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Fachsprache ist eine Schlüsselstellung von Scientific Literacy. Eine eindeutige Definition und Abgrenzung vom Begriff „Fachsprache“ gelingt aufgrund der vielfältigen Betrachtungsmög-lichkeit bis dato nur sehr heterogen (Härtig, Bernholt, & Retelsdorf, 2015; Roelcke, 2014;

Rincke, 2010). Sprache ist „an integral part of science and science literacy – language is a

means to doing science and to constructing science understandigs (…) [and] is used to com-municate about inquiries, procedures, and science understandings to other people so that they can make informed decisions and take informed actions” (Yore, Bisanz, & Hand, 2003, S. 691). Das Lesen und Schreiben naturwissenschaftlicher Texte sowie das Verstehen, Inter-pretieren und Kommunizieren naturwissenschaftlicher Erkenntnisse ermöglicht kritisches Denken und einen naturwissenschaftlichen Diskurs. Härtig, Bernholt, & Retelsdorf (2015) stel-len heraus, dass Fächer aufgrund der sprachlichen Natur voneinander abzugrenzen sind und ein mentales Konstrukt darstellen. Dabei beziehen sich die Autoren auf Kalverkämper (1998) und darauf, dass durch fachliche Kommunikation erst Fachwissen dargestellt werden kann.

In der Fachdidaktik ist der Begriff der „Fachsprache“ ein zentrales Element von naturwissen-schaftlichem Unterricht und steht für eine fachbezogene Kommunikation (Härtig et al., 2015;

KMK 2005a, b, c; Kalverkämper, 1998). Die Fachsprache kann aus einer deskriptiven respek-tive normarespek-tiven Perspekrespek-tive verstanden werden und beinhaltet ein bestimmtes Fachvokabu-lar, syntaktische und stilistische Besonderheiten und eine Kommunikationssituation (Rincke, 2010). Roelcke (2010) gliedert Fachsprache in unterschiedliche Dimensionen. Die horizonta-len (Fächer und Fachbereiche) und vertikahorizonta-len (Abstraktionsebenen von Kommunikation) fach-sprachlichen Varietäten sowie die fach-sprachlichen Verwendungsarten (Fachtexte). Die horizon-tale Typologie bezieht sich dabei auf Sprache und Kommunikation innerhalb eines Faches, in der vertikalen Typologie stehen die Sprache und Kommunikation zwischen Experten und Novizen ein und desselben Faches bzw. zweier unterschiedlicher Fachbereiche. Die Typolo-gie von Fachtextsorten bezieht schließlich symbolische und appellative Textfunktionen sowie eine konzeptionelle Textgestaltung ein. Bezugnehmend auf eine fachliche Kommunikation, der Förderung von mehr Kommunikationsfähigkeit und einer grundlegenden Scientific Lite-racy ist es notwendig, Fachsprache holistisch zu betrachten und Kommunikation als verbal-sprachliche Äußerung und der Verwendung einer Vielzahl verschiedener Repräsentationen zu verstehen (Ainsworth, Prain, & Tytler, 2011; Yore & Hand, 2010; Prain & Waldrip, 2010;

Lemke, 1990, 1998b, 2004). Die naturwissenschaftliche Fachsprache kann dabei als „a sy-nergistic integration of words, diagrams, pictures, graphs, equations, tables, charts, and other forms of visual and mathematical expression“ (Lemke, 1998b, S. 3) beschrieben wer-den. Damit gehören neben verbalsprachlichen Repräsentationen auch gegenständliche, bild-liche und symbolische Repräsentationen in eine holistische Betrachtung (Gilbert, 2007; Lei-sen, 2015; Lemke, 1998b). Einen besonderen Stellenwert erhält das Verbalisieren von Spra-che, die neben (Fach-) Texten auch unterschiedliche Repräsentationen enthält. Leisen (2015) definiert sprachliche Standardsituationen im Unterricht „als sprachliche Lernumgebungen (…), in denen Sprachlernprozesse stattfinden“ (Leisen, 2015, S. 135). Anhand von vier sprachlichen Kompetenzbereichen fokussiert Leisen (2015) einerseits die Darstellung und

sprachliche Verhandlung von Wissen, den sprachlich begleitenden Wissenserwerb und den Ausbau von Text- und Sprachkompetenz. Dabei müssen die sprachlichen Lernprozesse ma-teriell, d.h. in Form von Aufgabenstellungen und Materialien, sowie personell, d.h. durch Mo-deration der Lehrkraft, gesteuert werden. Kommunikationsfähigkeit im naturwissenschaftli-chen Unterricht zu fördern, heißt damit den Erwerb von fachbezogener Sprachkompetenz zu ermöglichen (vgl. Muckenfuß, 1995). Dabei betonen die Autoren, dass der „Erwerb fach-sprachlicher Kompetenzen (…) vom Erwerb komplexer – und lebenspraktisch nicht unmittel-bar bedeutungsvoller – Theorieeinsichten nicht zu trennen (…)“ und „der Erwerb von Fach-kompetenz unauflöslich mit ihrer Kommunizierbarkeit verknüpft wird“ (Muckenfuß, 1995, S.

246 und S. 266). Im Vergleich zur physikalischen Fachsprache, die, wie die Autoren heraus-stellen, nicht-kommunikativ ist (Muckenfuß, 1995), können für den Biologieunterricht und die biologische Fachsprache zwar zentrale Punkte „kommunikativer Kompetenz“ angenommen werden, gleichzeitig müssen aber auch die Besonderheiten der Domäne an sich berücksich-tigt werden. Neben der Ausgangslage von Alltagssprache und Alltagsvorstellungen, dem Wissen oder Nicht-Wissen um Fachsprache und implizierter (Teil-) Theorien, gilt es neben einer Interpretation durch Konfrontation von Fachsprache und Alltagssprache, auch Sprach-ebenen dazwischen, wie die sog. Lernersprache bzw. Scientific Interlanguage, oder einen Metadiskurs, zuzulassen (Rincke, 2010; Lemke, 1990). Die Domäne der Biologie ist charak-teristisch für Fachtexte, die morphologische und syntaktische Besonderheiten aufweisen so-wie für eine Vielzahl an Darstellungsformen, die oftmals gleichzeitig präsentiert werden (Lei-sen, 2006). So sind z.B. Naturobjekte, Präparate, Zeichnungen und Schnittskizzen, Bilder, Anschauungs- und Funktionsmodelle, Säulen-, Linien- und Flussdiagramme, aber auch che-mische Formeln sowie mathematische Gleichungen besonders charakteristisch für das Fach Biologie (Leisen 2015). Diese Darstellungsformen gehen einher mit einer Vielzahl von Fach-begriffen, d.h. das Fach Biologie zeichnet sich dadurch aus, dass es besonders terminusreich ist und gleichzeitig eine Vielfalt an externen Repräsentationen präsentiert wird (Enzingmüller, Nerdel, & Prechtl, 2012). Wirft man einen Blick in Fachbücher oder Schulbücher der Mittel- und Oberstufe, zeigt sich ein Sprachgebrauch, in denen Fachinhalte für unterschiedliche Ad-ressaten aufbereitet sowie unterschiedliche Schwierigkeiten und Abstraktionsgrade darge-stellt sind (Rincke, 2010). Im Jahr 1980 führen Bremer & Clemens (1980) für den Physikun-terricht Befunde auf, die zeigen, dass ein Erlenen von Fachsprache dem Erlenen einer Fremd-sprache gleicht. Die Menge und Vielfalt der Fachbegriffe in Schulbüchern und die Einführung neuer Begriffe im Unterricht erfordert von den Lernenden das Lernen einer Fremdsprachvo-kabel und gleichzeitiges Erlenen eines neuen Sachzusammenhangs (Wellington & Osborne, 2001). Das Verbalisieren innerhalb der biologischen Fachsprache ist damit eine besondere Herausforderung von naturwissenschaftlichem Unterricht und wird im Kompetenzbereich

Kommunikation der Bildungsstandards (KMK, 2005a) und den einheitlichen Prüfungsanfor-derungen für das Abitur (KMK, 2004) sowie im LehrplanPLUS für Gymnasien in Bayern be-sonders fokusiert, wenn es um „das Verständnis der biologischen Fachsprache und fachge-mäßer Darstellungsformen [geht]“ (BStMUK/ISB, 2015).