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Lage, Ausstattung, Beschaffenheit, Anmutung

VI. Der Ort

1. Lage, Ausstattung, Beschaffenheit, Anmutung

K. liegt inmitten eines internationalen Feriengebiets an einem Binnengewässer mit zahl-reichen Sportmöglichkeiten und Freizeitangeboten. Es handelt sich um einen typischen Saisonbetrieb. Neun Monate im Jahr liegt Ruhe über dem Platz, dafür herrscht bei gu-tem Wetter an Feiertagen und in den Sommerferien Hochbetrieb.

Die Betreiberfamilie übernahm den damals schon bestehenden Campingplatz zu Beginn der 60er-Jahre. Im Lauf der Zeit vergrößerte sie das überschaubare Gelände Zug um Zug auf inzwischen mehrere hunderttausend Quadratmeter zu einem der größten Feri-enbetriebe im süddeutschen Raum. Verkehrstechnisch sinnvoll erschlossen war der sich ständig ausdehnende Platz nie. Das verhinderten zersplitterte Eigentums- und Zufahrts-verhältnisse sowie rechtliche Beschränkungen verschiedener Art.

In den Jahren um 2000 umfasste das Areal 1500 Dauerplätze – also Parzellen von Cam-pern, die ihren Platz für das ganze Jahr gemietet haben. In K. wohnten Dauercamper

teilweise in der dritten Generation auf dem Platz. Die Jahresparzellen nahmen den größ-ten Teil der ausgedehngröß-ten Fläche ein, so viel, dass zahlreiche Besucher die Gebiete, die Feriengästen vorbehalten waren, zunächst oft gar nicht entdeckten. Nur die eng bebau-ten Seibebau-tenstreifen der Hauptstraße verriebebau-ten, dass hier auch Urlaubsgäste verkehrbebau-ten.

Wie präsentierten sich die Dauercamperviertel in K. den Betrachtern? Nicht nur Lang-zeit-Dauercamper bauen ihre Parzellen aus, auch viele von denen, die höchstens drei Sommer lang bleiben, errichten Lauben und Geräteschuppen. Das ist nicht ungewöhn-lich. Der Zug-um-Zug-Ausbau, der die offene Parzelle allmählich abschirmt, ist auf anderen Campingplätzen ebenfalls zu beobachten.162 In K. handelte es sich bei nahezu allen Vorzelten um Holzkonstruktionen mit festem Boden. Der Großteil der Caravans war außerdem mit Schutzdächern ausgerüstet, Außenverkleidungen im sogenannten Landhausstil sah man häufig, typisch waren jedoch zu der Zeit die längs gestreiften Vorzeltplanen in blau oder braun. Deshalb glichen die meisten Unterkünfte in K. eher Bungalows.

Auch die Vorgärten vieler Dauerplätze und -viertel glichen sich in ihrer Anmutung. Sie waren mit Blumenbeeten, Blumenampeln, Gartenzwergen und Nippes ausgestattet.

„Das schönste an der Gartenarbeit ist das Gießen“, las man auf einer Tafel. Wobei das Männchen auf der Tafel darauf hindeutete, dass mit „Gießen“ ein Schluck aus einer Bier- oder Weinkanne gemeint ist. Ein anderes Schild behauptete: „Freibier, gibt’s mor-gen“. Teilweise wurden auch Straßen inoffiziell getauft, beschildert und so symbolisch in Besitz genommen beziehungsweise domestiziert: „Schwabengässle“, „Pissgasse“,

„Eichenweg“ und „Blasiusweg“ sind Beispiele.

Für Feriengäste, die nur für einige Tage oder Wochen im Jahr herkamen, waren 1.000 Plätze vorrätig. Sie lagen als Straßen und Freiflächen über dem gesamten Platz verteilt.

Verglichen mit den weitläufigen Dauercampervierteln waren sie von jeher kleiner, und nach der Reorganisation der vergangenen Jahre verkleinerten sie sich nochmals, weil ein Teil den Umbauten weichen musste.

Als gewisser Ausgleich wurden im Lauf der 1990er-Jahre zahlreiche Einzelparzellen frei. Es waren ehemalige Dauercamperplätze, die inmitten der Dauercamperviertel

162 Ein Beispiel gibt der Hubertushof, Niederjosbach, den eine Forschungsgruppe des Frankfurter Institutes für Euro-päische Ethnologie unter Leitung von Gabriele Hofmann 1991 untersuchte. Vgl. Özkan, Suzan 1994: Platz ist in der kleinsten Hütte – oder: Wie richte ich mich ein? In: Hofmann 1994, S. 21-46, hier S. 27-35 u. 44f.

gen. Im Sommer konnte man sie an Feriengäste vermieten. Diese ehemaligen Dauer-plätze waren fest abgegrenzt, während es auf den Freiflächen und in den Straßen für Feriengäste bis in jüngere Zeit keine Markierungen gab.

Verwaltet wird der Betrieb von sechs Büroangestellten. Sieben Mitarbeiter sind im Le-bensmittelmarkt beschäftigt, sieben weitere halten den Platz sauber und kümmern sich um die Infrastruktur. Drei Waschhäuser werden von drei, teilweise mehr, Putzfrauen versorgt. Die Verwaltung sitzt im rückwärtigen Teil des Supermarktes, die Rezeption befindet sich am Eingang des Platzes. Zudem gibt es ein Kirchenzelt auf einem eigenen Gelände. Dort feiern die Gläubigen sonntags ökumenische Gottesdienste, während der Woche bieten die Mitarbeiter der Kirche Kinder- und Erwachsenenprogramme an. Vor dem Zentralgebäude lädt eine Terrasse zum Sitzen ein. In der Hauptsaison verfolgen Sportfans dort auf einer Großleinwand Fußballspiele und Formel-1-Rennen. Sonntags erklingen seit einigen Jahren Frühschoppenkonzerte. Daneben verkaufen am Rande der Piazza verschiedene Händler Schmuck, Kleider und Kurzwaren. Seit geraumer Zeit kann man sich in einer eigenen Frisörstube die Haare schneiden lassen, es gibt Gymnas-tik-Kurse und eine „Ayurveda-Wellness-Oase“. Die Minigolf-Anlage und die Tischki-cker des Campingrestaurants stellen weitere Attraktionen dar, die neben den Platzbe-wohnern auch auswärtige Besucher locken. Stark vergrößert hat sich in vergangenen Jahren auch das Angebot für Kinder und Jugendliche. Für die Spielautomaten und Be-nutzung des Internets muss man bezahlen; Trampolinspringen oder Kutschfahrten sind dagegen gratis. Außerdem veranstalten neuerdings örtliche Vereine familiengerechte Exkursionen in die Umgebung. Zusammengefasst stellt der Platz also eine Ferienwelt dar, die ihren Gästen viel bietet und die man als geschlossen bezeichnen kann.

Die Länge der Straßen und Gassen in K. beträgt insgesamt zehn Kilometer. Sie sehen sich alle ähnlich. Regelmäßig verlaufen sich nicht nur Kinder, sondern auch Erwachse-ne. Das war nachts problematisch und erst recht in der Zeit, als das Gelände noch nicht parzelliert war. Erzählungen zufolge soll es vorgekommen sein, dass einzelne Verirrte die halbe Nacht ganz im Freien oder bei Regen im Waschhaus verbringen mussten.

Mit der Umstrukturierung wurden die Parzellen des Platzes durchnummeriert und ge-kennzeichnet. Zudem liegen an der Pforte detaillierte Lagepläne aus. Dennoch verliefen sich weiterhin Gäste und waren zumal hilflos, wenn sie sich ihre Platznummer nicht gemerkt hatten. Es kam oft vor, dass neue Gäste K. als zu groß empfanden. Nach einer

kurzen Besichtigung entschlossen sie sich, weiterzureisen. Das sei zu riesig, man sei kleinere Plätze gewohnt und wolle lieber noch woanders suchen, legten sie dar.