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Konzeptionelle Entwicklungslinien und Meilensteine

Im Dokument Raumordnung in Österreich (Seite 42-45)

3 REGIONALPOLITIK UND -ENTWICKLUNG IN ÖSTERREICH

3.2 Konzeptionelle Entwicklungslinien und Meilensteine

Entwicklung der konzeptionellen Ansätze:

der österreichische Weg

Die erstmalige Wahrnehmung der Regionalpolitik als expliziten Politikbereich war verbunden mit einem paradigmatischen Übergang weg von traditionell geprägten Konzepten. Diese Ansätze fokussierten in ers ter Linie auf die Bereitstellung von externen Impulsen (z. B. Betriebsansiedelungen, Zuflüsse, Kapital/Know-how, Infrastrukturbereitstellung), um regionale Entwicklung zu ermöglichen und räumliche Ungleichheiten zu überwinden. Verfolgt wurden ab Ende der 1970er-Jahre zunehmend sys-temische Ansätze der endogenen Regionalpolitik.

Diese Diskussion wurde in Österreich unter den Titeln der „eigenständigen Regionalpolitik“ und später der „endogenen Erneuerung“ geführt.

Der Paradigmenwechsel baut auf der Erkenntnis auf, dass wichtige Faktoren, die die regionale Entwicklung beeinflussen, an die Region gebunden sind: Sied-lungs- und Infrastruktur, die Fähigkeiten und Spezia-lisierungen der Unternehmen und der Beschäftigten und deren Verflechtungen sowie die institutionellen Strukturen. Regionale Entwicklung fußt daher auf der Stärkung des Potenzials, das aus der Region selbst kommen muss. Damit tritt die Region selbst in den Fokus für konkrete Lösungen, während die

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MARKUS GRUBER/SIMON POHN-WEIDINGER

politik die Rahmenbedingungen und Strukturen da-zu schafft.

Nachdem der umfassend angelegte Ansatz der ei-genständigen Regionalentwicklung vor allem auf entwicklungsschwache ländliche Regionen angelegt war, verlagerte sich mit den Strukturkrisen der alten Industriegebiete in den 1980er-Jahren der räumliche Schwerpunkt vermehrt auf strukturschwache Indus-trieregionen und damit auf eine stark wirtschafts-orientierte „Innovationswirtschafts-orientierte Regionalpoli-tik“. Damit verbunden war ein Übergang auf eine klare Wirtschaftsorientierung der regionalen Ent-wicklungsansätze, der später durch die Übernahme der EU-Regionalpolitik weiter ausgebaut wurde.

Die „Innovationsorientierte Regionalpolitik“ wurde in der Folge durch Konzepte der (regionalen) „Inno-vationssysteme“ sowie das in Österreich intensiv ver-wendete Cluster-Konzept ergänzt. Damit wurde das Netzwerk- und Kooperations-Paradigma verankert.

Aktuell werden diese konzeptionellen Ansätze durch das Konzept der „intelligenten Spezialisierung“

(„smart specialisation“) ergänzt, das vermehrt auf die Kombination bestehender Stärken mit Zukunfts-trends und -technologien setzt und dabei vor allem auch auf die Bedeutung des Territoriums für erfolg-reiche Innovationsstrategien hinweist (EK 2014).

Das Ausgleichsziel wurde durch einen strukturpolitischen Ansatz abgelöst.

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN Regionalpolitik und ihre Reichweite (Strate-gische Ebene): Grundsätzlich umfasst Raument-wicklung alle raumwirksamen Politikbereiche und koordiniert diese im Hinblick auf ihre Wir-kungen im Raum. Ziel ist es, verschiedene Fach-politiken Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Verkehrs-, Kultur-, Agrarpolitik etc.) für ein bestimmtes Ge-biet („Raum“, „Region“) aufeinander abzustim-men, mit dem Ziel, Lebensqualität und Wohl-stand in den Regionen zu unterstützen.

Regionalpolitik konzentriert sich spätestens seit den wirtschaftlich-strukturellen Krisen der 1970er- und 1980er-Jahre auf die wirtschaftlich-strukturelle Entwicklung von Regionen. Sie fo-kussiert auf „...die Beeinflussung wirtschaftlicher Prozesse durch die öffentliche Hand. Dabei sol-len durch den Markt erzeugte räumliche Alloka-tionen korrigiert werden“ (vgl. Maier et al 2012, 143). Regionalpolitik ist also auf einer räumlich übergeordneten und strategischen Ebene ange-siedelt.

Regionale Entwicklungsförderung (Instru-menten-Ebene): Unter regionaler Entwick-lungsförderung werden hier die konkret auf übergeordneter Ebene eingesetzten Instrumente zur Förderung der Entwicklung von Regionen verstanden. Hierzu zählen u. a. Information/

Beratung, finanzielle Anreize (z. B. Investitions-förderungen), infrastrukturelle Maßnahmen (Ausbau wirtschaftsnaher Infrastruktur), Koope-rationen und Regulierungen. AdressatInnen der

Förderungen sind Unternehmen ebenso wie die Bevölkerung oder Gebietskörperschaften/Insti-tutionen.

Regionale Entwicklung (Nutzung der Instru-mente auf Regionsebene): Es werden von Regi-onen und ihren Akteuren innerhalb der gesetzten übergeordneten Rahmenbedingungen und unter Nutzung der Instrumente der regionalen Ent-wicklungsförderung konkrete soziale, wirtschaft-liche und kulturelle Prozesse und Aktivitäten in Gang gesetzt, die auf die Ausschöpfung der regio-nalen Potenziale abzielen.

Regionen und ihre Gestalt: Soziale, wirtschaft-liche oder kulturelle Verflechtungen bilden the-menspezifisch raumwirksame Netzwerke und Beziehungen, geprägt häufig durch naturräum-liche Gegebenheiten, aber auch administrative Grenzen.

In der regionalpolitischen Diskussion spielt da-her der Regionsbegriff „funktionaler Räume“ eine wichtige Rolle. Ausdruck dieser Diskussion sind Begriffe wie „Zentralraum“, „grenzüberschrei-tende oder transnationale Region“, „ländliche Regionen im Kontext einer dezentralen Konzen-tration“ u. Ä. m. In der konkreten Planungs- und Entwicklungsarbeit spielen jedoch weiterhin klassische politisch-administrative Einteilungen (neun Bundesländer, Bezirke) und statistische territoriale Klassifikationen (z. B. NUTS III-Regi-onen) eine hohe Bedeutung.

Damit verbunden war ein zunehmend realisti-scheres Verständnis hinsichtlich der Ziele und der Erwartungen an die Regionalpolitik. Bereits mit dem österreichischen Raumordnungskonzept 1991 kam es zu einer Ausdifferenzierung der Ziele von der klassischen Ausgleichsorientierung („Disparitäten-abbau“) hin zu dynamischeren strukturpolitischen Zielen, die die Anpassungsfähigkeit und Mobilisie-rung endogener Potenziale (ÖREK 1991) in den Vor-dergrund stellten. Heute wird dafür auch der Begriff der „regionalen Wettbewerbsfähigkeit“ verwendet.

Dies wird im Kontext einer ressourceneffizienten und umweltschonenden regionalen Entwicklung gesehen.

Erweiterung der wirtschaftsorientierten Entwicklung um eine integrierte Sicht der Raum- und Regionalentwicklung

Spätestens mit erkennbaren Erfolgen in der struktu-rellen Erneuerung der industriellen Problemgebiete und den sich verstärkenden Problemmustern der Ab-wanderung z. B. aus den inneralpinen Seitentälern, zunehmender Mobilität und später dem Klimawan-del sowie aufkommenden Ballungsproblemen in den urbanen Räumen (z. B. Verkehr, Umwelt) wurde wie-der verstärkt ein Fokus auf umfassenwie-dere Raum- und Regionalentwicklungsstrategien gelegt. Dies ging einher mit einer wachsenden Rolle der Länder sowie der Erhöhung des Organisationsgrades in den Regi-onen z. B. durch regionale Entwicklungsvereine oder Regionalmanagements.

Erweiterung der Akteurs-Ebenen:

Kompetenzaufbau in den Ländern

Die kooperative Regionalpolitik führte von Beginn an zu einer Einbeziehung der Länder in die Konzeption und Finanzierung regionalpolitischer Programme.

Bis in die 1990er-Jahre wurden kooperative Pro-gramme zwischen Bund und Ländern zur Innovati-onsförderung oder bezogen auf regionale Problem-gebiete konzipiert und gemeinsam umgesetzt. Als Vehikel dazu diente der Mechanismus der Art. 15a BVG-Bund-Länder-Vereinbarung.

Der Zugang zu den kohäsions- und agrarpolitischen Instrumenten ermöglichte ab Mitte der 1990er-Jahre eine deutliche Ausweitung der unter dem Titel der Re-gionalpolitik gewidmeten Mittel und eine deutliche Aufwertung der Länder als regionalpolitische Hand-lungsebene. Die bislang eher anlassbezogene und auf Teilräume ausgerichtete Regionalpolitik wurde programmatischer und zielorientierter. Unterstützt wurde damit eine flächendeckende Ausrollung der

regionalpolitischen Ansätze in Österreich, verbunden mit der Harmonisierung der Standards zwischen den Ländern und einem Informations- und Know-how-Transfer (vgl. Gruber 2009). Der kooperative Ansatz wurde intensiviert und damit die Regionalpolitik ins-gesamt professionalisiert (vgl. auch Heintel 2005).

Inhaltlich brachte die EU-Regionalpolitik für Öster-reich eine Fokussierung auf eine wirtschafts- und in-novationsorientierte Politik mit sich.

Dieser Prozess führte zu einer Erweiterung der Hand-lungsebenen, wurden doch Länder und Regionen in ihrer inhaltlichen Kompetenz, dem Zugang zu Ressourcen und in ihren institutionellen Strukturen gestärkt. Die Folge war eine weitgehend flächende-ckende Umsetzung von Instrumenten der endo-genen Regionalentwicklung in Österreich. Dieser Prozess ging Hand in Hand mit:

Einer verstärkt strategiegeleiteten Entwicklung in den Ländern. Angestoßen nicht zuletzt durch die EU-Programmierungszyklen und die damit verbundenen programmatischen Arbeiten sowie im Zusammenhang mit einer insgesamt zuneh-menden strategischen Ausrichtung der Interven-tionen wurden neben diesen räumlichen Landes- und Regionalentwicklungsstrategien erstmals Wirtschaftsstrategien aufgelegt, die später zu For-schungs- und Innovations-Strategien weiterent-wickelt wurden. Heute verfügen die Bundeslän-der durchwegs sowohl über eher raumbezogene Landesentwicklungsstrategien als auch innovati-onsorientierte Entwicklungsstrategien („Konzepte der Intelligenten Spezialisierung“), sodass damit heute eine umfassende „Strategiearchitektur“ auf Länder- und Regionsebene besteht.

Begleitet wurde dieser Prozess durch die Schaffung neuer moderner Agenturen für Wirtschafts- und Standortentwicklung in den Ländern. Dies um-fasste sowohl die auf wirtschaftliche Entwicklung ausgerichteten Standort- und Wirtschaftsförde-rungsagenturen als auch die auf eine umfassendere Informations-, Vernetzungs- und Beratungsfunkti-on ausgerichteten regiBeratungsfunkti-onalen Entwicklungsorgani-sationen wie Regionalmanagements.

Rückzug des Bundes aus den Instrumenten der innovationsorientierten Regionalpolitik Parallel zur Stärkung der Länderebene kommt es En-de En-der 1990er-Jahre zu einem instrumentellen Wech-sel hin zu einer neuen Programmgeneration, die auf strukturpolitische Ziele ausgerichtet war. Die neuen Programme thematisierten strukturelle Problem-stellungen (z. B. Zusammenarbeit von

Wissenschaft-Wirtschaft) und stellten mehr Exzellenzziele als re-gionalpolitische Gesichtspunkte in den Mittelpunkt.

Sie entfalten jedoch räumliche Wirkungen, da sie ei-nen Strukturaufbau im Bereich Forschung und Inno-vation unterstützen und damit für die Länder von im-manentem Interesse im Rahmen der Umsetzung der regionalen Innovationsstrategien sind. Dies führte in der Folge auch zu einem Rückzug des Bundes aus der innovationsorientierten Regionalpolitik. Konkret regionalpolitisch motivierte Instrumente wie die „Re-gionale Infrastrukturförderung“ wurden nicht mehr verlängert. Auf der Seite der betrieblichen Förde-rungen ist die „Regionale Innovationsprämie“ ausge-laufen. Fortgeführt und strukturpolitisch zugespitzt auf Wachstum und Innovation werden die erp-Pro-gramme.

3.3 Status heute: „Arbeiten im Mehr-

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