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Kunst erfahren durch Begegnung

Im Dokument FreeLounge: (Seite 90-94)

Künstlerisches Konzept des Skulpturenufers ist es, Werke zur „Aufführung“ kommen zu lassen, die aufgrund ihrer Erscheinungsform nicht per se im tradierten Sinne als Kunstwerke auftre-ten. Es sollen also nicht umschlossene, herme-tische Skulpturen am Rhein entlang aufgestellt werden, sondern solche, die sich zur Gesell-schaft hin öffnen, alltäglich erfahrbar werden, ein ‚normales’ Begegnen erlauben und aus die-sem Grunde zu Auseinandersetzungen anregen.

Sowohl internationale, deutsche als auch mit Rheinland-Pfalz verbundene Künstlerinnen und Künstler werden eingeladen, bereits existieren-de Werke zu installieren, vor allem aber, auf den Ort bezogene Arbeiten an einer geeigneten Stelle des Skulpturenufers zu entwickeln. Diese Arbeiten bilden dann auch den Ausgangspunkt, im Arp Museum Bahnhof Rolandseck Ausstel-lungen der einzelnen Künstler realisieren.

Von der Ahrmündung in Kripp ist das Rheinu-fer über die ehemalige „Brücke von Remagen“, die Rheinpromenade der Römerstadt, den Ha-fenort Oberwinter, den Bahnhof Rolandseck mit dem Arp Museum, die Insel Nonnenwerth in Rolandswerth bis hin zur Landesgrenze nach Nordrhein-Westfalen über 14 Kilometer durch-gängig auf Wegen zu begehen oder mit dem Fahrrad zu befahren und soll dauerhaft als Skulpturenufer zu erleben sein. Von Süd nach Nord sind derzeit 8 Kunstwerke realisiert.

Thomas Huber - „Ein neues Panorama für Remagen“ und „Neugestaltung der Promenade von Remagen“, 2001

Thomas Huber stellt seit über 10 Jahren Bilder in Form von Bauschildern aus. Immer handelt es sich dabei um Visionen, die mit den realen Bedingungen vor Ort korrespondieren. Für das Skulpturenufer Remagen – das Huber in sei-ner ursprünglichen Ausführung auf die andere Rheinseite nach Erpel ausdehnte – hat er zwei Bilder-Bauschilder realisiert und sie an den An-legern der Fähre Nixe postiert, die als Ersatz für die zerstörte ‚Brücke von Remagen’ zwischen Erpel und Remagen verkehrt. Ohne sie gäbe es, abgesehen von Telekommunikationsmöglich-keiten, nur den Sichtkontakt, auf den Thomas Erwin Wortelkamp - „Im Stande“, 2009

„Skulpturen suchen und fi nden ihren Ort“.

Dieser Grundgedanke Erwin Wortelkamps begleitet auch seine Skulptur im Stande.

Sie hat ihren Platz am Rheinkilometer 631 entlang des Leinpfads zwischen Remagen-Kripp und der Brücke von Remagen gefun-den. Sorgfältig wurde dieser Ort von Erwin Wortelkamp für seine hoch aufgeschossene vertikale Skulptur aus Bronze gewählt, die zuvor aus Holz erarbeitet wurde. Vom Was-ser – vom Schiff aus – wird im Stande eher zeichenhaft und fl üchtig wahrgenommen.

In unmittelbarer Nähe zeigen sich deutlich sichtbare, harte Materialeinschnitte, die die gesamte Skulptur rhytmisieren. Der Blick des Betrachters wird immer wieder auf eine Quaderform im unteren Drittel der Skulptur gelenkt, ein beim Bearbeiten der Skulptur

“stehengelassenes” Element. Wortelkamp bezeichnet es als den “Kern der Sache” oder auch als das “Schatz-Kästlein”. Was sich wohl darin verbirgt? Vielleicht die Energie, die die Skulptur im Stande immer wie-der neu belebt. Vielleicht ist es aber auch ein geheimnisumwitterter Ort, der unsere Phantasien und magischen Vorstellungs-kräfte aufnimmt und mit der Lust am Ver-borgenen spielt.

Foto: Mick Vincenz

Huber mit seinen Bauschildern anspielt. Das Bilder-Bauschild am Ufer von Remagen zeigt ein von Huber entwickeltes Panorama Erpels und am Ufer von Erpel umgekehrt dasjenige Re-magens mit einer neu gestalteten Promenade.

Das Bilder-Bauschild auf der Remagener Seite Ein neues Panorama für Remagen existiert nach wie vor an der Rheinpromenade in Remagen.

Sein Pendant Neugestaltung der Promenade von Remagen auf der Erpeler Seite wurde mit Beschluss des Ortsgemeinderats Erpels vom Mai 2006 nach einer ursprünglich genehmigten Aufstellungszeit von 5 Jahren, die nicht verlän-gert wurde, am 28. Juni 2006 demontiert.

Res Ingold - arp heliport, 2004

Res Ingold hat in Rolandseck seinen arp heli-port – einen Hubschrauberlandsplatz – reali-siert. Seit 1982 unterhält er als Kunstprojekt die ingold airlines. Das Unternehmen ingold airlines ist jedoch viel mehr als eine Fluggesell-schaft. Es ist eine geistige Haltung, eine innere Überzeugung. Fliegen ist für ingold airlines nur zum Teil ein realer, materieller Vorgang. Es ist auch immaterielle Idee. Neben dem Perfektio-nieren seiner Dienstleistung als Anbieter von Flügen für Menschen und Waren ist ingold air-lines auch Anbieter von Transportmitteln für immaterielle Güter wie Gedanken, Informatio-nen und emotionalen Energien. Im Rahmen des Public Art-Projektes Skulpturenufer Remagen

Johannes Brus - „Treidelpfad“, 2008

Mit seiner Skulptur Treidelpfad am Rheinufer von Remagen-Kripp, einem Boot aus Beton und zwei Pferden aus Bronze, bezieht sich Johannes Brus auf die Geschichte dieses Ortes. Kripp war eine bedeu-tende Treidelstation zwischen Köln und Koblenz, be-vor die Dampfschifffahrt ab 1860 die traditionellen Treidelschiffe ablöste. Seit Jahrhunderten wurden die Schiffe fl ussaufwärts mit Hilfe von Pferden gezo-gen. Das Treideln bedeutete eine große Anstrengung für die Pferde, die zudem aufgrund der Refl exion der Sonne im Wasser, häufi g auf dem linken Auge erblin-deten und durch den beständigen seitlichen Zug des Seiles kreuzlahm wurden. Johannes Brus kehrt nun in seiner Skulptur die Arbeitsverhältnisse um. Seine Pferde befi nden sich, eines fl ussaufwärts, das ande-re fl ussabwärts platziert, von jeglicher Last befande-reit, auf dem Schiffsdeck. Pferde sind ein immer wieder-kehrendes Motiv in Johannes Brus’ bildhauerischem und fotografi schem Werk. Die Realisation der Arbeit

„Treidelpfad“ von Johannes Brus ist in Zusammenar-beit mit Christian Pettersen entstanden.

ist folgerichtig seine Skulptur ein fi ktiver und zugleich realer Hubschrauberlandeplatz. Mit diesem Werk ist neben den vorhandenen Ver-kehrswegen der Schiene, Straße und des Was-sers nun auch der Luftraum für das Arp Muse-um Bahnhof Rolandseck erschlossen.

Hamish Fulton - seven paces, 2003

Hamish Fulton, einer der prominentesten Ver-treter der Land Art, unternahm für das Arp Museum Bahnhof Rolandseck vom 11.9.2002 bis 13.11.2002 seine bisher längste Wande-rung. Er startete in Bilbao, durchquerte Spanien und Frankreich, erreichte den Tomasee in der Schweiz, eine der Rheinquellen, und wanderte von dort aus entlang des Rheins durch Deutsch-land bis Hoek van HolDeutsch-land zu der Mündung des Rheins in die Nordsee. Für das Arp Museum Bahnhof Rolandseck realisierte Fulton seine erste Public Art- Arbeit in Erinnerung an diese Wanderung und zwar an einer Stelle, die Teil seiner Wanderung war: seven paces, ein guss-eisernes Werk, eingelassen in den Pfad entlang des Rheins nahe dem Bahnhof Rolandseck und gegenüber vom Museum bei Rheinkilometer 632. Typisch für Fulton, unscheinbar, spröde und wenig spektakulär, ist diese Bodenskulptur seit dem 1. November 2003 in der Dimension von 7 Schritten bzw. 6,36 Metern Länge in den Leinpfad eingelassen. 7 Schritte von 3 Millio-nen, die er in 63 Tagen zurücklegte.

Foto: Warburg Foto: Hans Weingartz

92 | Stadt & Kunst

Eberhard Bosslet - „Regenfänger“, 2001 Eberhard Bosslet hat auf der Landzunge von Oberwinter eine ca. zwölf Meter hohe Skulptur, den Regenfänger, realisiert. Der für Remagen von Bosslet entwickelte Turm besteht aus ei-ner allseitig einsehbaren Konstruktion aus Holz und Stahl. Seine Struktur entstammt einem Schalungssystem des Beton-Hochbaus, das in Verbindung mit einem aufgesetzten Trichter aus Stahl zum Regenfänger für Remagen wird.

Das Fallrohr des Trichters befi ndet sich im Zen-trum der Turmstruktur, endet dort in drei Me-tern Höhe und wird bei Regen gleichsam, wie Bosslet sagt, zur „öffentlichen Dusche“. Wie ein point de vue (Blickpunkt) der barocken Gar-tenarchitektur zieht Bosslets Regenfänger den Blick von allen Seiten an. Sowohl von der Stra-ße wie auch aus der weiten Ferne des anderen Flussufers lenkt Bosslets technoide Skulptur unseren Blick. Dadurch entstehen Perspektiven wie in einem Landschaftsbild.

Peter Hutchinson - Thrown Ropes Remagen, 2001

Peter Hutchinson ist einer der ersten ökologischen Ästheten. In Remagen hat er seine bisher größte und komplexeste Bodenarbeit auf der Rheinwiese realisiert, die Teil der Werkgruppe der Thrown Ropes, der „geworfenen Seile“, ist. Hutchinson hat zu diesem Zweck ein zehn Meter langes Seil mehrmals geworfen, um so mehr oder weniger zufällige Linien zu erhalten. Diese Linien, die ge-rade, geschlängelt oder auch gewunden sind, bepfl anzt er mit sorgfältig ausgesuchten, unterschiedlichen Blumen und Sträuchern, die jahreszeitenabhängig grünen, blühen oder auch temporär verschwinden. Aus der Tradition der Land Art heraus betrachtet Hutchinson die Natur als übergeordneten Lebensraum, mit dem er sich intensiv auseinandersetzt und den er durch behutsame gestalterische Eingriffe partiell neu gestaltet, belebt und bewusst macht. In seinem Arbeitsprozess spielen wie in der Natur Zu-fälle und ökologische Idealbedingungen eine fundamentale Rolle. Dies fällt in der ‚Remagener Arbeit’ deutlich ins Auge.

Foto: WarburgFotos: Bossletpublicart

Bittermann & Duka – Geheime Gärten Rolandswerth, 2002 - 2004

Caroline Bittermann und Peter Duka gingen in ihren Arbeiten davon aus, dass Landschaft und Natur als Bild wahrgenommen werden, weil unsere Vorstellungen von Landschaft und Natur durch Bilder bestimmt sind. Sie beriefen sich dabei auf die Geschichte der bis zu 300-jäh-rigen Landschafts- und Gartenarchitektur, die das Gestalten von Natur im Hinblick auf ein äs-thetisches Motiv für ein Bild und nach einem Bild vor Augen hatte. Diese Gedanken griffen Bittermann & Duka auch in ihrer Arbeit gehei-me gärten rolandswerth für Rolandswerth auf.

Am Anfang ihrer Arbeit für Rolandswerth stand deshalb eine Computersimulation: ein Bild von dem Turm, der nun das visuelle und ökologische Zentrum ihrer „geheimen Gärten" ist. Aber auch zu tatsächlicher gärtnerischer Arbeit waren sie gekommen. Der erste Schritt bestand dar-in, die historische viktorianische Gartenanlage des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit Hilfe der Forstbehörde grundlegend zu revitalisie-ren. Zudem wurden Wege angelegt und Park-fl ächen geformt. Fledermäuse und Wildbienen wurden in dem von Bittermann & Duka ent-worfenen Pfl anzenturm aus Beton willkommen geheißen. Zu ihren Entwürfen gehören auch das Eingangstor zu den Gärten, die Typografi e der

Buchstabenskulptur an der rheinseitigen Treppe und die Dokumentation im alten Gewächshaus.

Den theoretischen Ausgangspunkt der gesam-ten Gargesam-tengestaltung bilden die Schrifgesam-ten von Novalis (1772–1801), einem der bedeutendsten Vertreter der Frühromantik. Das Fragment aus Novalis' Allgemeinem Brouillon von 1798: „Die vollendete Speculation führt zur Natur zurück", gilt es, verrätselt auf Tor, Turm und an der Trep-pe aufzufi nden, wie auch die Lettern N-O-V-A-L-I-S an den Park-Bänken.

Der Bezug zur Natur führt auch wieder zurück zum Arp-Museum und der Skulptur Bewegtes Tanzgeschmeide von Hans Arp, das seit 1970 vor dem Bahnhof Rolandseck stand und für Re-staurierungs- und Bauarbeiten am Bahnhof im Jahr 2000 vorübergehend abgebaut wurde. Das nun wiederaufgestellte monumentale Werk von Hans Arp geht auf eine ursprüngliche kleinere Fassung aus dem Jahr 1960 zurück. Basierend auf einer Absprache mit Hans Arp und autori-siert durch Marguerite Arp-Hagenbach erfolgte postum die Vergrößerung im Jahr 1970. Leer-formen in den Plastiken dieses Typus' , die Arp seit Ende der 1950er Jahre entwickelte, fordern den Betrachter gezielt dazu auf, die durch sie hindurch zu sehende und sie umgebende Natur als skulptural integrierte Bestandteile

einzube-ziehen. L.K.

Fotos: Hans Weingartz

94 | Stadt & Kunst

Go Be yond Borders

Der Berliner Tape-Art-Künstler El Bocho hat Teile des

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