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Livländifche Provinzial-Synode

Im Dokument Theologie Kirche, (Seite 71-81)

gehauen zu Wolm^r vom 16. bis 22. A»ss>,st !86I.

Von Prof. u. E n g e i h a l b t .

Unsere Provinzialsynodcn stehen i» so mannigfachen Beziehungenzu unserem provinziellen kirchlichen Leben, daß cm für das Leben völlig im-fruchtbarer Verlauf einer Synode km»» denkbar ist. Auch die Synode dieses Jahres hat ihre Bedeutung, obgleich die Beschlüsse, die gefaßt wurden, meist äolNLijticn, betrafen.

Es war cinc in jeder Hinsicht friedliche Synode, Und wir glauben Nicht zn irren, wenn wir das herleiten nicht blos ans eine»! zufälligen Mangel an Streitobjekten, sondern ans dem Streben irgendwie Vorhan-drncs unbegründetes Mißtranen fallen zu lassen und Alles fern zu halten, üias, ohne zn fördern, hätte erregen können., Daraus erklären wir »ns zum Theil die Erledigung der Introitcnsache. Wenn irgendwo, so hatte hier der Grundsatz der Conf. Aug,, die Freiheit m äußeren Kirchcn^bräu-chcn, längst zur Geltung kommen sollen, Freiheit die Introitcn zu brauchen

»nd Freiheit sie nicht zu brauchen >7nd Freiheit sie so zu brauchen, wie es dem Pastor oder den Sprengelssynoden gut dünkte. Lag aber dem ganzen Streit ein principieller Gegcüsah zu Grunde, so war dieses Adiaphoron gewiß das ungeeignetste, zum Schibbolcth gemacht zu werden. Nun steht glücklich § 2 1 im Protokoll: „die Synodalen erklärten, daß sie dem R i g » schen Desidcrium dahin beistimmte», daß der beliebige Gebrauch der Hanmck-schcn Introitm nebst den Rigaschen Gmendationcn ihnen gestaltet werde, wünschten jedoch, daß ihnen als Predigern dcs Evangeliums nicht l'er-weigert werden möge, auch andere Sprüche der heiligen Schrift, als die in erwähnter Sammlung angezogenen, nach eigener Auswahl zu gebrauchen,"

Dem Charakter dieser Synode entsprach es, daß von vielen Gliedern derselben Arbeiten, vorbereitet worden waren, und zwar in solcher Weise, daß man es den Vorträgen abfühltc, wie sie darauf ausgingen anzuregen, nichts aufzuregen, zn bauen, nicht zu zerstören. Nnd wenn sich auch in den Sitzungen selbst keine Discussion an die Arbeiten knüpfte, so gab doch

7 ^ E n g e l h a i b t ,

der freie Verkehr außerhalb der Sitzungen davon Zeugniß, daß man mit großem Interesse den gründlichen Erörterungen gefolgt war. Die Krone gebührt übrigens unserer Meinung nach der Abhandlung des Obcrconsisto-rial Assessors Pastor C a r l b l o m über „Ezcoiumunication und heil. Schrift."

Tiefgehende Schriftauslcgung, gründliche Erörterung, schlagende Beweis-fühning zeichneten diese Arbeit ebenso aus wie praktische Haltung und lebendige Darstellung. I n Zukunft wird bei uns über Ku'chmz„cht nicht geredet und geschrieben werden können, ohne an diese Abhandlung anzu»

knüpfen oder sich mit ihr auseinandergesetzt zu haben. Den Lesem dieser Zeitschrift liegt sie im Wesentlichen unverändert vor, und sie mögen sich selbst von der Richtigkeit unseres Urtheils überzeugen. Daß Kirchenzucht geübt werden müsse, ist auf Grund der heiligen Schrift, mit Berufung anf das Wort des Herr» und seiner Apostel (Matth. 18, und 1 Kor. 5.) er-wiesen und so die uu«, »Äuota oattidlioll und die lutherische Kirche gegen alle'Einsprachen sicher gestellt. Die Thesen, mit denen C a r l b l o m seinen Vortrag schloß, fanden fast allgemeinen Anklang. Die erste behauptet, daß das lutherische Symbol Artt, Smale. I X in Einigkeit mit der uua «anotg, oattwi. eoolesi«, und im völligsten Einklang mit der symbolischen Lehre von den Sacra menten auf Grund der heiligen Schrift und namentlich von 1 Kor. 5. den kleinen Bann lehre. Die 3. These lautet: „das heilige Abendmahl soll in der Gemeinde stets gelten als trostreiche Communion der Glieder mit dem Haupte und unter einander, an welcher die notorisch Unbußfertigcn keinen Theil haben." Die 10. These: „die Fülle des Geistes und der Liebe Christi in der Gemeinde treibt zur « x ^ der Kirchenzucht, dem öffentlichen Ausschluß aus der Gemeinde (Ezcommunication) Matth. 18, 17. Tit. 3, 10. Jene fehlt uns, darum auch diese." — Durch die Aus-einandersetzungen C a r l b l o m ' s ist § 55 der Instruction vom Jahre 1832 gerechtfertigt. Das eigenmächtige Ausschließen vom Abendmahl untersagt der Paragraph; dann' heißt es: „wenn der Prediger Bedenken findet irgcnd einen hartnäckigen, notorischen Sünder zum heiligen Abendmahle zuzulassen, so ist er zuvörderst verbunden, ihn» selbst sein Bedenken mit christlicher Liebe mitzutheilen; wenn jener aber dennoch auf Zulassung zum heiligen Abendmahle besteht, so berichtet der Prediger über diesen Fall, ohne den Namen des Sünders zu nennen, jedoch mit ansführlichcr Aus-einandcrsetznng des Gnmdes seines Bedenkens, dem Consistorio. Nach Empfang eines solchen Berichts, erlaubt das Consistorium entweder den

die 27. Livlcmbische Prevmzwlsynode.

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Renigcn ziiin heiligen Abendmahl zuzulassen oder es schreibt vor, daß er auf einige Zeit, vom Tische des Herrn entfernt luerde. I n diesem leßtcn Falle gestattet es dem Prediger, dein Sünder dao heilige Abendmahl z»

reichen, sobald er ihn zulässig findet. Ueber jede solche einstweilige Aus-schliesning vom heiligen Abcndniahlc, su wie a»ch über die darauf erfolgte Zulassung zu demselben, hat das Consisrorinm dein Ministerium der inneren Angelegenheiten mit genauer Angabe der Umstände, jedoch ebenfalls ohne den Namen zn nennen, zu berichten." Wenn wir sagen, der 8 55 sei gc-rechtfertigt, so meinen wir mit C a r l b l o m die Bestimmung, daß er das Ausschließen als nothwendige Konsequenz eines nicht berücksichtigte!! Ab-rathens hinstellt. I m Uclma.cn leidet der Paragraph an mancherlei Unklar hciten und IncouvenicnM. — Wie und in welcher Weise Kirchcnznchl unter den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen zur Geltung gebracht werden könne, das ist eine andere Frage, deren Beantwortung der Weisheit der verschiedenen Organe des Kirchcurcgiments, des, Pastors wie der Consistoricn anheimgegeben werden muß. Indeß möchte, angcsichts dessen, daß hculzn-tage sich Vieles nur unvollkommen durchführen läßt, das Wort V a r l b l o m ' s ganz besonders Berücksichtigung verdienen: „Unsere Arbeit sieht aus wie incoüseqncntes Stückwerk, doch glauben wir, daß das Stückwerk, in dem Herrn gethan, in I h m ein Ganzes ist, der nns sammt unserem Stückwerk einfügt in seinen ewigen Reichsplan." — W i r frenen uns auf Gruud des Pro-tocolls constatiren zu können, daß die Synode dem Dank beitrat, den Pastor W a l t e r von Lrcmon, der Eine von den beiden Pastoren, die Earlbloui bekämpft hatte, für die gründliche Erörterung dem Verfasser .aussprach.

Es folgten diesem Vortrage noch mehrere, welche wichtige praktische Fragen ^behandelten und für die Lösung derselben brauchbares Material lieferten. Pastor M a u r a c h von Oberpahlen sprach über die Volksschule unserer Provinz. Nachdem er über die auffallende Erscheinung sich ausgo lassen, daß auf den Synoden so selten über die Volksschule verhandelt werde, obgleich doch notorisch die Schule ein Hanptgegenstand der Pastoralen Wirksamkeit sei, der noch dazu von den meisten Pastoren mit besonderer Vorliebe in's Auge gefaßt werde, und nachdem er diese Thatsache erklärt hatte, zog er einige dringliche Fragen in Betreff des Schulunterrichts in genauere Erwägung. Unter Anderem ward er durch den Umstand, daß bei uns überall in der Pastoralen Thätigkeit zwei Nationalitäten sich be-rühren, beiläufig zu einer kurzen Bemerkung über die moderne

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lntcnmanic geführt. Er »nichte darauf ansmerksnm, daß ein großer Unter-schied zu machen sei zwischen Nationalität »nd Individualität. Letztere beruhe auf der Schöpfungsthat Gottes »nd sei dämm von göttlicher Bc-rechtiguug »nd habe demgemäß Anrecht a»f cNiige Dauer. Es sei,ebenso unstatthaft als vergeblich Aufhebung der Individualitnt zu erstreben. Jede Erziehung habe die Aufgabe der Individualität Rechnung zu tragen und nur das Sündhafte an ihr zu überwinden. Anders verhalte es sich mit der Nationalität, Sie' ist r!was geschichtlich Gewordenes, Sie ist zwar durch göttliches Eingreifen, aber »nter Vorausschimg der Sünde ins Leben gc-trete». Sofern nun dus Dasein verschiedener Nationalitäten auf göttlichen Willen und die Entstehung der nun einmal vorhandenen auf göttliche Zulassung und Geschichtslcitimg zurückgeführt werden nmß, sofern hat die Nationalität an »nd für sich, »nd selbst abgesehn von ihren Leistungen für die Gesammtenlwickeluug der Menschheit, Recht a»f Bestand und muß gegen jeden "gewaltsamen Angriff Protestiren. Dagegen kann nichts geltend gemacht werden gegen Beeinflussung einer Nationalität durch eine andere, wofern dieselbe sich vollzieht auf rein geistigem Wege, mit Anwendung lediglich geistiger Mittel und ohne alle »nd jegliche Beeinträchtigung der Freiheit. — Wirj können diesen Ideen unseren Beifall nicht versagen und finden in denselben einen richtigen Maßstab zur Beurtheilung des

Fanatis-»ms, mit dein heutzutage die Nationalitäten auf Entfesselung dringen selbst dort, wo die „Fessel" in nichts Anderem besteht, als in dem geschichtlich gewordene!! Zusnmmeuhangc und der staatlichen Verbindung, die zwischen verschiedenen Nationalitäten besteht.

Den Vorträgen C a r l b l o m ' s und M a u r a c h ' s trat eine Arbeit des Pastor S c h i l l i n g von Ncuermühlcu zur Seite, die auf den Einfluß auf-merfsam zu »lachen bestrebt war, den die Umwandlung der' bäuerlichen Verhältnisse in unserer Provinz auf den christlichen und kirchlichen Sinn des Landvolks ausübt, und die Mittel namhaft »lachte, die von Seiten der Kirche zur Erhaltung der rechten Gesinnung ergriffen werden müßten.

Die Liebe zu unserem Landvolkc ließ sich jedem Worte des Vortragenden abfühlcn. W i r dürfen behaupten, daß derselbe in dieser Gesinnung keines-Wegs einsam dasteht. Sie findet sich fast durchgängig bei unseren Pastoren als eine Frucht der hingebenden Sorgfalt, mit der von ihnen für das gcist»

liehe Wohl und die sittliche Förderung des Volks gearbeitet wird. Ans Rechnung dieser Liebe ist es zu sehen, wenn hier oder dort die neuere

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staltiing unserer Baucrverhältnissc, dcr Ucbergang n»s der strohne in die Geldpacht mit, zum festen Besitz durch Kauf, mit bcdcnklichciu Auge augc-schaut wird. I n stelcm Verkehre mit dc,ü Bauer »ick vertraut mit seinen Stimmungen und Wünschen liegt es dem Pastor am nächsten, ungeduldig zu werden über unausbleibliche Folgen eiucK „Ucbelgaugostadiilms." Rück-kehr der alten Verhältnisse, Verharren bei der Frohnc wünscht Niemand.

Sehnsüchtig aber schaut so Mancher aus »ach Abschluß der langsamen Umgestaltung dcr alten Verhältnisse. Und doch möchten uur sehr wenige sich finden, die im Interesse einer schnelleren Consolidunng der neuen Vcr-hnltuissc die freien Pacht- und Kaufcmitracte mit dem Zwang einer Taxe , vertauschen möchten. Hat, trotz der unleugbar vorhandenen Besserung der Vcrmögensverhältuissr, der Bauer nur Worte der Unzufriedenheit und nie ein Wori der Anerkennung für das, was von Seiten der Besitzenden gc-schchcn ist, sieht er in dem Grundsatz des freien Contracts oft nur die gefahrdrohende Möglichkeit der Willknhr und dcr Nebcrvorthcilung: er wird in seiner Anschauung dcr Verhältnisse einen Rückhalt in seinem Pastor nicht finden. Die Pastoren haben es deutlich genug erkennen lassen, das, sie den Grund dcr vorhandenen Mißstimmung des Banerstandcs nicht in den neuen Institutionen, sehen, sondern vielmehr in der Unbildung, Ungeduld, Trägheit und Habsucht dcr bei Durchführung derselben aktiv oder passiv bethei-ligtrn Personen, Sie wisse» es z» gut, das; keine Institution, noch dazu ohne die rechte Gesinnung, ausschließlich, Segen stiftet. Sie erkenne» es eben als eine Aufgabe der Geistlichkeit, dadurch eine segensreiche und für das ganze Land ersprießliche Durchführung dcr nencu Institutionen zu fördern, daß sie, auf die Kritik dieser oder jener einzelnen Maßregel verzichtend, in den Besitzenden wie in den Bauern dwch Predigt und Scclsorgc die Gesinnung der Liebe, der Aufopferung, dcr Ncrufstrcue, dcr Arbeitsamkeit wecke, durch welche die größten Schwierigkeiten überwunden werden können, nnd ohne welche die schönsten Einrichtungen doch keinen allseitig befriedigenden Erfolg haben. So greifen die Pastorc in das Gcsnmmtlebcn dcr Provinz ein ohne daß sic „in ei» fremdes Amt greifen" nnd damit dem Urtheile der heiligen Schrift verfallen. — Daß Pastor S c h i l l i n g den Trägern des Amtes ihre große und schwere Aufgabe angesichts dcr gegenwärtigen Ent»

wickclnngsphafc auf's Eindringlichste in Erinnerung gebracht hat, wird ihm jeder, dcr unsre Baucrverhältnissc kennt, Dank wissen.

Hatte dcr Vortrag dcs Pastor S c h i l l i n g auf die Verantwortlichkeit

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E ü g c l h a i d t ,

der Pastoralen Stellung aufmerksam gemacht, so erinnerte Pastor I . v. Holst a»c> Wenden an eine in dcr Pastoralen Wirksamkeit leicht anftanchcnde Ge-fahr, nehmlich an die des Dürrcwcrdcns dcr Predigt. Nur zu leicht könne es dahin kommen, daß der Prediger sich in seiner Manier u»d in einem begrenzten Kreise von immer wiederkehrenden Gedanken verfestige »nd da-d»rch schließlich Erschlaffung »nd Gleichgültigkeit von Seiten dcr Zuhörer, an seinem Theil somit eine kümmerliche Wirksamkeit des Wortes Gottes verschulde. Gegen diese Gefahr des Veidorrcns gebe es viele Mittel. Er wolle für jetzt nur auf Eius aufmerksam machen, auf die Nothwendigkeit, daß der Prediger sich' fortwährend mit dem ganzen Prcdigtschatzc dcr Kirchc bekannt mache und durch das Studium anderer Predigten sich selbst cou-trollire und erfrische. — Der Rath ist ohne Zweifel gut. 'Immer aber wird die Hauptquclle für die Belebung »nd die beste Schuhwehr gegen dic Gefahr des Sich-selbstpredigeus das ununterbrochene »nd eindringliche Stu-dinm der Urbilder aller Predigten, dcr Predigten des Herrn und seiner Apostel, bleiben, — das exegetische Studinm.

Zwei Vorträge vom Consistorial-Asscssor D r . N c r t h o l z „über kirch-lichc Zeitschriften" uud „propädcwische Gedanken über die Vcrwerlhung des Symbolisch - Acsthclischen der Kunst im Dienste der Kirche", und einen über den Tod und den Versöhnuugstod des Herrn von Pastor O t t o brauchen wir hier nicht weiter zu charakterisircn, da dcr erste »nd dritte bereits ge-druckt in den „Mittheilungen" u. s. w. vorliegen, dcr zweite aber wohl bald veröffentlicht werden wird. Probst W i l l i g e r ode proponirtc eine Menge Modifikationen dcr Synodalordnung und motivirtc seine Vorschläge ciu-gänglich. W i r bedauern auch dieses Vortrages hier mir Erwähnung thun zu können, da wir sonst zu sehr in's Einzelne gehen müßten.

S o wichtig für die Glieder dcr Synode die Vorträge »nd Berathun-gen über dic Stiftung einer Cmcrilencassc und einer allgemeinen Prediger-wittwcncasse waren, und so erfreulich und auerkcnnenswcrth es ist, daß die Stiftung der erste» Easft in Angriff genommen, die dcr zweiten aber vollständig ins Werk gesetzt wurde, so sind doch diese Angelegenheiten nicht von derartigem Interesse, »m hier weiter bcsprochcu zu werden. W i r ver-weisen Alle, die sich um ähnlicher Stiftungen willen für die Beschlüsse der Livländischen Synode intcressiren, auf das Sunodalprotocoll d. I , , welches die „Statuten des Vereins dcr Livländischcn Prediger zur Unterstützung (ihrer) dürftigen Wittwen, und Waisen" enthält.

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7 5 die 27, Lwlnndische Provmzialsnnode. ' "

Ganz besonders lebhaft war auf der dießjährigcn. Synode Alles in den Verhandlungen, was auf die Mifsionssachc Bezug hatte, Pastor S o k o l o w s k i aus Ronncbnrg war sü eben von seiner Reise in De»! seh-land zurückgekehrt und erstattete Bericht über seinen Besuch in Leipzig, insbesondere über dao Missionsfrst, das er daselbst mitgemacht Halle am 10. <22.) M a i . — Der Berichterstatter sprach zunächst seinen Schmerz a»s über die Zerrissenheit und Zerfahrenheit der deutschen lutherischen Kirche und mahnte die Brüder an die Einfalt des Glaubens, durch die Friede und Einigkeit im Geiste allein uns noch ferner erhalten bleiben könne.

Er sprach seine Verwunderung darüber aus, wie leer in Leipzig die Kirche bei Gelegenheit des Missionofestes im Vergleich mit unsern gefüllten Kirchen gewesen sei. Er schilderte weiter den Verlauf der Verhandlungen und das Resultat derselben. Der Antrag, christliche Handwerker in Indien anzu-siedeln, wie Karins von Hcrmaunsburg es in Afrika thue, sei abgewiesen worden, weil europäische Handwerker mit den indischen nicht concurriren können, und weil das Culturland Indien anders vorbereitete Missionäre brauche als das »ncivilisirtc Afrika. — Weiler berichtete Pastor Söko-l o w s k i . wie siegreich der gegenwärtige Dircctor H a r d e Söko-l a u d den Bedenken und Anschuldigungen entgegengetreten sei, die von Seiten der Dresdener Abgeordneten Namens ihrer Commitlcnten vorgebracht worden waren. Die Dresdener hatten sich vollkommen befriedigt erklärt, und S o k o l o w s k i hatte die Ueberzeugung gewonnen, daß die Gegner Leipzigs trübe Quellen hätten, aus denen sie ihre Nachrichten über die indischen Zustände und Verhältnisse schöpften, nämlich den ausgeschiedenen Missionär Ochs und gekränkte englische Missionäre.

Es haben die Abgeordneten unserer lutherischen Kirche Rußlands von ganzem Herzen dem Beschluß der Generalversammlung beistimmen können, dahin lautend: „ D a das Hochw. Missionscollcgiuui der General-Versammlung die Angriffe, welche neuerdings nicht nur gegen seine Wirk-samkeit in Betreff der Kastenfrage, sondern auch persönlich gegen einzelne Glieder desselben gerichtet sind, vorgelegt, ingleichen alles Nöthige zur Widerlegung solcher Beschuldigungen mitgetheilt hat, so erklärt die General-Versammlung einstimmig, daß dieselbe einerseits die Grundsähe in Betreff der Kastenfrage, welche hier non Anfang an aufgestellt und bis jetzt fest»

gehalten sind, noch fortwährend durchaus billigt., andererseüo, daß sie alle jene anderweitigen Beschuldigungen als unbegründet erkennt und in den»

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C n g e l h a ι d t ,

selben einen Theil der Schmach Christi sieht, welche «in Seinetwillen mit Freuden zu übernehmen ist," — Abgeordnet würde in diesen» Jahr Ein Missionär M a y r , dem D r . G r a n l das Zeugniß gegeben, er sei g»t vor»

bereitet'in der tamulischen Spiache, — Außerhalb der Sitzungen hatte Z o k o l o w s k y Gelegenheit gehabt, die beiden z»r Wicdcrhcistrllung ihrer Gesundheit »ach Europa zurückgekehrten Missionäre B a i e r l c i n und Krem-in er, beide sonnverbrannt und abgezehrt, kennen zu lernen. EKrem-in HKrem-induh»

Knabe ane der Sudrahkastc befand sich in der Begleitung der Missionäre nnd erinnerte in Gesichtsbildung und Hautfarbe auffallend an die Zigeuner-knabcn, wie man sie bei nns so oft sieht.

Nachdem darauf S o k o l o w s k i Bericht erstattet über die Beiträge, die in diesem Jahre für die Mission eingegangen sind und welche sich beiläufig auf etwa 3000 Rbl. aus Lwlaud belaufen '), stellte er an den Pastor Hansen zn Paistcl die Anfrage, wie es mit den wer ehstnischen Knaben vorwärts gehe, die sich für den Missionsdicnst entschlossen hätten?

Pastor H a n s e n erwiederte, die Knaben seien Söhne wohlhabender nnd sehr achtbarer Bauerwirthe und hätten die Einwilligung ihrer Eltern. Nach-dem sie die Parochialschule durchgemacht, haben sie jetzt den sprachlichen nnd sonst erforderlichen Unterricht begonnen, zeichnen sich auch durch eisernen Fleiß und gute Fortschritte aus und können im Laufe eines Jahres nach Leipzig geschickt werden und dort in die Tertia eintreten, — Ein fünfter hat bereits das Progymnasium in Pcruau besucht, wünscht gleichfalls in den Missionsdicust zu treten, hat aber noch nicht die Einwilligung seiner Eltern erhalten. Sobald sie erfolgt sei, könne dieser dem Collegio in Leipzig zur Verfügung gestellt werde», nachdem die geeigneten Schritte geschehen seien, die obrigkeitliche Erlaubniß wo gehörig zu erwirken.

Darauf wurden in Sachen der Mission noch zwei Vorträge gehalten.

Der erste vom Pastor Nciken. Er machte den Borschlag ein Missions-Proseminar durch Erweiterung der Küsterschulc in Walk zu gründen. Das Bedürfniß sei vorhanden, wie ja die chstnischen Knaben aus Paistcl bc-wiesen und wie sichs darin auch zeige, daß neulich ein Lette zum Kirchspiels-schnlmcistcr gekommen sei, sich zu Kucchtsdicnsteu ohne Lohn erboten habe,

»ni erst deutsch lernen und dann zum Missionsdienst vorbereitet werden zu

I ) Die lutherische Kirche Rußlands hat im vorigen Jahre circa 9000 Rbl. „ach Leipzig geschickt und stcmd so untcl. de» Beitragenden in erster Stelle,

die 27, Liuländische Provmzicilsyüode,

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können. Der Borschlag lvurde an dir Sprengel venviescn. Ein gleiches Schcksal hatte der Umschlag des Pastor T r e u aus Nitau, I » i tiefsten^

Gründe ciuverstande» mit der Leipziger Mission, vermißte er die Liebe zur Mssil'n iu den Landeskirchen, welche sich nicht bloß in Geldspenden, so»-der» uor Allem in der Aussendung von Missionären bethätige, d. h°. in, Gehursain gegen des Herrn Befehl Matth. 28, 19. 20. Es würden sich ab.'. Missionäre finden, sobald wir ein eigenes Missionshaus nnd ein eigc-nes Missiunsfeld hätten. Letzteres sei nöthig, »m Kräfte, die sich nicht für die tmnnlischc Mission eigneten, anderswo verwenden z» können. Das Missionehaus aber müsse in Dorpat gegründet werden nnd zwar vou der gcsaimuten lutherischen Kirche Rußlands. Ans demselben sollten die für

Gründe ciuverstande» mit der Leipziger Mission, vermißte er die Liebe zur Mssil'n iu den Landeskirchen, welche sich nicht bloß in Geldspenden, so»-der» uor Allem in der Aussendung von Missionären bethätige, d. h°. in, Gehursain gegen des Herrn Befehl Matth. 28, 19. 20. Es würden sich ab.'. Missionäre finden, sobald wir ein eigenes Missionshaus nnd ein eigc-nes Missiunsfeld hätten. Letzteres sei nöthig, »m Kräfte, die sich nicht für die tmnnlischc Mission eigneten, anderswo verwenden z» können. Das Missionehaus aber müsse in Dorpat gegründet werden nnd zwar vou der gcsaimuten lutherischen Kirche Rußlands. Ans demselben sollten die für

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