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„Erholung“ vom Sachbuch

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 78-81)

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 79

INSPIRATIONEN/INFORMATIONEN

dokumentiert und nahezu lückenlos Notizen zu den Umständen und Begebenheiten zu Papier gebracht, die er für wichtig hielt. Dass am Ende weder eine Autobio-grafie noch eine DDR-Geschichte entstanden ist, ist für das Genre Tagebuch das eher Typische. Wir lesen solche Notizen doch vor allem deshalb, weil wir wissen wollen, wie der Zeitzeuge, an dessen Urteil wir wie im konkreten Falle besonders interessiert sind, authentisch Sachverhalte im persönlichen wie im „übergeordneten“

Leben reflektiert. Was wir bei der Rezeption solcher Notizen erhoffen, ist, dass weder der Autor noch Lektoren im Nachhinein begradigend eingreifen.

Mein Eindruck war, dass solche Glättungen im Rahmen blieben. Natürlich wird der für seine sprachliche Präzision und Gewalt zu Recht gerühmte Autor seine Notizen noch einmal gelesen haben. Das Originäre aber, das ist für mich erhalten geblieben.

Auch bei der Vorstellung dieser Tagebücher – der Teil 1 für den Zeitraum 1954 – 1973 ist bereits 2012 erschienen, betrifft also schon den Nachlass, denn weder Erwin Strittmatter, noch seine Autorenkollegin und Ehefrau Eva erlebten dieses Datum; das gilt erst recht für Teil 2, der 2014 bei Aufbau herauskam – passiert etwas, das mich bei fast allen Rezensionen dieser Ausgabe ereilte: mir fiel sehr detailreich ein, was ich über den jeweiligen Autoren oder im Kontext zu ihm oft schon Jahre zuvor aufgeschrieben hatte.

Bei den Strittmatter-Tagebüchern kam mir sofort meine Rezension ins Gedächtnis, die ich im Septemberheft 2012 über die Biografie des Dichters aus der Feder von Annette Leo veröffentlicht hatte.

Dieses Buch griff zu Recht auch die damals aktuellen Diskussionen um unkorrekte Angaben im Lebenslauf des Dichters auf. Was ich der Autorin seinerzeit vor-warf war, dass sie diesen Sachverhalt viel zu wichtig genommen hat. Er war es die knapp 200 Seiten – das sind fast 50 Prozent des Buches – nicht einmal ansatz-weise wert. Annette Leo war stolz, dass sie die erste war, die für ihre Strittmattersche Lebensgeschichte Dokumente der Familie in Augenschein nehmen durfte, die vor ihr noch kein Außenstehender zu Gesicht bekommen hatte. Was sie aus dieser Lektüre präsentiert, ist an Substanz eher dürftig. Und weil auch Leo keinen Beleg dafür findet, dass Strittmatter als Angehöriger der Polizeibataillone 325 und 18 Ver-brechen begangen oder daran duldend mitgewirkt hat, erzählte sie uns die Geschichte dieser Einheit und assoziierte damit – gewollt oder ungewollt – dass aus der Tatsache, dass selbige an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen sei, gefolgert werden könnte, dass auch Strittmatter involviert war.

Was ich damals dazu in meiner Rezension zur Biografie von Annette Leo notiert habe, dazu stehe ich auch heute: „Der Rezensent ist Strittmatter-Fan.

Er hat alle seine Texte gelesen. Und fast alle sind der Lektüre mehr als wert. Selbst wenn der Dichter ein Lump gewesen wäre, bliebe diese literarische Wertung gültig. Er war aber kein Lump, und dass seine Texte über seine Zeit hinaus gültig sind, liegt erstens am Talent eines großartigen Autors und zweitens daran,

dass dieser wirklich ein Leben gelebt hat. Natür-lich mit allen Brüchen, die das eben nicht immer gnädige Schicksal bereit hält. Das beschreibt Annette Leo in jenem, quasi zweiten Teil ihres Buchs, das sich nicht dem Militärdienst Strittmatters widmet, in instruierender Weise. Sie zeichnet das Bild eines Mannes, der sich vor allem deshalb in der Prignitz die Schulzenhof-Diaspora-Idylle baute, weil er sich nicht anpassen wollte. Darüber erzählt sie plausibel, und sie hat darüber hinaus viele Beispiele recherchiert, in denen sich Strittmatter aus seinem Wald- und Seen-Domizil aufrecht, mannhaft und gegen den Zeitgeist für Menschen eingesetzt hat, die in einer immer wieder gerade gegen Künstler repressiven DDR seines Beistandes bedurften.“

Die jetzt von mir gelesenen Tagebücher belegen, dass ich meine damalige Wertung wohl zu Recht so formuliert habe. Ja, Erwin Strittmatter war ein begnadeter Schriftsteller und ein zerrissener dazu.

Erwarten Sie dazu aber nicht nur tiefschürfende Notate. Es geht auch und vor allem um den Alltag des Dichters. Exemplarisch dafür der erste Eintrag für den 1. Juli 1954 unter der Überschrift „Nach Schulzenhof mitnehmen:“

Freuen Sie sich auf eine unterhaltsame, eine bildende Lektüre. Erwin Strittmatter ist selbst mir als sein Fan und Leser aller seiner Bücher noch ein bisschen dichter auf die Pelle gerückt.

Rezensent: Michael Schäfer Bewertung: *****

Erwin Strittmatter. Aus den Tage-büchern 1954 – 1973: Nachrich-ten aus meinem Leben

1. Auflage 2012

Aufbau Verlag GmbH & Co. KG Berlin ISBN 978-3-351-03392-7

Erwin Strittmatter. Aus den Tagebüchern 1974 – 1994: Der Zustand meiner Welt

3. Auflage 2014

ISBN 978-3-351-03289-0

Aufbau Verlag GmbH & Co. KG Berlin www.aufbau-verlag.de

Aufbau Literatur Kalender 2015 Natürlich, liebe Andrea Doberenz – das ist die engagierte (darf ich auch rührige sagen?) Pressever-antwortliche des Aufbau Verlages – würde ich ihn mir auch kaufen. 19,99 Euro für den Aufbau-Literatur-kalender sind ein Schnäppchen. Ich kann mir als Büchernarr gut vorstellen, mit wieviel Mühe, wieviel Herzblut und wieviel Liebe zum Details Jahr für Jahr die 53 Kalenderblätter im besten Sinne „hand-geschöpft“ werden.

Aber, liebe Frau Doberenz, würde ich den Kalender, wenn ich ihn mir kaufte, auch rezensieren?

Das ist bei allen Büchern, die ich hier seit Jahren

vorstelle, die Frage aller Fragen. Wer meinen Bücher-bestand kennt, weiß, dass davon nur ein winziger Bruchteil durch Rezensionsexemplare entstanden ist. Wahr ist aber auch: was ich mir zur Vorstellung bestelle, das lese ich auch, und das erscheint folge-richtig in meiner Zeitschrift. Diesem unbarmherzigen Zwang unterwerfe ich mich. Beim Aufbau-Literatur-kalender aber tue ich dies besonders gern.

Die Ausgabe 2015 ist der 48. Jahrgang. Schon das verdient einen Sonderapplaus. Schon um den Jahrgang 50 gebührend zu würdigen, wird UNTER-NEHMERIN KOMMUNE bis dahin, und hoffent-lich noch ein paar Jahre länger, bestehen. Aber auch bei dem besten Beharrungsvermögen. Der Aufbau Literaturkalender wird uns immer um Längen voraus sein. Unsere Zeitschrift ist im 18. der Kalender im 48.

Jahrgang. „Überholen ohne Einzuholen“, das gab’s nur im Realsozialismus, und auch dort – jeder weiß es – nur als Losung……

Ich sage heuer nicht, welche wunderbaren literarischen Kostbarkeiten die bibliophilen Kalender-macher für die Ausgabe 2015 auf die 53 Blätter gezaubert haben. Ich will mich ausnahmsweise auch mal überraschen lassen. Zudem beschäftigt mich noch immer das Truman Capote gewidmete Titel-blatt. Der Romancier wird dort wie folgt zitiert: „Mir ist völlig egal, was jemand über mich sagt, solange es nicht wahr ist.“

Ach wäre ich doch endlich selbst soweit. Vielleicht schaffe ich diese Gelassenheit aber im kommenden Jahr. Das wünsche ich mir (unter anderem) für 2015…… Rezensent: Michael Schäfer Bewertung: *****

Aufbau Literatur Kalender 2015 Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2014

ISBN 978-3-351-03560-0 www.aufbau-verlag.de Personalien / Veranstaltungen / Nachrichten/ Bücher

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Epilog / Impressum

Herausgeber und Verleger:

Prof. Dr. Michael Schäfer, Professor für Kommunalwirtschaft Verlag:

Dr. Bernd Kahle GmbH und UNTERNEHMERIN KOMMUNE, Ansbacher Straße 6 - Dachgeschoss, 10787 Berlin

HRB: 160181 B Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Geschäftsführender Gesellschafter: Prof. Dr. Michael Schäfer, www.unternehmerin-kommune.de Redaktion:

Prof. Dr. Michael Schäfer, Chefredakteur (V. i. S. d. P.)

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Angelika Schäfer, Prokuristin

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proform Michael Schulze, Seelower Straße 12, 10439 Berlin, Telefon: +49 (30) 4 442 637, E-Mail: proform-berlin@gmx.de Kooperationen:

UNTERNEHMERIN KOMMUNE kooperiert redaktionell mit:

• IWK Institut Wissenszentrum Kommunalwirtschaft e.V.

• Senatsbibliothek Berlin – einzige kommunalwissenschaftliche Spezialbibliothek für die Bundesrepublik Deutschland

• Spitzenverbände der Städte und Gemeinden der neuen Länder

• Studiengang Kommunalwirtschaft an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (deutschlandweit einziger Masterstudiengang Kommunalwirtschaft)

• „Verbundnetz für kommunale Energie“ – Diskussionsforum zur kommunalwirtschaftlichen Betätigung

• VKU-Landesgruppen der neuen Länder Druck:

Union Betriebs-GmbH, Egermannstraße 2, 53359 Rheinbach, Telefon: +49 (2226) 802-0 Erscheinungsweise: vierteljährlich

Einzelpreis:

Die Verbreitung von UNTERNEHMERIN KOMMUNE erfolgt namens- und funktionsbezogen an einen exakt definierten Bezieherkreis in Kommunalpolitik, Kommunalwirtschaft, Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie einen ausgewählten Verteiler im Bereich der Privatwirtschaft.

Der Bezug über den definierten Bezieherkreis hinaus ist möglich. Bestellungen sind direkt an den Verlag zu richten.

Einzelpreis: 4,50 € incl. 7% MwSt. (einschließlich Zustellung über Pressevertrieb), Jahres-Abonnement: 18,00 € incl. 7% MwSt. (einschließlich Zustellung über Pressevertrieb) Urheber- und Verlagsrecht:

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Gebrauchsnamen:

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Epilog / Impressum

IMPRESSUM

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Stadtwerke in den Neuen Bundesländern äußern sich sehr unzufrieden im Hinblick auf die politischen Rahmensetzungen der Energiewende.

Und auch für die Zukunft sind die Hoffnungen

be-grenzt. Dies zeigen die Ergebnisse der Jahresstudie des Verbundnetz für kommunale Energie, die am 29. Oktober in Lutherstadt Wittenberg der kommunalen Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Ange-sichts der allgemeinen Hilflosigkeit der Politik werden interkommunale Kooperationen als zentraler Ansatz angesehen, um Energiewende und demografischem Wandel begegnen zu können. Hier werden mit einer beachtlichen Portion Selbstkritik noch einige ungenutzte Potentiale identifiziert.

Doch auch diese werden nicht ausreichen, um die wachsenden Risiken und Kosten ausgleichen zu können. Die (Energie)Stadtwerke sind über den steuerlichen Querverbund schon heute eine zentrale Säule der kommunalen Daseinsvorsorge. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht gra-vierend ändern, werden sie diese Leuchtturmfunktion in Zukunft nicht mehr ausfüllen können. Die allgemeine kommunale Finanznot wird sich in diesem Zusammenhang weiter verstärken.

Politik beschränkt sich bislang weitgehend darin, die besondere Rolle der Stadtwerke in Sonntags-reden zu betonen. Die spezifischen Probleme, die für die kommunalen Versorger aus ihrem über-durchschnittlichen Engagement erwachsen, werden dagegen weitgehend vernachlässigt. Es kann nicht sein, dass die Kommunen für Investitionen in die Kraft-Wärme-Kopplung oder in moderne, effiziente Kraftwerke vor Ort bestraft werden, während Privatleute ohne Bindung zur Region und ohne jedes Risiko massive Gewinne realisieren. Erfolg oder Misserfolg der Energiewende wird sich direkt in den Kommunen entscheiden. Hier stehen die Anlagen, hier müssen die Netze erneuert werden und hier muss für Akzeptanz und Engagement der Bürger geworben werden. Die Kom-munen wirken in diesem Zusammenhang auch als verbindende und vermittelnde Instanz.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE oder Plattformen, wie das Verbundnetz für kommunale Energie, wollen die Kommunen und ihre Unternehmen nicht nur begleiten, sondern sie sollen auch

Impul-se für noch mehr Effizienz, Innovation und Zusammenarbeit Impul-setzen. Letzteres ist jedoch weitgehend ausgereizt und so werden auch wir uns noch offensiver an die europa-, landes- und bundespolitischen Instanzen wenden, um dort für die kommunale Sache zu streiten. Der zum Abschluss der VfkE-Jahresveranstaltung präsentierte Forderungskatalog war ein erster Fingerzeig in diese Richtung. Insofern wollen wir uns weniger mit besinnlichen Worten, sondern eher mit einem kämpferischen Aufbruch aus dem Jahr 2014 verabschieden. Allen unseren Lesern wünschen wir erholsame Feiertage. Bei den Festen im Kreise der Lieben soll Kraft getankt werden für die anstehenden Aufgaben und Auseinandersetzungen.

Ihr Falk Schäfer

Unser Bio-Erdgas

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