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Wie zuvor in der Einleitung unter Abschnitt 1.2 beschrieben, stellt die DNA den primären, zellulären Angriffspunkt für Cisplatin und hiervon abgeleitete Pt(II)-Komplexe dar.11,13,35,196

Aus diesem Grund sollten auch die in dieser Arbeit verwendeten Platin(II)-NHC-Komplexe auf eine Interaktion mit DNA hin untersucht werden. Die Analysen zur kovalenten Wechsel-wirkung mit DNA (CT - calf thymus/Kalbsthymus; Abschnitt 3.11.3), Initiation einer CT-DNA-Aggregation (Abschnitt 3.11.4) sowie zur Morphologie und Induktion von lysogenen E. coli-Bakterien (Abschnitt 3.11.5) wurden von Prof. Dr. Jana Kašpárková und Prof. Dr.

Viktor Brabec (Department of Biophysics, Palacky University in Olmütz, Tschechien und Institute of Biophysics, Academy of Science in Brünn, Tschechien) durchgeführt.

3.11.1 Electrophoretic Mobility Shift Assay

Die Interaktion der Platin(II)-Carbenkomplexe mit Plasmid-DNA wurde mit Hilfe des electrophoretic mobility shift assays (EMSA), welcher auch als Bandenretardations-Assay bekannt ist, untersucht. Dieser wird normalerweise für die Analyse von Protein-DNA-Wechselwirkungen verwendet, kann jedoch auch zur Untersuchung der Interaktion von

Für den Assay wurden entweder 1.5 µg zirkulärer oder 0.5 µg linearisierter, doppelsträngiger pBR322-Plasmid-DNA mit unterschiedlichen Konzentrationen der Komplexe (5, 10, 25 und 50 µM) für 24 h bei 37 °C in TE-Puffer inkubiert (Gesamtvolumen der einzelnen Proben 20 µL). Unbehandelte DNA-Proben dienten als Negativkontrollen. Die Linearisierung des Plasmids erfolgte durch Restriktionsverdau des pBR322-Plasmids mit HindIII (New England Biolabs; 50 U/µg DNA, 1 h, 37 °C) und anschließende Hitzeinaktivierung (20 min bei 65 °C).

Nach der Inkubation wurden zu jedem Ansatz 5 µL DNA-Probenpuffer gegeben und die DNA-Proben in einem 1 %-igen Agarosegel elektrophoretisch aufgetrennt (4 h bei 66 V). Das Gel wurde für 30 min in Ethidiumbromid-Färbelösung (EtBr-Lösung) gefärbt und die DNA-Banden mit einem UV-Transilluminator-System detektiert.

3.11.2 Ethidiumbromid-Fluoreszenz Assay

Um die Interaktion ausgewählter Pt(II)-NHC-Komplexe mit DNA anhand einer weiteren Methode zu analysieren bzw. zu bestätigen, wurde ein Fluoreszenz-basierter EtBr-Sättigungs-Assay durchgeführt. Die Fluoreszenzintensität von EtBr wird durch eine Interkalation in die DNA deutlich verstärkt.199 Sind die Interkalationsstellen für EtBr jedoch aufgrund kovalenter oder nicht-kovalenter Wechselwirkungen von Substanzen mit der DNA nicht mehr zugänglich, so liegt eine reduzierte Fluoreszenzintensität vor.

In die wells einer schwarzen 96-well-Platte wurden 90 µL TE-Puffer gegeben und mit jeweils 10 µL Lachsspermien-DNA (0,1 mg/mL, Endkonzentration: 1 µg/100 µL) versetzt. Zusätzlich wurden in jedes well 11,1 µL von 10-fach höher konzentrierten Vorverdünnungen der Metallkomplexe (in bidest. H2O) gegeben, sodass sich analog zum EMSA jeweils End-konzentrationen von 5, 10, 25 und 50 µM ergaben. Für die Negativkontrollen wurden, der höchsten eingesetzte Konzentration der Komplexe entsprechend (50 µM), analoge Mengen an DMF bzw. DMSO (in bidest. H2O) verwendet. Jede Probe wurde dabei in Doppelauftragung angesetzt. Um eine mögliche Hintergrundfluoreszenz der Substanzen zu berücksichtigen, wurden entsprechende Verdünnungsreihen der Komplexe ohne DNA (100 µL TE-Puffer + 11,1 µL der Vorverdünnungen) vorbereitet. Die Platten wurden für 2 h bei 37 °C inkubiert.

Anschließend erfolgte die Zugabe von 100 µL einer 10 µg/mL konzentrierten EtBr-Lösung pro well und eine Inkubation für 5 min bei RT, bevor die EtBr-Fluoreszenzintensität bei einer Anregungswellenlänge von 535 nm und einer Emissionswellenlänge von 595 nm am

Für die Auswertung wurden zunächst die Mittelwerte der Fluoreszenzintensitäten aus den jeweiligen identischen Ansätzen gebildet und die Testreihen anschließend um die entsprechende Hintergrundfluoreszenz (jeweiliger Komplex in verschiedenen Konzen-trationen + EtBr) korrigiert. Die Fluoreszenzintensität der Negativkontrollen wurde gleich 100 % gesetzt (100 % EtBr-Fluoreszenzintensität bzw. 100 % Sättigung der DNA mit EtBr) und die Intensitäten der behandelten DNA-Proben auf diesen Referenzwert bezogen.162,200 3.11.3 Kovalente Wechselwirkung mit doppelsträngiger CT-DNA

Doppelsträngige CT-DNA (42% G + C, mittlere Molmasse ca. 2 × 107 g/mol) wurde in einer Konzentration von 0,32 mg CT-DNA/mL mit ausgewählten Pt(II)-Carbenkomplexen (5 × 10-5 M) bei einem ri von 0,05 (ri - Molverhältnis von freiem Platin zu den Nukleotid-phosphatresten der DNA zu Beginn der Inkubation) und 37 °C in 10 mM NaClO4-Lösung inkubiert. In regelmäßigen Intervallen wurden Proben aus der Lösung entnommen, welche zur vollständigen Entfernung ungebundener sowie nicht-kovalent gebundener Moleküle der Platinkomplexe zunächst gegen 1 M NaCl-Lösung und anschließend gegen MilliQ Wasser dialysiert wurden (jeweils 1 h, bei 4 °C). Bevor der Platingehalt an der DNA (entspricht dem Anteil an kovalent gebundenen Molekülen der Platinkomplexe) schließlich mittels FAAS ermittelt wurde, wurde die DNA-Konzentration der Proben photometrisch bestimmt (ε260 = 6400 L × mol-1 cm-1).162

3.11.4 Aggregation von CT-DNA

Die Fähigkeit einiger Platinkomplexe, eine Aggregation bzw. Kondensation von DNA zu verursachen, wurde über die bei diesem Prozess auftretende erhöhte Lichtstreuung nach einem Protokoll von Vijayanathan et al. untersucht.201 Zunächst wurden die 10 mM Stammlösungen der Komplexe sowie der Kakodylat-Puffer (10 mM, pH 7,2) sterilfiltriert (0,22 µm Spritzenfilter), um eine Verfälschung/Störung der Analyse durch Staubpartikel zu vermeiden. In einer Quarz-Küvette (Schichtdicke 1 cm) wurde eine 1,5 µM Lösung der CT-DNA in einem Gesamtvolumen von 2,5 mL hergestellt. Die Pt(II)-Komplexe wurden in einem Volumen von 1 µL zu der DNA gegeben, um die gewünschte Konzentration zu erreichen. Die Proben wurden gründlich durchmischt und anschließend für 10 min bei Raumtemperatur inkubiert. Die Intensität der Lichtstreuung wurde im 90°-Winkel zur Lichtquelle mit Hilfe eines Varian Cary Eclipse Spectrofluorophotometer bei gleicher

Die Breite der Strahlengänge für die Anregung und Emission betrug jeweils 5 nm, während die Integrationszeit des gemessenen Signals auf 5 s festgesetzt wurde. Darüber hinaus wurde die Absorption der mit den Pt-Komplexen behandelten CT-DNA bei einer Wellenlänge von 350 nm ermittelt, dessen Zunahme ebenfalls als Maß für eine DNA-Aggregation bzw.

Kondensation induzierende Wirkung der Testsubstanzen verwendet werden kann.162,202 3.11.5 Effekte auf die Morphologie und Untersuchung zur Induktion des lysogenen Zyklus von E. coli-Zellen

Die für die Untersuchungen zur Morphologie verwendeten Escherichia coli-Bakterien (E. coli, CCM 7929) wurden von der Tschechischen Sammlung von Mikroorganismen (Czech Collection of Microorganisms, CCM) als gefriergetrocknetes Pellet erhalten. Die Bakterienzellen wurden zunächst rehydratisiert und nach Angaben der CCM auf LB-Agarplatten (LB - lysogeny broth) kultiviert. Der E. coli-Stamm GY 5027 envA uvrB (λ), welcher mit dem Bakteriophagen λ infiziert ist, wurde dagegen von Dr. Vojtiskova (Institute of Biophysics, v.v.i in Brünn, Tschechien) als bereits bestehende Kultur auf Agarplatten zur Verfügung gestellt. Die Effekte auf die Morphologie sowie die Induktion des lysogenen Zyklus von E. coli-Zellen wurden nach Behandlung mit den Platinkomplexen 49 anhand von bekannten Protokollen untersucht.203,204

Für die Untersuchungen der Bakterienmorphologie wurde eine Kolonie des E. coli-Stamm CCM 7929 über Nacht bei 37 °C in LB-Medium bis zur stationären Wachstumsphase kultiviert. Aus der Zellsuspension wurden 100 µL entnommen und diese in 6 mL LB-Medium weiterinkubiert bis bei 600 nm eine optische Dichte von 0,5 erreicht war. 50 µL-Aliquots dieser Bakteriensuspension wurden in frische 6 mL LB-Medium gegeben, welches zusätzlich 30 µM der zu testenden Pt(II)-NHC-Komplexe 49 oder 30 µM Cisplatin enthielt. Als Kontrolle wurden unbehandelte E. coli-Zellen verwendet. Die Inkubation mit den Testsubstanzen erfolgte für 5 h, bevor jeweils 5 µL der behandelten Bakteriensuspension auf einen Objektträger gegeben und mit einem Konfokalmikroskop (Leica TSC SP-5 X, HCX PL APO lambda blue 63.0x1.20 water UV Objektiv, Leica EL6000 Lichtquelle und micro max CCD Kamera HCX 365 FX) analysiert wurden.

Für die Analysen zur lytischen Transformation wurden 6 mL LB-Medium mit GY 5027 envA uvrB (λ) E. coli-Bakterien beimpft und diese bei 37 °C über Nacht bis zur Sättigung kultiviert. Aus der Zellsuspension wurden ebenfalls 100 µL entnommen und diese in 6 mL LB-Medium weiterinkubiert bis bei 600 nm eine optische Dichte von 0,5 erreicht war. 50 µL-Aliquots dieser Bakteriensuspension wurden in frische 6 mL LB-Medium gegeben, welches zusätzlich 30 µM der zu testenden Pt(II)-NHC-Komplexe 49 oder 30 µM Cisplatin enthielt. Als Kontrolle wurden unbehandelte E. coli-Zellen verwendet. Die Inkubation der Bakterienkulturen erfolgte für weitere 5 h. Anschließend wurden jeweils 10 µL 1000-facher Verdünnungen der verschiedenen behandelten Suspensionen auf eine LB-Agarplatte (Top-Agar 0,5 %) gegeben, auf der bereits ein Rasen an nicht-infizierten E. coli-Zellen (CCM 7929) besteht. Als Kontrollen wurden auch 10 µL der reinen Platinkomplexe (30 µM) sowie unbehandelte GY 5027 envA uvrB (λ) E. coli-Zellen auf die Agarplatte aufgetragen. Nach Inkubation über Nacht bei 37 °C wurde die Platte auf die Ausbildung von Plaques (Lyse der Bakterienzellen) hin untersucht.