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II. Schrifttum

2. Endogene Verluste

2.1. Charakterisierung und Definition

Der Verdauungstrakt enthält außer den exogen (d. h. mit der Nahrung) zugeführten Nährstoffen (z.B. Proteinverbindungen und Aminosäuren) auch Nährstoffe, die endogenen Ursprungs sind, d.h. aus dem Tier selbst stammen (KRAWIELITZKI u.

BOCK 1976). Durch Ausscheidung dieser endogen sezernierten Stoffe gehen dem Organismus täglich nicht zu vernachlässigende Mengen an Nährstoffen – allen voran Protein – über den Darmtrakt verloren, die mindestens ersetzt werden müssen, um den Bestand des Körpers an diesen Nährstoffen zu erhalten (FAUCONNEAU u.

MICHEL 1970, DONKOH u. MOUGHAN 1994, ROBBINS 1993). Aber auch bei der Ausscheidung von Harn, d.h. über die Exkretionsorgane gehen täglich Nährstoffe verloren.

Bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurden daher die endogenen Verluste an Protein bei diversen Tierarten bestimmt, um ihren Erhaltungsbedarf berechnen zu können (SMUTS 1935). Heutzutage werden die endogenen Verluste auch – teilweise bereits auf Höhe des Ileums an fistulierten Tieren – bestimmt, um

die Verdaulichkeit eines Nährstoffs schätzen und somit scheinbare Verdaulichkeit und wahre Verdaulichkeit unterscheiden zu können (KRAWIELITZKI u. BOCK 1976, KRAWIELITZKI et al. 1977, HODGKINSON et al. 2000).

Zunächst muss zwischen den unvermeidlichen endogenen Verlusten und den tatsächlichen endogenen Verlusten bei Einsatz eines bestimmten Futtermittels unterschieden werden. So sind unvermeidliche Verluste immer endogener Herkunft, aber nicht alle endogenen Verluste sind unvermeidlich (DÄNNER et al. 2006).

Unvermeidliche endogene Verluste an einem Nährstoff sind eng mit den Stoffwechselfunktionen des Tieres assoziiert und hängen von der Menge der aufgenommenen Nahrung (TS-Aufnahme), der damit verbundenen Menge an Chymus, die den Darmtrakt passiert, und der damit ausgeschiedenen Exkrementemenge (TS-Ausscheidung) ab (BEHM 1955, MANGOLD u. BEHM 1955, MENKE u. HUSS 1987, WILSON u. LEIBHOLZ 1981). Hinzu kommen Parameter wie z.B. der Rohfasergehalt und die damit einhergehende Verdaulichkeit des Futtermittels (MEYER 1956). So konnten z.B. BARTELT et al. (1993) zeigen, dass eine höhere Faserzulage bei Miniaturschweinen zu einem gesteigerten Fluss an Nicht-Futter-N am terminalen Ileum führte. Der Darm-Verlust-N wird ferner nach GEBHARDT (1962) und EGGUM (1973) von der Lebendmasse der Tiere bzw. ihrem Alter und ihrem Geschlecht beeinflusst.

Die absolut unvermeidlichen endogenen Verluste sind im Gegensatz zu den endogenen Verlusten bei Einsatz eines bestimmten Futtermittels per definitionem unabhängig von der Menge und der Quelle des zu bestimmenden Nährstoffs im Futtermittel.

Im Gegensatz dazu stehen die endogenen Verluste, die bei Angebot eines bestimmten Futtermittels (KRAWIELITZKI u. BOCK 1976) oder einer bestimmten Nährstoffquelle auftreten, wie z.B. die endogenen Verluste an Phosphor bei der Fütterung von Soja (FAN et al. 2001, AJAKAIYE et al. 2003) oder Mais (SHEN et al.

2002). So konnten mit Hilfe der 15N-Isotopenverdünnungstechnik für eine Weizen-Mais-Diät mit bzw. ohne Fischmehl höhere respektive geringere endogene Verluste an Stickstoff ermittelt werden (BARTELT et al. 1998).

Die endogenen N-Verluste über den Darm – in der internationalen Literatur auch als

„metabolic fecal nitrogen“ oder „Darm-Verlust-Stickstoff“ bezeichnet – bestehen aus abgeschilfertem Darmepithel (Mukosazellen) und sezernierten Verdauungssekreten (Enzyme), zudem Serum-Albumin, Mucoproteinen, endogenen Peptiden und Aminosäuren, Aminen und Harnstoff (FAUCONNEAU u. MICHEL 1970). Beim Menschen konnten die Proteinfraktionen bestimmt werden, die täglich in den Magen gelangen (DAVENPORT 1982): etwa 10 – 30 g Protein als Sekrete, weitere 10 g aus abgeschilferten Zellen, und 1,9 g stammen aus dem Plasma-Albumin. Als dominierende Aminosäuren des endogen sezernierten Proteins werden – beim Säugetier – v. a. Prolin und Glycin angesehen, da diese als Glycoproteine mit dem Speichel und den Gallensäuren ausgeschieden werden (HOROWITZ 1967, LOW 1982, DE LANGE et al. 1989a). Ein Teil der sezernierten Nährstoffe (etwa 75 %) wird anschließend rückresorbiert und geht dem Körper nicht verloren (LOW 1982, SOUFFRANT 1991, CIVITELLI u. AVIOLI 1994). Hinzu kommen Verluste über den Harn, jedoch auch über Hautabschilferungen (Feder-/ Körperpuder) und Federn (bzw. bei Säugetieren Haarkleid und Schweiß). Letztere werden bei der Bedarfsermittlung jedoch häufig vernachlässigt, da eine Quantifizierung nur mit erheblichem Aufwand zu erreichen ist.

Ein Teil des Stickstoffs endogener Herkunft und aus dem Futter wird von Bakterien gebunden. Die Menge wird dabei durch das Futter selbst und insbesondere die N-Aufnahme mit dem Futter beeinflusst und macht etwa 2–3 % des aufgenommenen Futter-N aus (BARTELT et al. 1995). So steigt der endogene N-Anteil von 40 % im letzten Ileumabschnitt auf 55 % im Kot. Dieser dem Dickdarmabschnitt zuzuordnende Anteil ist zum großen Teil bakteriellen Ursprungs (DÄNICKE et al. 2000a). Es konnte gezeigt werden, dass bis zu 50 % des insgesamt mit dem Kot ausgeschiedenen Stickstoffs bakteriell gebunden vorliegt (GARGALLO u. ZIMMERMANN 1981, MEINL u. KREIENBRING 1985, MOSENTHIN 1987).

Die nachstehende Abbildung (Abb. II–3) soll schematisch die Wege von endogenen Verlusten im Tierkörper am Beispiel des Stickstoffs (N) darstellen.

Abb. II–3: Schematische Darstellung des Gesamtkörper-N und dessen Beziehung zum Gastrointestinaltrakt des Vogels

Die endogenen Verluste werden mit unterschiedlichem Dimensionen angegeben:

bezogen auf die Körpermasse (mg(g)/kg KM/d), das metabolische Körpergewicht, also die Stoffwechselmasse mit ihrem Bezug zur Körperoberfläche (mg(g)/kg KM0,75), oder auch auf die aufgenommene Futtermenge (mg(g)/g TS) oder ausgeschiedene Exkrementemenge (mg(g)/g TS).

Endogene Verluste gibt es nicht nur beim Protein, sondern auch bei den Mengenelementen. Bei diesen spielt v.a. die Spezies für die Angabe der Dimension eine große Rolle.

Bei Wiederkäuern hängen die endogenen Verluste an Phosphor mit dem Kot von der aufgenommenen TS-Menge ab (SPIEKERS et al. 1992, RODEHUTSCORD 1994).

An Ziegen konnte gezeigt werden, dass diese hauptsächlich vom Anteil verdaulicher organischer Substanz bestimmt werden (RODEHUTSCORD 1994). Bei wachsenden Schweinen ist eine Korrelation mit der Körpermasse noch nicht vollständig geklärt (JONGBLOED u. EVERTS 1992, RODEHUTSCORD 1995, RODEHUTSCORD et al.

Kot-N

NF: Stickstoff aus dem Futter; Ne: Stickstoff endogener Herkunft; Nb: Stickstoff, welcher bakteriell gebunden vorliegt

Exkremente-N

1998). Bei beiden Spezies treten die endogenen Verluste hauptsächlich über den Kot auf, wohingegen die Verluste über den Harn eher gering sind. Für Nutzgeflügel wird von der GfE (1999) ein Zusammenhang mit dem Körpergewicht angenommen – eine Annahme, die von DÄNNER et al. (2006) bei Puten jedoch nicht bestätigt werden konnte.

Im Gegensatz zu den P-Verlusten besteht zwischen den N-Verlusten und der TS-Aufnahme und der damit verbundenen Aufnahme unverdaulichen Materials (Rohfaser) ein linearer Zusammenhang, da der mechanische Effekt die endogenen Verluste steigert (SAUER et al. 1977, DE LANGE et al. 1989a, BUTTS 1993a).