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6. DISKUSSION

6.4. M ETHODENKRITIK

Es gibt eine Vielzahl von zum Teil noch unbekannten und schwer zu erfassenden Einflüssen auf die Monozytensubpopulationen und ihrem Phänotyp. Schwer zu kontrollieren sind physiologische Veränderungen (z.B.: Stressreaktionen, Ernährung, Alkoholkonsum etc.) und umweltbedingte Einflussgrößen (zB Strahlung, Temperatur, Ozon etc.), welche die Monozytensubpopulationen und deren Phänotyp beeinflussen. Deshalb erfolgte in dieser Studie eine Adjustierung der Ergebnisse auf die bereits bekannten Einflussgrößen Alter, Geschlecht und kardiovaskuläre Risikofaktoren.

Die klinische Studie wurde von ärztlichem Fachpersonal durchgeführt und kontrolliert, um organisatorische, fachliche und labortechnische Störungen zu minimieren. Jeder einzelne Patient wurde persönlich auf die Ein- und Ausschlusskriterien geprüft. In der Studie wurden nur symptomatische Patienten eingeschlossen, die keine Intervention oder Operation in den letzten 3 Monaten hatten. Eine objektivierende Befunderhebung in der Anamnese und Diagnostik soll ein vergleichendes Ergebnis möglich machen.

Das Rutherfordstadium 0 der asymptomatischen Patienten wurde nicht betrachtet, da der klinische Nutzen als weniger wichtig erachtet wurde. Um einen möglichst geringen Einfluss von Intervention und Operation auf die Ergebnisse zu haben, muss ein möglichst langer Zeitraum zwischen der Intervention und dem Studieneinschluss gewählt werden. Am besten geeignet wären Patienten, die noch nie eine Vorbehandlung erfahren hätten. Klinisch ist das aber nicht umsetzbar, da vor allem in höheren Stadien der pAVK eine einmalige Intervention nicht ausreicht und somit viele Patienten schon vorbehandelt sind. Die primäre Offenheitsrate nach interventioneller Therapie infrapoplitealer Gefäßverschlüsse bei kritischer Extremtitätenischämie beträgt nach 3-5 Jahren 40-60% und bedarf häufig einer Re-Intervention. (Soder, H.K., Manninen, H.I., et al., 2000) Femoro-popliteale Venenbypässe haben eine 5 Jahres Offenheitsrate von ca. 70% bei kritischer Extremitätenischämie mit signifikant sinkender Offenheitsrate bei Kunststoffbypässen. (Pereira, C.E., Albers, M., et al., 2006)

In einem definierten Zeitraum von zwei Jahren konnten 143 Patienten rekrutiert werden. Ein längerer Beobachtungszeitraum oder eine multizentrische Studie könnte mehr Patienten generieren. Eine Limitierung der Studie ergibt sich aus der Tatsache, dass die Ergebnisse der Patientendaten nur zu einem einzigen Zeitpunkt ausgewertet werden konnten. Im Hinblick auf den klinischen Verlauf der Erkrankung wären eine mögliche Änderung der Monozytensubpopulationen interessant gewesen. Interessant wäre es auch zu zeigen, ob eine phänotypische Veränderung der Monozytensubpopulationen und deren Zusammensetzung eine klinische Verschlechterung oder Verbesserung, gemessen an den Rutherfordstadien, widerspiegeln könnte. Bei 143 Studienpatienten wurden 68 interventionell und 44 chirurgisch behandelt. Die konservative Gruppe bildet mit 31 Patienten eine zu kleine Gruppe für die valide Auswertung von Verlaufsparametern.

Die Durchflusszytometrie gilt als etabliertes Standardverfahren zur Quantifizierung und Unterscheidung von verschiedenen Blutzellen. (Basu, S., Campbell, H.M., et al., 2010) Durch fluoreszierend markierte Antikörper können sowohl Oberflächenmarker, als auch intrazelluläre Proteine nach Permeabilisation der Zellmembran detektiert werden.

Eine sterile Blutabnahme mit kurzer venöser Stauungszeit und eine zeitnahe Verarbeitung der Blutproben sollen laborchemische Veränderungen möglichst ausschließen. Verunreinigungen der Blutproben können zu einem verfälschten Ergebnis führen.

Bei der Probenaufbereitung zeigt das zeitliche Fenster zwischen der Konservierung der Zellen und der Weiterverarbeitung einen Einfluss auf das Überleben der Zellen. Mögliche Änderungen des Phänotyps der Monozyten können nicht sicher ausgeschlossen werden.

Das Einfrieren und das erneute Auftauen könnte zur Zellapoptose und zu phänotypischen Veränderungen der Monozyten führen. Auch bei der Antikörperfärbung muss eine besondere Sorgfalt gewahrt werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Bis jetzt gibt es aber noch keine Studien, die den genauen Einfluss von Umweltfaktoren auf das Überleben oder die phänotypische Änderung der

Monozyten untersucht haben. Ekong et al. untersuchte bei Lymphozyten den Einfluss von Temperatur und Verarbeitungszeit bei HIV positiven und negativen Patientenproben. Sowohl Temperaturveränderungen, als auch längere Verarbeitungszeiten führten zu einer Zellapoptose, wobei manche Lymphozytensubpopulationen empfindlicher auf diese Umwelteinflüsse reagierten. (Ekong, T., Kupek, E., et al., 1993) Eine andere Studie untersuchte den Einfluss von Verarbeitungszeit, Temperatur und Antikoagulation auf Vollblutproben mit Hilfe der FACS Analyse. Sowohl die Verarbeitungszeit, als auch die Wahl der Antikoagulation scheint die Messungen nicht zu verändern, alleine die Temperaturerhöhung von 4 auf 37 °C der Blutproben führt zu einer Veränderung der Lymphozytensubpopulationen. (Paxton, H., Bendele, T., 1993) Es werden weitere Studien benötigt, um den Einfluss von Temperatur, Verarbeitungszeit und Interaktionen mit Reagenzien bei Monozytensubpopulationen und deren Phänotyp zu untersuchen.

6.6 Ausblick

Obwohl die Therapiemöglichkeiten der pAVK, einerseits durch eine medikamentöse Therapie, andererseits durch eine interventionelle Therapie, immer weiter zunehmen, bleibt das klinische Ergebnis häufig unbefriedigend.

Eine gezielte Therapiemöglichkeit, die auf die Modifizierung der beteiligten Entzündungszellen bei der Pathogenese der Atherosklerose zielt, konnte bis jetzt im klinischen Alltag noch nicht etabliert werden. Studien bestätigen, dass mit den bisherigen Therapiemöglichkeiten der pAVK das klinische Outcome, vor allem bei Patienten mit einer kritischen Beinischämie, schlecht ist. Bei Patienten im höheren Rutherfordstadium steigt das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall und Beinamputation signifikant an. (Reinecke, H., Unrath, M., et al., 2015) Bis jetzt fehlt ein geeignetes Target, welches das klinische Outcome verbessert.

Eine zielgerechte Therapie spielt bereits bei Krebserkrankungen eine entscheidende Rolle, um ein vermehrtes Tumorwachstum zu verhindern, den Stoffwechsel der Tumorzellen zu bremsen und das Immunsystem zu aktivieren.

Durch monoklonale Antikörper können bestimmte Oberflächenmarker auf der Zelle erkannt werden und das eigene Immunsystem, sowohl das angeborene, als auch das erworbene, induziert eine gezielte Apoptose der markierten Tumorzellen. Eine gezielte Immunmodulation bei der Atherosklerose könnte den klinischen Krankheitsverlauf der pAVK ebenfalls positiv beeinflussen und die inflammatorischen Prozesse innerhalb des Plaque eindämmen. Um solch eine Therapiemöglichkeit überhaupt zu etablieren, benötigt es ein grundlegendes Verständnis, welche Prozesse, Zellen und Mediatoren eine Schlüsselrolle bei der Pathogenese spielen. Die pAVK kann eine klinische Verschlechterung der Patienten, gemessen an den Stadien, bewirken. Darüber hinaus dient die pAVK als Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse, wie dem Herzinfarkt und dem Schlaganfall. (Reinecke, H, Unrath, M., et al., 2016) Die meisten Studien zur Pathophysiologie der Atherosklersoe beziehen sich auf die Pathomechanismen der koronaren Herzerkrankung oder in den Carotiden. Verglichen mit den Koronargefäßen und den Carotiden zeichnet sich das arterielle Gefäßsystem der unteren Extremitäten durch unterschiedliche Fließeigenschaften, durch die

Möglichkeit des Kollateralenwachstums und durch das viel größere vaskuläre Territorium aus, welches durch Atherosklerose betroffen sein kann. Verschieden Versuche wurden unternommen, um Faktoren zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs, besonders ab dem Stadium der intermittierenden Claudicatio bis zur kritischen Extremitätenischämie, zu finden. Tie-2 exprimierende Monozyten (TEM) und endotheliale Porgenitorzellen (EPC), welche einen positiven Effekt auf die Angiogenese haben, werden bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie vermindert gefunden. (Dopheide, J.F., Geissler, P., et al., 2015)

Gary et al. zeigte 2014, dass ein verringertes Verhältnis von Lymphozyten zu Monozyten mit einem erhöhten Risiko für eine kritische Extremitätenischämie assoziiert ist. (Gary, T., Pichler, M., et al., 2014) Verschiedene Entzündungsmarker können das Voranschreiten der pAVK voraussagen. Das Monozyten Chemoattractant Protein-1 (MCP-1), der CD40 Ligand und Interleukin-6, als Entzündungsmarker bei der pAVK, korrelieren mit der Ausdehnung der Atherosklerose. (Nylaende, M., Kroese, A., et al., 2006) Pande et al. entdeckte eine Beeinträchtigung der maximalen Gehstrecke von pAVK Patienten mit intermittierender Claudicatio mit einem erhöhten Wert von TNF-α, Il-6, CRP und slCAM. (Pande, R.L., Brown, J., et al., 2015)

Monozyten, die sowohl für das angeborene als auch für das erworbene Immunsystem wichtig sind, werden eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und dem Progress der Atherosklerose zugeschrieben. (Libby, P., 2002) Das Wissen über den Einfluss der Monozyten bei der pAVK ist nicht sehr groß und daher beschäftigte sich diese Studie mit der Verteilung der Monozytensubpopulationen und dem Phänotyp der Monozyten in den verschiedenen Rutherfordstadien der pAVK. Die Studie konnte zeigen, dass es einen signifikanten Unterschied der Proportion von Monozytensubpopulationen in den verschiedenen Stadien der Erkrankung gibt. Die Verteilung der Monozytensubpopulationen im peripheren Blut stellt somit einen potenziellen Biomarker für die pAVK und deren Progress dar. Außerdem konnte gezeigt werden, dass mit zunehmenden Schweregrad der pAVK, die Expression und Expressionsstärke von CD106, CD162 und MPO signifikant innerhalb der Monozytensubpopulationen ansteigt.

Weitere Studien werden benötigt, um zu zeigen, dass eine gezielte Reduktion oder Erhöhung der Monozytensubpopulationen das klinische Outcome verbessern könnte. Vor allem die Reduktion der „intermediären“ 𝐶𝐷14++𝐶𝐷16++Monozyten in höheren Rutherfordstadien ist eventuell ein geeignetes therapeutisches Target, um den Progress der Erkrankung zu verlangsamen und das klinische Outcome durch Reduzierung von kardiovaskulären Ereignissen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Tod, Amputation) zu verbessern.

Ein anderer Ansatzpunkt wäre eine gezielte therapeutische Erhöhung der protektiven „nicht klassischen“ 𝐶𝐷14+𝐶𝐷16++ Monozyten bei Patienten mit fortgeschrittener pAVK, um den beeinträchtigen Heilungsprozess positiv zu unterstützen.