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1.4 Einteilung von Repräsentationen

1.4.2 Bilder

1.4.2.3 Logische Bilder

Per Definition dienen „logische Bilder […] der Darstellung von Zusammenhängen zwischen qualitativen und quantitativen Merkmalen eines Sachverhalts, wobei es sich sowohl um wahr-nehmbare als auch um nicht wahrwahr-nehmbare Merkmale handeln kann“ (Schnotz 1994, S. 97).

Zu den logischen Bildern zählen vor allem Diagramme (im amerikanischen Englisch als graphs bezeichnet), die zur Veranschaulichung von ausschließlich quantitativen oder qualita-tiven und quantitaqualita-tiven Zusammenhängen dienen. Neben den Diagrammen werden auch Charts, die rein qualitativ sind, zu den logischen Bildern gezählt. Die Terminologie zeigt hier

keine einheitliche Struktur, so werden zu den Charts ebenfalls Tabellen gezählt, die im eng-lischen Sprachraum auch als diagrams bezeichnet werden. Problematisch hierbei ist, dass zu diagrams auch schematische Abbildungen zählen. Diese werden laut Klassifikation nach Schnotz (1994) jedoch den realistischen Bildern zugeordnet. Aufgrund dieser Heterogenität sind Diagramme in der vorliegenden Arbeit logische Bilder, die sich auf die Darstellung von qualitativen und quantitativen sowie rein quantitativen Zusammenhängen beziehen. Sche-mazeichnungen sind dagegen eine eigene Gruppe von Bildern, die eine Zwischenstellung von logischen und realistischen Bildern einnehmen (vgl. ABBILDUNG 1).

Mit Diagrammen können abstrakte Sachverhalte dargestellt werden, die über realistische Bil-der nicht vermittelt werden können. Damit Diagramme eine lernförBil-derliche Wirkung zeigen können, müssen in ihnen Zusammenhänge und verbindende Elemente der vorliegenden Re-präsentationen erkannt bzw. hergestellt werden können (Seufert, 2003; Kotzebue & Nerdel, 2012; Ainsworth, Bibby & Wood, 2002; Lachmayer, Nerdel, & Prechtl, 2007). Ein zentraler Unterschied bei der mentalen Verarbeitung zwischen Diagrammen und realistischen Bildern besteht in den kognitiven Schemata, die Einträge des Langzeitgedächtnisses repräsentieren.

So sind kognitive Schemata, die alltägliches Wissen repräsentieren, für das Verstehen von logischen Bildern aufgrund der vorliegenden analogen Relation zwischen repräsentierendem und repräsentierten Sachverhalt wenig hilfreich, da kein Abgleich zwischen mentaler Reprä-sentation und den vorhandenen Schemata stattfinden kann. Diagramme sind daher nicht in-tuitiv verständlich, sondern stellen eine eigene Kulturtechnik dar (Dreyfus & Eisenberg, 1990;

Schnotz, 2002). Bereits Leinhardt et al. (1990) berichten davon, dass sich der Prozess der Konstruktion von dem Prozess der Interpretation dahingehend unterscheidet, dass bei der Konstruktion immer neue Teile einer Darstellungsform generiert werden müssen, die noch nicht gegeben sind. Daraus resultiert auch, dass die Konstruktion je nach Anforderung und Komplexität unterschiedlich schwierig gestaltet werden kann (Leinhardt et al., 1990). Für die Informationsentnahme aus und die Konstruktion von Diagrammen sind damit spezifische Kompetenzen notwendig, die im Strukturmodell für Fähigkeiten beim Diagrammgebrauch von Lachmayer (2008) zusammengetragen werden (vgl. ABBILDUNG 2).

ABBILDUNG 2:STRUKTURMODELL FÜR FÄHIGKEITEN BEIM DIAGRAMMGEBRAUCH (LACHMAYER,N ER-DEL,&PRECHTL,2007,S.156,TAB.1;LACHMAYER,2008)

Im ersten Schritt der Informationsentnahme, erfolgt im Rahmen der Identifizierung, zunächst das Erkennen der dargestellten Relation sowie die Zuordnung der Variablen zu den Achsen.

Dabei muss erkannt werden, welche Achse welche Variable repräsentiert. Anschließend kann die Datenreihe den entsprechenden Symbolen aus der Legende zugeordnet werden. Durch Beachten der Skalenreichweite und der Datenpunkte selbst kann die Relation genauer be-schrieben werden. In einem zweiten Schritt gehören Ablesefähigkeiten zur Diagrammkompe-tenz. Diese werden in drei, in ihrer Schwierigkeit aufsteigenden Ordnungen, festgehalten.

Dabei kann in der ersten Ordnung ein Funktionswert lediglich abgelesen werden, während die zweite Ordnung das Erkennen eines Trends beschreibt, indem zwei Werte verglichen werden. In einer höheren, der dritten Ordnung, wird der Vergleich von Trends beschrieben, die über Unterschiede zwischen mindestens zwei Werten identifiziert werden müssen. Die drei unterschiedlichen Ordnungen konnten empirisch nicht bestätigt werden, eine zuneh-mende Ableseordnung ist hingegen anzunehmen. Als weitere Fähigkeit im Diagrammge-brauch der Informationsentnahme steht das Extrapolieren, d.h. das Fortführen eines Trends auf Basis vorgegebener Datenpunkte. Die Kategorien der Informationsentnahme wurden von Lachmayer (2008) auf die Diagrammkonstruktion übertragen. Entsprechend erfolgt im ersten

Schritt der Aufbau des Rahmens. Hierzu müssen der passende Diagrammtyp gewählt, die Variablen korrekt den Achsen zugeordnet sowie die Achsen beschriftet werden. Des Weite-ren ist eine Legende erforderlich und das Zeichnen der Skalen. Beim Eintrag der Daten in den Diagrammrahmen werden zunächst die Punktwerte eingetragen bevor eine Verbin-dungs- oder Trendlinie (im Falle von Liniendiagrammen) skizziert wird. Es können auch meh-rere Trends frei skizziert werden. Untersuchungen zeigen, dass dabei häufig Fehler unterlau-fen. Erfahrungsgemäß haben Lernende häufig Schwierigkeiten bei der Auswahl eines geeig-neten Diagrammtyps. Sie können nicht entscheiden, ob ein qualitativer oder quantitativer Zusammenhang zwischen den Daten besteht und scheitern beim Eintragen von Punktwerten.

Lernende kennen häufig nicht die Konvention, welcher Achse die abhängige und welcher Achse die unabhängige Variable zugeordnet wird. Eine weitere Schwierigkeit liegt in einer geeigneten Skalierung. Häufig ist die Skalierung unvollständig, unpassend gestreckt bzw.

gestaucht (vgl. von Kotzebue, Gerstl, & Nerdel, 2015). Delgado & Lucero (2015) berichten von Schwierigkeiten beim Erstellen einer angemessenen Skalierung, wenn es um logarithmische Werte geht. Schwierigkeiten ergeben sich ebenfalls daraus, dass sich zwei oberflächlich ähn-liche Diagramme in ihrer Aussagekraft wesentlich unterscheiden können. Während sowohl Linien- und Streudiagramme Zusammenhänge zwischen zwei Messgrößen zeigen, variieren sie dennoch, indem Liniendiagramme eine Entwicklung oder den Vergleich von Messwerten repräsentieren, während bei Streudiagrammen die Stärke der Übereinstimmung fokussiert wird. Lernende können Probleme in der Werteinterpretation haben, indem sie Werte im Dia-gramm falsch ablesen oder Intervalle als eigenständige Werte interpretieren. Schnotz (1994) berichtet, dass Novizen dazu tendieren lediglich einzelne Werte (häufig der maximale Wert) ablesen anstatt den Entwicklungstrend im dargestellten Diagramm zu erkennen.

Im Rahmen dieser Arbeit werden Diagramme in Form von Säulen- und Liniendiagramme ver-wendet (für weitere Achsendiagramme vgl. Schnotz, 1994). Grund für diese Auswahl ist, dass sich in den Schul- und Lehrbüchern zur Biologie größtenteils diese beiden Diagrammtypen wiederfinden und diese Diagramme damit einen ökologisch validen Untersuchungsgegen-stand darstellen. Mit beiden Diagrammtypen werden quantitative Zusammenhänge visuali-siert (Schnotz, 1994), wobei Säulendiagramme den Zusammenhang zwischen einer qualita-tiven (kategoriale Variable) und quantitaqualita-tiven Variablen darstellen. Liniendiagramme zeigen dagegen Zusammenhänge zwischen zwei quantitativen Merkmalen. Beide Diagrammtypen werden auch als Achsendiagramme bezeichnet, da auf den Skalen die jeweiligen Ausprä-gungen der Variablen angegeben sind. Eine Säule oder ein Datenpunkt lässt sich durch die relative Lage zu den Achsen eindeutig konkreten Werten zuordnen. Des Weiteren ist immer

mindestens eine Variable kontinuierlich (Lachmayer, Nerdel, & Prechtl, 2007). Sollen qualita-tive Zusammenhänge zwischen Variablen präsentiert werden, können Fluss-, Pfeil- und Baumdiagramme unterschieden werden (Schnotz, 1994). In ihnen sind einzelne Elemente wie z.B. Worte oder Symbole durch Linien und Pfeile miteinander verbunden, wobei Pfeile die Relationen zwischen den Elementen repräsentieren und gesondert interpretiert werden müs-sen. In diesem Zusammenhang könnte man annehmen, dass sich phylogenetische Stamm-bäume und StammStamm-bäume mit Vererbungsmuster ebenfalls als solche Diagramme einordnen lassen. Betrachtet man hingehen derartige Pfeil- und Baumdiagramme genauer, lässt sich feststellen, dass hier kontextabhängige Bedingungen vorliegen, die sich auf verschiedene Inhaltsbereiche übertragen lassen (Lachmayer, 2008; Lachmayer, Nerdel, & Prechtl, 2007).

Unter Flussdiagrammen werden Strukturen von Abläufen zusammengefasst, die vorgezeich-nete Pfade aufweisen, die der Betrachter nachvollziehen kann (Weidenmann, 1994). Auch hier lassen sich Stammbäume mit Vererbungsmuster nur schwer verorten, zudem liegt bei Stammbäumen eine charakteristische, durch Konvention festgelegte Form, vor. Vor diesem Hintergrund müssten Stammbäume den Achsendiagrammen zugeordnet werden, was je-doch aufgrund der fehlenden Skalierung und Variablenausprägung ebenfalls nicht sinnvoll erscheint. Daraus schlussfolgernd fassen wir in unserer ersten Bildeinteilung Stammbäume als eine gesonderte Gruppe unter den logischen Bildern auf, da ein konventionalisierter Zu-sammenhang zwischen qualitativen und quantitativen Merkmalen eines Sachverhalts vorliegt (vgl. ABBILDUNG 1). Offen bleibt dabei die Möglichkeit einer gleichzeitigen oder gesonderten Einteilung in sogenannte abstrakte Schemazeichnungen.