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2.5 Die TERA–Methode

2.5.2 Lifting–Faser und Newton–Hensel–Verfahren

0=∂q

Y(x1, . . . ,xr)(xr+1)xnvk,n(x1, . . . ,xr)(xr+1)

erfüllt und bei Yq(x1, . . . ,xr)(xr+1)6=0 auch aus diesem bestimmt werden kann.

2.5.2 Lifting–Faser und Newton–Hensel–Verfahren

Eine Methode der angewandten Mathematik zur Lösung nichtlinearer Gleichungssysteme sind die Homotopieverfahren. Betrachten wir z.B. folgende Situation. Es sei ein Gleichungs-system aus stetig differenzierbaren Funktionen f1, . . . ,fk : RnRgegeben. Auf dessen Lö-sungsmenge M= {x ∈Rn : f1(x) = · · ·= fk(x) =0}werden die Nullstellen einer weiteren, stetig differenzierbaren Funktion fk+1 : RnRgesucht. Es sei schon eine Lösungx0Rn des Gleichungssystems bekannt, mit diesem Punkt wird eine Hilfsfunktion

ht(x):= fk+1(x)−(1−t)f(x0)

konstruiert. Der Punktx0Mist Lösung vonh0(x) = 0. Durch aufeinanderfolgende kleine Erhöhungen vontund Korrektur des Lösungspunktes versucht man, für 0< t1 <t2< · · ·<

tN = 1 Punktexk ∈ Mzu finden, die Lösungen vonhtk(xk) = 0 sind,xN ist somit einer der gesuchten Lösungspunkte mit f1(xN) =· · ·= fk(xN) = fk+1(xN) =0.

Wichtig für jedes Homotopieverfahren ist, dass das Gleichungssystem lokal invertierbar ist, d.h. dass die Punkte auf dem Pfad der Zwischenlösungenregulärsind.

Definition 2.5.1 Seien k ein Körper, k ein algebraischer Abschluss von k und f1, . . . ,fk ∈ k[X1, . . . ,Xn]Polynome. Ein Punkt x ∈ kn heißt(f1, . . . ,fk)–regulär, wenn er Null-stelle des Gleichungssystems f1(x) =· · · = fk(x) =0ist und die Jacobi–Matrix

Jf(x):= (f1, . . . ,fk)

(X1, . . . ,Xn)(x) =

f1

X1(x) · · · Xf1n(x)

... ...

fk

X1(x) · · · Xfkn(x)

∈kk×n den vollen Rang k besitzt.

Auf endliche Weise darstellbare Punkte einer algebraischen Varietät treten meist in der Mehr-zahl auf. Eine derartige endliche, mehrere Punkte der Varietät enthaltende Darstellung wird durch die Fasern einer Parametrisierung à la Kronecker definiert. Der Begriff des regulären Punktes muss für diese Situation erweitert werden.

Definition 2.5.2 Seien k ein Körper der Charakteristik0 und k ein algebraischer Abschluss vonk. Seien weiter f1, . . . ,fk ∈k[X1, . . . ,Xn]Polynome, deren Ideal I:=hf1, . . . ,fkiradikal ist und deren VarietätVk =V(f1, . . . ,fk)⊂knsich in Noether–Normalform der Dimension r:= n−k befindet.

Ein Punkt p ∈ kr heißtLifting–Punkt, wenn die Faser über p der Projektion πr : Vk → kr, x = (x1, . . . ,xn)7→π(x):= (x1, . . . ,xr)aus(f1, . . . ,fk)–regulären Punkten besteht.πr1(p)∩ Vk wird Lifting–Fasergenannt.

Diese Definition kann auch auf die Varietät Vk eines Systems f1(x) = · · · = fk(x) = 0, g(x) 6= 0 ausgedehnt werden. In Fasern, in welchen sich Vk und V(g) schneiden, sind die Schnittpunkte der Varietät mit der Hyperfläche singulär. Daher können diese Fasern keine Lifting–Fasern sein. Alle weiteren Fasern über Punkten p ∈ kr entstehen dadurch, dass von der Faserπr1(p)∩V(f1, . . . ,fk)die inV(g)liegenden Punkte abgezogen werden.

Aufgrund der Regularitätsforderung kann die Lifting–Faser mittels des Implizite–Funktionen–

Theorems auf eine Umgebung des Punktespfortgesetzt werden. Für eine algebraische Varie-tät ist das aber schon gleichbedeutend mit der Kenntnis der VarieVarie-tät außerhalb einer Hyper-fläche.

Wird die Noether–Normalisierung vonVk mit einer passend gewählten Koordinatentransfor-mation vorgenommen, so kann neben der Noether–Normalform der Dimension r ebenfalls vorausgesetzt werden, dassXr+1ein primitives Element ist. Es gibt also Polynome

Q,Vr+2, . . . ,Vn ∈k[X1, . . . ,Xr][Y], mit welchen jeder Punktx = (x1, . . . ,xn)∈ Vk das Gleichungssystem

Q(x1, . . . ,xr)(xr+1) =0

Q

∂Y(x1, . . . ,xr)(xr+1)xm =Vm(x1, . . . ,xr)(xr+1), m=r+2, . . . ,n,

erfüllt. Istρ:=Disk(Q)die Diskriminante vonQnachYund giltρ(p1, . . . ,pr)6=0 für einp∈ kr, so sind durch dieses Gleichungssystem auch alle Punkte vonVk eindeutig charakterisiert, deren ersterKoordinaten mitpübereinstimmen.

Seip∈ krein Punkt, der Liftingpunkt der Noether–Normalform ist und gleichzeitigρ(p)6=0 erfüllt. Die Spezialisierung der ParametrisierungQ,Vr+2, . . . ,Vninpergibt eine geometrische Lösung der Faser über p, d.h. Polynome q,vr+2, . . . ,vn ∈ k[Y], mit welchen die Punkte der Faser überpdie Lösungen des Systems

x1 = p1, . . . ,xr = pr, q(xr+1) =0,

q0(xr+1)xr+2=vr+2(xr+1), . . . ,q0(xr+1)xn =vn(xr+1) sind.

Seien

m:=hX1p1, . . . ,Xrpri ⊂k[X1, . . . ,Xr] und RN :=k[X1, . . . ,Xr]mN

für jedes N ∈ N. Dann können q,vr+2, . . . ,vn auch als gradminimale Repräsentanten der Restklassen vonQ,Vr+2, . . . ,Vnim Restklassenring R1 interpretiert werden. Ist N größer als

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der Grad von Q, so sindQ,Vr+2, . . . ,Vn schon selbst die gradminimalen Repräsentanten der von ihnen definierten Restklassen inRN.

Stellt man sich nun die Aufgabe, in umgekehrter Richtung von einer Lifting–Faser zur Para-metrisierung der VarietätVkzu gelangen, so müssen aus den Restklassen inR1der Polynome der geometrischen Lösung die zugehörigen Restklassen inRN bestimmt werden, mit einem ausreichend großen N ∈ N. Dies geschieht mittels des Newton–Hensel–Verfahrens. In die-sem wird die gegebene geometrische Lösung der Lifting–Faser als Parametrisierung von Vk

in R1[Y], d.h. mit Fehler in m, interpretiert. Die Genauigkeit dieser Parametrisierung wird dann rekursiv verbessert. Dabei wird in jedem Rekursionsschritt aus einer Parametrisierung inRN[Y]mit Fehler inmN eine Parametrisierung vonVkinR2N[Y]gewonnen.

Betrachten wir den Rekursionsanfang, d.h. die Parametrisierung von Vk in R1[Y]Nach Vor-aussetzung ist q0(Y) invertierbar modulo q(Y), das inverse Element sei A ∈ k[Y]. Seien w1, . . . ,wn∈k[Y]definiert als

w1:= p1, . . . ,wr := pr, wr+1:=Y und wr+2 := A(Y)vr+2(Y), . . . ,wn:= A(Y)vn(Y). Dann gelten:

• f1(w) =· · ·= fk(w) =0 modhq(Y)iund

• die Jacobi–Matrix Jf(w)ist invertierbar modulohq(Y)i.

Die Polynomew1, . . . ,wrgehören in R1 denselben Restklassen wie die Polynome X1, . . . ,Xr an. Genauso können auchq,wr+2, . . . ,wnals Polynome inR1[Y]betrachtet werden.

Im weiteren wird ein Rekursionsschritt des Newton–Hensel–Verfahrens dargestellt. SeienN∈ N und Q,Wr+2, . . . ,Wn ∈ RN[Y], so dass sie modulommitq,wr+2, . . . ,wn übereinstimmen und gleichzeitig

f(W) = (f1(W), . . . ,fk(W)) =0 modhQi

gilt. Dabei ist W = (W1, . . . ,Wn) ∈ RN[Y] und analog zu oben W1 = X1+mN, . . . ,Wr = Xr+mNsowieWr+1= Y. Weiter istJf(W) = (x(xf1,...,1,...,xfk)n)(W)invertierbar modulohQi, da im gegenteiligen Fall dies auch fürN=1 nicht gelten würde.

Es kann somit der Newton–Operator auf das Gleichungssystem angewandt werden. Seien Q,Wr+2, . . . ,Wnzunächst in ihre gradminimalen polynomialen Repräsentanten und diese dann in die zugehörigen Restklassen inR2N[Y]transformiert. Mit diesen sei

(W˜r+1, . . . , ˜Wn):= (Wr+1, . . . ,Wn)−Jf(W)1f(W)modhQi.

Sei wieder ˜W1= X1+m2N, . . . , ˜Wr = Xr+m2N. Entwickelt man f(W+h)in das Taylorpoly-nom bzgl. hund berücksichtigt, dass das Inkrement h := W˜W des Newton–Operators in mN liegt, so folgt

f(W˜ ) =0 modhQi.

Die so gefundene genauere Lösung muss nun auf die Form der Parametrisierung von Vk

korrigiert werden, d.h. Xr+1 soll wieder das primitive Element sein. Es gilt aber ˜Wr+1(Y) =

Y+∆(Y), nach Konstruktion sind die Koeffizienten von∆ ∈ R2N[Y]inmN enthalten. Somit kann zu einer neuer Variablen T übergegangen werden und Y := T−∆(T) ∈ R2N[T] als Polynom neu definiert werden. Dann giltT =Y(T) +∆(Y(T)), definiert man also

Q+(T):=Q(T−∆(T)) =Q(T)− Q0(T)∆(T)modQ(T) und W+(T):=W˜ (Y(T)) =W˜ (T)− W˜0(T)∆(T)modQ(T),

so geltenW1+= X1+m2N, . . . ,Wr+=Xr+m2N undWr++1= Tsowie f(W+(T)) =0 modQ+(T) .

Da die vorgenommenen Korrekturen sämtlich der N–ten Potenz mN des Ideals m = hX1p1, . . . ,Xrpri angehören, reduzieren sich auch Q+,Wr++2, . . . ,Wn+ modulo m zu den Polynomenq,wr+2, . . . ,wnder geometrischen Lösung der Liftingfaser über p.

Somit sind die Voraussetzungen für einen weiteren Schritt des Newton–Hensel–Verfahrens gegeben, jedoch inR2N[Y]statt inRN. Ersetzt man Ndurch 2NundQ,W durchQ+,W+, so kann dieser Schritt wiederholt werden.

Nach einer endlichen Anzahl von Wiederholungen dieses Schrittes ist Ngrößer als der Grad von q. Man kann zeigen, dass dann der gradminimale Repräsentant von Q, der weiterhin mit Q ∈ k[X1, . . . ,Xr][Y] bezeichnet sei, das Minimalpolynom von Xr+1 in der Noether–

Normalform der algebraischen VarietätVkist. Weiter sind die gradminimalen Repräsentanten Vm der Restklasse Q0(Y)Wm(Y) +hQ(Y)i aus RN[Y]hQ(Y)igerade die Koordinatenpoly-nome der Parametrisierung à la Kronecker von Vk, für exakte Beweise und weitere Details s. [Leh99, Lec01b, GLS01].

Eine Faser über einem Punkt p ∈ kr ist bestimmt eine Lifting–Faser, wenn alle Punkte der Faser vonVk bzgl. des erweiterten nulldimensionalen Systems

f1(x) =· · ·= fk(x) = x1−p1 =· · ·= xr−pr =0 regulär sind. Dies ist äquivalent dazu, dass die Jacobi–Matrizen

(f1, . . . ,fk)

(Xr+1, . . . ,Xn)(x) =

∂f1

∂Xr+1(x) · · · ∂Xf1n(x)

... ...

fk

∂Xr+1(x) · · · ∂Xfkn(x)

∈kk×k

in diesen Punkten eine nichtverschwindende Determinante∆(x)besitzen. Diese Determinan-te ist ein Polynom, ihr Nichtverschwinden in allen PunkDeterminan-ten der Faser ist äquivalent zum Nichtverschwinden des konstanten Koeffizienten des Minimalpolynoms von∆bzgl. der Noether-Normalform von Vk. Das Minimalpolynom ist in k[X1, . . . ,Xr][Y] enthalten, der konstante Koeffizient daher ein Polynom ink[X1, . . . ,Xr]. Dass dieser Koeffizient nicht identisch zum Nullpolynom ist, folgt nach dem Jacobi–Kriterium aus der Radikalität des Idealshf1, . . . ,fki und der Existenz einer Noether–Normalform.

Betrachtet man nun einen Punkt p = (p1, . . . ,pn) ∈ kn, so ist für jedes k ∈ {1, . . . ,n}und r =n−kdie Projektionπr(p) = (p1, . . . ,pr)∈ knk auf die erstenrKoordinaten ein Lifting–

Punkt für Vk, wenn die Hyperfläche eines Polynoms in den ersten r Variablen vermieden

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wird. Das Produkt aller dieser Polynome fürk=1, . . . ,ndefiniert wieder eine Hyperfläche in kn. Dakunendlich viele Elemente enthält, gibt es mindestens einen Punkt außerhalb dieser Hyperfläche.

Damit die Lifting–Punkte πr(p)mit der gewählten Parametrisierung vonVk, k = r−n, mit Xr+1als primitivem Element verträglich sind, muss die Diskriminanteρ = Disk(Q)des Mi-nimalpolynoms Qvon Xr+1 in πr(p)von Null verschieden sein. Die Diskriminante ist vom Nullpolynom verschieden. Soll diese Bedingung für alle Varietäten V1, . . . ,Vn erfüllt sein, so vergrößert sich die von p zu vermeidende Hyperfläche um eine durch ein Produkt von Po-lynomen definierte Hyperfläche. Wieder gibt es generische Punkte p ∈ kn (im Sinne einer Zariski–Topologie) außerhalb dieser vergrößerten Hyperfläche.

Ist ein solcher generischer Punkt gewählt, so kann er in den Nullpunkt verschoben werden.

Die Kombination aus der Koordinatentransformation und dieser Verschiebung ist eine affine Abbildung. Für ein System

x∈kn: f1(x) =· · · = fn(x) =0,g(x)6=0 mit Polynomen f1, . . . ,fn,g∈k[X1, . . . ,Xn], dessen Zwischenvarietäten

Vk =V(f1, . . . ,fk)\V(g), k=1, . . . ,n,

allesamt Noether–normalisierbar mit Dimension r = n−k sind, kann also eine generische affin–lineare Transformation x = Ay+pgefunden werden, so dass mit fk(A,p)(y) := fk(Ay+ p)undg(A,p)(y):=g(Ay+p)die ZwischenvarietätenVk(A,p)des transformierten Systems

y∈kn: f1(A,p)(y) =· · ·= fn(A,p)(y) =0,g(A,p)(y)6=0

sich in Noether–Normalform der entsprechenden Dimensionr =nkbefinden. Ferner, dass 0 ∈krein Lifting–Punkt fürVk(A,p)ist undXr+1sowohl für die Zwischenvarietät als auch für die Faser dieser Varietät über 0∈krein primitives Element ist.