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Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen die Komplexität des autonomen Nervensystems.

Die Durchführung der HRV-Messungen ist bis auf häufige Artefakte im EKG während des 6-Minuten-Gehtests relativ praktikabel. Insbesondere bereitet aber die Interpretation der Ergebnisse Schwierigkeiten. Das liegt zum einen an den beteiligten komplexen Reflexbögen und zum anderen an den vielen Einfluss- bzw. Störfaktoren auf die HRV. Mehrere aus der Literatur bekannte Haupteinflussfaktoren wie z.B. systolische Herzinsuffizienz, Alter, Tabakabusus und Betablockereinnahme wurden in dieser Studie berücksichtigt. Zusätzliche Einflussfaktoren auf die HRV wie z. B. Medikamenteneinnahmen (neben Betablockern), die cholinerge Nebenwirkungen hervorrufen können wurden jedoch nicht einkalkuliert. Eine erhebliche Limitation für die Längsschnittanalysen dieser Studie ist das relativ kleine Patientenkollektiv. Des Weiteren wäre eine Kontrollgruppe mit gesunden Probanden sinnvoll, da noch keine eindeutigen Referenzwerte etabliert sind und somit ein Vergleich der HRV-Werte nur innerhalb der Studie möglich ist. In diesem Patientenkollektiv mit kardiovaskulären Risikofaktoren könnte die HRV per se schon reduziert sein im Vergleich zu gesunden Menschen. Grundsächlich kann in Hinblick auf weitere Untersuchungen zum autonomen Nervensystem empfohlen werden, neben Messungen der HRV auch zusätzlich andere Methoden zu wählen (z. B. Valsalva-Manöver, Orthostasemanöver oder Karotissinusmassage), um von mehreren Seiten Informationen über die Funktionsfähigkeit des autonomen Nervensystems zu erhalten und dabei auch weitere Messgrößen der Herz-Kreislauf-Regulation heranzuziehen. Außerdem gibt es neben dem autonomen Nervensystem noch andere Interaktionsmechanismen zwischen Herz und Psyche wie z. B. Veränderungen der hormonellen Stressachsen mit endokrinen Auswirkungen, Entzündungsreaktionen oder immunologische Veränderungen, die je nach Patientenkollektiv eine unterschiedlich starke Rolle spielen. Die Einsetzung der HRV in der Praxis als Routinediagnostikparameter sollte nach den Ergebnissen dieser Studie mit Bedacht erfolgen. Die HRV sollte nicht als alleiniger Parameter eingesetzt werden, um globale Aussagen über den Gesundheitszustand zu machen.

Sie kann jedoch einen Hinweis auf die Modulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems geben und unter Einbeziehung weiterer Befunde zur Risikostratifizierung herangezogen werden.

5 Zusammenfassung

Bei der Interaktion zwischen Herz und Psyche spielt das autonome Nervensystem eine wichtige Rolle. Ziel der Arbeit war es, anhand eines kardiologischen Patientenkollektivs einen weiteren Teil zur Erforschung des autonomen Nervensystems und speziell der Einflussfaktoren auf Herzfrequenz (Hr) und Herzfrequenzvariabilität (HRV) beizutragen. Das Patientenkollektiv war Teil des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz, Teilprojekt 7 (KNHI) und bestand aus 111 Patienten. Die Hr und HRV wurde in den 3 Untersuchungsphasen (6-Minuten-Gehtest, jeweils 5-minütige 6/min-Taktatmung und Ruhephase) gemessen. Zum einen wurde mittels Echokardiographie eine diastolische Dysfunktion bestimmt und den Hr- und HRV-Werten gegenübergestellt. Zum anderen wurden Selbstbeurteilungsfragebögen zur Befindlichkeit von den Patienten ausgefüllt und Korrelationen zu den Hr- und HRV-Werten getestet. Neben mehreren Analysen im Querschnitt wurden außerdem Längsschnittanalysen zur Hr und HRV anhand eines Teilkollektivs von 24 Patienten durchgeführt. Denn zur zeitlichen Stabilität der HRV-Messungen über eine längere Periode von mehreren Jahren wurde bisher noch nicht sehr umfangreich geforscht.

Die in der Literatur beschriebene reduzierte HRV bei erhöhter Hr konnte auch in dieser Studie belegt werden. Korrelationen zwischen den einzelnen HRV-Parametern waren mittelgradig bis hoch. Sie waren innerhalb der Time Domain-Parameter sowie innerhalb der Frequency Domain-Parameter besonders hoch und zwischen diesen beiden HRV-Domänen geringer ausgeprägt. Es konnte außerdem bestätigt werden, dass eine tiefe metronomische Atmung mit 6/min. hohe HRV-Werte provoziert. Der Grund für den Anstieg auch des HF-Parameters in dieser Phase bleibt jedoch unklar.

Beim Vergleich der HRV-Parameter zwischen den beiden Patientengruppen mit und ohne isolierte diastolische Dysfunktion zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, aber Tendenzen in Richtung reduzierter HRV-Parameter bei Patienten mit isolierter diastolischer Dysfunktion. Der Zusammenhang zwischen diastolischer Dysfunktion und HRV ist bisher noch nicht sehr umfangreich untersucht worden, weshalb dieses Ergebnis einen interessanten weiteren Baustein in der aktuellen Forschung darstellt. Ein weiteres Ergebnis dieser Studie war eine signifikante Korrelation zwischen einer vorhandenen diastolischen Dysfunktion und

einer kürzeren zurückgelegten Wegstrecke im 6MWT sowie eine signifikante Korrelation zwischen negativer Befindlichkeit und einer kürzeren zurückgelegten Wegstrecke.

Der Zusammenhang zwischen Befindlichkeit und HRV konnte nicht klar dargelegt werden. In der Literatur sind sowohl Studien zu finden, die diesen Zusammenhang nur in einigen Parametern oder gar nicht darlegen konnten, als auch eine Reihe von Studien, die dies eindeutiger aufzeigen konnten. Die separaten Analysen eines Teilpatientenkollektivs ohne Betablockereinnahme ergaben ähnliche Ergebnisse wie für das Gesamtpatientenkollektiv.

Ebenso scheinen die HRV-beeinflussenden Faktoren wie Alter, Tabakabusus und Leistungsfähigkeit im 6MWT in einem Patientenkollektiv mit schon kardiovaskulären Risikofaktoren eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die vielen Einflussfaktoren auf die HRV sowie die geschilderten komplexen Eigenschaften des autonomen Nervensystems stellen eine mögliche Erklärung für die uneinheitlichen Ergebnisse zur HRV dar.

In den Längsschnittanalysen, d. h. im Vergleich der HRV-Parameter zwischen der BL und dem FUII zwei bis vier Jahre später, zeigte sich auf Gruppenebene eine relative Stabilität. Die HRV-Werte scheinen sich also selbst im zeitlichen Verlauf von durchschnittlich drei Jahren im Durchschnitt kaum zu verändern. Auf individueller Ebene hingegen wiesen die HRV-Werte im Verlauf jedoch nur geringe bis mäßige Korrelationen auf, und zwar auch bei weitgehend unverändertem kardialem Zustand. Für diese individuellen Veränderungen der HRV-Werte konnte keine Ursache eruiert werden. Bei einer Gruppengröße von nur 24 Patienten im Teilkollektiv mit Messwiederholung war die statistische Power für weiter gehende Analysen unzureichend. Hingegen bildete sich bezüglich der Herzfrequenz (Hr) eine deutlich höhere Stabilität im zeitlichen Verlauf ab. Die Hr scheint also weniger anfällig für Einfluss- bzw. Störfaktoren zu sein als die HRV.

Die HRV sollte nicht als alleiniger Parameter eingesetzt werden, um globale Aussagen über den Gesundheitszustand zu machen. Sie kann jedoch einen Hinweis auf die Modulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems geben und unter Einbeziehung weiterer Befunde zur Risikostratifizierung herangezogen werden.

6 Anhang