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litauischen Grenze gegangen

Im Dokument HANS JONAS MARKT OST-EUROPA- (Seite 155-158)

Bei den Untersuchungen über den Vorkriegsverkehr Ostpreußens mit seinem Hinterlande wirkt sich die v e r k e h r s b e z i r k l i c h e E i n t e i l u n g der Provinz in einen Binnenschiffahrtsbezirk und zwei Eisenbahnbezirke (Ostpreußen ohne Seehäfen und Seehäfen Memel, Pillau und Königsberg) weniger störend und das Gesamtbild beeinträchtigend aus, als die Bildung von je zwei russischen Verkehrsbezirken ,.Rußland ohne Polen“ und „Königreich Polen“ sowohl für Eisenbahn als auch für Binnenschiffahrt. Der Verkehrsbezirk Königreich Pol«n deckte sich in seiner räumlichen Ausdehnung mit den Wojewodschaften Lublin, Kielce, Warschau und Lodz (Gebietsstand vom 1. 1. 1938). Äußer diesen Landes­

teilen bestand er noch aus den früher russischen Gouvernements Lomza und Suwalki, die sich in verhältnismäßig schmalem Gürtel um Ostpreußen legten und im Norden von der Memel, im Osten ebenfalls von der Memel, von dem Biebrz und dem Narew begrenzt wurden. Der Verkehrsbezirk Rußland umfaßte alle übrigen Gebiete des europäischen Zarenreiches. Diese Zweiteilung Rußlands nach Verkehrsbezirken ist verhältnismäßig nichtssagend und für die Erfassung der Gütermengen nach Wirtschaftsräumen bedeutungslos geblieben, da sie in keinem Falle eine nur annähernd exakte Aufgliederung des Warenverkehrs geben konnte. So wird zum Beispiel noch im Jahre 1909 ein Empfangsverkehr der o s t

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p r e u ß i s c h e n W a s s e r s t r a ß e n von 316 551 t aus dem Königreich; Polen

klärlichen statistischen Unzulänglichkeiten in der richtungsmäßigen Erfassung ge­

führt hat, die leider schon vielfach zu Fehlschlüssen Veranlassung gaben.

Die gleichen Vorbehalte treffen für den E i s e n b a h n v e r k e h r zu. Die große Zubringerbahn Königsberg—Prostken—Bialystok—Kowel nach den Schwarz­

meergebieten durchschnitt das Königsreich Polen nur auf einer Entfernung von rund 40 km zwischen der ostpreußischen Grenze und dem Biebrz. Es liegt somit auch hier die Vermutung nahe, daß als polnische Güter bezeichnete Waren aus russischen Gebieten stammten.

Ein einwandfreies Bild des B i n n e n w a s s e r v e r k e h r s z w i s c h e n O s t p r e u ß e n u n d d e m r u s s i s c h e n H i n t e r l a n d e vermittelt die Gütererfassung am Grenzdurchgang bei Schmalleningken, Der an dieser Grenz­

übergangsstelle durchgegangene Verkehrsstrom kann als der gesamte Binnen- wasserverkehr zwischen Ostpreußen und Rußland angesehen werden, da nennens­

werte Warenmengen über die Weichsel nach den ostpreußischen Seehäfen nicht transportiert worden sind und die über den Pissek bei Dlottowen nach Polen abge­

schwommenen Floßholztransporte von mitunter 10000 t jährlich nicht ins Gewicht fallen. Der Güterverkehr bei Schmalleningken erreichte in den Vorkriegsjahren folgende Höhe (in t): 19J0 russischen Hinterlande eine sehr wesentliche Rolle. Der Eingangsverkehr setzte sich entsprechend der oben angeführten Aufgliederung fast ausnahmlos aus H o l z zusammen. Im Floßverkehr schwammen in erster Linie Nutz- und Bauhölzer, daneben aber auch kleinere Partien anderer Holzarten ein. Papierholz wurde aus­

schließlich als Schiffsgut importiert. Vor dem Kriege war die Memel der größte deutsche Floßholzweg, über den rund 50 v. H. des gesamten nach Deutschland eingeführten Floßholzes gingen. Die bei Schmalleningken durchgegangenen Güter­

mengen sind keinesfalls mit dem Wechselverkehr der ostpreußischen Wasser­

straßen mit Rußland vergleichbar. Die erheblichen Unterschiede zwischen den Zahlen des Wechselverkehrs und des Grenzdurchganges sind nur so zu erklären, daß die unmittelbar den Seehäfen zum Umschlag nach Uebersee zugeführten Holz­

mengen nicht in den Angaben des Wechselverkehrs enthalten sind. Gemessen am Eingangsverkehr bei Schmalleningken müßten demnach 1911 rund 340 000 t, 1912 rund 575 000 t und 1913 rund 610 000 t russischen Holzes über die ostpreußischen Seehäfen weitergeleitet worden sein. Diese Vermutung findet aber keine volle Bestätigung, da so große Mengen von Holz über die Häfen Memel und Königsberg seewärtig nicht umgeschlagen worden sind und der Holzausgang über die beiden Häfen 1913 beispielsweise nur 292 000 t erreichte. Der W e c h s e l v e r k e h r zwischen Ostpreußen und dem Verkehrsbezirk der russischen Wasserstraßen (ohne Polen) nahm folgende Entwicklung (in t):

Ein Vergleich zwischen Wechsel- und Grenzdurchgangsverkehr läßt er­

kennen, daß die Memel ebenso für den Transitverkehr über die Seeküste hinaus wie als Zubringerstraße für die ostpreußische Wirtschaft gleich wichtig war.

Durch die Grenzsperre des Memelflusses ist fast der gesamte Binnenwasser- verkehr der Vorkriegszeit lahmgelegt worden.

Entsprechend der verkehrsbezirklichen Aufgliederung der deutschen Reichs­

statistik ist auch im E i s e n b a h n v e r k e h r die Bezirkseinteilung beibehalten worden, obwohl nach den vorherigen Ausführungen eine exakte Erfassung des Herkunftsortes der nach Ostpreußen beförderten Güter nicht möglich ist. Der Eisenbahngesamtverkehr Ostpreußens mit Rußland einschließlich Polens belief sich 1911 in beiden Bewegunösrichtungen auf 986 000 t, 1913 auf 839 000 t Güter.

Nach der Bezirkseinteilung der deutschen Eiseinbahngüterbewegungstatistik ent­

fielen auf den Verkehr mit Rußland 1911 774 914 t, 1913 609 010 t, mit Polen 1911 210 699 t, 1913 230 164 t Güter. Empfang und Versand von und nach den beiden ostpreußischen Eisenbahnverkehrsbezirken wickelten sich in den Jahren

1911 und 1913 in folgender Weise ab (in t): nach Ostpreußen aus den beiden russischen Verkehrsbezirken beförderten Güter­

mengen war dieselbe. Der E m p f a n g s v e r k e h r bestand aus landwirtschaft­

lichen Bodenerzeugnissen, unter denen Getreide und Hülsenfrüchte den Aus­

schlag gaben. Von dem Gesamtempfange des Jahres 1911 von 763 000 t Gütern

verkehrs ausmachte, bestand aus industriellen Erzeugnissen und Lebensmitteln der verschiedensten Art. Besonders hoch war der Anteil von Fischen und Herin­

gen (1911 81000 t oder rund 30 v. H. des Gesamtversandes), Maschinen und Eisen­

waren (1911 50 000 t), Chemikalien, Drogen, Düngemitteln und anderen Erzeug­

nissen der deutschen Industrie.

Der gesamte ostpreußische Güterverkehr über Wasserstraßen und Eisen­

bahnen, mit den beiden Verkehrsbezirken des russischen Hinterlandes, errechnet aus dem Grenzverkehr bei Schmalleningken und dem Eisenbahnwechselverkehr hatte somit folgende Höhe (in t): über die bisher blockierte polnisch-litauische Grenze gegangen sind, ist nicht möglich. In den hier herangezogenen Jahren können sie auf rund 1,5 Mill, t jähr­

lich veranschlagt werden. Diese Verkehrsmengen, deren Ausfall der Grenzziehung im Osten und dem Wilna-Konflikt zuzuschreiben ist, lassen erkennen, welche Be­

deutung das russische Hinterland für die ostpreußische Wirtschaft vor dem Kriege hatte.

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