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Komplementation von ΔtrpF‐Zellen mit der pTNA‐malE‐hisAF Genbank

4.6  Etablierung von TrpF‐Aktivität auf der Chimäre HisAF

4.6.2  Komplementation von ΔtrpF‐Zellen mit der pTNA‐malE‐hisAF Genbank

Zur Selektion von HisAF-Varianten, die durch Aminosäureaustausche die trpF- Defizienz der ΔtrpF-Zellen komplementieren können, wurden zweimal 100 µl kompetenter ΔtrpF-Zellen durch Elektroporation mit jeweils 100 ng der pTNA-malE-hisAF-Genbank transformiert. Als Positivkontrolle wurde pTNA-trpF (Claren, 2003), als Negativkontrollen wurden pTNA-malE und pTNA-malE-hisAF eingesetzt. Die nach der Kur in 1 % NaCl gewaschenen Zellen wurden auf M9-Amp-Medium (Selektionsbedingungen) und zusätzlich auf LBAmp-Medium (Nichtselektions-bedingungen) ausplattiert.

Unter nichtselektiven Bedingungen (LBAmp) wurden die Kontrollen und die Genbank in Verdünnungen von 1:10 bis 1:10.000 ausgestrichen. Aus der Anzahl der gewachsenen Kolonien konnte eine Transformationseffizienz von 2,0⋅106 bis 5,0⋅107 für die Kontrollen und von 7,0⋅106 cfu/µg für die Genbank ermittelt werden. Damit liegt die Transformationseffizienz der ΔtrpF-Zellen mit der pTNA-malE-hisAF-Genbank nur um etwa einen Faktor 6–7 über der Größe der pTNA-malE-hisAF-Genbank (1,1⋅106 unabhängige Varianten; 4.6.1). Da nur zweimal 100 ng der Genbank zur Transformation eingesetzt wurden, könnte eventuell nicht das gesamte Repertoire der Genbank beim Komplementationstest repräsentiert sein.

4.6.2.1 Ergebnis der Selektion auf M9-Amp-Selektionsplatten und im M9-Amp -Flüssigselektionsmedium

Es wurden jeweils 50 µl der Positiv- und Negativkontrollen sowie der Genbank unverdünnt und 1:100 verdünnt in unterschiedliche Sektoren von großen M9-Amp -Selektionsplatten (Ø 14,5 cm) ausgestrichen. Zusätzlich wurden 200 µl der Negativkontrolle pTNA-malE auf einer M9--Selektionsplatte unverdünnt und jeweils 200 µl der Negativkontrolle pTNA-malE-hisAF auf zwei M9-Amp-Selektionsplatten unverdünnt und 1:100 verdünnt ausplattiert. Von der Genbank wurden jeweils 200 µl

unverdünnt auf vier Selektionsplatten und in den Verdünnungen 1:5 (fünf Selektionsplatten) und 1:10 (zwei Selektionsplatten) ausplattiert. Alle Platten wurden bei 37 °C inkubiert und zu verschiedenen Zeiten nach Ausplattieren analysiert. Neu auftretende Kolonien wurden gezählt und markiert.

Bei der Positivkontrolle pTNA-trpF war bereits nach 16 h auf der mit unverdünnten Zellen bestrichenen Selektionsplatte und der Platte mit der 1:100 Verdünnung deutliches Koloniewachstum zu beobachten. Zu diesem Zeitpunkt war auf den Selektionsplatten der Negativkontrollen pTNA-malE und pTNA-malE-hisAF sowie der pTNA-malE-hisAF-Genbank kein Koloniewachstum feststellbar.

Nach 187 h waren auf den Selektionsplatten mit der Genbank drei Kolonien sichtbar (eine Kolonie auf einer Platte mit der unverdünnten Genbank, zwei Kolonien auf jeweils einer Platte mit der Genbank in 1:10 Verdünnung). Nach 253 h wurden 16 weitere Kolonien auf den Selektionsplatten mit der Genbank gezählt. Zu diesem Zeitpunkt zeigten die Negativkontrollen kein Wachstum. Mit den gewachsenen Kolonien der Genbank wurden jeweils 5 ml LBAmp-Medium angeimpft. Es zeigte sich, dass alle nach 187 h sichtbaren, jedoch nur zwei der nach 253 h neu hinzugekommenen Kolonien anwuchsen. Nach 253 h wurde der Komplementations-test beendet und die Selektionsplatten bei 4 °C gelagert. Somit wurden insgesamt fünf Klone aus dem Komplementationstest auf M9-Amp-Selektionsplatten gesichert und deren Sequenz bestimmt (Tabelle 14).

Parallel zu dem Komplementationstest auf Selektionsplatten wurde ein Komplementationstest in M9-Amp-Flüssigselektionsmedium durchgeführt. Dazu wurden jeweils einmal 50 ml Flüssigselektionsmedium mit 500 µl der 1:10 Verdünnungen der Positiv- und Negativkontrollen angeimpft. Mit jeweils 500 µl der Genbank wurden einmal 50 ml Flüssigselektionsmedium unverdünnt und einmal 1:10 verdünnt angeimpft. Die Inkubation der Kulturen erfolgte bei 37 °C und 220 rpm. Zu regelmäßigen Zeitpunkten wurden 800 µl der jeweiligen Kultur für eine OD600 -Bestimmung entnommen. Bereits nach 75 h erreichte die Positivkontrolle die stationäre Phase bei OD600 = 0,67 (Abbildung 46). Dagegen zeigten innerhalb des Beobachtungszeitraums von 253 h die Negativkontrollen kein Wachstum. Für die beiden Kulturen mit der Genbank wurde nach 122 h (für die Kultur, die mit 500 µl der unverdünnten Genbank angeimpft wurde) bzw. nach 187 h (für die Kultur, die mit 500 µl der 1:10 verdünnten Genbank angeimpft wurde) Wachstum beobachtet. Die

stationäre Phase erreichten beide Kulturen nach 199 bzw. nach 232 h (Abbildung 46).

Abbildung 46: Wachstumskurven von E. coli ΔtrpF-Zellen in M9-Amp-Selektionsmedium nach Transformation mit verschiedenen in pTNA klonierten Genkonstrukten.

ΔtrpF-Zellen wurden mit folgenden pTNA-Konstrukten transformiert: trpF (■, Positivkontrolle), malE und malE-hisAF (▲ und ▼, Negativkontrollen), malE-hisAF Genbank unverdünnt (♦) und 1:10 verdünnt (●).

Zur Gewinnung von Einzelkolonien wurden von beiden Kulturen der Genbank jeweils 100 µl entnommen, mit LB-Medium versetzt und in verschiedenen Verdünnungen auf LBAmp ausplattiert. Von jeder Kultur wurden von jeweils drei Klonen Mini-Präparationen zur Isolierung der Plasmid-DNA durchgeführt und anschließend die DNA-Sequenz des hisAF-Genbereichs vollständig bestimmt (Tabelle 14).

Tabelle 14: Ergebnis der Komplementation von ΔtrpF-Zellen mit der pTNA-malE-hisAF-Genbank.

Zeit [h] M9-Amp-Platte/

Flüssigmedium HisAF-Variante ab 122 Flüssig (3/3) N54Y, L112P

ab 187 Flüssig (3/3) A6V, K143E, T146M, D173V, A197V 187 Platte S59N, H75Y, V101M, K143R

187 Platte D173V

187 Platte F111L, D127V, D173V, H241R

253 Platte H75Y, D108E, D173G

253 Platte A88V, S169C, A217V

Für die aus M9-Amp-Flüssigselektionsmedium isolierten Varianten weist die Angabe (3/3) darauf hin, dass die drei zur Sequenzierung abgegebenen Klone eine identische Sequenz zeigten.

Insgesamt wurden bei der Komplementation von ΔtrpF-Zellen mit einer pTNA-malE-hisAF-Genbank sieben verschiedene HisAF-Varianten isoliert, wobei in den beiden M9--Flüssigkulturen jeweils eine Variante (N54Y+L112P bzw. HisAF-A6V+K143E+T146M+D173V+A197V) angereichert wurde. Die Abbildung 47 zeigt eine Auswahl der mutierten Reste.

Abbildung 47: Strukturmodell von HisAF mit einer Auswahl von im Komplementationstest auf TrpF-Aktivität identifizierten mutierten Positionen.

In blau ist die N-terminale Hälfte von HisA, in grün die C-terminale Hälfte von HisF gezeigt. Zur Orientierung sind die in den Ausgangsproteinen essenziellen Reste Asp8 Strang 1) und Asp127 (β-Strang 5) in rot dargestellt. In orange sind die Reste His75 (β-(β-Strang 3), Phe111 (α-Helix 4), Lys143 (loop zwischen β-Strang 5ʼ und β-Strang 5ʼʼ), Thr146 (β-Strang 5ʼʼ) und Asp173 (loop β6α7) gezeigt.

Die Struktur wurde von Martin Ostermeier (Lehrstuhl Biochemie II, Universität Regensburg) durch Homologie-Modellierung mit MODELLER generiert.

Auffällig ist, dass die Position Asp173 in vier der sieben gefundenen Varianten zu einem hydrophoben Rest mutiert ist – dreimal zu einem Valin und einmal zu einem Glycin. In einer Variante wurde nur der Austausch D173V gefunden, d. h., dieser Austausch reicht alleine bereits zur Etablierung von TrpF-Aktivität in vivo aus. Der Rest Asp173 in HisAF entspricht Asp176 in HisF, welches Teil der C-terminalen Phosphatbindestelle ist (Lang et al., 2000).

Weiterhin sind die Austausche H75Y, F111L und D127V interessant. Der Rest Asp127 in HisAF entspricht dem Asp130 aus HisF, dessen Austausch gegen Valin zur Etablierung schwacher TrpF-Aktivität auf HisF ausreicht (Leopoldseder et al., 2004). Die Mutationen H75Y und F111S erhöhen die TrpF-Aktivität der HisA-D127V Variante (Jürgens et al., 2000). Die Austausche D108E und L112P liegen in

unmittelbarer Nähe von F111S (F111L in HisAF) und könnten somit einen ähnlichen Effekt haben.

Betrachtet man die Lage der Reste, dann könnten auch die Austausche K143E, T146M und S169C von Bedeutung sein. Die Reste Lys143 und Thr146 liegen im Bereich zwischen β-Strang 5 und α-Helix 5, also am Katalysepol des Barrels (Abbildung 1) oberhalb des möglichen aktiven Zentrums (Abbildung 47). Der Rest Ser169 (in Abbildung 47 nicht gezeigt) liegt am Ende von β-Strang 6 und somit in räumlicher Nähe zu Asp173.

Unklar ist der mögliche Einfluss der Mutationen N54Y, S59N, V101M und H241R.

Außerdem wurde an vier Positionen der konservative Austausch eines Alanins zu einem Valin gefunden. Diesen Austauschen wurde in Hinblick auf eine mögliche Katalyse keine Bedeutung beigemessen.

4.6.2.2 Retransformation der ΔtrpF-Zellen mit den selektierten HisAF-Varianten Zur Bestätigung der ermittelten Komplementationszeiten und zum direkten Vergleich der Varianten wurden elektrisch kompetente ΔtrpF-Zellen einzeln mit den sieben gefundenen pTNA-malE-hisAF-Varianten aus Tabelle 14 transformiert und auf M9-Amp-Selektionsmedium ausgestrichen. Als Kontrollen wurden die des Komplementationstests eingesetzt (4.6.2), welche in verschiedenen Sektoren auf einer großen M9--Selektionsplatte in einer 1:100 Verdünnung ausgestrichen wurden.

Zusätzlich wurden die beiden Negativkontrollen separat in getrennten Sektoren auf einer großen M9--Selektionsplatte ausgestrichen. Die aus der Genbank isolierten Konstrukte wurden in einer 1:100 und einer 1:1000 Verdünnung auf jeweils einer großen M9--Selektionsplatte ausplattiert. Zur Kontrolle der erfolgreichen Transformation wurden alle Konstrukte zusätzlich auf LBAmp-Platten in einer 1:100 Verdünnung ausgestrichen. Die Inkubation erfolgte bei 37 °C.

Die Positivkontrolle lieferte nach 22 h sichtbare Kolonien, während bei den Negativkontrollen während der gesamten Inkubationsdauer von 113 h kein Wachstum zu beobachten war. Nach 42 h konnte bei ΔtrpF-Zellen mit fünf HisAF-Varianten schwaches Koloniewachstum beobachtet werden. Bei den HisAF-Varianten HisAF-N54Y+L112P und HisAF-A88V+S169C+A217V konnten dagegen erst nach 97 h Kolonien detektiert werden. Die zu diesem Zeitpunkt beobachteten Größen der Kolonien mit den verschiedenen HisAF-Varianten sind in Tabelle 15 aufgelistet.

Tabelle 15: Ergebnis der Komplementation nach Retransformation von ΔtrpF-Zellen mit den selektierten pTNA-malE-hisAF-Varianten.

Koloniegröße HisAF-Variante Nr.

Groß A6V, K143E, T146M, D173V, A197V selIa F111L, D127V, D173V, H241R selII Mittel S59N, H75Y, V101M, K143R selIII

Klein D173V selIV

H75Y, D108E, D173G selV

N54Y, L112P selVIa

A88V, S169C, A217V selVII

a: Diese Varianten waren aus M9--Flüssigmedium isoliert worden. Die Nummern (Nr.) geben die Bezeichnung der Varianten an, wie sie in der folgenden Charakterisierung verwendet wurden: „selI-VII“: selektierte HisAF-Varianten Nr. I-VII. Die Koloniegrößen wurden 97 h nach Ausplattierung auf M9--Selektionsplatten abgeschätzt.

Die Ergebnisse der Retransformation zeigen, dass die Varianten HisAFselI und HisAFselII die trpF-Defizienz der E. coli Zellen am schnellsten komplementieren können. Dabei ist zu beachten, dass die erstgenannte Variante aus einer Flüssigkultur und die letztgenannte aus der Selektion auf einer Agarplatte gewonnen wurde. In beiden Varianten ist der Austausch D173V enthalten. Dieser findet sich auch in den Varianten, die E. coli Zellen nur zu schwachem Wachstum befähigen (HisAFselIV und HisAFselV). Daraus kann geschlossen werden, dass die zusätzlichen Austausche der Varianten selI und selII die durch den D173V Austausch bewirkte TrpF-Aktivität unterstützen.

Die deutlich schnellere Komplementation nach Retransformation von ΔtrpF-Zellen im Vergleich zur Selektion (42 h zu 187 h) beruht vermutlich darauf, dass bei der Retransformation eine viel größere Zellzahl die trpF-Defizienz komplementieren kann und sich somit benachbarte Zellen im Wachstum unterstützen. Dieses sog. cross-feeding wird durch die Beobachtung unterstützt, dass Zellen mit gleichen Konstrukten bei stärkerer Verdünnung auf der Selektionsplatte, etwas langsamer wachsen.

4.6.3 Expression und Reinigung der selektierten HisAF-Varianten mit