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Kriterien zur Darstellung des Entscheidungsprozesses

2. Entscheidungsfindung in Organisationen

2.3. Entscheidungsprozesse und

2.3.1. Kriterien zur Darstellung des Entscheidungsprozesses

2.3.1. Kriterien zur Darstellung des Entscheidungsprozesses

Bevor die Prozesse des Entscheidungshandelns als (zeitlicher) Ablauf konkretisiert werden, ist eine Klarstel-lung einiger Analyseaspekte nötig. Um Entscheidungs-prozesse zu beschreiben, sollen im Folgenden die Krite-rien an die Darstellung, insbesondere im Hinblick auf die Komplexität und ihren zeitlichen Umfang, erläutert wer-den.

Die klassische Betrachtung des Prozesses in der Ent-scheidungsforschung basiert auf den Arbeiten von March und Simon (1958). Sie beschäftigten sich als Erste mit der Frage, nach welchen Prozessabläufen eine Auswahl hin zur Entscheidung getroffen wird. Sie definierten drei Phasen der Entscheidung:3

- Sammeln von Informationen

- Entwickeln eines Handlungsplanes - Wahlphase

3 So auch Rosenstiel/Nerdinger 2011, S. 347.

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Ihre Forschung wurde im Laufe der Zeit weiter ausge-baut, und die Phasen wurden detaillierter. Die klassische Entscheidungsforschung konzentrierte sich auf die Be-trachtung der Alternativenauswahl und dem letzten Ent-scheidungsakts, wobei die Entscheidungsforschung da-bei eine retrospektive Sichtweise einnimmt (vgl. Martin 2001, S. 5 f.), d.h., die Entscheidung wurde erst nach ihrem Vollzug empirisch betrachtet. Eine Schwierigkeit, die vielen theoretischen Analysen immanent ist, scheint deshalb ihre „Rückwärtsgewandtheit“ zu sein, d.h., Inter-pretation und Legitimierung finden auf der Basis von Vergangenheitsdaten statt. Diese Perspektive kann vor dem Hintergrund einer abgeschlossenen Entscheidung als finalen Elements des Prozesses dem Beobachter die Möglichkeit der rückwirkenden Betrachtung geben. Je-doch gehen einzelne Aspekte des Prozesses durch die nachträgliche Betrachtung, wie die Betrachtung des scheidungsgegenstandes, die Verhaltensweise im scheidungsprozess, die Behandlung nicht gewählter scheidungsalternativen etc., unter. Der Weg, der zur Ent-scheidung führt, gibt aber die Aufgabe auf, die Problem-wahrnehmung stärker in den Vordergrund zu stellen als

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die Lösungsorientierung, denn darin liegt das Forscher-potenzial, um Entscheidungsprozesse als Teilaktivitäten wahrzunehmen, zu beleuchten und ins organisatorische Handeln einzubinden. Martin (2001, S. 5) schlägt deshalb einen Perspektivenwechsel von der rückwärtsgerichteten Entscheidungstheorie zur Problemhandhabung vor. Auch diese Sichtweise erscheint einschränkend, wenn der Fo-kus lediglich auf die Lösungen bei der Entscheidung ge-richtet ist. Vielmehr können Entscheidungen auch auf andere Entscheidungen bezogen sein, wie in Projekten, Entscheidungen über künftige Ziele, Verbesserungsent-scheidungen etc.

Die Entscheidungsforschung basiert auf der Beschrei-bung und Erklärung verhaltenstheoretischer Forschung, d.h., die empirischen Grundlagen sind im Entschei-dungsprozess durch eine Fokussierung auf bestimmte Variablen vereinfacht. Die Realität wird „im Reagenzglas“

dargestellt und empirisch erforscht, d.h., es wurden ge-wisse Konstellationen von Variablen analysiert, und in der jeweiligen Konstellation kommt es zu stabilen Ent-scheidungsprozessen. Die Realität von Laboruntersu-chungen zum Entscheidungsverhalten ist gefiltert, wird

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aber in vielen Wissenschaften zur Komplexitätsreduktion genutzt. Die Umwelt des Entscheidungsprozesses ist derartig komplex, dass der Kunstgriff der Ex-post-Analyse eher allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zuta-ge fördert. Vieles spricht zuta-gezuta-gen ein solches Vorzuta-gehen.

Trotzdem gibt es typische Muster, die einen Erkenntnis-wert haben, ohne sofort an handlungstheoretische Gren-zen zu stoßen.

Um der Komplexität von Entscheidungsprozessen und ihrer Darstellung sowie Analyse gerecht zu werden, wer-den in der betriebswirtschaftlichen Wissenschaft mithilfe der mathematischen Einordnung durch Formeln o.Ä.

Entscheidungsstrukturen abgebildet. Die Alternativen-auswahl als logisch-analytische Rationalität erfährt eine Darstellbarkeit in Formeln (vgl. Gigerenzer/Gaissmaier 2006, S. 1), aber vernachlässigt dabei die weichen Ele-mente (wie Emotionen), die die Betriebswirtschaft von ihren Nachbardisziplinen, wie u.a. der Psychologie,

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kieren lässt.4 Das Erklärungspotenzial von Formeln, an-gewandt auf die entscheidungspraktische Wissenschaft, ist als gering einzustufen. Dies resultiert aus der Einsicht, dass es auch immer eine Reihe anderer Variablen gibt, die dadurch unberücksichtigt bleiben (vgl. Wossidlo 1975, S. 102 ff.). Um Entscheidungsprozesse adäquat abzubilden, muss aber auch der Anspruch bestehen, dass die Realität des Entscheidungsverhaltens in Orga-nisationen wiedergegeben werden kann, und nicht, dass der Grad der Abstraktheit so realitätsfern ist, dass eine Darstellung nicht möglich ist. Weiterhin darf die Darstel-lung von Entscheidungsprozessen nicht zu stark verein-facht dargestellt werden, damit sie in jede Entschei-dungsschublade passt. Die Forschungssubstanz „Grup-penentscheidung“ stellt dabei aufgrund diverser Aufga-ben, sozialer Effekte und Situationen eher eine Kompli-zierung als eine Erleichterung dar (vgl. Auer-Rizzi 1998, S. 161).

4Mit der Frage, wieviel Psychologie die Betriebswirtschaft in Bezug auf die Organisationsforschung braucht, hat sich u.a. Simon (1959, S. 82–108) beschäftigt. Auch die Psychologie hat ihre Grenzen in der Entscheidungsforschung. Diese beschreiben Nerdinger und Rosenstiel (2011, S. 367).

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Diese Aspekte sind im Folgenden wichtig für die Bewer-tung der Qualität heuristischer Entscheidungen in Grup-pen und deren ökologisch-rationaler Natur.

Die Beschreibung von Entscheidungsphasen ist in der Theorie umstritten, und ihre Vertreter/-innen argumentie-ren auch schlüssig: Zum einen sind die einzelnen Be-standteile des Entscheidungsprozesses nicht klar festge-legt; sie variieren oft zwischen drei und sechs Teilschrit-ten. Zum anderen gehört das Beschreiben der Prozess-aktivitäten eher zur normativen Entscheidungstheorie und wird dort als Handlungsmaxime gesehen, um den Entscheidungsprozess zu optimieren. Bei aller Kritik, die die Phasenmodelle erfahren, sowie der fragwürdigen Anwendbarkeit in der Realität soll diese Beschreibung dennoch erfolgen, um mit diesem Verständnis die Basis für weitere Überlegungen in Richtung ausgewählter Feh-ler in den kollektiven Entscheidungsprozessen von Grup-pen zu bilden. Die Phasen sind durchaus nachvollziehbar und beschreiben die theoretische Prozesslogik immer ähnlich.