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Kommission entsprach diesem Begehren durch «übernahme der invalidi- invalidi-tätsbedingten Mehrkosten für die erstmalige berufliche Ausbildung zum

Kartonage-Arbeiter», was dem Vater des Versicherten mit «Ergänzungsver-fügung» vom 18. Dezember 1962 mitgeteilt wurde.

Mitte Dezember 1963 schlug die Regionalstelle der IV-Kommission eine weitere Verlängerung des Aufenthaltes bis Frühjahr 1965 vor. Die Kom-mission hieß auch dieses Gesuch (teilweise) gut durch Übernahme der «Ver-längerung der erstmaligen beruflichen Ausbildung» bis 30. Juni 1964.

Um neue Verlängerung bis 30. April 1965 ersuchte die IV-Regionalstelle Mitte August 1964. Die IV-Kommission entsprach diesem Begehren ebenfalls.

Sämtliche bisher erlassenen Verfügungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.

Als die IV-Regionalstelle am 20. Mai 1965 der IV-Kommission mitteilte, der Versicherte könne kaum mehr weiter gefördert werden, gab die Aus-gleichskasse dem Vater des Versicherten mit Verfügung vom 12. Juli 1965 bekannt, daß eine Verlängerung des Aufenthaltes über den 30. April 1965 hin-aus nicht mehr übernommen werde.

Der Vater des Versicherten beschwerte sich am 13. Juli 1965 gegen diese letzte Verfügung bei der kantonalen Rekursbehörde. Diese wies durch Ent-scheid vom 20. September 1965 die Beschwerde ab.

Der Vater des Versicherten hat den kantonalen Rekursentscheid mit Berufung an das EVG weitergezogen. Sein Begehren geht dahin, die IV habe die Kosten des Aufenthaltes in der Eingliederungsstätte zu übernehmen, die seit dem 30. April 1965 dadurch entstanden seien, daß ihm die Ausgleichs-kasse erst Mitte Juli 1965 eröffnet habe, die Versicherung komme seit Ende April 1965 nicht mehr dafür auf.

Das EVG hieß die Berufung aus folgenden Erwägungen gut:

Da die Abklärungen der IV-Regionalstelle ergeben haben, daß der Be-rufungskläger nach dreijähriger erstmaliger Ausbildung in der Eingliede-rungsstätte kaum mehr weiter gefördert werden kann, verlangt sein Vater mit Recht nicht die Verlängerung dieser Ausbildung und die Übernahme der ent-sprechenden Kosten durch die IV. Streitig ist lediglich, ob diese für den Heim-aufenthalt über den 1. Mai 1965 hinaus wegen der erst nachträglichen Ab-lehnung der Verlängerung aufzukommen habe.

Gemäß Verfügung vom 24. März 1962 hat die IV-Kommission den Be-rufungskläger ursprünglich in die Eingliederungsstätte eingewiesen, um seine Eingliederungsfähigkeit abklären zu lassen (vgl. Art. 60, Abs. 1, Buchst. a, IVG). Die Ausgleichskasse bezeichnete diese Einweisung als «Abklärungsauf-enthalt»; dieser selber war also die Versicherungsleistung. Die folgende von Amtes wegen erlassene Verfügung, die erst am 18. Dezember 1962, also rund fünf Monate nach Ablauf der Abklärungsdauer erging, war nach ihrem Wort-laut eine «Ergänzungsverfügung» zu derjenigen vom 24. März 1962. Sie sprach ausdrücklich von «Verlängerung» und war deshalb geeignet, beim Vater des Berufungsklägers die Meiung zu erwecken, die Versicherungs-leistung bestehe weiterhin im Aufenthalt selber. Zwar enthielt sie den Zusatz

«Übernahme der invaliditätsbedingten Mehrkosten für die Ausbildung zum Kartonage-Arbeiter». Da aber die gesamten Aufenthaltskosten übernommen wurden, war es naheliegend, anzunehmen, der Aufenthalt als solcher werde

als Versicherungsleistung unter dem Titel «invaliditätsbedingte Mehrkosten»

gewährt, zumal die beiden ebenfalls von Amtes wegen erlassenen folgenden Verfügungen vom 31. Januar und 11. September 1964 die invaliditätsbedingten Mehrkosten nicht mehr erwähnten, sondern schlechthin die «Verlängerung der erstmaligen beruflichen Ausbildung» als Versicherungsleistung bezeichneten.

übrigens erließ die Ausgleichskasse die zuletzt genannte Verfügung wiederum mehr als drei Monate nach Ablauf der vorangegangenen Verlängerung.

Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen hat eine Verfügung so zu gelten, wie sie nach ihrem gemeinverständlichen Wortlaut und nach Treu und Glauben zu verstehen ist. Wenn sich im vorliegenden Fall der Vater des Berufungs-klägers nach den gesamten Umständen darauf verlassen durfte, daß die IV selber die Maßnahme der erstmaligen beruflichen Ausbildung in der Ein-gliederungsstätte durchführe, so durfte er in guten Treuen auch annehmen, daß der Aufenthalt in diesem Heim in Wirklichkeit von der IV-Kommission beendet werde, sobald sie die Versicherungsleistung nicht mehr weitergewähren wolle. Ließ sie den Berufungskläger weiterhin im Heim, ohne seinen Vater rechtzeitig von der Einstellung der Versicherungsleistung zu unterrichten, so bedeutete dies praktisch, daß sie die Maßnahme der erstmaligen berufli-chen Ausbildung weitergewähre, auch wenn diese — entspreberufli-chend dem Ver-halten der Versicherungsorgane bei früheren Beschlüssen und Verfügungen — zunächst vorläufig auf den 30. April 1965 begrenzt worden war. Bestärkt wurde der Vater des Versicherten in dieser Auffassung dadurch, daß dem Berufungskläger — wie in der Berufung unwidersprochen ausgeführt wird

— auch nach dem 30. April 1965 von der IV-Regionalstelle wie bisher Trans-portgutscheine abgegeben wurden.

Bei dieser Sachlage hat die IV noch mindestens bis zum 13. Juli 1965, dem Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung über die Einstellung der Ver-sicherungsleistungen, den Aufenthalt in der Eingliederungsstätte zu über-nehmen. Ob dem Vater des Versicherten zugemutet werden konnte, seinen Sohn unmittelbar nach Kenntnisnahme dieser Verfügung aus dem Heim weg-zunehmen, ist abzuklären. Jedenfalls hat die IV die Kosten des Aufenthaltes in der Eingliederungsstätte bis zu dem Zeitpunkt zu tragen, da die Wegnahme zumutbar war.

Urteil des EVG vom 31. Januar 1966 i. Sa. R. B.

Art. '78, Abs. 2, IVV. Rechtsunkenntnis kann kein wichtiger Grund für die Durchführung einer Maßnahme vor der Beschlußfassung der 1V-Kommission sein. Bestätigung der Praxis. (Erwägung 1) Art. 78, Abs. 2, IVV. Die Frist gemäß Art. 78, Abs. 2, IVV wird nur durch die Anmeldung bei einem Organ der IV eingehalten. Die An-meldung bei einer Krankenkasse ist nicht rechtsgenüglich. Bestäti-gung der Praxis. (ErwäBestäti-gungen 2 und 3)

Der 1951 geborene Versicherte litt seit Geburt an bilateralem Kryptorchismus.

Nachdem eine zweimonatige Injektionskur Ende Januar 1964 erfolglos ab-gebrochen worden war, wurde der Versicherte im Oktober 1964 rechts einem

1 Vgl. dazu S. 304.

chirurgischen Eingriff unterzogen. Die Krankenkasse, die anscheinend für die Injektionen aufgekommen war, stellte für den Spitalaufenthalt die übli-chen Formulare aus. Nach Eingang der Spitalrechnung lehnte sie indessen die Übernahme der Operationskosten ab mit der Begründung, es liege ein Geburtsgebrechen vor, dessen Behandlung zu Lasten der IV gehe.

Daraufhin wurde der Versicherte am 15. Januar 1965 zum Leistungsbezug bei der IV angemeldet. Durch Verfügung vom 3. Mai 1965 teilte die Aus-gleichskasse dem Vertreter des Versicherten mit, gemäß Beschluß der IV-Kommission könne die IV für die Operationskosten nicht aufkommen, da die Anmeldung verspätet erfolgt sei.

Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies die kantonale Rekurskommission ab.

Den kantonalen Rekursentscheid hat der Vertreter des Versicherten durch Berufung an das EVG weitergezogen. Er macht geltend, die Operation des im Oktober 1964 bereits 13jährigen Versicherten sei damals dringlich ge-wesen: längeres Zuwarten hätte zu einem Dauerschaden führen können. Im übrigen verweist der Vertreter auf das Verhalten der Krankenkasse, die ihn erst nach der Operation darauf aufmerksam gemacht habe, daß der Fall zu Lasten der IV gehe. Da die Anmeldung nach Erhalt dieser Mitteilung sofort erfolgt sei, müsse die IV für die Operationskosten aufkommen.

Das EVG wies die Berufung mit folgender Begründung ab:

1. Wie aus Art. 60, Abs. 1, Buchst. b, IVG hervorgeht, werden Eingliede-rungsmaßnahmen grundsätzlich nur gewährt, wenn sie die IV-Kommission vor der Durchführung angeordnet hat. Das setzt voraus, daß der Fall bei der IV angemeldet worden ist. Immerhin ist es notwendig, Ausnahmen von diesem gesetzlichen Grundsatz zuzulassen, was der Bundesrat, gestützt auf den all-gemeinen Vollzugsauftrag von Art. 86, Abs. 2, IVG, in Art. 78, Abs. 2, IVV getan hat. Nach dieser Bestimmung übernimmt die IV außer den angeordne-ten Maßnahmen «die Kosangeordne-ten für Maßnahmen, die aus wichtigen Gründen vor der Beschlußfassung der Kommission durchgeführt werden mußten, sofern die Anmeldung innert 6 Monaten seit Beginn der Durchführung eingereicht wurde». Diese Ausnahmeregelung ist gesetzmäßig und daher für die mit der Durchführung der IV betrauten Organe in gleicher Weise verbindlich wie das Gesetz selbst (vgl. EVGE 1965, S. 209 und die dort zitierte Praxis).

Die wichtigen Gründe müssen derart beschaffen sein, daß ihretwegen mit der Maßnahme nicht zugewartet werden konnte (EVGE 1963, S. 216;

ZAK 1964, S. 372). Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Denn bereits Ende Januar 1964 stand fest, daß die Injektionen erfolglos geblieben waren, weshalb sich nun eine Operation des Geburtsgebrechens aufdrängte.

Da sie erst im Oktober 1964 erfolgte, läßt sich entgegen den Vorbringen in der Berufung nicht sagen, die Vorkehr sei derart dringend gewesen, daß dem Vertreter des Versicherten nicht hätte zugemutet werden können, vorher einen Beschluß der IV-Kommission zu erwirken (EVGE 1965, S. 210). Der Einwand des Vertreters, er habe erst nach der Operation von der Krankenkasse er-fahren, daß die IV die Behandlung von Geburtsgebrechen übernehme, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Denn aus der Rechtsunkenntnis, auf die er sich damit beruft, kann er gemäß einem allgemein anerkannten Grundsatz keine Vorteile ableiten. Verwaltung und Vorinstanz sind daher mit Recht zum 342

Schluß gekommen, daß die IV die Kosten der durchgeführten Operation wegen verspäteter Anmeldung nicht übernehmen könne.

2. Das BSV wirft die Frage auf, ob die Berufung nicht gutzuheißen sei, weil der Versicherte das Geburtsgebrechen schon lange vor der Operation bei der Krankenkasse angemeldet habe. In diesem Zusammenhang führt es aus, das Fehlen einer Regelung im IVG über das Verhältnis zur Krankenver-sicherung stelle eine echte Lücke dar, die geschlossen werden müsse.

Art. 26, Abs. 4, KUVG in der seit 1. Januar 1965 geltenden Fassung er-mächtigt den Bundesrat zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Krankenkassen vorleistungspflichtig sind, solange nicht feststeht, ob dem Versicherten ein Anspruch gegenüber der SUVA, der MV oder der IV zustehe.

Das hat der Bundesrat in der Verordnung III über die Krankenversicherung vom 15. Januar 1965 (V III) getan. Hinsichtlich des hier allein interessieren-den Verhältnisses zwischen Krankenversicherung und IV ist vor allem von Bedeutung, daß gemäß Art. 14, Abs. 1, V III die Krankenkasse im Falle der Krankheit, die auch bei Behandlungsbedürftigkeit von Geburtsgebrechen ge-geben ist, die gesetzlichen Pflichtleistungen zu gewähren hat. Die Kranken-kasse kann ihre Leistungen im Hinblick auf mutmaßliche Ansprüche gegen-über der IV von der Anmeldung bei diesem Versicherungszweig abhängig machen (Art. 17, Abs. 3, V III). Das will heißen, daß die Krankenkasse ihre Leistungen grundsätzlich nur verweigern darf, wenn sie den Versicherten er-folglos aufgefordert hat, sich bei der IV anzumelden. Unter diesem Vorbehalt (und demjenigen des hier nicht zutreffenden Art. 18) ist die Krankenkasse grundsätzlich verpflichtet, ihre statutenmäßigen Leistungen zu erbringen, solange nicht feststeht, daß die IV leistungspflichtig ist. Steht letzteres ein-mal fest, dann erfolgt die Abrechnung gemäß Art. 19, V III. Diese Ordnung stimmt überein mit dem gesetzgeberischen Gedanken, daß die IV die Kranken-versicherung voraussetze. Unter diesem Gesichtspunkt besteht keine Lücke und bedarf es zusätzlicher Normen des IV-Rechtes nicht. Die Lösung, die das BSV befürwortet, würde nicht nur keine Lücke ausfüllen, sondern der Bestimmung von Art. 17, Abs. 3, V III widersprechen. Gerade diese Norm zeigt, daß das positive Recht keinen Verzicht auf eine direkte Anmeldung des Krankenkassenpatienten bei der IV zuläßt.

Ob im Einzelfall der Schutz der Krankenversicherung tatsächlich besteht, wenn medizinische Vorkehren grundsätzlich in ihren Aufgabenkreis fallen, kann in diesem Zusammenhang nicht erheblich 'sein. Erhält ein Patient z. B.

keine Leistungen der Krankenversicherung, weil für ihn ein Versicherungs-vorbehalt gemäß Art. 5, Abs. 3, KUVG gilt, weil er die Genußberechtigung gemäß Art. 12, Abs. 4, KUVG erschöpft hat oder weil die Krankenkasse nach dem bis Ende Dezember 1964 geltenden Rechtszustand nicht leistungs-pflichtig war, so ändert das nichts daran, daß über die Abgrenzung zwischen Krankenversicherung und IV hinsichtlich der medizinischen Vorkehren eine Ordnung besteht, die für jedermann gilt.

3. Würde übrigens vorgeschrieben, die Anmeldung bei einer Kranken-kasse sei ohne weiteres auch für die Belange der IV rechtsgenüglich, so stellte sich die Frage, ob die IV-Kommission nicht außerstande gesetzt würde, ihre Obliegenheiten gemäß Art. 60 IVG auszuüben, soweit die Krankenkasse von sich aus Maßnahmen bewilligte. Zur Feststellung des Vorzustandes, der

Indikation der Maßnahme und deren Eignung im Sinne des IVG wäre die IV-Kommission nachträglich auf die Aufzeichnungen der Kassenärzte ange-wiesen, die den Eingliederungsfragen in der Regel keine besondere Beach-tung schenken, sondern vor allem die Heilung des Leidens an sich anstreben.

Die Krankenkassen hätten zudem kein Interesse an der Klarstellung von Tatsachen, die eine Leistungspflicht der IV auszuschließen vermöchten. Ge-rade dieser Interessengegensatz spräche gegen die Heranziehung der Kranken-kassen als Meldestellen, es wäre denn, die jetzt dem Versicherten obliegende Meldepflicht gegenüber der IV würde den Krankenkassen so übertragen, daß es diesen obläge, allfällige Ansprüche aus dem IVG bei der zuständigen IV-Kommission r e c h t z e i t i g geltend zu machen. Eine Lösung dagegen, die darin bestände, die Krankenkassen gestützt auf die bei ihnen erfolgte An-meldung zu ermächtigen, irgendwann einen Entscheid der IV-Kommission zu verlangen, würde eigentlich bedeuten, daß die Eingliederungsmaßnahmen gemäß Art. 12 und 13 IVG zugunsten der Krankenkassenmitglieder nicht mehr von der IV-Kommission als Sachleistungen angeordnet und erbracht werden müßten, sondern von den Krankenkassen ohne Wissen der IV-Organe bewilligt werden könnten, unter Vorbehalt allerdings nachträglicher Geneh-migung durch die IV-Kommission oder den Richter. Dabei wäre Immerhin zu bedenken, ob die IV-Kommission damit in vielen Fällen praktisch nicht zur blossen Zahlstelle würde und ob sie insoweit ihre vornehmste Aufgabe, die in der planmäßigen Eingliederung Invalider besteht, noch erfüllen könnte.

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VON Am 23. und 24. Juni führte das Bundesamt für Sozial-

MONAT versicherung unter dem Vorsitz von Dr. Achermann eine

Konferenz mit den IV-Regionalstellen durch. Behandelt