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B. Ergebnisse

IV. Diskussion

1.1. Kritik der Methodik

„Erhaltung beschreibt per definitionem einen stabilen Zustand, aber nicht die Eigenschaften dieses Zustandes. Es kann sich dabei um die Erhaltung von Körpermasse, die Erhaltung einer positiven N-Bilanz, die Erhaltung einer ausgeglichenen Bilanz oder um das Ersetzen der endogenen Verluste handeln.

Dabei führt jede zu einem unterschiedlichen Ergebnis.“ (MURPHY 1993)

In der Vergangenheit wurden diverse Vorgehensweisen vorgeschlagen, wie der Erhaltungsbedarf einer Spezies zu quantifizieren sei. Dabei stellte sich schnell heraus, dass es die perfekte Möglichkeit nicht gibt – oder dass sie noch nicht gefunden wurde.

Da bereits für Graupapageien (OTTE 1997), Aras (BRITSCH 2002), Lories (HÄBICH 2004) und andere Spezies (siehe II.4.1.3) der Proteinbedarf im Erhaltungsstoffwechsel mittels der Regressionsanalytik quantifiziert wurde, sollte in der vorliegenden Arbeit das Wissen über den Erhaltungsbedarf an Protein des Ziervogels nicht nur um die Spezies der Amazonen erweitert werden, sondern zudem anhand einer anderen Methodik mit dem bestehenden Wissen zu anderen Spezies verglichen werden. Daher wurde die Methode der nährstofffreien Fütterung für diese Arbeit bewusst gewählt.

Sie bietet zudem eine Vielzahl von Vorteilen: Die Dauer des Versuchs ist im Gegensatz zur Regressionsmethode nur kurz. In der Bilanz Rp wurden die Amazonen für nur elf Tage aus ihrem Gruppenverband genommen und einzeln in Bilanzkäfige verbracht, in der Bilanz M waren es sogar nur zehn Tage. Bei der Regressionsanalyse müssen die Tiere mehrmals für etwa diese Zeitspanne umgesetzt werden, da sie jedes Mal ein anderes Futter mit einem anderen Proteingehalt erhalten. Dies ist mit größerem Stress, längerer Isolation von den Artgenossen und Partnern und damit größerer Frustration verbunden.

Die Methode der nährstofffreien Fütterung ist zudem mit keinem chirurgischen Eingriff oder mehrmaliger Applikation von Markern (Handling!) verbunden, wie es bei

der Isotopendilution der Fall wäre. Im Gegensatz zur EHC-Diät werden jedoch auch die Verluste über den Harn mit erfasst. So werden zwar sämtliche Verluste über die Exkremente erfasst, es kann jedoch auch nicht mehr zwischen unvermeidlichen fäkalen und renalen Verlusten unterschieden werden.

Hinzu kommt die einfache und kostengünstige Laboranalytik, die keine besondere Probenaufbereitung oder Nachweismethodik voraussetzt.

Für die Mengenelemente wurden bisher weder Daten zu den endogenen Verlusten über die Exkremente noch zum Erhaltungsbedarf an diesen Elementen gewonnen.

Die wenigen Daten, die zum P-Bedarf von Nutzgeflügel erhoben werden konnten, wurden mittels Isotopenmarkierung (AL-MASRI 1987) bzw. Regressionsanalyse (HEMPEL et al. 2004, DÄNNER et al. 2006) bestimmt.

Dosis-Effekt-Versuche, wie sie häufig beim Nutzgeflügel Anwendung bei der Bestimmung des Bedarfs für das Wachstum finden, verbieten sich aufgrund der Einstufung der Amazonen als im natürlichen Lebensraum bedrohte Tierart (CITES II1), da eine Analyse der Knochenparameter stets eine Tötung der Tiere einschließt.

Die nährstofffreie Fütterung wurde jedoch auch vielfach kritisiert. Dabei wird v.a. die Richtigkeit der Ergebnisse angezweifelt, da sich der Stoffwechsel der Tiere den veränderten Gegebenheiten anpasst und physiologische Adaptationsmechanismen eine korrekte Erfassung der endogenen Verluste verhindern (näheres siehe Kapitel II.2).

Häufig trifft die Kritik dabei jedoch die nährstofffreie Fütterung wie die Regressionsanalytik gleichermaßen.

So beeinflusst der Proteinreservestatus des Tieres entscheidend, wann der N-Ausgleich erzielt, also die N-Bilanz gleich Null ist (LEVEILLE u. FISHER 1958).

1 CITES II: Tiere sind künftig möglicherweise vom Aussterben bedroht, der Handel mit diesen Tieren bedarf der Genehmigung

Ein an Protein defizitär ernährtes Tier benötigt nur etwa die Hälfte an Stickstoff zum Ausgleich der N-Bilanz, wie es ein zuvor bedarfsdeckend ernährtes Tier brauchen würde. MURPHY (1993) konnte beobachten, dass die N-Bilanzen sich im Laufe der Experimentalzeit änderten und am Ende der Versuchsreihen schneller ausgeglichen waren als zu Beginn.

FORBES beschrieb bereits 1973, dass ein Bilanzausgleich zu verschiedenen Zeitpunkten bei verschiedenen Zuständen erreicht werden kann. Dies trifft sowohl für eine plötzliche Steigerung des Proteingehaltes in der Nahrung zu als auch für eine plötzliche Depletion.

Eine Adaptation des Stoffwechsels der Amazonen nach Umstellung auf das Versuchsfutter wurde somit erwartet, die genauen Größen und der Zeitraum, in dem dies geschieht, gemessen, und diese sollen im Folgenden – auch im Hinblick auf physiologische Anpassungsmechanismen – beurteilt werden.

Erwartungsgemäß konnten in den Exkrementen der Tiere nur sehr geringe Mengen der zu untersuchenden Elemente gefunden werden.

Bei diesen geringen Mengen kommt dem labortechnischen Analysenspielraum jedoch eine besondere Bedeutung zu. Dieser beschreibt die Größe des Messfehlers, der bei jeder Analyse in Kauf genommen werden muss. Er steigt mit Abnahme der Menge des Analyten. Dies bedeutet, dass je weniger von der zu analysierenden Substanz in der Probe vorhanden ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis vom tatsächlichen Gehalt abweicht, und umso mehr kann der Wert

„verfälscht“ sein.

Das Analysenergebnis kann präzisiert werden, indem entweder eine größere Probenmenge für die Analyse verwendet oder die Anzahl der Messwiederholungen gesteigert wird. Da nicht nur die Menge der zu analysierenden Substanz in den Exkrementen der Tiere sehr niedrig war, sondern auch die insgesamt für die Messungen zur Verfügung stehenden Exkrementemengen, war eine größere Probeneinwaage oder eine wiederholte Messung oftmals nicht möglich.

Aus diesem Grund wurde stets von allen Tieren der Mittelwert betrachtet, da davon auszugehen ist, dass eine Überschätzung des Gehaltes ebenso häufig vorkommt wie

eine Unterschätzung, so dass der Mittelwert die wahren Gegebenheiten am besten wiedergibt.

Da zudem auf eine bestmögliche Homogenisierung des Probenmaterials geachtet wurde und die Doppelwerte bei allen wiederholt gemessenen Proben im Analysenspielraum für Futtermitteluntersuchungen (NAUMANN u. BASSLER 1976) lagen, konnte auch bei den einfach gemessenen Proben ein hohes Maß an Repräsentativität angenommen werden.