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kleine und mittlere Banken überdimensioniert

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 40-43)

beispielsweise wie eine Sparkasse oder Genossen-schaftsbank, muss weniger kontrolliert und beaufsichtigt werden. Würde man so vorgehen, entstünde Freiraum zum Atmen und mehr Flexibilität für viele Unternehmen.

Auf seine letzten Amtstage wurde auch der gerade aus dem Amt geschiedenen Kommissions-präsident einsichtig. Bleibt zu hoffen, dass sein Nachfolger daran anknüpft. Das EU-Parlament Sparkassen

ZUM GUTACHTEN DER MONOPOLKOMMISSION:

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 41

FORUM NEUE LÄNDER

teilt zu großen Teilen die Auffassung der Spar-kassen. Das lässt hoffen.

Ich empfehle, dass die Regulierer sich mit ihren offenbar gewaltigen Ressourcen endlich einmal auf den sogenannten grauen Finanzmarkt konzentrieren. Dort liegen die größten Risiken.

Aber weil dieses Segment kaum strukturiert ist, wird dort auch kaum reguliert. Über andere Gründe, warum dort immer noch die Zocker-geschäfte möglich sind und erlaubt werden, die uns in die große Krise geführt haben, will ich besser nicht spekulieren. Aus meiner Sicht erhöhen die derzeitigen Regulierungskonzepte sogar die Risiken. Denn sie suggerieren, alles sei fest im Griff, während die Spekulanten weiter schalten und walten können. Denn es kann ihnen im schlimmsten Falle ja nichts passieren.

Man kann nicht jede Krise per Regulierung aus der Welt schaffen

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Die reine Brüsseler Lehre von Markt und Wettbewerb kollidiert regelmäßig vor allem mit dem deutschen Verständnis von Daseins-vorsorge. Welch groteske Blüten dies treibt, zeigt der Versuch, sogar die kommunale Wasserversorgung – bekanntlich ein natür-liches Monopol und elementare Daseinsvor-sorge – in ein Marktdesign zu pressen. Dieses Vorhaben ist aktuell zwar gescheitert, aber vermutlich nicht beerdigt. Welche Fehlein-schätzungen von Kommission und Rat sind aus Ihrer Sicht für den Bereich der Finanz-wirtschaft zu diesem Thema zu konstatieren?

Dr. Ermrich:

Um es kurz zu machen. Es wird bei der ganzen Diskussion zur Bewältigung der Finanzmarkt-krise und der Vorbeugung neuer Krisen im Finanzsektor nicht genügend nach dem Risiko-gehalt unterschiedlicher Geschäftsmodelle von Kreditinstituten unterschieden – also zwischen Krisenverursachern und Stabilisatoren. Es wird nicht ausreichend zur Kenntnis genommen, dass es vorteilhaft ist, wenn Banken ver-schiedene Geschäftsphilosophien und -modelle verfolgen, weil dies den sogenannten Herden-trieb reduziert und seinerseits stabilisierend wirkt. Es ist schließlich ein Unterschied, ob ich ein regionales Kreditinstitut mit klassischem Kundengeschäft oder ob ich eine internationale Investmentbank bin. Außerdem ist es wohl eine Fehleinschätzung, zu glauben, dass man jed-wede Krisenmöglichkeit mittels Regulierung aus der Welt schaffen kann.

Komplett übersehen wird übrigens auch der besondere Daseinsvorsorgeauftrag des Sparkassenmodells. Finanzdienstleistungen

wie die Kontenführung für jedermann sind heute existentiell. Das gewährleisten nur wir, und wir gewährleisten es auf der Basis eines tradierten Geschäftsmodells. Unsere Einlagen sind die Sicherheit und obwohl dies für sich gesehen schon ausreichend wäre, haben wir zusätzlich einen eigenen Haftungsverbund installiert.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Grundlegende Finanzdienstleistungen sind existentiell und damit Teil der Daseinsvor-sorge. Daraus folgt für die Sparkassen, dass sie diese Leistungen auch dann noch erbringen müssen, wenn sich alle anderen Marktteil-nehmer wegen zu geringer Wirtschaftlich-keit längst verabschiedet haben. Brauchen wir Marktregeln, wenn der Markt aus gerade genannten Gründen versagt?

Dr. Ermrich:

Ganz wichtig ist mir der notwendige Hinweis, dass Sparkassen nach ihrem öffentlichen Auf-trag zur flächendeckenden Bereitstellung von Finanzdienstleistungen verpflichtet sind. Sie tun dies unter Berücksichtigung der Markt-erfordernisse sowie nach kaufmännischen Gesichtspunkten.

Sparkassen bewegen sich im Markt und reagieren auf dessen Veränderungen. Unwirt-schaftliche Geschäfte werden auch Sparkassen auf Dauer nicht verkraften. Was aber unwirt-schaftlich ist, das hängt von Ziel und Zweck einer Unternehmung ab. Für Sparkassen kann etwas noch wirtschaftlich sein, was für eine Großbank längst unwirtschaftlich ist. Auf-grund ihrer Verfasstheit und Konstruktion ist

z.B. der Spielraum von Sparkassen ein anderer, als der von rein auf Maximalprofit orientierten Banken.

Zu Ihrer eigentlichen Frage: Grundsätz-lich zeigen alle historischen Erfahrungen, dass unregulierte Märkte immer irgendwann zu Ver-werfungen neigen. Die Finanzmarktkrise ist dafür ein Paradebeispiel. In entscheidenden Segmenten gab es zu wenig Regulierung. Sonst hätten bei-spielsweise zahlungsunfähige amerikanische Haushalte nie Kredite bekommen, schon gar nicht unbesicherte, und der graue Spekulanten-markt hätte gar nicht erst entstehen können.

Märkte benötigen also durchaus Regulierung oder Regeln. Diese kann prinzipiell über zwei Wege geschehen. Die anglo-amerikanische Denk-weise bevorzugt Einzelfallregulierungen. Man stellt fest, dass der unregulierte Markt zu einer Kreditklemme in ländlichen Regionen führt und erlässt ein Gesetz, das Banken verpflichtet, einen Anteil X ihrer Kredite in ländlichen Regionen zu vergeben. Der Staat muss also für jeden Einzelfall, in dem der Markt gesellschaftlich unerwünschte Ergebnisse produziert, eine eigene Regulierungs-norm schaffen, am besten vorausahnend. Diese muss er überwachen und ggf. einen Sanktions-mechanismus und eine entsprechende Bürokratie etablieren. Diesem Denkmodell hängen die Büros in Brüssel offenbar an.

Der Nachteil des anglo-amerikanischen Denk-modells ist aus meiner Sicht, dass ich wissen muss, wo der Markt versagt, wo ein Gesetz erforder-lich ist, und wo hohe Bürokratieaufwände sowie -kosten entstehen. Da ich das eben oft nicht weiß, dominiert Reaktion, nicht Aktion.

Bei unserer Daseinsvorsorge durch Spar-kassen gehen wir einen viel marktnäheren Weg.

Sparkassen

Das Sparkassen-Logo verfügt über einen hohen Bekanntheitsgrad

Wir schaffen Kreditinstitute, die durch ihre Ver-fasstheit an Kommunen und Regionen gebunden sind, die ein begrenztes Geschäftsgebiet haben, und überlassen sie ansonsten ohne irgendwelche staatliche Hilfen dem Marktgeschehen.

Das führt dazu, dass diese Sparkassen schon aus rein kaufmännischen Überlegungen heraus das regionale Geschäft, insbesondere auch die heimische Wirtschaft finanzieren, da sie woanders kein Geschäft tätigen dürfen. Dabei sind sie Exprten in ihrem Geschäftsgebiet und können besser als andere die örtlichen Akteure, Entwicklungen und Risiken einschätzen und eben auch mit Dienstleistungen unterstützen.

Allein durch ihre Existenz sorgen sie außerdem für Wettbewerb unter den Banken, was wiederum den Kunden nützt. Wir brauchen deshalb kein Gesetz, das z.B. die Kreditvergabe in ländlichen Regionen vorschreibt, wie in den USA, bzw.

staatliche Steuererleichterungen und Zuschüsse, wenn ich solche Kredite vergebe, wie z.B. in Großbritannien.

Wir brauchen keine zusätzlichen Marktregeln, die den Weggang von Banken verhindern oder um im Beispiel zu bleiben, die Kreditvergabe in ländlichen Gegenden vorschreiben. Wir müssen nur sicherstellen, dass Sparkassen vernünftig arbeiten können.

„Dafür, dass Sparkassen wie Investmentbanken behandelt werden, gibt es keinen

rationalen Grund.“

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Nach der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise wurde über viele auf der Hand liegende Schlussfolgerungen diskutiert.

Praktisch etabliert hat sich davon aber in erster Linie nur die Verschärfung der Regulierungs- und Aufsichtspraxis. Die könnte man sich weitgehend sparen, wenn alle Banken gezwungen worden wären, zum originären Geschäftsmodell zurück-zukehren, das die Sparkassen seit Jahr und Tag erfolgreich praktizieren. Warum hat man also die vielen hochspekulativen Produkte,

die Wetten auf das Auf und Ab von Kursen und Preisen nicht einfach verboten, und warum werden die Sparkassen, die sich auf diesem Terrain zu Recht gar nicht bewegen, ähnlich kontrolliert und reguliert wie weiter zockende Institute und Fonds?

Dr. Ermrich:

Es ist wie in vielen Bereichen. Nicht das Produkt ist das Problem. Es kommt darauf an, wie und wozu es verwendet wird. Ich bin nicht für die Verteufelung von modernen Instrumenten im Bankenbereich. Nur bin ich wie Sie dafür, dass es stets einen realwirtschaft-lichen Bezug geben muss. Ich benötige keine Wette auf den Zahlungsausfall eines nie ver-gebenen Kredits, sehr wohl aber eine Kreditver-sicherung auf einen gegebenen Kredit. Einfache Verbote wären darum nicht zielführend. Dass Sparkassen bei Regulierungen wie Investment-banken behandelt werden, verstehe ich nicht.

Es gibt keinen rationalen Grund, also kämpfe ich dagegen an.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Auch in Deutschland schauen immer mehr Augen auf den Finanzsektor. Neben der traditionellen Bankenaufsicht agieren das Kartellamt, der Bund und die Länder und zunehmend auch die Monopolkommission.

Passt das alles konsistent zusammen, stehen Aufwand, Gegenstand und Nutzen noch in einem vernünftigen Verhältnis und wie bewerten Sie speziell die Tätigkeit der unabhängigen Monopolkommission?

Dr. Ermrich:

Die traditionelle Aufsicht über die Tätig-keit von Sparkassen und ihrer Vorstände durch Verwaltungsrat, Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes, regionale Sparkassen-Sicherungseinrichtung, Sparkassenaufsicht des Landes, Bundesbank und BaFin greift und schützt in der Praxis. Das die von der Bundes-regierung eingerichtete Monopolkommission sich in Sparkassenangelegenheiten äußert, ist ungewöhnlich und das Ergebnis inhaltlich von wenig Sachkenntnis geprägt. Das Gutachten ist eher ein peinlicher Beweis von Vorurteilen, Halb- und Unwissen in mittelständischen und Sparkassenangelegenheiten. Aus meiner Sicht sollte die Besetzung der Monopolkommission thematisiert werden. Mir fehlen da zum Beispiel Vertreter des Mittelstands und der Kommunalpolitik

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Wir bitten um ein Fazit. Wie müssen die Rahmenbedingungen, die von EU und Bund gesetzt werden grundsätzlich

UNSER GESPRÄCHSPARTNER Dr. Michael Ermrich, Jahrgang 1953, beendete 1976 sein Studium an der TU Ilmenau mit dem Diplom in Elektrotechnik und promovierte anschließend auf dem Ge-biet der elektronischen Schaltungstechnik.

Seine kommunalpolitische Laufbahn be-gann er 1990 als Oberkreisdirektor und kurz darauf als Landrat. 1994 und 2001 wurde er zwei weitere Male zum Landrat des Land-kreises Wernigerode gewählt. In 2007 folg-te seine Wahl als Landrat des Landkreises Harz.

Seit 1994 war er Präsident des Landkreista-ges Sachsen-Anhalt und einer von vier Vize-präsidenten des Deutschen Landkreistages.

Er vertrat den Deutschen Landkreistag als Mitglied im DSGV-Vorstand.

2010 wurde er mit dem Bundesverdienst-kreuz ausgezeichnet, 2011 mit der höchsten Auszeichnung der Sparkassenorganisation, der Dr.-Johann-Christian-Eberle-Medaille.

Bankenregulierung muss sich am tatsächlichen Risiko orientieren, und weil das für die verschiedenen

Geschäftsmodelle stark variiert, kann es nur eine differenzierte

Regulierung geben.

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Dr. Michael Ermrich

i infos

Sparkassen

optimiert werden, damit die Sparkassen ihren Daseinsvorsorgeauftrag in einem immer schwierigeren Umfeld weiter erfolg-reich erfüllen können?

Dr. Ermrich:

Ganz einfach. Bankenregulierung muss sich am tatsächlichen Risiko orientieren und weil das für die verschiedenen Geschäftsmodelle stark variiert, kann es nur eine differenzierte Regulierung geben. Niemand käme, um die Worte unseres Präsidenten Fahrenschon zu gebrauchen, auf die Idee, im Straßenverkehr die Vorschriften für Gefahrenguttransporter auf PKWs anzuwenden und deren Umsetzung penibel zu kontrollieren.

Im Bankensektor ist das der derzeitige Normal-zustand. Den gilt es zu ändern.

Die „Rostocker Leitsätze “ aus dem Jahr 1999, die den öffentlichen Daeinsvorsorgeauftrag als Nutzen definieren, der nur zustande kommt, wenn wir mit höchster Effizienz agieren, ist für mich ein viel besserer Kompass als dicke Regulierungs-bücher. Wenn wir den Regulierern folgen müssen, bindet das völlig sinnlos Ressourcen, die wir für die Sicherung unseres öffentlichen Auftrags unter immer komplizierteren Bedingungen – ich nenne hier nur den demografischen Wandel – dringend benötigen. Dieses Erfordernis steht für die Großbanken gar nicht. Wenn es sich nicht mehr rechnet, verschwinden sie aus der Fläche.

Vielerorts leuchtet doch schon jetzt nur noch das rote Sparkassen-S. n

www.osv-online.de

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