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Lösliche, biologisch abbaubare Verunreinigungen / Biologische Behandlung Der Hauptproduktionslinie der chemischen Industrie ist die Herstellung und der Umgang mit organischen

3 ANGEWANDTE BEHANDLUNGSTECHNOLOGIE

3.2 Informationen zu den Kosten in diesem Horizontaldokument

3.3.4 End-of-Pipe Techniken

3.3.4.3 Lösliche, biologisch abbaubare Verunreinigungen / Biologische Behandlung Der Hauptproduktionslinie der chemischen Industrie ist die Herstellung und der Umgang mit organischen

Stof-fen. Deshalb ist der größte Teil des Abwassers der chemischen Industrie mit organischen Verunreinigungen belastet, die mehr oder weniger biologisch abbaubar und für die biologische Behandlungstechniken geeignet sind. Stoffe, die den biologischen Abbau stören können, müssen vorher entfernt werden (vgl. Abschnitt 3.3.4.2).

Bei der biologischen Behandlung werden gelöste organische Stoffe durch Mikroorganismen (Bakterien) als O-xidationsmittel abgebaut. Organische Stickstoff- und Phosphorverbindungen werden jeweils in Ammonium und Phosphat umgewandelt. Als Faustregel kann die biologische Abbaubarkeit eines Abwasserstroms mittels seines BSB/CSB-Verhältnisses (vor Behandlung) abgeschätzt werden:

 BSB/CSB <0,2 verhältnismäßig schlecht abbaubares Abwasser,

 BSB/CSB 0,2–0,4 gut bis mäßig abbaubar,

 BSB/CSB >0,4 gut abbaubar.

Es gibt drei Arten von metabolischen Prozessen:

 aerobe Prozesse, die gelösten Sauerstoff verarbeiten,

 anoxische Prozesse, welche die biologische Reduzierung von Sauerstoffdonatoren nutzen,

 anaerobe Prozesse unter Sauerstoffabschluss.

Die wichtigsten Eigenschaften dieser drei metabolischen Prozesse bei der Abwasserbehandlung sind in Tabelle 3.8 aufgelistet [cww/tm/132].

Parameter Anaerob Anoxisch Aerob

Gelöster Sauerstoff (DO) [mg/l] 0 0 >0

Energieverbrauch gering gering hoch

Schlammanfall gering gering hoch

Empfindlichkeit gegenüber

toxi-schen Stoffen hoch gering gering

CSB-Eliminationsrate <85 %a unterschiedlich, abhän gig

von Denitrifikation >85 % Stickstoff-Eliminationsrate 0 45-90 % (Nitrifikation als

erste Stufe erforderlich) 0

Eignung als Vorbehandlung ja ja ja

Eignung als abschließende

Be-handlungsstufe nein nein ja

anormaler Wert, kann bei speziellen Anwendungen höher sein (vgl. Abschnitt 0, erreichbare Emissionswerte/

Wirkungsgrade)

Tabelle 3.8: Anaerobe, anoxische und aerobe Biologie und spezifische, für gewöhnlich damit verbundene Prozesspa-rameter

In Abbildung 3.27 ist die Kohlenstoff-Bilanz aerober und anaerober Prozesse vergleichend dargestellt [cww/tm/132].

Abbildung 3.27: Kohlenstoff-Bilanzen des aeroben (A) und anaeroben (B) mikrobiologischen Abbaus organischer Verbindungen

A

Carbon in CO2= Kohlenstoff im CO2; Org.carbon in raw effluent = Org. Kohlenstoff im Rohabwasser; Carbon in sludge

= Kohlenstoff im Schlamm;

B

Carbon in biogas = Kohlenstoff im Biogas; Org.carbon in raw effluent = Org. Kohlenstoff im Rohabwasser; Residual org.

carbon in excess sludge = Im Überschussschlamm verbleibender org. Kohlenstoff; Residual org.carbon in treated effluent

= Im behandelten Abwasser verbleibender org. Kohlenstoff

Ein Vorteil der biologischen Abwasserbehandlung – unabhängig von der Art des metabolischen Prozesses – ist die mehr oder weniger schnelle Verfügbarkeit der Mikroorganismen für ein breites Spektrum von Nährmedien.

In den folgenden Abschnitten werden in der chemischen Industrie übliche biologische Behandlungstechniken behandelt.

3.3.4.3.1 Anaerobe Behandlung

Beschreibung

Bei der anaeroben Abwasserbehandlung werden organische Abwasserinhaltsstoffe mit Hilfe von Mikroorga-nismen unter Luftabschluss zu einer Reihe von Produkten, wie Methan, Kohlendioxid, Sulfid etc. umgewandelt.

Das Biogas besteht zu etwa 70 % aus Methan, 30 % Kohlendioxid und anderen Gasen, wie Wasserstoff und Schwefelwasserstoff [cww/tm/128]. Das Verfahren wird in luftdichten gerührten Reaktorbehältern durchge-führt, die Mikroorganismen werden als Biomasse (Schlamm) im Behälter zurückgehalten.

Mehrere Reaktortypen stehen zur Verfügung. Die am häufigsten eingesetzten sind:

 anaerober Kontaktreaktor (ACR),

 UASB-Reaktor (aufwärts durchflossenes Schlammbett),

 Festbettreaktor,

Beim anaeroben Kontaktverfahren (ACP) wird das Abwasser mit dem zurückgeführten Schlamm gemischt und in einem geschlossenen Reaktor vergärt. Das Abwasser-/Schlamm-Gemisch wird außerhalb des Reaktors getrennt (Sedimentation, Abschnitt 3.3.4.1.2, oder Vakuumflotation Abschnitt 3.3.4.1.3) und der Überstand ei-ner weiteren nachgeschalteten Behandlung zugeleitet. Der anaerobe Schlamm wird in den Reaktor zurückge-führt [cww/tm/4]. Abbildung 3.28 gibt einen schematischen Überblick.

Zulauf

Gas

Absetzen des Schlamms

Abbildung 3.28: Anaerobes Kontaktverfahren

BeimUASB-Verfahrenwird das Abwasser am Boden des Reaktors zugeführt, von wo aus es aufwärts durch ein Schlammbett strömt, das aus biologisch gebildeten Körnern oder Partikeln besteht. Die entstehenden Gase sorgen für eine Vermischung des Abwassers. Die Abwasserphase fließt in eine Absetzkammer, wo die festen Inhaltsstoffe abgetrennt werden. Die Gase werden am oberen Ende des Reaktors in Domen gesammelt [cww/tm/4]. Das Prinzip ist in Abbildung 3.29 dargestellt [cww/tm/132].

Abbildung 3.29: Schematische Darstellung des UASB-Verfahrens a) Schlamm/Flüssigkeit-Zulauf

b) Gassiebe

c) Wiedereintritt des abgesetzten Schlammes

Effluent = Ablauf; Gas = Gas; Influent = Zulauf; Settler = Absetzbecken; Sludge bed = Schlammbett; Sludge blanket = Schlammdecke

Beim Festbett- oder Anaerobfilter-Verfahren fließt das Abwasser (abhängig vom Feststoffgehalt des Zu-laufs) aufwärts oder abwärts durch eine mit verschiedenen Arten fester Materialien gefüllte Säule, auf denen die anaeroben Mikroorganismen wachsen und zurückgehalten werden. [cww/tm/4].

BeimWirbelbett-Verfahren wird das Abwasser aufwärts durch ein Bett aus einem geeigneten Medium (Sand, Kohle, Polyethylen, etc.) gepumpt, auf dem sich in einem Biofilm ein biologischer Aufwuchs gebildet hat. Der Ablauf wird, zur Verdünnung des zulaufenden Abwassers und zur Aufrechterhaltung des Wirbelbett-Zustands und um einen ausreichenden Fluss aufrecht zu erhalten, zurückgeführt [cww/tm/4].

Überschüssige Biomasse wird von der Oberfläche abgetragen und nach dem Bioreaktor behandelt. Da die Trä-ger des Biofilms für eine hohe Biomassekonzentration innerhalb des Reaktors sorgen, ist eine Schlammrüc k-führung nicht erforderlich. Der Vorteil dieser Art der anaeroben Behandlungsverfahren besteht im bei gleicher Leistung verringerten Raumbedarf. Das System ist unempfindlicher gegenüber vorübergehenden Belastungs-spitzen, die ansonsten toxische Einleitungen verursachen könnten.

Um den Wirkungsgrad der anaeroben Behandlung zu steigern, wird ein zweistufiges Verfahren vorgestellt. Dies ist in Abbildung 3.30 dargestellt.

Fettsäuren Zucker Aminosäuren

Alkohole Milchsäure

kurzkettige Fettsäuren Ablauf

CH4, CO2

Acidogene Bakterien

Acetogene, methanogene Bakterien

pH 4 - 7 pH 6.5 - 7

Abbildung 3.30: Schematische Darstellung eines zweistufigen anaeroben Behandlungsverfahrens

Anwendung

Anaerobe Abwasserbehandlung wird im Wesentlichen nur zur Vorbehandlung von Abwasser mit hoher organi-scher Belastung (>2 g/l) und mehr oder weniger konstanter Zusammensetzung eingesetzt [cww/tm/132]. Sie ist hauptsächlich in Bereichen mit gleichmäßig anfallenden Abwasserströmen mit hohen BSB-Belastungen an-wendbar.

Die anaerobe Behandlung von Industrieabwasser hat in den zurückliegenden Jahren aufgrund steigender Ener-giekosten und Problemen mit der Entsorgung des bei aeroben Behandlungsverfahren gebildeten Überschuss-schlamms zunehmend an Bedeutung gewonnen. Man bemüht sich nun, unter Nutzung des Vorteils der Bildung von Biogas, die organischen Verunreinigungen so weit möglich ohne externe Energiequellen zu eliminieren.

Der gewünschte Reinheitsgrad wird dabei schließlich mit Hilfe nachfolgender aerober biologischer Klärstufen erreicht [cww/tm/132].

Anwendungsgrenzen und Beschränkungen sind:

Grenzen / Beschränkungen

Temperatur 20 –40 °C

pH 6,5–7,5, pH > 8 stoppt Methan bildende Prozesse Toxische Stoffe Vermeidung toxischer Stoffe, da Prozess

empfind-lich ist

Vorteile und Nachteile

Vorteile Nachteile

im Vergleich zu aeroben Verfahren geringer Energie-verbrauch.

Anfall eines energiereichen Gases. Als Brennstoff ge-ringer Qualität ist dies wahrscheinlich ausschließlich am Standort einsetzbar.

Vergleichsweise (zum aeroben Verfahren) geringe Klärschlammmenge (ein Zehntel des aeroben Verfah-rens) (vgl.Abbildung 3.27).

In Gegenwart von Sulfat oder organischen Schwefel-verbindungen werden SchwermetallSchwefel-verbindungen zu Sulfiden umgewandelt und gefällt.

Keine Aerosolbildung und keine Strippung flüchtiger Stoffe (im Gegensatz zu aeroben Verfahren).

Hohe Empfindlichkeit gegenüber toxischen Stoffen.

Dies kann bei Auftreten toxischer Stoffe zu erhöhten Einleitungen von Belebtschlamm führen.

Anfall toxischer, entflammbarer und geruchsintensiver Abgase möglich.

Sehr langsame Startphase.

Eliminationsgrad nicht für abschließende Behandlungs-stufe geeignet (CSB-Elimination für gewöhnlich <

85 %), deshalb weitere Behandlung notwendig.

Erreichbare Emissionswerte/ Wirkungsgrade

Prozess Zulauf CSB

[g/l] Rückhaltezeit

[h] Organische Belastung

[kg/(m3d)] CSB-Elimination [%]

ACP1 1,5–5 2–10 0,48–2,40 75–90

UASB1 5– 15 4–12 400–12,0 75–85

Festbett1 10–20 24–48 0,96–4,81 75–85

Wirbelbett1 5-10 5-10 4,81–9,62 80–85

1[cww/tm/4]

Der CSB-Eliminationsgrad ist stark von der biologischen Abbaubarkeit der für die CSB-Fracht verantwortli-chen organisverantwortli-chen Stoffe abhängig. Deshalb ist die wichtigste Anforderung für eine anaerobe Behandlung – wie für alle biologischen Behandlungen – dass der Anfall nicht abbaubarer Abwasserströme so weit wie möglich vermieden wird.

In Kombination mit nachgeschalteter aerober Behandlung werden folgende Gesamteliminationsgrade erreicht:

Parameter Eliminationsgrad

[%]

BSB 99–99,8

CSB 95–97

Medienübergreifende Wirkungen

Anaerobe Verfahren werden für gewöhnlich als biologische Hochlaststufen betrieben, die eine zusätzliche nachgeschaltete biologische (aerobe) Behandlung erfordern. Der Vorteil der anaeroben Vorbehandlung besteht in der bei dem Verfahren anfallenden geringen Überschussbelebtschlammmenge - etwa 10 % im Vergleich zum aeroben Belebungsverfahren. Auf diese Weise wird der Hauptteil der abbaubaren organischen Fracht (75- 85

%) mit einem Zehntel des normalerweise (aerob) anfallenden Überschussschlamms eliminiert. Im Vergleich zu aeroben Techniken müssen nur 10 % des Abfalls entsorgt werden.

Der anaerobe Abbauprozess führt zu einer Mischung von Methan und Kohlendioxid in einem Verhältnis von 1 - 3 : 1 und liefert damit ein energiereiches brennbares Gas, das für gewöhnlich als Ersatzbrennstoff oder zur Energieversorgung anderer Einrichtungen eingesetzt wird. Der Energieverbrauch ist im Vergleich zu aeroben Verfahren deutlich geringer, da keine Energie für die Versorgung des Reaktors mit Luft oder Sauerstoff, son-dern nur für wirksames Rühren notwendig ist. Insgesamt trägt dies zur Kohlendioxidminderung bei.

Das Entstehen brennbarer Gase und die Bildung von Metaboliten, wie kurzkettige Carbonsäuren, machen den Einsatz geschlossener Anlagen zur Vermeidung ausströmender Gerüche unvermeidbar. Bei einer nachgeschal-teten Behandlung ist die Geruchsminderung eine wesentliche Notwendigkeit.

Verbrauchsmaterialien sind:

Verbrauchsmaterial Menge

Hilfsstoffe (für Sedimentation, Flotation, etc.) Energie [kWh/m3]

Überwachung

Die Überwachung einer biologischen Abwasserbehandlungsanlage ist in Anhang 7.3 beschrieben.

Ökonomische Daten

Kostenart Kosten Bemerkungen

120 Millionen BEF1 UASB-Reaktor, 25 m3/h, CSB, roh 30 g/l

Investitionskosten

3,5 Millionen NLG2 206 m3/d, CSB-Rohfracht 7300 kg/d oder 35 g/l 40/m3BEF1 UASB-Reaktor, 25 m3/h,

CSB, roh 30 g/l Betriebskosten

0,3 NLG/m3 2 [20000 NLG /a]

206 m3/d, CSB-Rohfracht 7300 kg/d or 35 g/l 210000 NLG/a2 206 m3/d, CSB-Rohfracht

7300 kg/d or 35 g/l Nutzen (Biogas)

1,5 Millionen NLG/a2 Im Vergleich zu Verbrennung des Überschussschlamms

1[cww/tm/128]

2[cww/tm/100]

Eine wirksame Verminderung organischer Verunreinigungen geht mit dem Anfall eines als Brennstoff einsetz-baren Biogases und einer beträchtlichen Verminderung des Überschussbelebtschlamms einher. Unter der Vor-raussetzung, dass das Biogas eingesetzt werden kann, beeinflussen sich ökologische und ökonomische Daten gegenseitig. Beim Vergleich einer anaeroben Behandlung und abschließender niedrig belasteter aerober Be-handlung mit einer hoch belasteten abschließenden aeroben BeBe-handlung einschließlich der damit verbundenen Kosten (Schlammverbrennung oder Deponierung), kommt es langfristig zu einer win-win-Situation.

3.3.4.3.2 Biologische Elimination von Schwefelverbindungen/ Schwermetallen

Beschreibung

Die biologische Elimination von Schwermetallen und Schwefelverbindungen stellt eine besondere Anwendung der anaeroben Behandlung dar. Das dreistufige Verfahren besteht aus:

 der biologischen Reaktion von Sulfat oder anderen oxidierten Schwefelverbindungen zum Sulfid mit Hilfe sulfatreduzierender Bakterien,

 der nachfolgenden Reaktion von Schwermetallen mit Sulfid und Fällung der Schwermetallsulfide,

 einer zweiten biologischen Reaktion zur Elimination des überschüssigen Sulfids und seiner Umwandlung zu Schwefel.

Das Verfahren nutzt die im Vergleich zu ihren Hydroxiden deutlich niedrigere Löslichkeit von Metallsulfiden.

In Abbildung 3.31 ist ein Beispiel einer Behandlungsanlage dargestellt.

UASB Reaktor

FFR

TPS

Zulauf

Behandlung des Biogases

Entlüftung zur

Abluftbehand-lung

SF

Luft

Zinksulfid Schwefel

Feststoffe zum Zinkwerk

Ablauf Ethanol

+ Nährstoffe

UASB: Up-flow Anaerobic Sludge Blanket FFR: Festfilmreaktor (Fixed-Film Reactor) TPS: Schrägklärer (Tilted-Plate Settler) SF: Sandfilter

Flockungshilfsmittel

Abbildung 3.31: Verfahrensfließbild einer Anlage zur biologischen Behandlung von Metallen und Sulfat

Die wichtigsten Komponenten sind:

 der UASB-Reaktor, in dem die biologische Reduzierung von Sulfat zum Sulfid stattfindet,

 die Behandlungsanlage für das Biogas, um das aus dem UASB-Reaktor anfallende Abgas zu nutzen oder zu behandeln,

 der Biofilm-Reaktor, in dem Sulfid aerob in Schwefel umgewandelt wird und die Bakterien auf dem Trä-germaterial fixiert werden,

 der Schrägklärer zur Abtrennung des Schwefels,

 die abschließende Reinigungsanlage, z. B. ein kontinuierlich gereinigter Sandfilter.

Das biologische Verfahren benötigt Elektronendonatoren. Diese werden für gewöhnlich durch den im Abwas-ser enthaltenen CSB geliefert. Wenn der CSB-Gehalt nicht ausreicht, müssen Elektronendonatoren zugegeben werden. Mögliche Elektronendonatoren sind z. B.:

 Wasserstoff,

 Stärke,

 Ethanol,

 Ameisensäure,

 Acetatester oder

 Propionsäureester oder –salze,

 Laktate.

Neben diesen können Chemikalienrückstände als Elektronendonatoren eingesetzt werden, wie:

 Holzstaub,

 Melasse.

Wenn der Zulauf neutralisiert werden muss, kann ein Teil des Abwassers nach dem Schrägklärer oder dem Sandfilter zurückgeführt werden, da die Umwandlung von Sulfid zum Schwefel die Säurekapazität (Alkalinität) erhöht.

Die Behandlung des Biogases aus dem UASB-Reaktor und der Entlüftung des Biofilm-Reaktors ermöglicht einen geruchsfreien Anlagenbetrieb.

Anwendung

Dieses biologische Behandlungsverfahren ist bei allen Abwasserströmen anwendbar, die beträchtliche Mengen Sulfat enthalten. Während eine Sulfatelimination ohne Anwesenheit von Schwermetallverbindungen möglich ist, ist für die Verminderung von Schwermetallen ausreichend Sulfat notwendig, damit die notwendige Menge an Sulfid für die Fällungsreaktion geliefert wird. Das Vorhandensein eines ausreichenden CSB-Gehaltes erhöht die Wirksamkeit. Eine mögliche Anwendung ist zum Beispiel Abwasser aus der Herstellung von Viskosefasern, mit Zink, Sulfat und Sulfid als Hauptschadstoffen.

Anwendungsgrenzen und Beschränkungen sind:

Grenzen / Beschränkungen

Verweilzeit 6 h beim UASB-Reaktor1

CSB/Sulfat-Verhältnis 1 : 1, falls der CSB-Gehalt zu niedrig ist, müssen Elektronendonatoren zugefügt werden

Dosierung von Flockungshilfsmitteln in den Schrägklärer (Entfernung des Schwe-fels)

Dosierung von Flockungshilfsmitteln muss optimal auf den Schrägklärer eingestellt sein, um eine stabi-le Betriebsweise zu erhalten

1[cww/tm/101]

Vorteile und Nachteile

Vorteile Nachteile

Behandlung von Sulfat ohne Zugabe von Fäl-lungschemikalien.

Gleichzeitige Entfernung von Schwermetallen und Sulfat möglich.

Schwermetalle werden als Sulfide vom Abwas-ser abgetrennt und können wieder verwendet werden.

Metallsulfide haben geringere Löslichkeit als die entsprechenden Hydroxide, so dass größe-rer Abwasseranfall bewältigt werden kann.

Am Ende der Kette entsteht Schwefel, der als Rohstoff in Produktionen wieder eingesetzt (z.

B. Herstellung von Schwefelsäure) oder zu-rückgewonnen werden kann.

Auch CSB und Nitrat können eliminiert wer-den.

Stabiles Verfahren, Schwankungen und Stö-rungen beim Abwasserstrom beeinflussen den Wirkungsgrad kaum.

Häufig zusätzlicher CSB als Elektronendona-tor notwendig. Das erhöht die Betriebskosten.

Vermischung der Metallsulfide und dem bio-logischen Schlamm im UASB-Reaktor.

Elimination von Schwermetallen ohne Sulfat nicht möglich.

Erreichbare Emissionswerte/ Wirkungsgrade

Parameter Elimination

[%] Emissionswert

[mg/l] Bemerkungen

Zink 99,81 0,05-0,15 Zulauf 100 mg/l

Cadmium >991 <0,01 1 mg/l

Sulfat 942 75 Zulauf 1170 mg/l, in Gegenwart von Schwermetallen

1[cww/tm/102]

Medienübergreifende Wirkungen

Rückstände des Behandlungsverfahrens sind:

 Schwermetallsulfide, vermischt mit dem Überschussschlamm des UASB-Reaktors, falls Schwermetalle im Abwasserstrom vorhanden sind,

 Schwefel, zumeist vermischt mit Feststoffen aus dem Schrägklärer.

Das Sulfid kann, in Abhängigkeit von der Art der Schwermetalle, wieder verwendet werden, um das Metall zu-rückzugewinnen. Die Schwefelfraktion, falls getrennt zurückgewonnen, entsteht als Schwefelkuchen, der aus 60 % Trockenmasse mit einer Reinheit von bis zu 95 % besteht. Er kann zur Herstellung von Schwefelsäure in Schwefelsäureanlagen eingesetzt werden, indem die Einrichtungen zur Verbrennung von ‚Abfallschwefelsäu-ren’ oder Slurries genutzt werden.

Das Verfahren arbeitet, aufgrund der aus Sicherheitsgründen erforderlichen Behandlung des Biogases und der Entlüftung, ohne Geruchsemissionen. Die üblichen Quellen der Lärmentstehung sind gekapselte Pumpen und Ventile.

Verbrauchsmaterialien sind:

Verbrauchsmaterial Menge

Neutralisationsmittel Elektronendonatoren Flockungshilfsmittel Energie [kWh/m3]

Überwachung

Der Wirkungsgrad des Behandlungsverfahrens wird durch die richtige Säurekapazität (Alkalinität) und ein op-timales CSB/Sulfat-Verhältnis (mindestens 1 : 1) beeinflusst. Die Überwachung des zulaufenden Abwasser-stroms auf pH und CSB-Gehalt ist deshalb ein wichtiger Punkt. Es ist auch unerlässlich, dass der Zulauf frei von Feststoffen ist, welche die Schwefelaktiven Bakterien schädigen oder deren Wachstum hemmen. Deshalb müssen dem Zulauf solche Stoffe ferngehalten werden. Der Ablauf wird auf die behandelten Schadstoffe über-wacht, wie Schwermetalle, Sulfat, CSB, etc.

Ökonomische Daten

Kostenart Kosten Bemerkungen

Investitionskosten Betriebskosten

3.3.4.3.3 Aerobe Behandlung

Beschreibung

Bei der aeroben Behandlung werden gelöste organische Stoffe mit Sauerstoff unter Nutzung des Metabolismus von Mikroorganismen biologisch oxidiert. In Gegenwart von gelöstem Sauerstoff, der als Luft oder Reinsauer-stoff eingedüst wird, werden die organischen Bestandteile in Kohlendioxid, Wasser (mineralisiert) oder andere Metaboliten und Biomasse (Belebtschlamm) umgewandelt.

Toxische Abwasserinhaltsstoffe können den biologischen Prozess hemmen. Einige dieser Stoffe sind in Tabelle 3.9 dargestellt [cww/tm/132].

Stoff Hemmkonzentration [mg/l]

Cadmium (Cd2+) 2–5

Bichromat (CrO42 -) 3 –10

Kupfer (Cu2+) 1–5

Nickel (Ni2+) 2 –10

Zink (Zn2+) 5 –20

Chlor (Cl2) 0,2–1

Cyanid (CN-) 0,3–2

Mineralöle >25

Phenol 200 –1000

Schwefelwasserstoff / Sulfid 5 –30

Tabelle 3.9: Schwellenkonzentration einiger repräsentativer, für Belebtschlamm toxischer Stoffe

Die potentielle Toxizität eines Stoffes in einer biologischen AWBA ist keine vorgegebene Konstante, sondern von den Systembedingungen und den vorhandenen Mikroorganismen abhängig. Der Ausdruck Toxizität bezieht sich auf eine Wechselwirkung zwischen Stoff und Mikroorganismus. Bei gleichmäßig geringen Zulaufkonzent-rationen toxischer Stoffe verschwindet die hemmende Wirkung bald aufgrund von Adaptation und führt zum Wachstum von Mikroorganismen mit einer größeren Resistenz und einem höheren Abbaupotential [cww/tm/132].

Übliche aerobe biologische Behandlungstechniken sind:

 Vollständig durchmischtes Belebungsverfahren,

 Biomembranverfahren,

 Tropfkörper- oder Perkolationsfilterverfahren,

 Wirbelschichtverfahren,

 Biofilter-Festbettverfahren.

Das vollständig durchmischte Belebungsverfahren ist ein in der chemischen Industrie häufig eingesetztes Verfahren und als solches die häufigste Behandlungstechnik für biologisch abbaubares Abwasser. Die Mikro-organismen werden als Suspension im Abwasser gehalten und das gesamte Gemisch mechanisch belüftet. Die Belebtschlammmischung wird einer Trennanlage zugeführt, von wo aus der Schlamm zum Belüftungsbecken zurückgeführt wird. Trennanlagen können sein:

 Sedimentations- oder Absetzbecken,

 Entspannungsflotationsanlagen,

 MF- oder UF-Membrananlagen (Biomembranreaktor, vgl. Absatz unten).

Das vollständig durchmischte Verfahren wird in mehreren Varianten betrieben, abhängig von der Abwasser-menge, dem zur Verfügung stehenden Platz, den Anforderungen an die Abluftemissionen etc. Varianten sind beispielsweise:

 das Oxidationsmittel: Luft oder Reinsauerstoff, wobei letzterer den Vorteil geringerer Strippeffekte und geringerer Geruchsfreisetzungen (da weniger Gas durch das Abwasser geblasen wird) und einer schnelleren und wirksameren biologischen Reaktion bietet;

 die Belüftungskammer: ein mehr oder weniger flaches Biologiebecken oder eine Turmbiologie. Letztere haben den Vorteil eines höheren Abbaugrads, da durch eine hohe Abwassersäule kleinere Luftbläschen auf-steigen und damit den Stoffaustausch Luft/ Abwasser beträchtlich verbessern, vgl. Abbildung 3.32 [cww/tm/132];

 die Nachklärstufe: Sedimentation oder Membranfiltration (Biomembranreaktor, vgl. unten), wobei letztere weniger Platzbedarf hat, erstere wahrscheinlich durch eine abschließende Flotationsstufe zu ergänzen ist.

Abbildung 3.32: Beispiel einer Turmbiologie

Activation = Belebung; Air = Luft; Effluent = Ablauf; Excess sludge = Überschussschlamm; Postclarification = Nachklä-rung; Recycled sludge = Rücklaufschlamm; Off-gas = Abgas; Waste water = Abwasser

Das Biomembranverfahren, eine Kombination eines biologischen Belebungsverfahrens und Membrantrenn-verfahrens, ist ein für kommunales und industrielles Abwasser eingesetztes biologisches Behandlungsverfahren.

Unterschiedliche Varianten dieses Verfahrens sind:

 äußerer Kreislauf zwischen Belebungsbecken und Membranmodul,

 Eintauchen des Membranmoduls in den belüfteten Belebtschlammbehälter, wobei der Ablauf durch eine Hohlfasermembran filtriert wird. Die Biomasse bleibt im Behälter. Diese Variante verbraucht weniger E-nergie und führt zu kompakteren Anlagen.

Diese Varianten sind zusammen mit dem konventionellen Belebungsverfahren in Abbildung 3.33 dargestellt.

Fouling, als Hauptproblem von Membranen, wird verringert durch:

 Belüftung,

 Rückspülen der Membran,

bei jeweils auf jede Behandlungsanlage abzustimmenden spezifischen Bedingungen.

Als physikalische Barriere ermöglichen die Membranen eine Rückhaltung der Biomasse im Behälter. Dies führt zu:

 hohen Schlammkonzentrationen (10-20 g/l),

 hohem Schlammalter (oder mittlerer Zellverweilzeit).

Ein Biomembranreaktor ist ein kompakte Anlage (bis zu 5 mal kompakter als eine konventionelle Be-lebtschlammanlage, Membranmodule ersetzen das Nachklärbecken), der bedeutend weniger Überschuss-schlamm produziert. Auf der anderen Seite kann jedoch durch die Pumpen der Energieverbrauch bedeutend höher sein als bei einem konventionellen Belebungsverfahren.

Beim Tropfkörper- oder Perkolationsfilterverfahren sind die Mikroorganismen auf einem gut permeablen Medium fixiert, durch welches das Abwasser tropft - oder perkoliert. Das Filtermedium besteht für gewöhnlich aus Gestein oder verschiedenen Kunststoffsorten. Abbildung 3.34 zeigt ein Übersichtsschema [cww/tm/132].

Die Flüssigkeit wird in einem Entwässerungssystem gesammelt und in einen Absetzbehälter weitergeleitet. Ein Teil der Flüssigkeit wird zurückgeführt, um die Konzentration des zulaufenden Abwassers zu verdünnen.

Das Wirbelbettverfahrenwird so betrieben, wie dies bereits für die anaerobe Behandlung beschrieben wurde (vgl. Abschnitt 3.3.4.3.1), mit dem Unterschied, dass Luft oder Sauerstoff zugeführt wird und an Stelle von

an-aeroben aerobe Bakterien auf dem Biofilm fixiert sind. Der Vorteil dieses an-aeroben Behandlungsverfahrens be-steht in dem bei gleicher Leistung geringeren Platzbedarf.

Belüftungs-becken

Ablauf Nachklärung

Abwasser

Rücklaufschlamm