionen zeitnah refinanziert werden können. Die Plattform „Zukunftsfähige Energienetze“ des Bundeswirt-schaftsministeriums befasst sich intensiv mit dieser Frage und wird entsprechende Empfehlungen aussprechen.

Netzanbindung von Offshore-Windparks

Im Frühjahr 2013 wurde der erste Bundesfachplan Off-shore für die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee veröffentlicht. In diesem Plan sind die innerhalb der deutschen AWZ in der Nordsee zu errichtenden Off-shore-Windparks identifiziert, die für Sammelanbindungen geeignet sind, und es werden Trassenkorridore für Anbin-dungsleitungen und Standorte von Konverter-Stationen räumlich festgelegt. Dieser Plan wird getrennt für Nord- und Ostsee vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydro-graphie (BSH) in Hamburg aufgestellt. Der Bundesfachplan Offshore für die deutsche AWZ der Ostsee wird derzeit vom BSH erstellt.

Anfang 2014 hat die Bundesnetzagentur den ersten „Off-shore-Netzentwicklungsplan“ genehmigt, der die erforder-lichen Anbindungsleitungen für Offshore-Windenergiean-lagen bis zum Anschlusspunkt an Land enthält. Dieser Plan enthält ebenfalls einen Zeitplan, wann mit dem Bau der Offshore-Anbindungsleitungen begonnen werden soll. Der Offshore-Netzentwicklungsplan bildet zukünftig die Basis für die Planungen des Ausbaus von Offshore-Windenergie-anlagen und der zugehörigen Netzanbindung. Die im Koa-litionsvertrag vorgesehene Anpassung der Offshore-Aus-bauziele auf 6,5 GW in 2020 und 15 GW in 2030 wird bei der Fortschreibung des Offshore-Netzentwicklungsplans berücksichtigt werden.

Bürgerdividende

Aufgrund der hohen Dringlichkeit des Netzausbaus für das Gelingen der Energiewende ist eine breite Akzeptanz der Bevölkerung notwendig. Neben frühzeitiger und intensiver Konsultation der Vorhaben kann dazu auch eine finanziell attraktive Beteiligung von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern an der Wertschöpfung sowie eine Überprüfung der derzeitigen Entschädigungspraxis beitragen.

Im Juli 2013 haben sich Bundeswirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium mit den vier Übertragungs-netzbetreibern 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW auf Eckpunkte für Investitionen von Bürgerinnen und Bür-gern in die Übertragungsnetze verständigt. Vom Netzaus-bau betroffene Bürgerinnen und Bürger sollen sich künftig finanziell am Leitungsbau auf der gesamten Übertragungs-netzebene beteiligen können und für ihre Einlagen bis zu fünf Prozent Zinsen erhalten. Diese Bürgerdividende kann zu einem schnelleren Ausbau der Übertragungsnetze und zu einer breiteren Akzeptanz der Energiewende beitragen.

Die Übertragungsnetzbetreiber entwickeln entsprechende Beteiligungsmodelle und benennen geeignete Ausbaupro-jekte. Für die Westküstentrasse in Schleswig-Holstein hat TenneT ein erstes Modellvorhaben zur Ausgestaltung einer Bürgerbeteiligung verwirklicht. Auch in anderen Bereichen der Energiewende beteiligen sich Bürger schon seit Lan-gem. So werden Windparks und Photovoltaik-Anlagen in vielen Fällen von Bürgern finanziert, die an den Erlösen partizipieren.

Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (AbLaV)

Der Übergang zu einem flexiblen Gesamtsystem mit hohen Anteilen fluktuierender Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien macht es erforderlich, dass perspektivisch auch die Nachfrageseite stärker in die Netzsteuerung einbezogen wird (sogenanntes Lastmanagement). Im Dezember 2012 verabschiedete die Bundesregierung mit Zustimmung des

Abbildung 8.9: EnLAG-Projekte Quellennachweis: © GeoBasis-DE / BKG 2013 Datenbasis: Übertragungsnetzbetreiber Stand: 31.12.2013

Zeichenerklärung

vor oder im Planfeststellungs-verfahren

nicht im Genehmigungsverfahren im Raumordnungsverfahren

Übertragungsnetz realisiert

genehmigt oder im Bau

7 lfd. Nr. des Vorhabens Start- oder Endpunkt Stützpunkt

Bundesrates die Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten, die der Systemstabilität dient. Die Netzbetreiber können in kritischen Situationen flexible industrielle Lasten vom Netz nehmen und so die System-stabilität erhöhen. Die Übertragungsnetzbetreiber entwi-ckeln zu diesem Zweck Einsatzschemata und schreiben dann die benötigte Leistung aus. Die Industrieanlagen, die sich an dem Ausschreibungsverfahren beteiligen, müssen technisch so ausgerüstet sein, dass sie entweder bei einer bestimmten Frequenzunterschreitung innerhalb einer Sekunde oder ferngesteuert innerhalb von 15 Minuten für wenige Stunden im Monat vom Netz gehen können. Die Anlagenbetreiber erhalten für die Bereitstellung abschalt-barer Leistung einen Leistungspreis in Höhe von 2.500 Euro/MW und im Falle tatsächlicher Abschaltungen zusätz-lich einen Arbeitspreis. Dessen Höhe wird durch die Aus-schreibung ermittelt und beträgt mindestens 100 und höchstens 400 Euro/MWh. Die Finanzierung erfolgt über eine Umlage bei den Stromverbrauchern.

Die ersten Ausschreibungen für abschaltbare Lasten durch die Betreiber von Übertragungsnetzen erfolgten am 24. und 25. Juni 2013 für den Zeitraum Juli 2013. Kontrahiert wur-den bisher 247 MW an sofort abschaltbaren und 593 MW an schnell abschaltbaren Lasten im Sinne der Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten. Monatlich aktualisierte Informationen zu den Ausschreibungen und den Ergebnissen sowie zu den Kosten werden von den Betreibern von Übertragungsnetzen auf der gemeinsamen Internetplattform www.regelleistung.net bereitgestellt.

Systemstabilitätsverordnung (SysStabV)

Die Netzfrequenz muss durch ein jederzeitiges Gleichge-wicht zwischen Erzeugung und Verbrauch möglichst kons-tant auf 50 Hertz gehalten werden. Dabei ist es aus elektro-technischen Gründen unvermeidlich, dass die Frequenz geringfügig um ihren Sollwert von 50 Hertz schwankt. Stär-kere Abweichungen, zum Beispiel ein Anstieg auf über 50,2 Hertz, könnten nur im Falle einer Großstörung auftreten.

Die Wechselrichter älterer Photovoltaikanlagen würden sich bei einer Frequenz von 50,2 Hertz automatisch und gleichzeitig abschalten. Aufgrund der hohen Zahl und Gesamtleistung dieser Anlagen ginge dem System schlagar-tig eine hohe Erzeugungsleistung verloren. Dies würde das Netz vor große Schwierigkeiten stellen.

Für die Lösung dieser sogenannten „50,2-Hertz-Problema-tik“ wurde am 20. Juli 2012 die Systemstabilitätsverordnung erlassen. Bestimmte Photovoltaik-Anlagen mit mehr als 10 kW Leistung erhalten nun im Rahmen eines Nachrüstpro-gramms neue Frequenzeinstellungen, um ein schlagartiges gleichzeitiges Abschalten aller Anlagen bei Überschreiten der Frequenz von 50,2 Hertz zu vermeiden. Der Nachrüs-tungsprozess für betroffene Photovoltaik-Anlagen hat

bereits begonnen. Die Betreiber von Elektrizitätsverteiler-netzen sind berechtigt, 50 Prozent der ihnen durch die Nachrüstung nach dieser Verordnung zusätzlich entstehen-den jährlichen Kosten über die Netzentgelte geltend zu machen.

Forschungsförderung im Bereich der Stromnetze Die Bundesregierung setzt im Rahmen ihres Energiefor-schungsprogramms die notwendigen Rahmenbedingun-gen, um durch Unterstützung von Forschung, Entwicklung und Demonstration Entwicklungsrisiken abzufedern und Innovationen zu beschleunigen.

Dazu gehören die Förderschwerpunkte „SystEEm: Integra-tion erneuerbarer Energien und Regenerative Energiever-sorgungssysteme“ sowie „Netze für die Stromversorgung der Zukunft“, die Lösungen für den Umbau der Netze für hohe Anteile erneuerbarer Energien bzw. Innovationen im Gesamtsystem, von der Netzeinspeisung über den Trans-port und die Verteilung bis hin zur Nutzung der elektri-schen Energie, adressieren.

Um die drängenden Fragen der künftigen Netzinfrastruk-tur zu beantworten, wurde die Plattform „Zukunftsfähige Energienetze“ gegründet. Hier erarbeiten alle Akteure des Netzausbaus – Bund, Länder, Kommunen, Wirtschafts- und Umweltverbände sowie die Wissenschaft – gemeinsam Handlungsempfehlungen an die Politik zu den Bereichen Netzausbau und Modernisierung der Stromnetze.

Wichtiger Bestandteil des 6. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung ist die im Januar 2013 gestartete res-sortübergreifende Förderinitiative „Zukunftsfähige Strom-netze“, für die 150 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Damit werden Synergien der Forschungsförderungen der einzelnen Bundesressorts genutzt und die Technologieent-wicklung beschleunigt. Die Maßnahme zielt auf Projekte aus dem Bereich der Grundlagenforschung und der ange-wandten Forschung einschließlich Demonstrationsvorha-ben, sowie der Aus- und Weiterbildung von jungen Wissen-schaftlern. Im Fokus stehen Anwendungen auf den Gebieten

z

z intelligente Verteilernetze, z

z Übertragungsnetze, z

z Anbindung Offshore-Windenergie und z

z relevante Schnittstellen.