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Nach Krankheiten, die das Herz-Kreislauf-System betreffen, stellen Krebserkrankungen eine der häufigsten Todesursachen weltweit dar. Laut des aktuellen Berichts der Weltgesundheits-organisation (WHO, World Health Organization) traten im Jahr 2012 etwa 14 Millionen Neuerkrankungen und 8,2 Millionen Krebs-assoziierte Todesfälle auf.1,2 Darüber hinaus erwartet die WHO, dass die Zahl der Neuerkrankungen innerhalb der nächsten 20 Jahre um weitere ~ 70 % ansteigen wird. Dieser Anstieg ist vor allem auf eine höhere Lebenserwartung der Menschen und den Rückgang an lebensbedrohlichen Infektionskrankheiten zurück-zuführen, da das Risiko an Krebs zu erkranken mit zunehmendem Alter exponentiell zunimmt.1–4 So liegt das Durchschnittsalter aller Krebspatienten bei etwa 70 Jahren. In Deutschland rechnet das Statistische Bundesamt bis 2060 mit einer erhöhten Lebenserwartung von ca. 89 Jahren für Frauen und etwa 86 Jahren für Männer (Abbildung 1).5 Dies stellt einen Zuwachs der Lebenserwartung von ~ 6 Jahren bei Frauen bzw. ~ 8 Jahren bei Männern im Vergleich zur Lebenserwartung der Menschen in Deutschland, die 2010/2012 geboren wurden, dar.5 Mit dieser Entwicklung einhergehend wird daher auch die Anzahl an Krebs-Neuerkrankungen in Deutschland weiterhin deutlich zunehmen.

Abbildung 1: Lebenserwartung von Mädchen und Jungen in Deutschland in den Geburtsjahren von 1991/1993 bis 2060. Ab 2014 sind Annahmen der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes dargestellt. Die Grundlage für die Basisannahme L1 lieferte eine Kombination aus der kurzfristigen Trendentwicklung seit 1970/1972 und der langfristigen Trendentwicklung seit 1871/1881. Die Annahme L2 stützt sich dagegen auf die Voraussetzung, dass sich die Verbesserung der medizinischen Versorgung und damit die Verringerung des Sterberisikos in

Aufgrund dieser Prognose hat nicht nur die Weiterentwicklung von bereits bestehenden Therapieansätzen eine zentrale Bedeutung im Kampf gegen Krebserkrankungen, sondern auch die Erforschung ihrer Entstehung und der für die verschiedenen Krebsarten spezifischen Eigenschaften. So versucht man im Rahmen der sogenannten molekularen Onkologie ein erweitertes Verständnis der molekularen Grundlagen von Krebserkrankungen zu erlangen, um neue, effektivere Wirkstoffe und innovative Behandlungsstrategien zu entwickeln.4 Darüber hinaus geht man davon aus, dass durch neue Erkenntnisse aus dem Bereich der molekularen Onkologie auch wirkungsvollere Diagnoseverfahren entwickelt werden können, die eine verlässliche Früherkennung von Krebserkrankungen ermöglichen. Da fast alle Tumorarten in ihren frühen Entwicklungsstadien erfolgreicher therapiert werden können als in fortgeschrittenen Stadien, ist dies von besonders großem Interesse.1,2,4

Im Allgemeinen entwickeln sich Tumorzellen aus gesunden Gewebezellen durch einen Prozess, der als Transformation bezeichnet wird. Die Transformation zu malignen Zellen wird dabei in normalen, ausdifferenzierten Zellen durch solche Gendefekte vermittelt, die ein unkontrolliertes Wachstum ermöglichen und so die Gewebshomöostase stören. Gene, in denen solche Mutationen auftreten können, bezeichnet man als sogenannte Proto-Onkogene oder Tumorsuppressorgene, deren Expressionsprodukte maßgeblich an der Regulation der Zellproliferation bzw. des programmierten Zelltods, der Apoptose, beteiligt sind.6–8 Durch genetische Veränderungen entstehen schließlich die entsprechenden Onkogene, deren fehler-hafte Expressionsprodukte eine ständige Aktivierung der Zellteilung bzw. eine Inhibition der Apoptose zur Folge haben.6 Ursachen für diese genetischen Defekte können neben einer Vererbung energiereiche Strahlung (z.B. UV- oder ionisierende Strahlung), chemische Karzinogene, wie z.B. Asbest oder Komponenten des Zigarettenrauchs, und Infektionen mit bestimmten Bakterien oder Viren (biologische Karzinogene) sein.1 Normalerweise ist für die Entstehung von malignen Tumoren dabei nicht nur eine einzelne, sondern eine Reihe von Mutationen notwendig, die oft über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg entstehen und erst im Zusammenspiel zu einer Krebserkrankung führen.7,8

Tumorzellen unterscheiden sich nicht nur aufgrund ihres unkontrollierten und potentiell unendlichen Wachstums (Immortalität) grundlegend von gesunden Zellen, sondern weisen auch darüber hinaus weitere, für Krebszellen eindeutig charakteristische Eigenschaften auf.

Die wesentlichen Charakteristika von Tumorzellen bzw. Tumoren wurden bereits im Jahr 2000 von Hanahan & Weinberg als „Hallmarks of Cancer“ beschrieben und schließlich 2011

Hierzu zählen die Unabhängigkeit von externen Wachstumssignalen, eine geringe oder gänzlich fehlende Sensitivität gegenüber proliferationshemmenden oder Apoptose-induzierenden Signalen, die Fähigkeit den programmierten Zelltod zu umgehen (Resistenz-mechanismen) sowie die Ausbildung von neuen Blutgefäßen (Tumorangiogenese) zur eigenen Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen zu initiieren. Darüber hinaus besitzen viele Tumorzellen die Fähigkeit sich vom Primärtumor zu lösen (Evasion), über das Blut-gefäßsystem in andere, auch weit entfernte Gewebe zu gelangen, in diese einzudringen (Invasion) und neue Tochtergeschwülste zu formieren (Metastasierung). Für solche, das Tumorwachstum und die Metastasierung fördernde Prozesse spielt die Interaktion der Tumorzellen mit dem umliegenden Gewebe (tumor microenvironment) und der extra-zellulären Matrix (ECM, extracellular matrix) eine essentielle Rolle.9,10

Abbildung 2: Die „Hallmarks of Cancer“ wie von Hanahan & Weinberg in Cell (2000) beschrieben.9

Die charakteristischen Eigenschaften von Krebszellen, welche sie von nicht-malignen Zellen deutlich unterscheiden, bieten also eine Vielzahl an therapeutischen Angriffspunkten und somit die Basis für die Entwicklung von neuen Wirkstoffen für die Chemotherapie. Diese stellt neben operativen Eingriffen und der Strahlentherapie die dritte Säule der medizinischen Behandlung von Krebserkrankungen dar und wird häufig in Kombination mit einer der beiden zuerst genannten Methoden eingesetzt.1,2 In der modernen Chemotherapie werden sogenannte Zytostatika eingesetzt. Hierbei handelt es sich um natürliche, semi- oder auch vollsynthetische Verbindungen, welche durch verschiedenste molekulare Wirkmechanismen das Zellwachstum bzw. die Zellteilung hemmen und letztendlich den programmierten Zelltod auslösen. So besitzen zum Beispiel verschiedene, in der Chemotherapie eingesetzte Platinverbindungen aufgrund ihrer Wechselwirkung mit der DNA und der damit einhergehenden Inhibition der

Durch die im Vergleich zu nicht-malignen Zellen erhöhte Proliferationsrate von Tumorzellen, wirken Zytostatika stärker auf maligne Zellen und besitzen daher eine gewisse Selektivität für diese. Dennoch beeinflussen diese Substanzen auch die Teilungsfähigkeit von normalen Zellen und schädigen so gesundes Körpergewebe, wodurch teilweise schwerwiegende Neben-wirkungen entstehen können. Hiervon sind vor allem Knochenmarkzellen, Zellen der Haarwurzeln sowie Zellen der Schleimhäute im Gastrointestinaltrakt betroffen, da es sich hierbei ebenfalls um rasch proliferierende Zellen handelt, die eine ständige Erneuerung des entsprechenden Gewebes ermöglichen.14,15 Eine gestörte Blutbildung, Haarausfall, starke Übelkeit und Erbrechen (Emetogenität) sowie Entzündungen sind die Folge. Aufgrund der häufig gravierenden Nebenwirkungen für Patienten und der vermehrt auftretenden Resistenzen gegenüber den derzeit in den Standardtherapien eingesetzten Zytostatika wird in der (prä-)klinischen Forschung weiterhin nach neuen, optimierten und selektiveren Wirkstoffen für die Tumortherapie gesucht.

Darüber hinaus treten auch immer mehr antimetastatische Verbindungen in den Vordergrund der medizinischen Forschung, da die meisten Patienten nicht aufgrund ihres Primärtumors sterben, sondern in der Regel den durch Metastasen ausgelösten Folgeschäden erliegen.16 Eine weitere vielversprechende Klasse an Wirkstoffkandidaten für die Tumortherapie stellen sogenannte antivaskuläre Verbindungen dar, welche die Ausbildung eines eigenen Blut-gefäßsystems in Tumoren verhindern (antiangiogene Wirkung) oder bereits bestehende Gefäßsysteme zerstören (vaskular-disruptive Wirkung) können.17–20 Antivaskuläre Verbin-dungen beeinträchtigen dabei nicht nur das reine Wachstum von Tumoren, sondern verhindern zusätzlich metastatische Prozesse, da das tumorale Blutgefäßsystem bei der Metastasierung von Tumorzellen eine entscheidende Rolle spielt.21 Wie zuvor erwähnt, werden Platinkomplexe, wie zum Beispiel Cisplatin (Abbildung 3) und hiervon abgeleitete Analoga, bereits in der modernen Chemotherapie eingesetzt und bilden somit eine gute Grundlage für die Entwicklung effektiverer bzw. selektiverer metallbasierter Wirkstoffe für die Krebstherapie.22–24 Auch bei der Suche nach neuen antivaskulären bzw. antimetastatischen Verbindungen sind Metallkomplexe vermehrt auf dem Vormarsch und stellen erfolgs-versprechende, neue Wirkstoffkandidaten dar. Der Fokus liegt dabei neben Platin-haltigen Verbindungen vor allem auf Ruthenium- und Gold-basierten Komplexen,24–26 wobei N-heterozyklische Carbene (NHCs) vielversprechende Liganden für biologisch aktive Metallkomplexe darstellen, da sie unter anderem einfach zu synthetisieren und zu variieren