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Ligandeninteraktion mit Abl-(Phospho)SH3-Domänen im 1 H-NMR

4. Kapitel: Ergebnisse und Diskussion

4.7 Evaluierung der Abl-(Phospho)SH3-Domänen mittels NMR

4.7.3 Ligandeninteraktion mit Abl-(Phospho)SH3-Domänen im 1 H-NMR

Um die Schaltmechanismen der Phosphoregulierung auf molekularer Ebene besser verstehen zu können, wurden NMR-Bindungs-Titrationsexperimente durchgeführt.

Dazu wurden die Domänen Y7Y30Y52 210 und pY7 214 (137 µM) in Interaktion mit den unmarkierten Liganden 3BP1‘ 219 und ID‘ 220 (0-276 µM) gemessen. Es wurden dabei

1H- und 31P-NMR-Spektren bei unterschiedlichen Verhältnissen von Domäne zu Ligand gemessen. Die faltungsrelevante Tieffeldregion (7.8 – 10.2 ppm) der erhaltenen Spektren ist in Abbildung 4.26 dargestellt. Außerdem sind die 31P-Spektren im Verschiebungsbe-reich der Phosphatgruppe für die pY7 Domäne abgebildet. Auffällig waren die Verschie-bungen der Signale der N-Indolprotonen der Trp-Reste. Bei der Bindung von 3BP1’

mit Y7Y30Y52 verschob sich das Tryptophansignal bei 10.1 ppm um insgesamt 0.15 ppm ins Tieffeld (Abbildung 4.26 A). Das zweite Tryptophansignal zeigte keine Verschie-bung, aber eine Erhöhung der Intensität. Ebenfalls wurde das Signal bei ursprünglich 9.61 ppm um 0.2 ppm Tieffeld-verschoben. Ein ähnliches Verhalten ist bei der Bindung von 3BP1’ mit der pY7 Domäne zu beobachten. In diesem Fall zeigt das Trp-Indol-Proton bei ursprünglich 10.1 ppm eine kleinere absolute Verschiebung von 0.05 ppm und kumuliert mit dem zweiten Indolproton (Abbildung 4.26 B). Das zweite sich stark verändernde Signal ist das Amidsignal bei 9.57 ppm welches sich bei höheren Konzent-rationen von 3BP1’ insgesamt um 0.18 ppm Tieffeld verschob. Die Verschiebung der Phosphatgruppe änderte sich um 0.07 ppm. Bei der Interaktion von ID’ mit der un-phosphorylierten Abl-SH3-Domäne (Abbildung 4.26 C) verschoben sich interessanter-weise beide Tryptophansignale in das Hochfeld. Das Signal bei 10.64 veränderte sich um 0.08 ppm und das Signal bei 10.02 ppm um 0.05 ppm. Die faltungsspezifischen

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Amidsignale und die Methylsignale verschoben sich nur minimal. Bei der ID‘-Interak-tion mit der pY7 Domäne war lediglich die Verschiebung der Tryptophansignale um 0.01 ppm in das Hochfeld zu verzeichnen (Abbildung 4.26 C). Das Phosphatsignal blieb unverändert.

Abbildung 4.26: 1H-NMR Spektren der Titrationsexperimente der unmarkierten Binder 3BP1’ 219 (oben) und ID’

(unten) 220 mit den Domänen (137 µM) Y7Y30Y52 (links) und pY7 (rechts). Die Pfeile zeigen die stärksten Signal-Verschiebungen an.

Auf Grundlage der Verschiebungswerte können Affinitäten berechnet werden. Die Regression wurde mit Gl. 2 (Seite 68) durchgeführt. Für die Interaktion von 3BP1’ mit der Y7Y30Y52-Domäne errechnete sich bei der Verwendung des Signals mit der anfäng-lichen Verschiebung von 10.10 ppm, ein KD = 87 ± 12 µM. Bei der pY7-Domäne mit 3BP1‘ und unter Berücksichtigung des Signals bei 9.57 ppm, ergab sich ein KD = 52 ± 18 µM. Die Bindungsisotherme die durch Messung des 10.64 ppm-Signals der Y7Y30Y52- Abl-SH3-Domäne mit ID’ gewonnen wurde lieferte einen Wert von KD = 108 ± 58 µM.

steigende Konzentration von 3BP1

Y Y Y7 30 52 pY Y Y7 30 52

steigende Konzentration von ID

chemische Verschiebung / ppm chemische Verschiebung / ppm

31P

/ Ligand Domäne / Ligand

Domäne / Ligand

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Die Regressionskurven sind im Anhang 10.3 auf Seite 245 zu finden. Für die sehr ge-ringe Verschiebung der ID’-pY7-Domänen-Interaktion konnte keine Affinität bestimmt werden.

Die KD-Werte waren höher als in Lösung und auf der Oberfläche bestimmt (Tabelle 4.8). Eine Ursache für die abweichenden Werte könnten die Konzentrationsunterschiede sein. Die NMR-Messungen fanden bei einer Domänen-Konzentration von 137 µM statt.

Die vorherigen Messungen wurden bei großer Verdünnung der Domänen oder des Lig-anden (FP) durchgeführt. Für die Messungen der Domänen auf der Oberfläche kann keine Konzentration angegeben werden. Eine Interaktion der Domänen ist aber durch die Oberflächenverankerung unwahrscheinlich. Bei den FP-Messungen war die Ligan-denkonzentration niedrig (9 nM) und die Domänen-Konzentration wurde bis maximal 90 µM erhöht. Die Trp-Emission wurde bei einer 2 µM Domänen-Konzentration gemes-sen. Die NMR-Messung zeigte allerdings ebenso eine starke Erniedrigung der Affinität für ID‘ nach Phosphorylierung (pY7). Dahingegen lässt die Phosphorylierung die Affi-nität für 3BP1‘ intakt oder erhöht diese sogar.

4.7.4 Diskussion und Fazit

Interessante Details zur Phosphoregulierung konnten durch die NMR-Experimente erhalten werden. Zum einen wurde bei Vergleich der 1H-NMR-Spektren der einzelnen (Phospho)Domänen deutlich, dass die Phosphorylierung strukturelle Änderungen in-duziert. Bei Perphosphorylierung und flankierender N- und C-terminaler Phosphorylie-rung sind die strukturellen ÄndePhosphorylie-rung stärker als bei einfacher PhosphoryliePhosphorylie-rung, was sich besonders im Tryptophansignal äußert. Dieses kann als Maß für die Struktur der Bindungsregion herangezogen werden. Ähnliche Werte für das Verhältnis an gefalteter zur nicht- oder fehlgefalteter Domäne wurden unter Verwendung eines Methylsignals erhalten.

Die Interaktion mit dem 3BP1’-Binder hat sich besonders stark auf ein Tryptophan-Signal ausgewirkt (Tieffeld-Verschiebung). Bei der Bindung mit ID’ wurden allerdings beide Trp-Signale Hochfeld-verschoben. Bezüglich der SH3-3BP1-Interaktion kann ver-mutet werden, dass die in der Röntgenkristallstruktur sichtbare Bindung nach Klasse-I (vgl. Abbildung 4.19 A auf Seite 90 für p41 gezeigt) ebenso im NMR-Experiment in Lösung stattfindet. Für die Bindung des 3BP1’-Liganden mit der Abl-SH3-Domäne existiert ebenfalls eine Kristallstruktur, die sehr ähnlich der Struktur in Abbildung 4.19 A ist (PDB: 1ABO).[244] Das Bindungsverhalten im NMR-Experiment ist vermutlich ähnlich dem in der Kristallstruktur, da dort für die SH3-p41 und 3BP1-Interaktion eine

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Wasserstoffbrückenbindung zwischen dem Trp36 der Domäne und dem Carbonyl-Sauer-stoffatom der Tyr4-Ser5 Amidbindung gefunden wurde. Das Trp47 ist nicht in der direk-ten Nachbarschaft des Liganden. Dies erklärt die Verschiebung nur eines Trp-Signals bei der Bindung mit dem 3BP1’-Peptid. Bei der Erkennung der Interdomäne kam es zur Verschiebung beider Trp-Signale. Dies ist verwunderlich, da in der Kristallstruktur (Abbildung 4.19 B), ähnlich wie bei der besprochenen Struktur mit 3BP1’, lediglich das Trp118 in direkter Nähe zum Ligand liegt. Trp129 könnte eventuell mit Asn16 wech-selwirken, da die Interdomäne an dieser Stelle in der Kristallstruktur durch die Verbin-dung zur SH2-Domäne vom Trp129 weggedreht wird. Bei einer Bindung in trans kann das ID’-Peptid sich zu Trp129 hindrehen und mit diesem interagieren. Die Beobachtung, dass sich beide Trp-Signale zum Hochfeld verschieben, ist ein Indiz dafür, dass die Interaktion in einer anderen Art stattfindet als mit 3BP1’. Vermutlich wird das Peptid in einer Klasse-II-Konformation entsprechend der Kristallstruktur gebunden. Pisabarro et al. beschreiben, dass der N-terminale Abschnitt von p41 und der 3BP1 Sequenz mit einem hydrophoben C-terminalen Bereich der Abl-SH3-Domäne bindet und so für Bin-dungsverstärkung zusätzlich zum PXXP-Motiv sorgt.[239] Der C-Terminus aber auch der N-Terminus der SH3-Domäne besitzen hydrophobe Aminosäuren. Beide bilden einen großen hydrophoben Bereich der sich im Inneren der Domäne zwischen dem W47 und Y52-Rest befindet. Dieser hydrophobe Kern beinhaltet beide Trp, drei Val, Phe, Leu und Ile. Dieser Bereich könnte für die Bindung der Interdomäne eine Rolle spielen. Die Interdomäne besitzt ein VYGV- Motiv, das in der Kristallstruktur an diesen hydropho-ben Kern angenähert ist. Die Verschiebung beider Trp-Signale ist ein Indiz dafür, dass die Interdomäne mit diesem Bereich der Domäne wechselwirkt.

Darüber hinaus kann angenommen werden, dass ID’ im Gegensatz zu 3BP1’ weniger stark mit den Amidprotonen der SH3-Domäne wechselwirkt, da dort kaum Verschie-bungen stattfanden. Das am stärksten verschobene Amidsignal bei der Interaktion zwi-schen 3BP1’ und der pY7-Domäne war das Signal bei 9.6 ppm. Interessanterweise war dies auch das Signal was im strukturellen Vergleich zwischen der Y7Y30Y52 und pY7 -Domäne in der phosphorylierten -Domänen am meisten Tieffeld-verschoben war. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Phosphorylierung eine geringe Strukturänderung hervorruft, die die Bindung zu 3BP1‘ verstärkt, denn 3BP1‘ wechselwirkt besonders mit diesem strukturell veränderten Amidproton. Eine mögliche Erklärung für die Ver-schiebung des 31P Signals der Phosphatgruppe bei der 3BP1‘-pY7-Interaktion wäre eine oder mehrere Wasserstoffbrückenbindungen zum Liganden bei Annäherung.

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Der destabilisierende Effekt der Doppel- und Dreifach-Phosphorylierung auf die Fal-tung der SH3-Domänen, der sich besonders an den Schmelztemperaturen beobachten lässt, kann durch eine erhöhte Ladung und Polarität erklärt werden. Die fünf β-Falt-blätter werden in der Hauptsache durch hydrophobe Wechselwirkung im Kern zusam-mengehalten. Diese Interaktion könnte mit steigender Ladung und Polarität gestört werden. Ein ähnliches Verhalten ist für die Deblockierung der aktiven Tasche der Hck-Kinase durch Tyrosin-Phosphorylierung beschrieben (vgl. Seite 89 unten).

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4.8 Pulldown-Experimente zur Evaluierung der Abl-SH3 Phosphoregulierung