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Lösungsansätze zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung von HIV/AIDS

HIV/AIDS als Entwicklungsproblem in Subsahara-Afrika

2 Lösungsansätze zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung von HIV/AIDS

Als erfolgreich haben sich bislang HIV/AIDS-Programme erwiesen, die länderspezifisch, multisektoral und partizipativ sind und einen multi stakeholder-Ansatz verfolgen. Für die Wirksamkeit von HIV/AIDS-Programmen sind der politische Wille und die Einbindung möglichst vieler gesellschaftlicher Akteure (Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und religiöse Gruppen, Privatsektor, Medien u. a.) wichtige Voraussetzungen. Interdependente Ziele der Programme sollten sein, (i) die weitere Ausbreitung zu verhindern (Prävention) und (ii) die allgemeine Behandlung und Pflege bereitzustellen. Die Aussicht auf eine Be-handlung erhöht die Bereitschaft, sich testen zu lassen, und ist somit auch ein Beitrag zur Prävention. UNAIDS stellt fest, dass Prävention und Behandlung zwei Seiten derselben Medaille sind. Andererseits darf nicht der Eindruck entstehen, HIV/AIDS sei eine heilbare Krankheit; dies könnte das Risikoverhalten zusätzlich befördern.

Prävention: Die Entwicklung eines Impfstoffes ist noch nicht absehbar; Verhaltensände-rungen bleiben demnach der wichtigste Präventionsansatz. Dies kann langfristig und indi-rekt durch die Veränderung der Rahmenbedingungen erreicht werden, die die Anfälligkeit für HIV/AIDS erhöhen – vor allem durch die Verringerung von Armut und durch einen allgemeinen Zugang zu Bildung. Ein anderer wichtiger Ansatzpunkt besteht in der Stär-kung der sexuellen Selbstbestimmung und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frau-en. Direkte Sensibilisierungsmaßnahmen sind Aufklärung, vor allem von jungen Men-schen, Förderung des Gebrauchs von Präservativen, allgemeiner (bestenfalls kostenloser) Zugang zu Beratung und Tests. Auch religiöse und traditionelle Führer können einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung leisten. Riskante traditionelle Praktiken können dem Risiko AIDS angepasst werden (Beispiel: traditionelle Heilungen mit Rasierklingen, die die Patienten selbst mitbringen). Zudem tragen die Behandlung von sexuell übertrag-baren Krankheiten, die das Risiko einer HIV-Infektion erhöhen, und die Prophylaxe der Mutter-Kind-Übertragung zur Prävention auf medizinische Weise bei.

Behandlung und Pflege: Nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch angesichts der verheerenden sozioökonomischen Folgen der Erkrankung ist die Behandlung von AIDS unerlässlich. Antiretrovirale Medikamente (ARV) werden in den Industrieländern bereits seit gut zehn Jahren zur Stärkung des Immunsystems und Verzögerung des Ausbruchs von AIDS eingesetzt. Die Preise für ARV sind in den letzten Jahren durch die Existenz günsti-ger Generika speziell aus Indien extrem gefallen, wobei die Generika nur in Indien herge-stellt werden konnten, weil dort bis Ende 2004 kein Patentschutz für die Medikamente bestand. In Zukunft dürfen indische Produzenten nur noch unter bestimmten Bedingungen ARV an Länder in SSA liefern, für die seit 2005 Patentrechte geltend gemacht werden können. Trotz der Preissenkungen haben weniger als 20 % der Patienten in SSA Zugang zu ARV; die Gesundheitsdienste der meisten subsaharischen Länder können die erforder-lichen Medikamente weder aus eigener Kraft finanzieren noch über geeignete Kanäle ver-teilen. Die Behandlung mit ARV muss durch regelmäßige Beratung begleitet werden; in vielen Ländern fehlt jedoch die dafür nötige Gesundheitsinfrastruktur, vor allem in den ländlichen Gebieten. Auch der Zugang zu Medikamenten gegen die sogenannten opportu-nistischen Infektionen ist in weiten Teilen SSAs stark eingeschränkt.

3 Aufgaben für die G8 und EU

Die internationale Gemeinschaft hat spät auf die sich abzeichnende Epidemie in SSA rea-giert. Heute führen jedoch nahezu alle Geberstaaten, internationale Organisationen sowie viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und private Stiftungen (insbesondere die Gates- und die Clinton-Stiftung) Projekte zur HIV/AIDS-Prävention und -Behandlung durch bzw. unterstützen die nationalen Programme der Partnerländer. Mit dem sechsten Millennium Development Goal (MDG) verpflichtet sich die internationale Gemeinschaft, die Ausbreitung von HIV/AIDS bis zum Jahr 2015 zu stoppen. Wenngleich die finanziel-len Mittel für die HIV/AIDS-Bekämpfung in den letzten Jahren enorm gestiegen sind (von 300 Mio. US$ im Jahr 1996 auf 9 Mrd. US$ im Jahr 2005), beklagt UNAIDS nach wie vor eine Finanzierungslücke.

Gleichzeitig diagnostiziert UNAIDS eine „Implementierungskrise“, da die vorhandenen Mittel nicht bestmöglich eingesetzt werden. Ein wesentlicher Grund besteht darin, dass zu viele Organisationen in Ländern mit zu geringen institutionellen Kapazitäten im Gesund-heitssystem tätig sind. Die vorhandenen Geber-Institutionen müssen gemäß ihren kompa-rativen Vorteilen eingesetzt werden. Auf Geber-Treffen in den Jahren 2003 und 2005 wurden die drei „Eins“-Prinzipien verabschiedet (the „Three Ones“), die sich aus der all-gemeineren Paris-Agenda ableiten1: Ein HIV/AIDS-Aktionsprogramm im Land, in das die Programme der Partner eingebettet sind; eine nationale AIDS Koordinierungsstelle mit einem breiten multisektoralen Mandat; ein Monitoring- und Evaluierungssystem auf Län-derebene. Diese Prinzipien werden zurzeit nur in wenigen Ländern eingehalten, wozu die wichtigen Geberinstitutionen mit ihren sich überschneidenden Mandaten und unterschied-lichen Regularien ihren Teil beitragen.

Besondere internationale Aufmerksamkeit erlangte in den letzten Jahren der Zugang zu ARV als kostenträchtiges Element in einer Gesamtstrategie zur Bekämpfung von HIV/AIDS. Auf dem G8-Gipfel von Gleneagles wurde den afrikanischen Staats- und Re-gierungschefs unter anderem versprochen, „as close as possible to universal access to treatment for AIDS by 2010“ zu gelangen – ein ausgesprochen ehrgeiziges Ziel, wenn man bedenkt, dass aktuell nur rund 17 % aller Infizierten in SSA, die eine Behandlung benöti-gen, Zugang dazu erhalten. Angesichts der dramatischen Auswirkungen von HIV/AIDS und der bereits eingegangenen internationalen Verpflichtungen steht die internationale Staatengemeinschaft unter erheblichem Handlungsdruck, um gemeinsam mit den betrof-fenen afrikanischen Ländern zu schnellen und effizienten Lösungen zu gelangen.

1 In der Paris-Agenda haben sich Geber- und Partnerländer in Entwicklungsländern auf Prinzipien der Entwicklungszusammenarbeit verständigt, die zu einer effizienten Hilfeleistung beitragen sollen. Sie stellt den zurzeit wichtigsten internationalen Konsens in Bezug auf die Durchführung der Entwicklungs-zusammenarbeit dar.

Afrika-Agenda 2007

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Literatur

Shakow, Alexander (2006): Global Fund – World Bank HIV/AIDS Programs: comparative advan-tage study; online: http://www.cgdev.org/doc/event%20docs/2.7.06%20HIV/GFWBReport FinalVersion.pdf

ECA (Economic Commission for Africa) / Commission on HIV/AIDS and Governance in Africa (2005): Africa: the socio-economic impact of HIV/AIDS, Addis Abeba: ECA, online:

http://aec.msu.edu/fs2/ adult_death/SOCIO_ECO_IMPACT.pdf

Liebig, Klaus (2006): Auswirkungen des internationalen Patentregimes auf die Medikamentenpro-duktion und den Zugang zu Medikamenten in LDCs, Bonn: Deutsches Institut für Entwick-lungspolitik (Studies 18)

UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) / WHO (World Health Organization) (2005): AIDS Epidemic Update May 2006, Genf

WHO (World Health Organization) / UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) (2006): Progress on global access to HIV antiretroviral therapy: a report on “3 by 5 and be-yond”, März 2006, online: http://www.who.int/hiv/fullreport_en_highres.pdf

World Bank (1999): Intensifying action against HIV/AIDS in Africa: responding to a development crisis, Washington, DC

III Politische Herausforderungen:

Good enough governance in Afrika?

Afrika-Agenda 2007

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik 41