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Kommunale Institutionen

Im Dokument Die strategische Entwicklung (Seite 108-111)

3   Das Stadtquartier als städtisches Element

3.3   Stadtquartiere aus immobilienökonomischer Perspektive

3.3.2   Institutionelle Aspekte des Stadtquartiers

3.3.2.2   Kommunale Institutionen

3.3.2.2.1 Definition kommunaler Institutionen

In Bezug auf kommunale Institutionen ist grundsätzlich zwischen legislativen und exekuti-ven Organen zu differenzieren. Diese Gremien fällen und erfüllen politische Entscheidungen innerhalb ihres Ermessensspielraums.435

Der Gemeinderat als Legislative wird innerhalb der kommunalen Wahlen von den Bürgern der Gemeinde bestimmt. Er besteht in Abhängigkeit der Größe der Kommune aus verschie-denen Abgeordneten, die ein freies Mandat tragen und in der Regel einer Fraktion angehö-ren. Er kann innerhalb seines rechtlichen Spielraumes Satzungen erlassen und somit das Zu-sammenleben innerhalb der Gemeinde gestalten, weshalb er als oberstes Willensbildungsor-gan der Gemeinde angesehen wird und dabei parlamentarische Funktionen übernimmt.436 Für die Quartiersentwicklung spielt der Gemeinderat eine zentrale Rolle, da sämtliche Ent-scheidungen der Stadt und damit auch Bebauungspläne ausschließlich durch das Parlament beschlossen und getragen werden müssen.437

Die Exekutive stellt wiederum den bürokratischen Erfüllungsgehilfen politischer Entschei-dungen der Legislative dar und konstituiert sich auf kommunaler Ebene in oberster Instanz je nach Bundesland durch den (Ober-)Bürgermeister bzw. den Stadtrat als Leiter der kommu-nalen Verwaltung in Kombination mit dem Magistrat als höchstes kommunales Exekutiv-gremium.438 Obwohl die Kommunen in der Organisation ihrer Aufgaben frei sind, bestehen unter dem Bürgermeister bzw. dem Stadtrat in der Regel zwei weitere Ebenen der Verwal-tung. Einerseits die zweite Ebene der Dezernate bzw. Referate, die oft von Wahlbeamten besetzt wird und andererseits die dritte Ebene der einzelnen Ämter, die von Berufsbeamten geführt werden. Letztere sind dabei die maßgeblichen Organisationseinheiten einer Kommu-ne und sind daher vor allem in der operativen Umsetzung Kommu-neue Stadtquartiere von gehobeKommu-ner Bedeutung.439

435 Vgl. Vogelgesang/Lübking/Jahn (1997), S. 81-84; Bunzel et al. (2003), S. 143. Die Kommune soll dabei im Folgenden als Überbegriff für Städte und Gemeinden angenommen werden. Unterschiede werden bei Be-darf adressiert. Vgl. auch Peitsch (2005), S. 11.

436 Vgl. Weig (2004), S. 42.

437 Vgl. bspw. für Hessen § 50(1) HGO und bzgl. des Bebauungsplans als kommunale Satzung § 52 (6) HGO.

438 Die Rolle des Bürgermeisters wird dabei zwischen „monokratisch“ und „kollegial“ differenziert. Während im ersten Fall der Bürgermeister die alleinige Verwaltungsspitze darstellt, ist er im zweiten Fall Mitglied des Stadtrates als verwaltungsführende Körperschaft. Vgl. Püttner (1999), S. 1186.

439 Peitsch (2005), S. 13-14.

Darüber hinaus fallen in den Verantwortungsbereich der Verwaltungsspitze noch öffentliche Unternehmen und Beteiligungen der Stadt. Ein öffentliches Unternehmen ist dabei „jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittel-bar oder mittelunmittel-bar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.“440 Der Grad des Einflusses ist dabei maßgeblich durch die Organisationsform des öffentlichen Unternehmens geregelt, wobei die Rechtsform insbesondere in den letzten Jahren oftmals eine privatrechtliche Ge-sellschaft ist.441 Dies liegt nicht zuletzt in der vergleichsweise hohen Handlungsfreiheit der öffentlichen GmbH begründet, da sie die Mitbestimmung durch die Kommune bspw. durch den Bürgermeister als Aufsichtsratsmitglied beschränkt und das Unternehmen weitestgehend autark agieren kann.442 Dem Vehikel des öffentlichen Unternehmens bedient sich die Kom-mune wie bereits im Zusammenhang der Trägerschaften angedeutet vor allem auch bei Quartiersentwicklungen.443

3.3.2.2.2 Interessen der kommunaler Institutionen

Die Ziele der Kommunen können differenziert werden nach den Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises, wobei erstere die spezifischen Belange der Gemeinde adressieren und letztere die Ausführung übergeordneter, delegierter Aufgaben von Bund oder Land betreffen.444 In Bezug auf den eigenen Wirkungskreis bestehen in den jeweiligen Kommunalordnungen bestimmte Verpflichtungen und Ziele, welche unter dem Leitbild des Allgemeinwohls zusammengefasst werden können.445 Stellenweise sind diese explizit gere-gelt und geben einen guten Aufschluss über die gemeinwohlorientierten Ziele.446

Neben expliziten Zielen verfolgen politische Mandatsträger jedoch oft verschiedene implizi-te Inimplizi-teressen, denn schließlich sind sie „wiederum ein komplexes politisches und

440 Die Definition öffentlicher Unternehmen ist im deutschen Recht nicht geregelt. Diese Definition und die rechtliche Regelung finden sich in der Richtlinie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000.

441 Vgl. Edeling/Stölting/Wagner (2004), S. 21-23. Die GmbH bildet dabei mit 75 % den größten Anteil.

442 Vgl. Weig (2004), S. 43.

443 Öffentliche Unternehmen sind in ihrem Handeln an einige Auflagen gebunden, um ein öffentliches Eingrei-fen in das Marktgeschehen zu reglementieren. Daher ist die gängige Praxis aus marktheoretischer Perspekti-ve stellenweise durchaus infrage zustellen. Vgl. u.a. Vogelgesang/Lübking/Jahn (1997), S. 211-216. Die Eignung dieses Konstrukts diskutieren Edeling/Stölting/Wagner (2004).

444 Vgl. Vogelgesang/Lübking/Jahn (1991), S. 45-54.

445 „Das Gemeinwohlziel ist [dabei jedoch] letztlich nicht mehr und nicht weniger als ein Leitbild, das es der öffentlichen Hand ermöglicht, sich flexibel auf wechselnde Anforderungen der Umwelt einzustellen.“ Braun (1988), S. 129.

446 Vgl. exemplarisch § 2 (2) Thüringer Kommunalordnung. Dabei werden auch verschiedene Berührungspunk-te mit der StadBerührungspunk-tentwicklung und damit auch poBerührungspunk-tenziell der Quartiersdefinition erkennbar.

tives System […], in dem sich die Meinungsbildung und Strategieentwicklung zwischen einer Vielzahl von Akteuren mit jeweils eigenen Interessen und Handlungsrationalitäten vollzieht.“447 Demgegenüber ist die Verwaltung „oftmals sehr unübersichtlich und durch verschiedene themenspezifische Konflikte geprägt. Zahlreiche Ressorts, oftmals besetzt von politisch Denkenden […] führen zu einem schwer einschätzbaren und oftmals kritischen Apparat. Ziele [der jeweiligen Stellen] sind oftmals die Sicherung und der Ausbau des eige-nen Kompetenzbereiches und der persönlichen Motivatioeige-nen.“448 Als Folge basieren Ent-scheidungen nur zum Teil auf formalen, gesellschaftsorientierten Zielen. Daneben ist davon auszugehen, dass politische oder administrative Einheiten insgeheim als rational handelnde, opportunistische Akteure verstanden werden müssen, die das Ziel der individuellen Nutzen-maximierung verfolgen und daher Einfluss auf entsprechende Prozesse nehmen. Im Wettbe-werb um politische Macht und Verwaltungskompetenz treffen sie Entscheidungen, welche die Erfüllung ihrer Nutzenfunktion unterstützen, was nicht selten zu Zielkonflikten zwischen den politischen Zielen der Gesellschaft und individuellen Zielen des Entscheiders führt.449 In Zusammenhang mit der Quartiersentwicklung hat dies verschiedene Implikationen. Einer-seits kann die Austragung interner Konflikte in Politik und Verwaltung weit reichende Nach-teile für die Entwicklung aufwerfen, da Entscheidungen möglicherweise nicht dem Projekt-erfolg dienen, sondern eher den individuellen Präferenzen des Entscheiders.450 TÖLLE pro-blematisiert hingegen das Risikopotenzial von Veränderungen des politischen Machtgefüges und die daraus resultierende Notwendigkeit einer Integration sämtlicher politischer Kräfte von Beginn an, um einer späteren Politisierung der Entwicklung vorzubeugen.451 Daher scheint es förderlich, von Beginn an die Kompetenzen, das Fachverständnis, die Motivation und Verantwortung der einzelnen Gremien zu integrieren452, jedoch Mechanismen zu im-plementieren, die definierte Ziele entsprechend festschreiben, die Kontrolle eines

447 Bunzel et al. (2003), S. 143.

448 Küpper (1990), S. 137f.

449 Mit diesem Problemkreis befasst sich die Neue Politische Ökonomie (NPÖ) und insbesondere die public-choice-Theorie. Hier wird das Verhalten politischer Akteure innerhalb verschiedener Gesellschaftssysteme untersucht. Im Ergebnis sollen dadurch Verhaltensweisen antizipiert werden und demokratische Systeme so aufgebaut sein, dass opportunistisches Verhalten ausgeschlossen werden kann und Anreize zu allgemein-wohlfördernden Entscheidungen gesetzt werden. Zu den Ursprüngen vgl. Olson (2000); Downs (1968);

Niskanen (1973) und Buchanan (1978). Vgl. außerdem Frey (1970); Alesina/Tabellini (1988); Weingast (1993); Braun (1999) oder Henisz (2004).

450 Vgl. Köster (2006), S. 37.

451 Vgl. Tölle (2005), S. 291-296.

452 Vgl. Wentz (2005), S. 71f.

formen Handelns ermöglichen und aus Individualinteressen resultierende Konflikte abwen-den.453

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