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Die Konsistenz des genomweiten Screens wird durch die theoretische und biologische Validierung verbessert

E. coli Electromax DH10B (Invitrogen # 18290-015)

4. Diskussion

4.4. Die Konsistenz des genomweiten Screens wird durch die theoretische und biologische Validierung verbessert

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4.4. Die Konsistenz des genomweiten Screens wird durch die

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89 Einer der Faktoren, welcher für die Spezifikation kardialen Mesoderms notwendig ist, ist Fgf8, welcher unter anderem im visceralen Mesoderm exprimiert wird und dessen Verlust durch genetische Manipulation in der Maus die Bildung des kardialen

„Halbmondes“, sowie später die Proliferation und das Überleben der Zellen des anterioren Herzfeldes (AHF) verhindert (Ilagan et al., 2006; Sun et al., 1999). Fgf8 wurde in dem Screen unter der gewählten Stringenz weder in dem Zeitfenster der Entwicklung von ES zu EB, noch von EB zu CB identifiziert.

Auch Bmp4, dessen Defizienz den nahezu vollständigen Verlust mesodermaler Differenzierung zur Folge hat (Winnier et al., 1995) und dessen AHF-spezifische Deletion schwere Defekte in der Entwicklung des Ausflußtrakts und des Ventrikelseptums bewirkt (McCulley et al., 2008), konnte aufgrund fehlender siRNAs nicht als essentiell identifiziert werden.

Der Faktor Wnt11, welcher in und nahe des präkardialen Mesoderms, sowie später in dem Myokard des primitiven Herzschlauchs und den ventrikulären Kardiomyozyten exprimiert wird, wurde als essentielles Signalmolekül für die ventrikuläre Entwicklung in vivo und für die Kardioinduktion in vitro identifiziert (Nagy et al., 2009; Pandur et al., 2002) und konnte ebenfalls unter der geforderten Stringenz nicht detektiert werden.

Einer der identifizierten Liganden juxtakriner Signalgebung ist Dll1, welcher eine tragende morphogenetische Funktion bei der Etablierung der links-rechts-Symmetrieachse und somit auch des „Herzloopings“ ausübt und unter anderem im linken lateralen Plattenmesoderm exprimiert wird (Przemeck et al., 2003). Die Relevanz dieses Faktors im Kontext der in vitro Differenzierung ist allerdings unklar, weist aber auf eine enge Verknüpfung von Differenzierung und Morphogenese hin.

Die beiden Rezeptor-kodierenden Gene Itgb1 und Tgfbr2 sind für die frühe embryonale Entwicklung essentiell, ihre Deletion resultiert in frühe embryonale Letalität (Fassler and Meyer, 1995; Oshima et al., 1996). Der Verlust von Itgb1 im ventrikulären Myokard der Maus führt zu einer postnatalen kardialen Fibrose und zu funktionellen kardialen Störungen (Shai et al., 2002). Zudem konnte gezeigt werden, dass die in vitro Differenzierung Itgb1-defizienter ES-Zellen zu Kardiomyozyten stark retardiert ist (Fassler et al., 1996). Im Screen konnte Itgb1 in dem Zeitfenster der Differenzierung von der ES-Zelle zu reifen EBs als essentiell identifiziert werden. Dieses Ergebnis könnte durch eine verzögerten Expression kardialer Gene und somit auch αMHC erklärt werden (Fassler et al., 1996). Die nach neun Tagen begonnene positive, von der Aktivität des

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90 αMHC-Promoters abhängige Selektion auf Kardiomyozyten könnte zu dem Verlust der verzögert differenzierenden Itgb1-supprimierten Zellen geführt haben.

Die Deletion von Tgfbr2 zeigt schwere Defekte in der Herzentwicklung, darunter gestörte Myokardialisierung des Mesenchyms des atrialen Septums und des ventrikulären Ausflußtraktes, sowie eine gestörte Herzklappendifferenzierung (Bartram et al., 2001).

Es konnte allerdings gezeigt werden, dass die myokardspezifische Deletion von Tgfbr2 im Entwicklungszeitraum E9.5-E10.5 keine, oder lediglich geringe phänotypische und nicht in Letalität resultierende Veränderung zur Folge hat (Jiao et al., 2006). Tgfbr2 wurde in dieser Arbeit als kardiogen essentiell identifiziert und wird von den von Bartram et al. (2001) gezeigten Beobachtungen gestützt.

Zelladhäsionsmoleküle

Eine prinzipiell gut mit diesem Screeningsystem identifizierbare Gengruppe stellen die Zelladhäsionsmoleküle dar. Aufgrund der Generierung von dreidimensionalen CBs in Suspensionskultur und methodisch bedingter Eliminierung von Einzelzellen und sehr kleinen Zellaggregaten, blieben für die Analyse lediglich Zellen mit intakter Fähigkeit zur Ausbildung zellulärer Kontakte. Eines der für die Herzentwicklung essentielles Adhäsionsmolekül ist Vcam1, welches bei Defizienz zu schweren Entwicklungsstörungen der Plazenta und des Herzens und demzufolge schließlich zu embryonaler Letalität zwischen den Stadien führt (Kwee et al., 1995). Die Herzen Vcam1-defizienter Embryonen zeigen eine Reduktion der kompakten Schicht des Ventrikelmyokards und des Ventrikelseptums. Im Kontext dieses Screens konnte Vcam1 in dem betrachteten Zeitfenster nicht identifiziert werden, fand sich aber als essentielles Gen während der Differenzierung der EBs wieder.

Ein weiteres mit gestörter Herzentwicklung assoziiertes Zelladhäsionsmolekül ist Alcam.

In Xenopus laevis konnte mit Hilfe Morpholino-vermittelter Reduktion von Alcam dessen Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung der Expression kardialer Gene im ersten Herzfeld und die Initiation terminaler Differenzierung der Zellen des ersten Herzfeldes gezeigt werden (Gessert et al., 2008). Die Identifikation dieses Gens in dem Screen deutet auf eine ähnlich essentielle Funktion bei Säugetieren hin.

Zytoskeletale und Sarkomerische Proteine

Verschiedene zytoskeletale und sarkomerische Proteine wurden in dem Screen als essentiell identifiziert, obgleich die Defizienz oder Mutation keines der aufgelisteten

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91 Gene embryonale Letalität zur Folge hat. Dennoch führt der Verlust eines jeden der fokussierten Gene zu kardialen Defekten.

Die Deletion von Desmin hat die progressive Degeneration und Nekrose, begleitet von extensiver Kalzifikation des Myokardiums zur Folge (Milner et al., 1996). Die kardiomyozytenspezifisch induzierte Vinculin-defizienz resultiert häufig in spontaner postnataler Letalität infolge ventrikulärer Tachykardie (Zemljic-Harpf et al., 2007).

Desweiteren konnte das Auftreten chronischer Herinsuffizienz durch dilatierte, sowie hypertrophe Kardiomyopathie mit Mutationen der Gene Ttn, Myh6 und Myh7 in Verbindung gebracht werden (Ching et al., 2005; Gerull et al., 2002; Kaneda et al., 2008).

Ionenkanäle

Eine tragende Rolle für die Funktionalität von Kardiomyozyten spielen die Ionenkanäle, welche die physiologische Funktionalität des sich entwickelnden Herzens maßgeblich beeinflussen. In diesem Kontext ist der kardiale Natriumkanal Scn5a zu nennen, dessen Deletion oder auch Blockade in der Maus zu intrauteriner Letalität durch schwere Defekte der ventrikulären Morphogenese führt (Papadatos et al., 2002). Die Unterdrückung der Genaktivität von Scn5a mit Hilfe von Morpholinos im Zebrafisch führt zu einer verminderten Anzahl kardialer Vorläuferzellen und einer deutlich geringeren Expression von Nkx2.5, GATA4 und Hand2 im anterioren lateralen Mesoderm. Daraus resultieren schwere morphogenetische Defekte in der Bildung der Herzkammern und dem „Herzlooping“ (Chopra et al., 2010). Dieser Phänotyp konnte durch die pharmakologische Blockade des Natrium-Stroms nicht kopiert werden. Somit können diese frühen Defekte nicht auf eine elektrophysiologische Veränderung der Membran zurückgeführt werden und legen eine nicht-elektrische Funktion kardialer Natriumkanäle nahe (Chopra et al., 2010).

Einen ebenfalls embryonal letalen Phänotyp hat die Deletion des sarkoplasmatischen Ca2+ induzierten Ca2+ Freisetzungskanals (CICR) Ryr2, welcher mit morphologischen Veränderungen des Herzschlauchs einhergeht. Die Ursache ist wahrscheinlich die gestörte zelluläre Ca2+-Homeostase in den embryonalen Kardiomyozyten (Takeshima et al., 1998). Beide Kanäle wurden auch in dem Screen als kardiogenetisch essentielle Faktoren identifiziert.

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92 Transkriptionsfaktoren

Die für die Validierung herangezogenen kardiogenetisch essentiellen Transkriptionsfaktoren wurden weitestgehend im einleitenden Teil dieser Arbeit im zeitlichen und räumlichen Kontext der Herzentwicklung vorgestellt und beschrieben.

Unter den im Screen identifizierten Genen finden sich die „klassischen“ Kandidaten GATA4, und Mef2c, sowie Hand2 und Nr2f2/COUP-TFII, nicht jedoch Nkx2.5 und Tbx5, deren Abwesenheit durch unzureichende Effizienz der siRNAs im Falle von Tbx5 und das Fehlen entsprechender siRNAs gegen Nkx2.5 erklärt werden kann. Die Faktoren Hand1 und Tbx20 konnten im Rahmen der EB-Bildung und Differenzierung aus ES-Zellen identifiziert werden.

Gegen GATA4 gerichtete siRNAs führen zur Blockade der kardiomyozytären Entwicklung, was mit den publizierten Ergebnissen von Grepin et al. (1995) übereinstimmt aber konträr zu den in vivo Ergebnissen ist. Wie auch im Rahmen einiger Faktoren anderer Proteinklassen beobachtet, interferiert die Deletion der genannten Gene im Mausmodell, wie zum Beispiel auch im Falle von GATA4, Nkx2.5 und Nr2f2 nicht mit der Ausbildung von primitiven Kardiomyozyten. Die Deletion dieser Gene zeigt ihre essentielle Funktion bei der regiospezifischen Differenzierung im Kontext der Morphogenese des Herzens. Die Identifikation dieser Gene in dem in vitro - Modellsystem zeigt die Sensitivität dieses Screening-Systems. Das für die Auswertung gewählte Zeitfenster kardiomyozytärer Differenzierung beginnt unter Beachtung zuvor diskutierter interner Varianz des Reifegrades mit der Differenzierung bereits gebildeter kardiomyozytärer Zellen, da deren Selektion die Aktivität des αMHC-Promoters vorraussetzt. Der von dort an fokussierte Zeitraum von neun Tagen umfasst demnach die Differenzierung der primitiven Kardiomyozyten in ventrikuläre, atriale, sowie sinusnodale Myozyten und erklärt somit den „Verlust“ von Zellen, welche für ein in diesem Kontext essentielles Gen durch siRNA vermittelte Suppression weitestgehend defizient waren.

Im Screen wurden interressanterweise auch Gene identifiziert, deren in vivo Deletion nur einen geringen Einfluß auf die Herzentwicklung und dessen Funktion hat. Zu diesen Genen gehören zum Beispiel einige mit Kationentransport assoziierte Gene, welche in vivo bei Deletion erst postnatal oder adult zu Arrhythmien führen. Die Identifikation dieser Gene zeigt die Sensitivität des in vitro Systems und ermöglicht somit einen quantitativen „Readout“. Ein möglicher Grund dafür kann Kompetition in dem in vitro

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„batch-Screen“ sein. Der Wettbewerb von Zellen, welche durch die Unterdrückung der Aktivität eines bestimmten Gens biologisch benachteiligt gegenüber „stärkeren“ sind, führt im Laufe der Differenzierung zu einer Amplifikation dieses Effektes, welcher durch den Selektionsdruck zusätzlich gesteigert wird. So können auch schwache Effekte mit dem Screen detektiert werden. Des Weiteren müssen die unterschiedlichen Abhängigkeiten in vitro und in vivo berücksichtigt werden. So nehmen benachbarte Zellen und Gewebe, sowie andere Konzentrationen von Faktoren und Nährstoffen Einfluß auf die Differenzierung, was in vitro bei Fehlen der Aktivität eines bestimmten Gens nicht kompensiert werden kann und einen stärkeren Effekt zur Folge hat.

Unabhängig von den biologisch bedingten Möglichkeiten kann auch die Stärke der Hybridisierungssignale und der gewählte Schwellenwert eine Ursache für die Detektion solcher Gene sein. Bereits eine Reduktion der Signalstärke detektierter siRNAs im Verlauf der kardiomyozytären Differenzierung in vitro könnte signifikant sein und somit ein quantitatives „Readout“ der Chips ermöglichen.

Zusätzlich ist allerdings die Identifikation bekannter, bereits im Mausmodell deletierter und bewiesenermaßen im Kontext der Herzentwicklung nicht essentieller Gene zu nennen. Eine Mögliche Ursache dafür könnte eine kompensatorische Komponente in der in vivo Situation sein, welche aufgrund der Homogenität der in vitro generierten Zellpopulation und deren Isolation von angrenzenden, maßgeblich Einfluss nehmenden Zelltypen und Geweben nicht möglich ist.

Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass von den 23 für die Validierung herangezogenen Genen 18 in dem Screen identifiziert wurden (Tab. 3.2), von denen jedoch 4 (Itgb1, VCAM, HAND1, Tbx20) schon früher „weggefallen“ und dementsprechend als essentiell für die Formation und Differenzierung der EBs zu werten sind. Lediglich 5 Kandidaten konnten aufgrund nicht repräsentierter siRNAs oder deren unzureichender Effizienz, sowie der gewählten Stringenzkriterien bei der Datenverarbeitung nicht identifiziert werden (Tab. 3.2). Die Heterogenität der für die Validierung verwendeten Moleküle verschiedenster Proteingruppen in zeitlicher, räumlicher und funktioneller Hinsicht impliziert zusätzlich die Potenz des Screens unter Berücksichtigung der schon zuvor diskutierten limitierenden Faktoren des Testsystems.

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94 4.4.2. Die erfolgreiche Validierung der Screeningresultate bestätigt die biologische Relevanz der identifizierten Gene für die Herzentwicklung

Die Verifikation der im „batch-Verfahren“ erzielten Resultate ist entscheidend für die Verlässlichkeit der ermittelten Ergebnisse und somit die Aussagekraft des Screens. Jede der vier getesteten siRNAs führte zu einer mindestens 60%igen Reduktion des mRNA-Gehaltes des entsprechenden Zielgens. Zudem verhinderten zwei siRNAs die kardiomyozytäre Differenzierung vollständig, eine weitere bewirkte eine deutliche Reduktion der Anzahl und Größe der CBs (Abb. 3.14). Eine der getesteten siRNAs konnte keine phänotypische Veränderung hervorrufen. Die getesteten siRNAs interferierten nicht mit der initialen Bildung von Kardiomyozyten, was durch den Zeitpunkt der Probenentnahme der EBs zu erklären wäre. Obwohl die siRNA gegen Suz12 die Differenzierung nicht vollständig inhibieren konnte, wurde sie in dem Sreen identifiziert, welches möglicherweise durch mangelnde Repräsentanz entsprechender Zellen in der Gesamtpopulation der CBs im Screen zu erklären ist.

4.5. Die Annotationsverknüpfung nach GO (Gene Ontology)