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Komplikationen nach Lebertransplantation und Immunsuppression

1. Einleitung

1.4 Komplikationen nach Lebertransplantation und Immunsuppression

Im Laufe der chronischen HCV-Infektion entsteht nach 20 Jahren bei geschätzt einem Drittel der Betroffenen eine Leberzirrhose. Hieraus entwickelt sich bei ca. 5% der Patienten in Folge ein HCC [87].

Somit ist die durch eine chronische Hepatitis C entstandene Leberzirrhose, gefolgt vom HCC, eine der häufigsten Indikationen zur Lebertransplantation [126]. Die Abschätzung der Prognose sowie die Notwendigkeit zur Transplantation müssen bei jedem Patienten individuell mit Hilfe des MELD-Scores (Model of End-Stage Liver Disease-Score) und der Child-Pugh-Klassifikation gestellt werden. Der MELD-Score bezieht zur prognostischen Aussagekraft das Bilirubin [mg/dl], den INR, das Kreatinin [mg/dl] sowie eine aktuelle Dialysebehandlung des Patienten mit ein [127]. Kurz nach Transplantation entwickelt sich durch das Hepatitis C Virus bei nahezu allen Patienten (97%) eine rekurrente Infektion der Leber [128]. Postoperativ konnte eine höhere HCV-RNA-Viruslast als vor der Transplantation beobachtet werden, sodass in 50-98% der Fälle eine erneute chronische Hepatitis, gefolgt von einer Zirrhose bei einem Drittel der Patienten nach 5 Jahren unvermeidbar ist [129][130][131]. Berenguer et al. konnten zeigen, dass der zeitliche Abstand zwischen Transplantation und erneuter Zirrhosemanifestation im Vergleich zu immunkompetenten Patienten stark verkürzt ist, sodass in vielen Fällen eine zeitnahe Re-Transplantation erfolgen muss [129].

Das Fehlen von potenten Medikamenten war stets Gegenstand vieler Studien. Bis vor einigen Jahren wurden, trotz vieler Nebenwirkungen, lediglich interferonbasierte Therapien mit mäßigem Erfolg eingesetzt [132].

Carrión et al. beschrieben in einer randomisierten kontrollierten Studie, die rechtzeitige antivirale Therapie als entscheidende positive Komponente bezüglich der Reinfektion und des Progresses der Erkrankung [133].

Auch Pelletier et al. vermuteten, dass die Höhe der Viruslast und der frühzeitige Therapiebeginn vor bzw. nach Transplantation für das Überleben des Patienten entscheidend sein könnten, sodass die Viruslast bevorzugt vor und in der frühen Phase nach Transplantation sowohl prognostisch als auch therapeutisch genutzt werden könnte [131].

In einer randomisierten kontrollierten Studie, beschrieben durch Everson et al., erfolgte eine antivirale präoperative 10-wöchige Therapie mit Ribavirin und Interferon bei HCV-positiven Patienten. Zum Transplantationszeitpunkt konnte kein HCV mehr nachgewiesen werden. Die höchsten post transplantationem gemessenen SVR-Raten zeigten sich bei den Patienten mit

13 der längsten präoperativen antiviralen Therapie (15 Wochen = 44%). Zeitgleich erhöhte sich mit der Dauer der Therapie die Gefahr von unerwünschten Arzneimittelreaktionen und Therapieabbrüchen. Die Wahrscheinlichkeit einer rekurrenten Infektion stieg nach kürzerer antiviraler Therapie (<15 Wochen) signifikant an [134].

Verschiedene potentielle Faktoren bezüglich des stark variierenden Verlaufs der HCV-Infektion nach Transplantation sind Gegenstand der Diskussion.

In diesem Zusammenhang konnten Féray et al. eine Korrelation zwischen einzelnen HCV-Genotypen, speziell Genotyp 1b, und der Schwere und Aggressivität der Erkrankung nach Transplantation demonstrieren [135]. Diese Beobachtungen konnten allerdings in nachfolgenden Studien nicht bestätigt werden [136][137].

Der wohl am besten erforschte Faktor des Verlaufs der Rezidivhepatitis und des Organüberlebens nach Lebertransplantation ist neben einer gut dosierten Immunsuppression und so wenig Komorbiditäten des Organs wie möglich, das Alter des Spenderorgans.

Mit steigendem Spenderorganalter (> 60 Jahre) vermindert sich die Prognose der Empfänger durch einen Progress der Leberfibrose [129][138]. Ein höheres Spenderalter verzeichnet zusätzlich oft eine Verfettung (Steatosis) des Spenderorgans mit Komorbiditäten (Stoffwechselstörungen etc.), welche nachweislich einen Effekt auf das Überleben haben können [139].

Die Bedeutung der Human leukocyte Antigen (HLA)-Übereinstimmung zwischen Donor und Empfänger zeigt sich in verminderten Abstoßungsreaktionen. Es konnte bei Nicht-Übereinstimmungen gleichzeitig ein leichter Progress der Erkrankung beobachtet werden [140].

Neben dem Spenderorganalter hat die immunsuppressive sowie oben erwähnte antivirale Therapie einen besonderen Stellenwert in Hinblick auf die HCV-Reinfektion der Leber.

Sie ist essentiell um einen Schutz für das neue Organ zu gewährleisten. Das Wissen einer exakt dosierten Therapie ist von besonderer Relevanz, um sowohl eine Abstoßung als auch eine erneute Infektion des Transplantates zu vermeiden [141].

Die Calcineurininhibitoren (CNI) Ciclosporin A (CsA) und Tacrolimus bilden wichtige Vertreter dieser Gruppe. CsA wird erfolgreich seit dem Jahr 1980 sowohl als Immunsuppressivum gegen Transplantatabstoßungen als auch gegen Autoimmun- erkrankungen wie z.B Colitis ulcerosa und Morbus Crohn genutzt [142][143].

Seit 2003 konnte ein antiviraler Effekt im Replikon-Modell beobachtet werden. Dieser lässt sich, unabhängig von der immunsuppressiven Wirkung, durch eine Bindung des CsA`s an Cyclophiline (Cyp`s) erklären [144]. Für die HCV-Replikation ist Cyclophilin A (Cyp A) als

14 Co-Faktor essentiell. Durch die CsA-Bindung wird sowohl Cyclophilin als auch folglich die HCV-RNA-Replikation inhibiert [145].

Im Gegensatz zu CsA besitzt Tacrolimus keine antivirale Wirkung, jedoch besteht ein supprimierender Effekt auf das Immunsystem. Vereinzelte Studien nach Nierentransplantation beschreiben, dass einer Therapie mit Tacrolimus im Gegensatz zu CsA, weniger Abstoßungsreaktionen mit zusätzlich kürzerer Therapiedauer und einem insgesamt längeren Transplantatüberleben folgen [144].

Weitere Vertreter der immunsuppressiven Therapie sind Glucocorticoide (GC), welche seit längerer Zeit Gegenstand vieler Diskussionen sind. Es konnte mittlerweile belegt werden, dass eine starke Assoziation zwischen Steroid-Bolus-Therapien nach Lebertransplantation und akuten Abstoßungsreaktionen sowie einer frühzeitigen HCV- Reinfektion des Transplantates besteht [146][147]. Auch werden Zusammenhänge zwischen hochdosierten GC-Gaben und einer beschleunigten Fibroseentwicklung des transplantierten Organs berichtet [148]. Ciesek et al. beschrieben eine direkte Korrelation zwischen GC-Gabe und einem gesteigertem Zelleintritt des Virus, gefolgt von einem schlechteren Krankheitsverlauf des Patienten [149]. Somit muss die Anwendung dieser Therapieoption sorgfältig abgewogen werden. Es wird eine langsame GC-Dosisreduktion empfohlen, um positive Effekte zu erzielen [150].

Antivirale Alternativen nach Transplantation stellen zusätzlich Mycophenolat-Mofetil (MMF) und Azathioprin sowie PEG-IFN-α und Ribavirin dar [151].

Mit den zwei letztgenannten Substanzen wird nur bei einem Drittel der Patienten ein virologisches Ansprechen erreicht [152].

Seit dem Jahr 2000 wird der mTOR-Inhibitor Everolimus im Rahmen von Herztransplantationen eingesetzt, da er sowohl eine immunsupprimierende als auch eine nephroprotektive Wirkung aufweist und somit auch bei Niereninsuffizienz bevorzugt eingesetzt werden kann. Seit 2012 ist Everolimus ebenfalls zur Immunsuppression nach Lebertransplantation zugelassen [153].

Im Zeitalter der DAA`s gibt es aktuell laut offizieller Leitlinien für postoperative HCV-positive Patienten bei noch ausstehenden Langzeitergebnissen keine einheitliche Leitlinie.

Sorgfältig soll individuell nach Interaktionen und Verträglichkeit entschieden werden. Bisher wird eine Anlehnung an die antivirale DAA-Therapie bei nicht transplantierten HCV-Patienten empfohlen, denn bisher konnten ähnliche SVR-Raten bei guter Lebensqualität beobachtet werden [94].