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Kompakte und folgenkompakte Teilmengen metrischer R¨aume

Im Dokument Grundlagen der Analysis (Seite 73-78)

Satz 2.30 Jede beschr¨ankte und abgeschlossene Menge in R ist folgenkompakt.

Beweis. Sei A⊂Reine abgeschlossene und beschr¨ankte Menge und (an) eine Folge inA.

Dann ist (an) ebenfalls beschr¨ankt. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß existiert eine konvergente Teilfolge (ank) von (an). Der Grenzwertxdieser Teilfolge liegt inX. Nun gilt aber x = lim

k→∞ank ∈ cl(A) (siehe Satz 2.13). Da A abgeschlossen ist, ist A =cl(A), also

liegtx inA. Die MengeA ist demnach folgenkompakt. ⊓⊔

Beispiel: Die abgeschlossenen Intervalle [a, b]⊂Rsind folgenkompakt.

Satz 2.31 Sei(X, d)das Produkt der metrischen R¨aume(X1, d1), . . . ,(Xk, dk)und seien Aj ⊂ Xj folgenkompakte Mengen in (Xj, dj), j = 1, . . . , k. Dann ist die Menge A :=

A1×A2×. . .×Ak folgenkompakt in (X, d).

Beweis. Den Beweis wird analog zum Beweis von Satz 2.27 gef¨uhrt. Wir ¨uberlassen ihn

dem Leser als ¨Ubungsaufgabe. ⊓⊔

Beispiel: Die Quader W := [a1, b1]×[a2, b2]×. . .×[ak, bk] ⊂ Rk sind folgenkompakte Teilmengen des metrischen RaumesRk.

Satz 2.32 Sei (X, d) ein metrischer Raum und B ⊂ X folgenkompakt. Dann ist jede abgeschlossene Teilmenge A⊂B ebenfalls folgenkompakt.

Beweis. Sei (an) eine beliebige Folge inA. Dann ist (an) auch Folge inB und besitzt, da B folgenkompakt ist, eine inB konvergente Teilfolge (anj). Seib= lim

j→∞anj ∈cl(A). DaA abgeschlossen ist, istcl(A) =A und somitb∈A. Also enth¨alt (an) eine inA konvergente

Teilfolge. Damit istA folgenkompakt. ⊓⊔

Wir erhalten daraus folgende Verallgemeinerung von Satz 2.30:

Satz 2.33 Jede beschr¨ankte und abgeschlossene Teilmenge von C, Ck und Rk ist folgen-kompakt.

Beweis. Da Ck isometrisch zu R2k ist, gen¨ugt es, die Behauptung f¨ur die reellen Vek-torr¨aume Rk zu beweisen. Sei A eine beschr¨ankte und abgeschlossene Teilmenge von Rk. DaA beschr¨ankt ist, gibt es einen QuaderW ⊂Rk, derA enth¨alt. Da W folgenkompakt

undA abgeschlossen ist, ist A auch folgenkompakt. ⊓⊔

Beispiele: Die Sph¨are Srn1 :={x∈Rn | kxk =r} ⊂ Rn und die abgeschlossene Kugel Drn:={x∈Rn| kxk ≤r} ⊂Rn sind folgenkompakt.

Es gibt metrische R¨aume mit abgeschlossenen und beschr¨ankten Teilmengen, die nicht folgenkompakt sind. Sei z.B. X eine unendliche Menge mit der diskreten Metrik

d(x, y) =

(0 x=y 1 x6=y.

2.6 Kompakte und folgenkompakte Teilmengen metrischer R¨aume 67

In diesem metrischen Raum istjedeTeilmenge abgeschlossen und beschr¨ankt. Eine abz¨ahl-bare TeilmengeA:={a1, a2, . . . ,} ⊂Xist aber nicht folgenkompakt: Eine Folge in (X, d) ist genau dann konvergent, wenn sie ab einem bestimmten Index konstant ist. Folglich besitzt die Folge (an) keine konvergente Teilfolge.

Als n¨achstes besch¨aftigen wir uns mit speziellen Eigenschaften folgenkompakter Mengen.

Dazu zun¨achst folgende Definition.

Definition 2.26.Sei (X, d) ein metrischer Raum und A ⊂X. Die Menge A heißt total beschr¨ankt, wenn es zu jedem ε > 0 endlich viele Punkte a1, a2, . . . , ak ∈ A gibt, so dass A⊂

Sk i=1

K(ai, ε). Ist die gesamte Menge X total beschr¨ankt, so sagt man, dass der metrische Raum(X, d) total beschr¨ankt ist.

Eine total beschr¨ankte Menge ist auch beschr¨ankt, denn f¨ur endlich viele Kugeln gilt K(a1, ε)∪K(a2, ε)∪. . .∪K(ak, ε)⊂K(a1,max{d(a1, aj)|j= 2, . . . , k}+ε).

Satz 2.34 Jede folgenkompakte Teilmenge eines metrischen Raumes ist abgeschlossen, total beschr¨ankt und insbesondere auch beschr¨ankt.

Beweis. Sei (X, d) ein metrischer Raum undA⊂X folgenkompakt.

(1) Wir zeigen, dass A abgeschlossen ist. Sei x ∈ cl(A). Dann gibt es eine Folge (an) in A mit an → x. Da A folgenkompakt ist, besitzt (an) eine in A konvergente Teilfolge (ank). Dann gilt aber lim

k→∞ank = lim

n→∞an = x ∈ A. Folglich gilt cl(A) ⊂ A, d.h. A ist abgeschlossen.

(2) Wir zeigen, dassA total beschr¨ankt ist. Angenommen Aw¨are nicht total beschr¨ankt.

Dann existiert einε0 >0, so dass f¨ur allek∈Nund f¨urkbeliebige Punkte a1, . . . , ak∈A A6⊂K(a1, ε0)∪. . .∪K(ak, ε0).

Wir betrachten zun¨achst k = 1 und einen Punkt a1 ∈ A. Dann ist A 6⊂ K(a1, ε0). Wir w¨ahlen einen Punkta2 ∈A\K(a1, ε0). Dann giltd(a1, a2)≥ε0 >0. DaA6⊂K(a1, ε0)∪ K(a2, ε0), existiert ein a3 ∈A\(K(a1, ε0)∪K(a2, ε0)). Also gilt d(a3, a1) ≥ε0 >0 und d(a3, a2)≥ε0 >0 . Wir f¨uhren dieses Verfahren fort und erhalten eine Folge von Punkten a1, a2, a3, . . . in A mit d(ai, aj) ≥ ε0 > 0 f¨ur alle i 6= j. Diese Folge kann aber keine konvergente Teilfolge enthalten. Dies widerspricht der Folgenkompaktheit vonA. ⊓⊔ Aus den S¨atzen 2.33 und 2.34 erhalten wir eine spezielle Eigenschaft folgenkompakter Mengen in den metrischen R¨aumenRk und Ck.

Satz 2.35 Eine Teilmenge in Rk und in Ck ist genau dann folgenkompakt, wenn sie be-schr¨ankt und abgeschlossen ist.

Wie wir oben an einem Beispiel gesehen hatten, ist diese Charakterisierung folgenkompak-ter Mengen in allgemeinen metrischen R¨aumen nicht m¨oglich. Man hat aber f¨urvollst¨ andi-ge metrische R¨aume das folgende Kriterium f¨ur Folgenkompaktheit.

Satz 2.36 Sei (X, d) ein vollst¨andiger metrischer Raum. Eine Teilmenge in (X, d) ist genau dann folgenkompakt, wenn sie abgeschlossen und total beschr¨ankt ist.

Beweis. =⇒ ist die Aussage von Satz 2.34.

⇐= findet man z.B. im Buch von Dieudonn´e:Grundz¨uge der modernen Analysis, Bd. 1.

⊔ Nachdem wir bisher folgenkompakte Teilmengen betrachtet haben, die durch spezielle Eigenschaften von Folgen definiert wurden, betrachten wir als n¨achstes einen Kompakt-heitsbegriff, der mit Hilfe von offenen Mengen definiert wird.

Definition 2.27.Sei(X, d)ein metrischer Raum undA⊂X eine Teilmenge. Eine Fami-lieU ={Ui}iI von Teilmengen von Xheißt offene ¨Uberdeckung vonA, falls die folgenden beiden Eigenschaften gelten:

(1) Ui ⊂X ist offen f¨ur alle i∈I. (2) A⊂ S

iI

Ui.

Eine Teilmenge U ⊂ Uˆ der ¨Uberdeckung U heißt Teil¨uberdeckung, wenn A⊂ S

UUˆ

U.

Eine Teil¨uberdeckung heißt endlich, wenn sie endlich viele Elemente enth¨alt.

Definition 2.28.Sei(X, d)ein metrischer Raum. Eine TeilmengeA⊂X heißt kompakt, wenn man aus jeder offenen ¨Uberdeckung von A eine endliche Teil¨uberdeckung ausw¨ahlen kann. Ist die gesamte Menge X kompakt, so sagt man, dass der metrische Raum (X, d) kompakt ist.

Es gilt wiederum, dass eine TeilmengeAeines metrischen Raumes (X, d) genau dann kom-pakt ist, wenn der metrische Raum (A, d|A×A) kompakt ist.

Im Folgenden beweisen wir, dass in metrischen R¨aumen beide Kompaktheitsbegriffe ¨ aqui-valent sind.

Satz 2.37 Eine Teilmenge eines metrischen Raumes ist genau dann kompakt, wenn sie folgenkompakt ist.

Beweis. Sei (X, d) ein metrischer Raum undA⊂X eine Teilmenge.

(1)A kompakt =⇒ A folgenkompakt:

SeiA kompakt. Angenommen,A w¨are nicht folgenkompakt. Dann gibt es eine Folge (an) in A, die keine in A konvergente Teilfolge besitzt. Zu jedem x ∈ A finden wir dann eine Kugel K(x, ε(x)), die h¨ochstens endlich viele Folgenglieder von (an) enth¨alt. Dann ist U :={K(x, ε(x))}xA eine offene ¨Uberdeckung von A. DaAkompakt ist, enth¨alt sie eine endliche Teil¨uberdeckung, d.h. es gilt

A⊂K(x1, ε(x1))∪. . .∪K(xk, ε(xk)).

Damit k¨onnte A aber nur endlich viele Folgenglieder von (an) enthalten. Dies ist ein Widerspruch zur Wahl von (an). Also war unsere Annahme falsch undAist folgenkompakt.

2.6 Kompakte und folgenkompakte Teilmengen metrischer R¨aume 69

(2)A folgenkompakt =⇒ A kompakt:

Sei A folgenkompakt und U := {Uα}αΛ eine beliebige offene ¨Uberdeckung von A. Wir m¨ussen zeigen, dass U eine endliche Teil¨uberdeckung besitzt. Angenommen, dies w¨are nicht so. Nach Satz 2.34 istA total beschr¨ankt. Zu jedemn∈Ngibt es also endlich viele Kugeln mit Radius n1 und Mittelpunkten in A, die A ¨uberdecken. Da U keine endliche Teil¨uberdeckung besitzt, gibt es zu jedem n ∈ N eine dieser Kugeln, nennen wir ihren Mittelpunkt an, so dass A∩K(an,1n) nicht von endlich vielen Mengen aus U uberdeckt¨ wird. Wir betrachten nun die Folge (an) in A. Da A folgenkompakt ist, hat (an) eine in A konvergente Teilfolge (ank). Sei x:= lim

k→∞ank ∈A. Da U die Menge A ¨uberdeckt, gibt es eine MengeU ∈ U, diex enth¨alt. DaU offen ist, finden wir ein ε >0 mitK(x, ε)⊂U. DaxGrenzwert der Teilfolge (ank) ist, existiert eink0∈N, so dassank ∈K(x,ε2) f¨ur alle k≥k0. Wir w¨ahlen nun einen Indexnl der Teilfolge mitl≥k0 und n1

l < ε2. Dann gilt f¨ur jeden Punkt y∈K(anl,n1

l)

d(y, x)≤d(y, anl) +d(anl, x)≤ 1 nl

2 < ε 2+ ε

2 =ε.

Daraus folgt

K(anl, 1 nl

)⊂K(x, ε)⊂U ∈ U, d.h. wir k¨onnen K(anl,n1

l)∩A sogar durch eine einzige Menge von U ¨uberdecken. Dies widerspricht der Wahl von K(anl,n1

l). Somit war unsere Annahme falsch, d.h. aus jeder offenen ¨UberdeckungU von A kann man eine endliche Teil¨uberdeckung ausw¨ahlen.A ist

also kompakt. ⊓⊔

Wegen der gerade bewiesenen ¨Aquivalenz von Folgenkompaktheit und Kompaktheit k¨onnen wir die uns bereits bekannten Eigenschaften folgenkompakter Megen auf kom-pakte Mengen ¨ubertragen.

Folgerung 2.4 Kompakte Teilmengen metrischer R¨aume haben die folgenden Eigenschaf-ten:

1. Jede kompakte Menge ist abgeschlossen.

2. Jede kompakte Menge ist total beschr¨ankt, insbesondere beschr¨ankt.

3. Jede abgeschlossene Teilmenge einer kompakten Menge ist selbst kompakt.

4. Das Produkt kompakter Mengen ist kompakt.

5. Eine Teilmenge im metrischen Raum Rnist genau dann kompakt, wenn sie beschr¨ankt und abgeschlossen ist.

6. Eine Teilmenge in einem vollst¨andigen metrischen Raum ist genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen und total beschr¨ankt ist.

Weitere Eigenschaften kompakter Mengen findet man in den ¨Ubungsaufgaben. Einen Spe-zialfall der 5. Ausage dieser Folgerung findet man h¨aufig unter dem NamenUberdeckungs-¨ satz von Heine/Borel.

Bemerkung:Wenn man sich den Satz 2.37 ansieht, fragt man sich nat¨urlich, warum man denn ¨uberhaupt zwei verschiedene Kompaktheitsbegriffe definiert, wenn diese dann doch

¨

ubereinstimmen. Ein Grund daf¨ur ist, dass man die kompakten Mengen dadurch auf zwei v¨ollig verschiedene Weisen charakterieren kann (einmal durch Eigenschaften von Folgen, zum anderen durch Eigenschaften offener ¨Uberdeckungen). Beide Varianten haben zum Nachweis von Kompaktheit in verschiedenen Situationen jeweils Vorteile.

Der tieferliegende Grund ist aber der folgende: Die metrischen R¨aume sind eine spezielle Klasse der sogenannten topologischen R¨aume, die wir hier kurz erg¨anzend einf¨uhren wol-len:

SeiXeine nichtleere Menge. EineTopologie auf X ist eine FamilieT von Teilmengen von X, die folgende Eigenschaften hat:

1. X,∅ ∈ T.

2. Die Vereinigung beliebig vieler Teilmengen aus T ist ebenfalls inT. 3. Der Durchschnitt endlich vieler Teilmengen ausT ist ebenfalls in T.

Das Paar (X,T) nennt man dann topologischen Raum. Die Elemente in T heißen die offenen Mengen des topologischen Raumes (X,T).

Ist (X, d) ein metrischer Raum, so bilden die offenen Mengen des metrischen Raumes nach Satz 2.4 eine Topologie aufX. Jeder metrische Raum ist folglich ein spezieller topologischer Raum. In topologischen R¨aumen kann man kompakte und folgenkompakte Mengen auf die gleiche Weise definieren, wie im metrischen Raum. Man kann dann zeigen, dass es sowohl topologische R¨aume gibt mit kompakten Mengen, die nicht folgenkompakt sind als auch topologische R¨aume mit folgenkompakten Mengen, die nicht kompakt sind !!. F¨ur topologische R¨aume, die zu den Grundstrukturen der Analysis geh¨oren, fallen die beiden Kompaktheitsbegriffe also nicht mehr zusammen.

2.7 Zusammenh¨angende Teilmengen und Zusammenhangskomponenten

Im Dokument Grundlagen der Analysis (Seite 73-78)