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AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014

18. JAHRGANG

Zweckverband jetzt größter TEAG-Aktionär:

Interview mit dem Vorsitzenden, Frank Rostek

Was man aus der Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern

lernen kann:

Landrat Ralf Drescher,

Landkreis Vorpommern-Rügen, bei „Brandenburg kommunal“

VfkE-Jahresveranstaltung 2014:

Starke Beachtung für Stadtwerkebefragung und gemeinsame politische Erklärung

Die Irrtümer der Monopolkommission:

Aufklärung gibt Dr. Michael Ermrich, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

Rekommunalisierung in Berlin:

Eine Bestandsaufnahme von Harald Wolf

Statistiken zu Kommunen und Kommunalwirtschaft:

Die elf Metropolregionen in Deutschland

S. 5

S. 21 S. 13

S. 40

S. 50

S. 58

Kommunalwirtschaft aktuell

Forum Neue Länder

Inspirationen/Informationen

www.unternehmerin-kommune.de

Verwaltungsstrukturen in Lettland:

Reform z u einst ufiger

Komm unalve rwaltu ng (S. 54)

Zur Diskussion:

Ihre Meinung unter

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 3 Inhaltsverzeichnis

Zum Titelbild:

Rhein-Neckar – hier das Heidelberger Schloss hoch über dem Neckar – ist die kleinste und jüngste der elf Europäischen Metropolregionen in Deutschland. Lesen Sie einen umfassenden Beitrag zu Geschichte, Struktur und politischer Ausgestaltung dieses raumordnerischen Konzeptes.

INSPIRATIONEN / INFORMATIONEN FORUM NEUE LÄNDER

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

68 80 Personalien / Veranstaltungen / Nachrichten / Bücher

Epilog / Impressum

35

27

40

50

54

58

66 VNG erinnert an den 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution

Positionen eines Erzeuger-Stadtwerkes im aktuellen Energiewende-Modus:

Zum Gutachten der Monopolkommission:

Privatisierung und Rekommunalisierung in Berlin:

Aus unserer Serie Blick über den Gartenzaun – Lettland

Statistiken mit kommunalem Bezug

Im Netzgeschäft bietet die Energiewende den Kommunen neue Chancen James Baker, Matthias Platzeck und Kurt Masur signieren Originalteil der Berliner Mauer

„Wir dürfen die Grundwahrheiten der Physik und Meteorologie nicht vergessen“

Für Energie und Wasser unter kommunalem Dach fehlt ein Gesamtkonzept

Reform im Fluss

Die elf Europäischen Metropolregionen in Deutschland

Die Zukunft liegt in „intelligenten“ Netz- und Managementlösungen

5

8 4

13

20

21

33

43 30 Die TEAG-Rekommualisierung und der Kommunale Energiezweck-

verband der Eigentümer: Bericht von der VfkE-Jahresveranstaltung am 29. Oktober in

Lutherstadt Wittenberg

Umweltfreundlich und effizient: TREA Leuna liefert Prozessdampf an InfraLeuna Rekommunalisierung der Thüringer Energie AG

Debatte zu Kreisgebietsreformen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg

Brandenburgische Kommune geht bei Umsetzung der Energiewende mit positivem Beispiel voran

Die ostdeutschen Stadtwerke und die Energiewende

18. Unternehmer-Preis des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV)

„Alles spricht dafür, die Aktien auf den Zweckverband zu übertragen“

Prolog

Stabilität und Investitionssicherheit!

Chemiestandort Leuna nutzt Wärme aus Heizkraftwerk Zweckverband oder Aktiengesellschaft?

Profitieren von den Erfahrungen Anderer

Kolkwitz – wir gestalten unsere Zukunft energieeffizient

Ausgeprägte Skepsis Gutes aus dem Osten

AUS FORSCHUNG UND LEHRE

37 eins energie in sachsen und eine moderne Breitbandversorgung

Schnelles Internet

Regulierung für kleine und mittlere Banken überdimensioniert

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Prolog

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Weihnachtszeit stimmt uns sozialer. Nicht zuletzt deshalb stammt das Gros des Spendenaufkommens aus den Wochen um den 24. Dezem- ber herum. In den Tagen, in denen uns mit raffiniertestem Marketing der Überfluss an materiellen Gütern geradezu eingehämmert wird, werden Unterschiede sichtbarer. Denn auch diese Bilder erreichen uns täglich: Die Textilarbeiterin aus Bangladesh, die unter erbärmlichsten Arbeitsbedingun- gen für einen Monatslohn von 40 Euro schuftet. Davon profitieren auch wir als „Otto-Normalverbraucher“. Gerade las ich die Werbung eines der großen globalen Anbieter: Der Damenwintermantel für 15 Euro.

Die eigentlichen Nutznießer aber sind die Reichen und Superreichen, die mit ihrem Kapital z. B. in jene Wertschöpfungsprozesse investiert sind, die in Bangladesh beginnen und am Wühltisch einer der großen Handelsket- ten enden. Der französische Ökonom Thomas Piketty schreibt in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“: „Die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer! Und das bleibt auch so, bzw. nimmt sogar weiter zu, denn die Rendite aus Kapital ist immer höher als die aus eigener Arbeit.“

Fast schämt man sich dafür, dass man nach dem globalen Blick auf die Verteilung von Armut und Reichtum in der Welt nunmehr die Realitäten in Deutschland besichtigt, das zu den reichsten Ländern auf dem Globus gehört. Hier steht die Sozialverpflichtung des Eigentums im Grundgesetz und hier sind in vielen Gesetzen soziale Standards definiert, um die uns viele Menschen auch in Europa beneiden. Dass dieses Sicherungssystem unter dem guten Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ (noch) funktioniert, wird zum überwiegenden Teil von den sozialversicherungspflichti- gen Lohn- und Gehaltsempfän- gern – den Normal- und auch den sogenannten „Besserver- dienenden“ – gewährleistet, die über das System von Steuern und Abgaben zur Finanzierung herangezogen werden. Das ist in einem übergreifenden Ver- ständnis von Solidarität durch- aus gerecht. Nicht gerecht ist, dass die wirklich vermögenden Besitzer von Produktivkapital an dieser Umverteilung in Relation zu ihrem Reichtum nur marginal teilnehmen. Nach Berechnun- gen des DIW verfügen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über 66 Prozent des Gesamtvermögens. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung (etwa 35 Mio. Personen) besaß mit 103 Milliarden Euro dagegen nur 1,4 Prozent des Gesamtvermögens und damit weniger als die zehn reichs- ten Deutschen. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung hatten 2007 kein oder nur geringes Vermögen. Groß ist auch die Differenz zwischen den al- ten und neuen Bundesländern: Erwachsene in Westdeutschland besitzen im Schnitt ein Vermögen von 94.000 Euro, im Osten sind es nur etwas mehr als 41.000 Euro.

Verstehen Sie diese Zeilen bitte nicht falsch. Ich führe hier weder eine Neid- diskussion, noch will ich zur Weltrevolution aufrufen. Ich habe die Soziale Marktwirtschaft aus gutem Grund gelobt. Ein besseres Modell fällt gerade

mir als ostdeutscher Augen- und Ohrenzeuge des „realsozialistischen“ Ex- periments nicht ein. Aber legitim ist die Frage schon, ob dieses gute Prinzip noch so funktioniert, wie es sich die „Erfinder“ vorgestellt haben. Allein der Befund, dass die sozialen Einkommens- und vor allem Besitzunterschiede in Deutschland von Jahr zu Jahr größer werden, ist doch Beleg genug, dass es mehr als überfällig ist, mal wieder an der Stellschraube zu drehen.

In der angeführten DIW-Bestandsaufnahme spielen auch Ost-West-Dispa- ritäten eine Rolle. 80 Prozent des Produktivvermögens in Ostdeutschland liegen in westdeutscher, 14 Prozent in ausländischer und nur sechs Pro- zent in ostdeutscher Hand. Die logische Konsequenz ist, dass auch die Er- träge aus der Wertschöpfung in Ostdeutschland mehrheitlich nicht in den neuen Ländern bleiben. Ein vielzitiertes aktuelles Beispiel sind die Gewinne aus den Erneuerbaren Energieanlagen. Es gibt in Ostdeutschland über- proportional viele Standorte, die Erträge aber landen bei den vorwiegend westdeutschen Investoren.

Damit sind wir am Ende dieses Ausflugs beim Thema Kapitalgerechtigkeit, bei meinem Lieblingsthema, gelandet: Es gibt bekanntlich viele Gründe, die für kommunales Eigentum in der Daseinsvorsorgewirtschaft sprechen.

Deshalb ist Rekommunalisierung grundsätzlich ein richtiger Weg. Ein wei- teres Argument, das speziell für die neuen Länder zutrifft, ist mir gerade eingefallen. Mehr Eigentum in der Kommunalwirtschaft stärkt das ostdeut- sche Wertschöpfungspotenzial, reduziert die Disparitäten und trägt zur Stärkung des Standorts bei. Letztgenanntes gilt natürlich deutschlandweit, vom Bayerischen Wald bis zur Insel Rügen.

Das ist doch ein guter Plan für das kommende Jahr. Aber für 2015 gibt es natürlich noch viel mehr Wünsche. Dass diese bei Ihnen, liebe Leserinnen und liebe Leser, in Erfüllung gehen, dafür drücke ich die Daumen. Alles Gute für Sie im neuen Jahr.

Ihr Michael Schäfer

(5)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 5

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

Die Thüringer Energie AG (TEAG) ist ein regionales Energieversorgungsunternehmen im Freistaat Thüringen. Durch den Ankauf der E.ON-Mehrheitsanteile wurde es im Mai 2013 vollständig rekommunalisiert. Beteiligt sind nun der Kommunale Energiezweckverband Thüringen (KET) mit rund 46 Prozent, die Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft Thüringen (KEBT) mit 36 Prozent und die ebenfalls kommunale Thüga AG mit etwa 15 Prozent.

Auch die übrigen Anteile entfallen auf kommunale Zusammenschlüsse oder Einzelkommunen.

Mit ihren knapp 1.600 Mitarbeitern engagiert sich die Thüringer Energie AG in den Sparten Strom, Erdgas, Wärme und Energielösungen.

nachgeschlagen

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Herr Rostek, Sie sind Vorsitzender des Kommunalen Energiezweckverbandes, bei dem inzwischen der größere Teil der kommunalen TEAG-Eigentümer aus Thüringen vereinigt ist. Vor der Rekommunalisierung gab es diesen Zweckver- band noch gar nicht. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anteile bei der Kommunalen Beteiligungs-AG (KEBT) gebündelt. Erklären Sie unseren Lesern bitte, warum die E.ON-Anteile nicht von dieser KEBT AG gekauft wurden. Das wäre doch – jeden- falls auf den ersten Blick – das viel einfachere und damit auch schnellere Verfahren gewesen?

Frank Rostek:

Die Gründung eines Zweckverbandes war notwendig, um für die Finanzierung des Kaufpreises der E.ON- Aktien an der TEAG ein Kommunaldarlehen von den Banken zu erhalten. Kommunalkredite zeichnen sich bekanntlich zum einen durch sehr günstige Zinssätze aus, die Aktiengesellschaften, und damit

auch die KEBT, nicht bekommen würden. Zum anderen waren keine weiteren Sicherheiten für das Kreditgeschäft erforderlich. Denn weil der Zweck- verband zu 100 Prozent aus kommunalen Mit- gliedern besteht, wird er auch wie eine Kommune behandelt. Die Genehmigung des Zweckverbands durch das zuständige Landesverwaltungsamt in Weimar reichte den finanzierenden Banken als Sicherheit aus.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Also ohne Zweckverband kein Kommunalkredit und vermutlich auch keine Rekommunalisierung.

Diese ist nun seit 2013 quasi Geschichte, aber noch immer sind zwei große kommunale Eigen- tümergruppen an der TEAG beteiligt. Dabei gab es doch bei der Entscheidung, dass die Kommunen den größten Teil der E.ON-Anteile erwerben – 15,2 Prozent gingen an die Thüga – Übereinstimmung, dass die KEBT-Aktionäre zügig ihr Eigentum in den Zweckverband

einbringen. Warum ist dieses Verfahren Ende 2014 immer noch nicht abgeschlossen?

Rostek:

Die Zeit, die uns für den kommunalen Erwerb des E.ON-Aktienpakets an der TEAG zur Verfügung stand, war bekanntlich für einen so komplizierten Vor- gang denkbar knapp. In den kommunalen Gremien, den Stadt- und Gemeinderäten, gab es deshalb auch Informationsdefizite und Verunsicherungen. Ich verstehe vollkommen, dass jeder verantwortungs- bewusste Mandatsträger seine Entscheidung erst dann trifft, wenn er sich über den Sachverhalt gründlich informiert hat. Wir sind deshalb mit einer Vielzahl von Vertretern in die Gremien gegangen, um die noch offenen Fragen zu beantworten.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Welche Konzepte gibt es, den Übergang der kommunalen Eigentümer in den Zweckver- band zu beschleunigen?

DIE TEAG-REKOMMUALISIERUNG UND DER KOMMUNALE ENERGIEZWECKVERBAND DER EIGENTüMER:

„Alles spricht dafür, die Aktien auf

den Zweckverband zu übertragen“

Interview mit Frank Rostek, Vorsitzender des Kommunalen Energiezweckverbandes Thüringen, und Bürgermeister der Stadt Bleicherode

I

m deutschlandweiten Maßstab ist die die 2012/2013 erfolgte Rekommunalisierung der E.ON Thüringer Energie AG zur Thüringer Energie AG (TEAG) die größte derartige Transaktion im Zeitraum seit Beginn des Jahrtausends und vermutlich auch darüber hinaus.

Das Transaktionsvolumen betrug rund eine Milliarde Euro. Im Ergebnis sind rund 800 Thüringer Kommunen sowie die zu 100 Prozent kommunale Thüga AG mit Sitz in München an dem nunmehr komplett kommunalen Regionalversorger TEAG beteiligt. Auf der anderen Seite ist die TEAG Miteigentümerin an 23 Thüringer Stadtwerken und weiteren Energieunternehmen. Die Anteile der Thüringer Kommunen an der TEAG sind bis auf wenige Ausnahmen beim Kommunalen Energiezweckverband – KET (46,1 Prozent) und der Kommunalen Energie Beteiligungs-AG – KEBT (36 Prozent) gebündelt. 15,2 Prozent hält die Thüga AG.

De facto ist die Kommunalisierung der TEAG also abgeschlossen. Dies betrifft aber noch nicht die Neukonstituierung des kommunalen Eigentümerkreises im Freistaat. Über den Stand der Dinge in diesem Prozess und zur weiteren Entwicklung eines der größten kommunalen Regionalversorgers in Deutschland, der TEAG, befragten wir Frank Rostek. Der Bürgermeister der Nordthüringer Stadt Bleicherode ist im Ehrenamt Vorsitzender des Kommunalen Energiezweckverbandes, der inzwischen stärksten kommunalen Eigentümergruppe.

(6)

Rostek:

Es gibt vor allem eine Bonusregelung. Diese – eigent- lich untypisch für kommunale Zweckverbände – haben wir im September 2014 in der Verbandsver- sammlung beschlossen. Es geht um die Kommunen, die sich von Anfang an an der Finanzierung der Darlehen beteiligt haben bzw. beteiligen. Und zwar dadurch, dass sie ihre Aktien in den Zweckverband einlegten oder noch einlegen. Alle Kommunen, die bis Ende 2014 in den Verband eingetreten sind, erhalten einen Bonus. Dieser erhöht sich jedes Jahr prozentual um den Anteil, der während ihrer Zuge- hörigkeit zum Zweckverband getilgt worden ist. Diese Regelung gilt rückwirkend bereits für das Jahr 2013.

Rechtskraft erhält sie am 22. Dezember 2014 mit ihrer Veröffentlichung im Thüringer Staatsanzeiger.

Darüber hinaus gibt es weitere Argumente für den Beitritt zum KET. Erstens besteht im Zweckver- band jetzt auch die Möglichkeit, mit den Rechten aus den Aktien zu handeln. Zweitens schafft die Entwicklung der TEAG auch im aktuellen Jahr 2014 – das betrifft in erster Linie die Erfüllung der Planzahlen – zusätzliche Sicherheit und damit auch zusätzliches Vertrauen. Die erhebliche Anzahl von Anfragen aus Gemeinde- und Stadträten zeigt, dass wir kurzfristig mit weiteren Beitritten zum Zweckverband rechnen können.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Welche Vorteile hat es, wenn möglichst alle KEBT- Aktionäre ihre Aktien an die KET übertragen?

Rostek:

Erstens würden alle Kommunen vom Vermögens- zuwachs – es geht um die 46,1 Prozent der TEAG-Anteile, die von E.on erworben wurden – profitieren. Zweitens würde damit die Finanzierung auf die denkbar breiteste Basis gestellt.

Drittens würden die von vornherein sehr geringen Risiken auf alle, und das sind sehr viele, Schultern

verteilt. Das wiederum entlastet jeden einzelnen.

Und viertens könnte wegen der maximalen Tilgungs- quote, die bei der Mitwirkung aller aus den Erträgen der TEAG möglich wäre, die Refinanzierung des Erwerbs sehr viel schneller als in der veranlagten Zeit realisiert werden. Damit stünden den Kommunen die vollen Dividendenausschüttungen für ihre Haus- halte auch deutlich früher zur Verfügung. Diese konzeptionelle Anlage des Zweckverbandes selbst ist doch das beste Argument für die Mitwirkung.

Die Rekommunalisierung der TEAG ist für die Kommunen ein Geschäft, das nicht nur aktuell, sondern vor allem auch langfristig gute Erträge ver- spricht. Nach der Refinanzierung des Kaufpreises erhalten die KET- Kommunen für den angekauften Anteil von 46,1 Prozent der TEAG-Aktien weitere Dividenden zusätzlich ausgezahlt. Stark vereinfacht könnte man sagen, es gilt die folgende Formel:

Die Mitglieder unseres Zweckverbandes erhalten dann auf den genannten 46,1-Prozent-Anteil an der TEAG eine dreimal so hohe Dividendenaus- schüttung wie die KEBT- Kommunen.

Faire Nebenkosten

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Aber die bei der KEBT liegenden Aktien sind schuldenfrei. Ist es nicht riskant diese Anteile auf die KET zu übertragen? Denn dort sind sie ja mit dem Risiko des Erwerberkredits behaftet.

Rostek:

Selbstverständlich gibt es keine Kreditaufnahme ohne Risiko. Im konkreten Fall ist das Risiko jedoch sehr überschaubar. Die Finanzierung ist so angelegt, dass die Kommunen Zins und Tilgung aus den Renditen der TEAG aufbringen können. Die TEAG erzielt ihre Erträge zu rund 75 Prozent aus Netzentgelten des Strom- und Gasnetzes. Dieser Bereich unterliegt der staatlichen Regulierung. Die durch die Bundesnetzagentur festgelegten Ent- gelte sind für die jeweiligen Regulierungsperioden garantiert und damit letztendlich auch die Erträge.

Voraussetzung ist, dass die Konzessionen für die Netze bei der TEAG liegen. Für den Bereich Strom haben mit Stichjahr 2013 über 91 Prozent der Kommunen die Konzessionen für 20 Jahre an die TEAG vergeben. Es ist absehbar, dass diese sehr günstige Situation auch im Gasbereich bei den in zwei Jahren anstehenden Vergaben erreicht werden wird. Dies schafft eine hohe Planungssicherheit und minimiert das Risiko. Im schlimmsten Fall wären auch Anteilsveräußerungen zur Sicherung der Zahlungsverbindlichkeiten denkbar. Hiervon kann derzeit nicht ausgegangen werden. Neben der lang- fristig sicheren Ertragslage bei den Netzen können wir auch für die Gesamtentwicklung der TEAG mit positiven Verläufen rechnen. In den letzten drei Jahren sind die von Wirtschaftsprüfern geprüften Ertragsprognosen nicht nur eingetreten, sondern

sogar übertroffen worden. Es spricht also alles dafür, die Aktien auf den Zweckverband zu übertragen.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Wenn man die Diskussionen unter den kommunalen TEAG-Eigentümern in den letzten Monaten verfolgt hat, die mehrfach sogar den Weg in den Thüringer Landtag fanden, konnte man feststellen, dass es auch zu Kosten und Honoraren Dispute gab. Können Sie dazu bitte noch eine Anmerkung machen.

Rostek:

Wir haben die Nebenkosten des Aktienerwerbs – immerhin reden wir von einem Volumen von rund einer Milliarde Euro – von vornherein auf maximal 0,5 Prozent der Transaktionssumme begrenzt.

Das war Gegenstand eines Vertrages mit Herrn Bellefontaine, der bekanntlich von uns das Mandat für den Erwerb hatte. Dieser Vertrag wurde exakt eingehalten. Natürlich haben wir uns vorher sehr genau erkundigt, in welcher Höhe solche Neben- kosten anfallen und was marktüblich ist. Zudem gibt es verbindliche Vorgaben. Jeder, der schon einmal einen Steuerberater oder Rechtsanwalt konsultiert hat, kennt solche Gebührenordnungen.

Der von uns ausgehandelte 0,5-Prozent-Satz liegt deutlich unter dem vergleichbarer Transaktionen.

Zudem hat die Kanzlei von Herrn Bellefontaine auch die meisten Kosten vorfinanziert und zwar ohne dafür Zinsen zu erheben. Der Zweckverband war dafür finanziell doch gar nicht ausgestattet. Da mussten Gutachten erstellt und spezialisierte Rechtsanwälte beauftrag werden, um nur zwei ins Gewicht fallende Positionen zu nennen. Die in der Öffentlichkeit dis- kutierte Summe von fünf Millionen Euro Honorar- kosten liegt also deutlich unter dem, was zulässig und marktüblich ist und ist zudem zu erheblichen Teilen an Dritte geflossen, also nicht nur an den von uns beauftragten Wirtschaftsprüfer Bellefontaine.

Ich kann verstehen, dass die Nennung einer siebenstelligen Honorarzahl heftig diskutiert wird, wenn man die Hintergründe nicht kennt. Deshalb bin ich dankbar, dass ich diesen Sachverhalt hier noch einmal darstellen konnte. Für das Honorar haben viele Beteiligte über etliche Monate eine sehr komplizierte und zeitaufwändige Arbeit geleistet und erfolgreich beendet. Und dass die Kanzlei Bellefontaine es sogar geschafft hat, die üblicherweise erheblichen Bereit- stellungskosten für die Kredite komplett herauszu- verhandeln, steht ebenfalls auf der Habenseite der kommunalen Aktionäre.

„Für die TEAG-Steuerung ist aus meiner Sicht der Aufsichtsrat das zentrale Gremium“

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Rund 800 Kommunen sind an der TEAG beteiligt. Dieser Regionalversorger hält wiederum

Frank Rostek

Kommunalwirtschaft

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 7

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

22 Beteiligungen an Stadtwerken und weiteren kommunalen Energieversorgern. Theoretisch sind diese wechselseitigen Beteiligungen eine optimale Grundlage vor allem für die Etablierung von Kooperationen und das Erschließen von Syn- ergien. Sehen Sie das auch praktisch so, glauben Sie, dass sich die Effekte quasi automatisch ein- stellen, und wenn nicht, wie muss ein konstruktives Miteinander der kommunalen Energieversorger in Thüringen organisiert werden?

Rostek:

Das ist für mich in erster Linie ein Auftrag an die Arbeitsebene, also an die Vorstände und Geschäfts- führer der kommunalen Energieversorger in Thüringen. Der hohe Kommunalisierungsgrad der Energieversorgung im Freistaat ist eine sehr gute Voraussetzung. Automatismen kann es aber schon deshalb nicht geben, weil es auch objektive Interessen- unterschiede z. B. zwischen Stadtwerken und unserem kommunalen Regionalversorger, der TEAG, gibt.

Denken Sie nur an die Netze. Da kann es schon vor- kommen, dass man sich als Wettbewerber um eine Konzession gegenübersteht. Gleichwohl erwarte ich, dass auch solche Situationen so gelöst werden, wie es sich für Mitglieder der großen kommunalen Familie gehört. Gerade auch die kommunalen Vertreter in den Aufsichtsräten sollten solche strategischen Prozesse – ein Konzessionsvertrag gilt im Regelfall 20 Jahre – im Auge behalten.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Es geht um die strategische Ausrichtung der TEAG und zwar im Kontext mit der kommunalen Energiewirtschaft in Thüringen insgesamt.

Welche Rolle spielen bei der Entwicklung dieser Konzepte die kommunalen Eigentümer generell, und wie würden Sie in diesem Prozess die Arbeitsteilung zwischen Aufsichtsrat, der noch bestehenden KEBT AG, und dem von Ihnen geführten Zweckverband sehen?

Rostek:

Für uns, und hier sind sich KEBT und KET einig, ist der TEAG-Aufsichtsrat das zentrale Gremium.

Dort werden die strategischen Leitlinien diskutiert und beschlossen. Mit dem 39 Punkte umfassenden Strategiepapier verfügen wir und vor allem auch der Vorstand über eine ausgezeichnete Arbeitsgrund- lage. In diesem Konzept wird deutlich, dass die

kommunalen Eigentümer nicht nur an die Rendite denken, sondern die herausgehobene Rolle der TEAG als Arbeitgeber, Investor und Wertschöpfer im Blick haben, die Bedeutung für ganz Thüringen hat.

Weitere Aspekte sind eine hohe Versorgungs- sicherheit, die Stabilität der Netze oder auch die Breitbandversorgung. Das Unternehmen ist über- all auf einem guten Weg. Davon profitieren alle kommunalen Eigentümer: über die Rendite, durch die regionalen Entwicklungsimpulse der TEAG und darüber, dass neben der Rendite auch durch den Gewerbesteuerschlüssel alle Aktionäre am Erfolg des Unternehmens beteiligt sind.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Bei einer so großen Zahl von kommunalen Eigentümern wie es hier in Thüringen mit 800 Städten und Gemeinden der Fall ist, besteht immer die Gefahr, dass sich gerade die „Kleinen“

vernachlässigt fühlen. Deren Interessenver- tretung erfolgt ja im Regelfall mandatiert, also über gemeinsam gewählte und beauftragte Ver- treter in den diversen Gremien. Wie kann man in einer solchen Konstellation am Ende alle so einbinden, dass sie sich ausreichend informiert und ernst genommen fühlen?

Rostek:

Der Querschnitt unserer Aktionäre wird im Ver- bandsausschuss abgebildet. Schon deshalb findet jeder Gehör, wird niemand untergebuttert. Dass auch der Vorsitzende zu den „Kleinen“ gehört, ist viel mehr als nur ein Symbol: gezeigt wird, hier haben gerade die Kleinen auch etwas zu melden.

Und wenn man die Aktienanteile der Kommunen einzeln unter die Lupe nimmt, sieht man schnell, dass bei den größeren Städten ver- gleichsweise wenig Eigentum an der TEAG besteht.

Auch hier besteht also keine Dominanzgefahr.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Teil der kommunalen Eigentümergemeinschaft an der TEAG ist die Thüga AG. Welche Rolle spielt dieser Miteigentümer?

Rostek:

Er ist zunächst genauso kommunal wie wir. Das ist viel mehr als nur Familienidentität. Denn bekannt- lich sind an der Thüga viele kleine und mittlere Kommunen, darunter auch aus Thüringen, mit ihren Stadtwerken beteiligt. Deshalb kennen die handelnden Personen in München sehr genau unsere Interessen, und sie werden auch konsequent vertreten.

Das andere Kapital der Thüga sind deren Beteiligungen an rund 100 kommunalen Ver- sorgern in ganz Deutschland. Darüber gewinnt die Thüga unendlich viel Wissen, das verarbeitet und zu Schlussfolgerungen geführt wird. Dieses wertvolle Know-how kommt der TEAG zugute, dem Unter- nehmen direkt und dem Aufsichtsrat.

Schließlich sind am Münchner Sitz der Thüga hervorragende Fachleute konzentriert, die mit ihrem Wissen allen Mitgliedern des Beteiligungs- netzwerks zur Verfügung stehen. Dass dies wirklich eine Erfolgsgarantie ist, wird durch die hervorragende Entwicklung der kommunalen Thügabeteiligungen zum Teil schon über Jahr- zehnte bewiesen. Und hier in Ostdeutschland zeigt die Entwicklung des Regionalversorgers Wemag mit Sitz in Schwerin – das Unternehmen wurde 2009 unter Mitwirkung der Thüga (sie hält hier eine Minderheitsbeteiligung von 25,1 Prozent) rekommunalisiert – dass die strategische Partnerschaft der Thüringer Kommunen mit der Thüga eine richtige Entscheidung ist.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Am Ende des Weges sollte der Zweckverband als einzige Struktur der kommunalen Eigentümer aus Thüringen stehen. Wenn darin das Ziel besteht, stellt sich die Frage, was wird mit der Gesellschaft der kommunalen Strom Aktionäre in Thüringen und deren 2,6 Prozent Anteilen an der TEAG und den Einzelkommunen, die 0,1 Prozent halten?

Rostek:

Unabhängig vom angestrebten Übergang der KEBT- Aktionäre in die KET können wir von stabilen Strukturen ausgehen. Unser Zweckverband wird als schon jetzt größter Aktionär in der KEBT AG eine immer wichtigere Rolle spielen. Wir vertreten die Interessen unserer kommunalen Mitglieder mit aller Kraft und auch mit großer Leidenschaft. Darauf können sich alle verlassen. n

buergermeister@bleicherode.de

Die Rekommunalisierung der TEAG ist für die Kommunen ein

Geschäft, das nicht nur aktuell, sondern vor allem auch langfristig

gute Erträge verspricht.

„ ______________________

Frank Rostek

UNSER GESPRÄCHSPARTNER Frank Rostek wurde am 16. Mai 1966 in Bleicherode geboren. Nach seinem Studium an der Universität Göttingen arbeitete der Volljurist (2 Staatsexamen) zunächst ab dem Jahr 2000 in der Securenta AG Göttingen. 2003 eröffnete er in Göttingen eine eigene Kanzlei. Im Jahr 2006 wur- de er zum Bürgermeister der Stadt Bleicherode (Thüringen) gewählt und übt dieses Amt seitdem erfolgreich aus. Rostek ist neben seinem Vorsitz im Kommunalen Energiezweckverband Thürin- gen (KET) u.a. Vorsitzender des Abwasserzweck- verbandes Bode-Wipper, Mitglied der Regionalen Planungsgemeinschaft Nordthüringen, Mitglied im Verwaltungsrat des Kommunalen Versorgungsver- bands Thüringen und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Bleiche- rode. Er ist stellvertretender Vorsitzender der CDU- Fraktion im Kreistag des Landkreises Nordhausen.

Frank Rostek ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Kommunalwirtschaft

i infos

(8)

Willibald Böck, ehemaliger Innenminister Thüringens und Vorsitzender des „Kommunalhilfe Bildungswerks“ unterstrich in seiner Begrüßung die ungebrochene Aktualität des Themas. Die Energiewende und die Ausgestaltung der Ver- sorgungsstrukturen würden die Kommunen unmittelbar betreffen. In Thüringen hätten sich die Kommunen entschieden, den enormen Herausforderungen offensiv zu begegnen. Dazu sei nicht zuletzt ein großes Maß an Austausch, Kooperation und Kommunikation gefragt.

Aus diesem Grund sei der Themenkomplex auch in diesem Jahr wieder auf die Tagesordnung des Thüringische Kommunalhilfe Bildungswerks e.V.

gesetzt worden. „Kommunen sind nicht hierarchisch, sondern demokratisch strukturiert. Hier müssen

alle Beteiligten vom gemeinsamen Mehrwert über- zeugt werden. Und dies kann nur gelingen, wenn eine derart gravierende Entscheidung, wie die Rekommunalisierung der TEAG, ergebnisoffen und von allen Seiten ausgeleuchtet wird“, so Böck.

Jörg Kellner (CDU), Mitglied des Landtages und Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung in Thüringen, schließt sich diesen Worten an: „Die Rekommunalisierung der Thüringer Energie AG war in ihrem Ausmaß einzigartig in Deutschland.

Genauso groß sind sowohl die Chancen als auch die Risiken. Nicht alle Kommunen in Thüringen nehmen an diesem Aufbauwerk teil und so gibt es nach wie vor einen ausgeprägten Aufklärungsbedarf.“

Kellner begrüßt es, dass sich das Thüringische Kommunalhilfe Bildungswerk e.V. dieser Aufgabe

widmet. Hier werde versucht, die Mandatsträger in Thüringen in die Lage zu versetzen, eine ausgereifte Entscheidung zu treffen.

Die wesentlichen TEAG-Aktionäre an einem Tisch

Die Podiumsdiskussion vereinte die wesentlichen Anteilsnehmer der TEAG. Vertreten waren der Ver- bandvorsitzende des Kommunalen Energiezweck- verbandes (KET) (46,1 Prozent an der TEAG) – Frank Rostek –, der Vorstand der Kommunalen EnergieBeteiligungsgesellschaft (KEBT AG) (36 Pro- zent an der TEAG) – Peter Hengstermann – sowie der Vorstand der Thüga AG aus München (15,2 Prozent an der TEAG) – Dr. Gerhard Holtmeier.

Energie

REKOMMUNALISIERUNG DER THüRINGER ENERGIE AG

Zweckverband oder

Aktiengesellschaft?

Kolloquium des Thüringische Kommunalhilfe Bildungswerk e.V. am 25. November in Erfurt

V

or ziemlich genau einem Jahr wurde die Rekommunalisierung der Thüringer Energie AG (TEAG) aus dem E.ON-Konzern heraus und in die Hände der Thüringer Kommunen unter Dach und Fach gebracht. Mit einem Volumen von einer Milliarde Euro war es die größte derartige Transaktion seit Beginn des neuen Jahrtausends. Im Ergebnis sind rund 800 Thüringer Kommunen sowie die zu 100 Prozent kommunale Thüga AG am nun vollständig kommunalen Thüringer Regionalversorger beteiligt. Umgekehrt ist die TEAG Miteigentümerin an 22 Thüringer Stadtwerken und weiteren Energieunternehmen. Die Anteile der Thüringer Kommunen an der TEAG sind bis auf wenige Ausnahmen beim Kommunalen Energiezweckverband – KET (46,1 Prozent) und der Kommunalen Energie Beteiligungs-AG – KEBT (36 Prozent) gebündelt. Nach einem Jahr konnte die Übertragung der Anteile rechtssicher abgeschlossen werden. Dennoch bleiben Fragen, ob und wie die Integration der Kommunen aus der Aktiengesellschaft in den Zweckverband organisiert werden kann. Und welche Rolle die Thüringer Kommunen als Kunden, Eigentümer und Partner des neuen Unternehmens spielen werden. Aufgrund des großen Interesses seitens der Kommunen wurde dieser Themenkomplex erneut vom Thüringische Kommunalhilfe Bildungswerk e.V. aufgegriffen. Lesen Sie im Folgenden eine Zusammenfassung des mittlerweile siebten Kolloquiums der Thüringer Kommunalhilfe vom 25. November 2014 im Thüringer Landtag.

Die Veranstaltung fand im Fraktionssaal der CDU im Thüringer Landtag statt.

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 9

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

Für die Thüringer Kommunalwirtschaft in Gänze und in seiner Funktion als Geschäftsführer der Stadtwerke Nordhausen auch für die Stadtwerke im Freistaat sprach Mathias Hartung, stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe Thüringen im Ver- band kommunaler Unternehmen. Moderiert wurde die Runde von Prof. Dr. Michael Schäfer, Professor für Kommunalwirtschaft an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde.

Der Prozess der Rekommunalisierung sei 2012 formal abgeschlossen worden, leitet Prof. Dr. Schäfer seine erste Frage ein. „Das

Transaktionsvolumen belief sich auf etwa eine Milliarde Euro. Für dessen Finanzierung war ein Kommunalkredit vonnöten, den laut Ent- scheidung der Kommunalaufsicht nur ein Zweckverband in Anspruch nehmen durfte. Dies führte dazu, dass mit der KET und der KEBT

zwei kommunale Anteilsnehmergemeinschaften Thüringer Kommunen bestehen. Bereits Ende 2012 war Konsens, dass die KEBT-Aktionäre zügig ihr Eigentum in den Zweckverband ein- bringen. Warum ist dieses Verfahren nach zwei Jahren noch immer nicht abgeschlossen?“

Energie

Der Kauf an sich ist abgewickelt, die Finanzierungsstrukturen

stehen, sie sind abgestimmt mit den zuständigen Aufsichts-

behörden. Nun wollen wir möglichst viele Kommunen über-

zeugen, in den Zweckverband einzutreten.

„ ______________________

Frank Rostek

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion: Mathias Hartung, Peter Hengstermann, Frank Rostek, Willibald Böck und Dr. Gerhard Holtmeier (v.l.n.r.)

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Die Rekommunalisierung der Thüringer Energie AG sei ein Prozess, der in dieser Größenordnung kaum ein Beispiel in der Geschichte der deutschen Kommunalwirtschaft kenne, entgegnet Frank Rostek. Die Thüringer Kommunen hätten schon Jahre zuvor versucht, die Mehrheit an der Thüringer Energie AG zu erhalten. Letztlich hätte der plötzliche Atomausstieg dazu geführt, dass einige der großen vier Versorger in finanzielle Nöte kamen und sich von einzelnen Regionalversorgern trennen wollten.

Vor diesem Hintergrund hätten sich die Thüringer Kommunen unmittelbar zu einem Einstieg ent- schließen müssen. Innerhalb der kommunalen Familie sei erstaunlich schnell weitgehende Einig- keit erzielt worden. Aufgrund der kurzen Zeitspanne sei es aber nur schwer möglich gewesen, dem über- wältigenden Informationsinteresse aller Kommunen in vollem Umfang Rechnung zu tragen. Letzt- lich hätten die heterogene Struktur der beteiligten Energie

WEGBEREITER UND STOLPERSTEINE DER ENERGIEWENDE

AUS DEm VORTRAG VON PROF. DR. mIChAEL SChäFER, PROFESSOR FüR KOmmUNALwIRTSChAFT AN DER hOChSChULE FüR NAChhALTIGE ENTwICKLUNG IN EBERSwALDE

Thüringen ist nicht nur in Bezug auf die Thüringer Energie AG (TEAG), sondern auch dank starker kommunaler Stadtwerke das deutsche Bundes- land mit dem höchsten kommunalen Anteil an der Energieversorgung. Als (Energie)Stadtwerke werden solche Unternehmen definiert, die ihren Ver- sorgungsauftrag konzentriert in einer bestimmten Kommune und in ihrem Umland wahrnehmen, deren Schwerpunkt auf dem Bereich Energie liegt und die über eine kommunale Anteilsmehrheit verfügen. Diesen Prämissen werden in Thüringen 24 Unternehmen gerecht. Ähnlich wie der Freistaat selbst ist auch die kommunale Energieversorgung in Thüringen recht klein- teilig organisiert. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl eines Thüringer (Ener- gie)Stadtwerks liegt bei 67. Nur fünf Unternehmen haben mehr als 100 und keines mehr als 250 Beschäftigte. Mit insgesamt circa 1.500 Mitarbeitern haben alle Thüringer (Energie)Stadtwerke zusammen etwa genauso viele Beschäftigte wie die TEAG. In zwei Dritteln der Fälle tragen die (Energie) Stadtwerke im Rahmen eines steuerlichen Querverbunds zum Verlustaus- gleich anderer kommunaler Daseinsvorsorgesparten bei.

Die Thüringer Energie AG und die Stadtwerke des Freistaates waren schon vor der Rekommunalisierung untereinander intensiv vernetzt. Die Thüringer Ener- gie AG (TEAG) ist an zwei Dritteln der (Energie)Stadtwerke beteiligt. Im Gegen- zug wird die TEAG nun mehrheitlich von kommunalen Zusammenschlüssen geführt. Nur drei der Thüringer (Energie)Stadtwerke weisen keine Minderheits- beteiligung auf und sind zu 100 Prozent in der Hand der jeweiligen Kommune.

Die TEAG wiederum ist mittlerweile zwar zu hundert Prozent kommunal, weist jedoch eine recht heterogene Beteiligungsstruktur verschiedener kommunaler Netzwerke und Plattformen auf. Damit verbinden sich auch unterschiedliche Interessen, die im Zusammenspiel zwischen den Kommunen untereinander

gewogen und berücksichtigt werden müssen. Wir haben in Thüringen deutsch- landweit den höchsten Kommunalisierungsgrad in der Energieversorgung.

Damit verbindet sich jedoch kein Automatismus für einen möglichen Optimie- rungsprozess. Die Tatsache, dass auch die Mitanteilsnehmer eine kommunale Mehrheit aufweisen, ist noch kein Blankoscheck für ein reibungsloses Verhält- nis. Sinnvolle Kommunikations- und Kooperationsstrukturen sowie die Bereit- schaft zu Austausch und Interessenausgleich sind auch bei der neuen TEAG Voraussetzung für ein gutes Geschäft im Sinne der definierten Ziele.

Große Skepsis gegenüber der politischen Ebene

Bei einer Befragung des Verbundnetz für kommunale Energie (VfkE) aus dem Sommer dieses Jahres äußerte die große Mehrheit der Thürin- ger (Energie)Stadtwerke große Skepsis gegenüber den politischen Wei- chenstellungen im Rahmen der Energiewende. Diesbezüglich sind auch die Hoffnungen für die Zukunft äußerst begrenzt. Die führende Rolle der Stadtwerke bei der Energiewende werde zunehmend als politische Paro- le empfunden, die im politischen Prozess nur ungenügend gestützt wird.

Mittlerweile assoziieren die (Energie)Stadtwerke in Thüringen und in den gesamten neuen Bundesländern mit der Energiewende zunehmend Risi- ken. Sinkende Erträge könnten dazu führen, dass die stützende Funktion der (Energie)Stadtwerke für den gesamten kommunalen Daseinsvorsorge- kanon nicht mehr in vollem Maße erbracht werden kann. Die Kommunen sind davon direkt betroffen. Angesichts der ausgeprägten Skepsis gegen- über der politischen Ebene wird das möglichst vollständige Ausreizen inter- kommunaler Kooperationsmechanismen als einziger Ausweg erkannt. Hier bestünden – allerdings in begrenztem Ausmaß – weitere Potentiale.

Der Weg, den wir gehen, ist nicht einfach. Umso wichtiger ist

es, sich gegenseitig zuzuhören, zu lernen und sensibel für die Interessen des Anderen zu sein.

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Mathias Hartung

Aus unserer Sicht spricht Vieles dafür, dass die Thüringer Kommunen einen Weg finden, den

gewachsenen Herausforderungen gemeinsam entgegenzutreten.

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Dr. Gerhard Holtmeier

Kommunen, die Komplexität der gesamten Trans- aktion und die Notwendigkeit eines schnellen Handelns dazu beigetragen, dass Detailfragen erst im Nachhinein geklärt werden konnten. „Wir befinden uns in einem andauernden Prozess. Wir bemühen uns, möglichst schnell einen Ausgleich herzustellen und Informationsdefizite abzubauen. Der Kauf an sich ist abgewickelt, die Finanzierungsstrukturen stehen, sie sind abgestimmt mit den zuständigen

Aufsichtsbehörden. Nun wollen wir möglichst viele Kommunen überzeugen, in den Zweckverband ein- zutreten“, so der Verbandsvorsitzende der KET.

Prof. Dr. Schäfer hakt nach. Er will von Peter Hengstermann wissen, wie hoch die Motivation der KEBT AG sei, sich selbst aufzulösen. Die Aktien- gesellschaft hätte zwar noch etwa 330 Aktionäre, der größte sei jedoch schon heute der Zweckverband.

Es sei sinnvoll, wenn dieser versuche, möglichst viele Kommunen zu einem Wechsel zu bewegen, so Hengstermann. „Wir hatten das Problem, dass

die Rechtmäßigkeit des Zweckverbandes von einer Kommune angezweifelt wurde und es so zu einem Rechtsstreit kam. Aus der gestrigen Entscheidung des Landgerichts gegen die Klage erhoffe ich mir mehr Rechtssicherheit und in der Folge eine Beschleunigung des Verfahrens. Schließlich werden die Kommunen auch durch Bonusregelungen motiviert, sich im Zweckverband zu engagieren“, konkretisiert der Vorstand der KEBT AG und ehemalige Landrat des Kyffhäuserkreises.

Kooperation und Wettbewerb Mathias Hartung vertritt als stellvertretender Vor- sitzender der VKU-Landesgruppe Thüringen die gesamte kommunale Wirtschaft des Freistaates.

Als Geschäftsführer der Stadtwerke Nordhausen repräsentiert er aber auch ein Stadtwerk mit einer langjährigen Beteiligung der Thüringer Energie

Es ist sinnvoll, möglichst viele Kommunen zu einem Wechsel in

den Zweckverband zu bewegen.

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Peter Hengstermann

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 11

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

Prof. Dr. Michael Schäfer bei seinem Vortrag zur Rekommunalisierung der TEAG und zum Stimmungsbild unter den Thüringer Stadtwerken

Energie

AG. An diese beiden Funktionen werden zwei unterschiedliche Fragen adressiert. Vom Vize-Chef des Thüringer VKU will Prof. Dr. Schäfer wissen, wie er die Heterogenität der Interessen seitens der Kommunen und ihrer Unternehmen im Freistaat einschätzt. Der Chef der Stadtwerke Nordhausen soll Auskunft darüber geben, ob und wenn ja was sich in der Partnerschaft mit der Thüringer Energie AG nach dem Ausstieg von E.ON und dem Einstieg der Thüringer Kommunen geändert hätte.

Hartung beginnt mit der zweiten Frage:

„Wir erleben die TEAG unverändert als ein sehr kompetentes Unternehmen. Die Minderheits- beteiligungen und die Partner der Stadtwerke Nordhausen – sei es die Contigas, die Thüga und natürlich auch die TEAG – haben in der Nach- Wende-Geschichte der Stadtwerke ganz erheblich zu deren Professionalisierung beigetragen. Dieser positive Einfluss ist noch immer spürbar, so Hartung.

Die aktuelle Frage sei allerdings, wie in einem schrumpfenden Umfeld eine nachhaltige, sichere, aber auch effiziente Versorgung erhalten werden kann.

„Es gibt strukturelle Verwerfungen zwischen Stadt und Land. Kommunen treten untereinander in einen verstärkten Wettbewerb um Bürger und Gewerbe.

Die Einen haben hier bessere Voraussetzungen als die Anderen. Das gelte auch für kommunale Unter- nehmen. Innerhalb der Kommunalwirtschaft gibt

es etwa in der Abfallwirtschaft schon lange einen interkommunalen Wettbewerb. Es kann auch positive Effekte haben, wenn dies nun auch in der Energiewirtschaft verstärkt der Fall ist.“ Dezentrale Energieerzeugung ginge zwangsläufig einher mit einer größeren Vielfalt von Akteuren im Markt. Allerdings könne dies nicht so funktionieren, dass jedem privaten Erzeuger und Einspeiser eine feste Summe ohne jedes Risiko und unabhängig vom Bedarf garantiert werde.

Hartung fordert in diesem Zusammenhang eine bedarfsgerechte Vergütung. Wettbewerb

könne Anreize schaffen, verstärkt über Lösungen nachzudenken, die für das Gesamtsystem von Nutzen sind. Andererseits stellt sich etwa in puncto Energieeffizienz auch das Erfordernis einer stärkeren Zusammenarbeit. Im Verhältnis zwischen der TEAG und den Stadtwerken werde es sowohl Wettbewerb als auch Kooperation geben müssen. „Der Weg, den wir gehen, ist nicht einfach. Umso wichtiger ist es, sich gegenseitig zuzuhören, voneinander zu lernen und sensibel für die Interessen des Anderen zu sein“, so Hartung abschließend. Prof. Dr. Schäfer

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Energie

Der Prozess der TEAG-Rekommunalisierung hatte eine in- nere Logik. Wenn 95 Prozent der kommunalen Aktionäre dem Erwerb der E.ON-Anteile zustimmen, dann muss sich dies auch in der Praxis fortsetzen. Das, was gemeinsam und mit breiter Mehrheit angegangen wurde, ist bislang

recht gut gelungen. Es wäre schade, wenn dieser erfolgreiche Weg durch regionale Egoismen behindert würde. Nicht zuletzt ist eine Aktiengesellschaft kein geeigneter Rahmen, um kommunales Eigentum an- gemessen vertreten zu können. Ein Zweckverband mag komplizierter sein, doch er ist auch integrativer, kooperativer und im Sinne der Bürgernähe auch demokratischer.

Falk Schäfer

DIE TEILNEHMER DER PODIUMSDISKUSSION (IN NAmENSALPhABETISChER REIhENFOLGE)

ˆ Hartung, Mathias, stellvertretender Vorsitzender der Landes- gruppe Thüringen des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V.

ˆ Hengstermann, Peter, Vorstand KEBT AG

ˆ Holtmeier, Dr., Gerhard, Vorstand Thüga Aktiengesellschaft

ˆ Rostek, Frank, Verbandsvorsitzender KET

THüRINGER ENERGIE AG

Beteiligungen: Kommunaler Energiezweckverband (KET): 46,1 Prozent, Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft (KEBT): 36 Prozent, Thüga AG: 15,2 Prozent, Gesellschaft der kommunalen Strom-Aktionäre in Thüringen (GkSA): 2,6 Prozent, Einzelkommunen: 0,1 Prozent Geschäftsfelder: Strom, Erdgas, Wärme, Energielösungen Mitarbeiter: 1.377, Azubis: 258

An der Thüringer Energie AG sind beteiligt:

Beteiligungen: Kommunaler Energiezweckverband (KET): 46,1 Prozent, Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft (KEBT): 36 Prozent, Thüga AG: 15,2 Prozent, Gesellschaft der kommunalen Strom-Aktionäre in Thüringen (GkSA): 2,6 Prozent, Einzelkommunen:

0,1 Prozent

Geschäftsfelder: Strom, Erdgas, Wärme, Energielösungen Mitarbeiter: 1.377, Azubis: 258

An der Thüringer Energie AG sind beteiligt:

(angemerkt)

Der Prozess der TEAG-Rekommunalisierung hatte eine innere Logik. Wenn 95 Prozent der kommunalen Aktionäre dem Erwerb der E.ON-Anteile zustimmen, dann muss sich dies auch in der Praxis fortsetzen. Zu diesem Zweck wurde der Zweckverband geschaffen. Hier sollten die Interessen der Thüringer kommunalen Anteilseigner gebündelt werden. Das, was gemeinsam und mit breiter Mehrheit angegangen wurde, ist bislang recht gut gelungen. Es wäre schade, wenn dieser

erfolgreiche Weg durch regionale Egoismen behindert würde. Nicht zuletzt ist eine Aktiengesellschaft kein geeigneter Rahmen, um kommunales Eigentum angemessen vertreten zu können. Ein

Zweckverband mag komplizierter sein, doch er ist auch integrativer, kooperativer und im Sinne der Bürgernähe auch demokratischer.

(Einklinkerzitat 1)

Frank Rostek: „Der Kauf an sich ist abgewickelt, die Finanzierungsstrukturen stehen, sie sind abgestimmt mit den zuständigen Aufsichtsbehörden. Nun wollen wir möglichst viele Kommunen überzeugen, in den Zweckverband einzutreten.“

(Einklinkerzitat 2)

Peter Hengstermann: „Es ist sinnvoll, möglichst viele Kommunen zu einem Wechsel in den Zweckverband zu bewegen.“

(Einklinkerzitat 3)

Mathias Hartung: „Der Weg, den wir gehen, ist nicht einfach. Umso wichtiger ist es, sich gegenseitig zuzuhören, zu lernen und sensibel für die Interessen des Anderen zu sein.“

(Einklinkerzitat 4)

46,1

36 15,2

2,6 0,1

KET KEBT Thüga GkSA

Einzelkommunen

bewertet Wettbewerb zwischen Kommunen und kommunalen Unternehmen weniger positiv. Die Ausgangsbedingungen seien unterschiedlich. Am Ende sorge eine intensivierte Konkurrenz für eine Verstärkung bereits bestehender Disparitäten. Die

Gefahr sei groß, dass in diesem Zusammen- hang kommunales, also Bürgereigentum, vernichtet werde.

Die Thüga hat in der Vergangenheit einige erfolgreiche Rekommunalisierungen als Partner begleitet.

Nicht zuletzt sei sie selbst ein Unternehmen, welches nunmehr zu hundert Prozent den Kommunen gehört, betont Prof. Dr. Schäfer. Mit 15,2 Prozent werde auch ein nennenswerter Anteil an der TEAG gehalten.

Wie bewertet die Thüga aus dem Schatz der eingangs angedeuteten eigenen Erfahrungen

heraus die Rekommunalisierung des Thüringer Regionalversorgers TEAG? Thüga-Vorstand Dr.

Gerhard Holtmeier antwortet, dass jeder Ver- gleich auch die spezifischen regionalen Rahmen- bedingungen gewichten müsse. Dennoch stellten sich oft ähnliche Fragen. In puncto Wettbewerb seien die Kommunen ja nicht nur unter sich, sondern müssten sich auch in der Konkurrenz mit privaten Anbietern behaupten. So sei die Erdgas- versorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen erst jüngst von einem australischen Finanzinvestor über- nommen worden. Wenn zusätzlich das derzeit recht schwierige Marktumfeld der Stadtwerke berück- sichtigt werde, ließen sich gewachsene Risiken konstatieren. „Aus unserer Sicht spricht Vieles dafür, dass die Thüringer Kommunen einen Weg finden, den gewachsenen Herausforderungen gemeinsam entgegenzutreten.“

Natürlich werde es auf dem Vertriebsmarkt auch Wettbewerb geben müssen, dennoch gäbe es genügend Felder auf denen kooperative Ansätze deut- lich mehr Sinn stiften können. „Die Thüga wurde in Thüringen gegründet, trägt Thüringen noch immer im Namen und hat den Konsolidierungsprozess der Thüringer Energieversorgung nach der Wende eng begleitet. Als ein solcher – kommunaler – Versorger hoffen wir, dass die TEAG-Rekommunalisierung nicht nur ein Erfolg wird, sondern dass sie auch Impulse für eine verstärkte kommunale Kooperation setzen kann“, so Dr. Holtmeier. n

www.thueringerenergie.de bw-kommunalhilfe.de

Der Thüringer Landtag

i infos

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 13

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

In seiner Begrüßung betont Wittenbergs Ober- bürgermeister, Eckhard Naumann, dass die Lutherstadt nicht zum ersten Mal Gastgeber einer VfkE-Veranstaltung ist: „Unsere Stadt und insbesondere unsere Stadtwerke sind diesem Forum seit Jahren eng verbunden.“ Die Jahresver- anstaltung 2014 wurde in der Stiftung Leucorea abgehalten, am Wittenberger Campus der Martin- Luther Universität Halle-Wittenberg. Hier widme

man sich schon seit mehr als 500 Jahren dem Erkenntnisgewinn, so der Oberbürgermeister.

Anknüpfend an diese lange Tradition solle auch heute um möglichst optimale Lösungen gerungen werden. „In Wittenberg wurde in den vergangenen 25 Jahren Enormes geleistet“, erinnert sich Naumann. Dies gelte für die Bausubstanz, die Infrastruktur und auch für die Energiewirtschaft. Mit der Umstellung

von Stadtgas auf Erdgas und der sukzessiven Modernisierung von Netzen und Anlagen sei eine Energiewende bereits erfolgreich bewältigt worden. „Die Stadtwerke leisten in der Stadt und auch darüber hinaus einen wichtigen Beitrag für das wirtschaftliche und soziale Gleichgewicht der Region. Sie sind ein verlässlicher Versorger, guter Arbeitgeber, stützen den Mittelstand und werden ihrer Verantwortung für die Kommune VfkE

BERICHT VON DER VFKE-JAHRESVERANSTALTUNG AM 29. OKTOBER IN LUTHERSTADT WITTENBERG

Stabilität und Investitionssicherheit!

Die kommunale Familie wendet sich mit Forderungen an die Bundes- und Landespolitik

D

ie Jahresveranstaltung bildet regelmäßig den Höhepunkt eines VfkE-Kalenderjahres. 2014 versammelte sich die kommunale Familie Ostdeutschlands in Lutherstadt Wittenberg, um sich dort zu den Perspektiven der kommunalen Daseinsvorsorgewirtschaft in den Neuen Bundesländern auszutauschen. Zu diesem Anlass und als Grundlage einer kontroversen Diskussion wurde die VfkE-Jahresstudie „Energiewende kommunal – Wegbereiter und Stolpersteine“ (siehe dazu eine ausführliche Zusammenfassung auf S.43) vorgestellt.

Die Ergebnisse einer Befragung unter ostdeutschen Stadtwerkechefs boten ausreichend Stoff für eine vehemente Auseinandersetzung zwischen den anwesenden Vertretern der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff hatte sein Kommen zwar zugesagt, musste jedoch kurzfristig einen anderen Termin wahrnehmen. An seiner Statt stellte sich Sachsen-Anhalts Minister für Wissenschaft und Wirtschaft, Hartmut Möllring, den Fragen und Ansinnen der auch in diesem Jahr zahlreich erschienenen kommunalen Vertreter. Mit den Vorsitzenden der VKU-Landesgruppen aus Berlin-Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie den Geschäftsführern der Städte- und Gemeindebünde aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt waren auch die kommunalen Verbände prominent vertreten. Gleiches gilt für die Abgeordneten des Bundestages und der ostdeutschen Landtage. Lesen Sie im Folgenden die Zusammenfassung der VfkE-Jahresveranstaltung 2014 vom 29. Oktober in der Lutherstadt Wittenberg.

Auch 2014 wurde wieder mit reger Beteiligung des Bundes, der Länder, der Kommunen und der kommunalen Unternehmen zu den Rahmenbedingungen kommunalwirtschaft- lichen Handelns gestritten.

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mehr als gerecht. Sie werden in der Region als fairer Partner geschätzt und schaffen damit die Voraussetzung, Synergieeffekte in Kooperation mit umliegenden Kommunen noch besser nutzen zu können“, so Naumann.

Vom Atomausstieg zur Energiewende

Die Podiumsdiskussion schloss direkt an die Präsentation der VfkE-Jahresstudie 2014 an.

Zusammen mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, der Landesgruppen des VKU und der Oberbürgermeisterin einer traditions- reichen, mitteldeutschen Industriestadt sollte erörtert werden, welche Lehren Kommunalpolitik

und kommunale Wirtschaft aus den Ergebnissen ziehen sollen und wie es gelingen kann, noch stärker und nachhaltiger für die Interessen der Kommunen zu streiten.

„Der erste Bundestagsbeschluss zum Atom- ausstieg liegt mittlerweile 14 Jahre zurück – elf Jahre vor dem Reaktorunfall von Fukushima“, leitet Prof. Dr. Michael Schäfer als Moderator der Runde den ersten Fragenkomplex ein. Der Beschluss zum Energiekonzept der schwarz- gelben Bundesregierung aus dem Jahre 2010 hätte dann lediglich die Verlängerung der Lauf- zeiten einzelner Atommeiler zum Gegenstand gehabt. Dies und nur dies sei vor dem Ein- druck der Bilder aus der japanischen Präfektur Fukushima wieder zurückgenommen worden.

„Die Politik hat also 14 Jahre Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wie der Prozess der Energiewende ohne die Kernkraft gestaltet werden kann. Wieso hat dies nicht ausgereicht, um angemessene Konzepte zu entwickeln“, fragt Prof. Dr. Schäfer. Die Oberbürgermeisterin von Bitterfeld-Wolfen, Petra Wust, stimmt dieser Einschätzung ausdrücklich zu. Und auch nach 2011 – seit die Energiewende in aller Munde ist – sei sowohl konzeptionell als auch praktisch nur wenig gelungen. Der dringend notwendige Neu- und Ausbau leistungsfähiger Stromtrassen von Nord nach Süd stecke in einer Sackgasse. Zudem werde der Aspekt der Versorgungssicherheit in der energiepolitischen Debatte nur unzureichend berücksichtigt.

VfkE

AUS DEM VORTRAG VON HARTMUT MöLLRING,

MINISTER FüR WISSENSCHAFT UND WIRTSCHAFT DES LANDES SACHSEN-ANHALT:

Ich begrüße es ausdrücklich, dass mit dem Verbundnetz für kommunale Energie eine Plattform geschaffen wurde, auf der sich die Energiewirtschaft und die Kommunen der Neuen Bundesländer regelmäßig austauschen können. Sachsen-Anhalt gilt als einer der wich- tigsten Förderer der Energiewende. Wir betrach- ten dieses Großprojekt als eines der zentralen Anliegen der Landesregierung. Die damit zu- sammenhängenden Herausforderungen wer- den wir nur mit den Kommunen gemeinsam stemmen können. Kommunen sind nicht nur Planungs- und Genehmigungsinstanz, sondern sie besitzen auch die nötigen Flächen für Wind- und Photovoltaik-Anlagen. Zusätzlich verfügen sie über einen ausgedehnten Gebäudebestand für eine energetische Sanierung und engagie- ren sich über ihre Unternehmen im Netzbetrieb.

Nicht zuletzt füllen sie bei der Energiewende eine Vorbildfunktion aus und bilden ein wichti- ges Bindeglied zu den Bürgern.

Sachsen-Anhalt kann stolz und selbstbewusst auf ein intensives, langjähriges und kontinuierli- ches Engagement bei der ökologischen Erneue- rung der Energiewirtschaft zurückblicken. Heute sind wir ein Musterland der Energiewende. Wir setzen auf einen breiten Energiemix von den Erneuerbaren Energien über Erdgas bis hin zur Braunkohle, wobei die erstere Komponente seit Jahren gezielt gestärkt und ausgebaut wird. Vor gut 20 Jahren kam der in Sachsen-Anhalt ge- nutzte Strom noch zu 58 Prozent aus der Braun- kohle und zu 28 Prozent aus Erdgas. Heute zeigt sich ein gänzlich anderes Bild. 44 Prozent unse- res Strombedarfs werden aus Erneuerbaren Quellen gedeckt. Das entspricht schon heute in etwa den kumulierten Anteilen von Braunkohle und Erdgas. Nicht nur beim Strom, sondern in allen Bereichen der Energienutzung und -an- wendung liegt Sachsen-Anhalt in der Spitzen-

gruppe der Bundesländer. Mit dieser Vehemenz wollen wir die Energiewende auch in Zukunft gestalten. Grundlage ist das kürzlich vorgestellte Energiekonzept der Landesregierung.

Energie muss dann bereitstehen, wenn sie gebraucht wird, und auch dann, wenn weder Wind weht, noch die Sonne scheint. Zudem müssen sich die Bürger ihre Energie auch leisten können. Mit diesen Prämissen der Ver- sorgungssicherheit, der Nachhaltigkeit und der Bezahlbarkeit verbinden sich einige Heraus- forderungen. Eine Schlüsselrolle spielt der viel diskutierte Netzausbau. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn die Stromnetze mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien mithalten.

In der öffentlichen Diskussion stehen vor allem die großen Stromautobahnen vom erzeugungs- starken Norden und Osten in den verbrauchs- starken Süden und Westen. Allerdings haben sich die Freistaaten Bayern und Thüringen kürz-

lich recht negativ zu diesen Projekten geäußert.

Die Verteilnetze mögen weniger spektakulär sein, doch mit ihnen verbindet sich ein noch größerer Aufwand. Allein in Sachsen-Anhalt wird deren Ausbau mit 2,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Aktuell sind die Netze an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Ein Indiz dafür sind die steigenden Kosten, die zur Netzstabilisie- rung aufgewandt werden. Die Landesregierung hat deshalb ein Dialogforum zum Netzausbau ins Leben gerufen.

Als Landesregierung machen wir uns für eine Neuregelung des Netzentgelte-Systems stark. In den Neuen Bundesländern werden deutlich hö- here Netzentgelte gezahlt, als im Westen der Bun- desrepublik. In Sachsen-Anhalt liegen die Margen mehr als 25 Prozent über dem Bundesdurch- schnitt. Hauptgrund ist der hohe Ausbaustand für Erneuerbare Energien in Ostdeutschland. Es kann nicht richtig sein, dass diejenigen, die sich beson- ders engagieren, im Nachhinein noch bestraft werden. Die Landesregierung hat Bundeswirt- schaftsminister Gabriel erste Vorschläge in dieser Angelegenheit unterbreitet. Inzwischen wurde eine Reform des Netzentgeltesystems angekün- digt. Wir hoffen, dass die Lasten des Netzausbaus in naher Zukunft fair zwischen den Ländern und Regionen verteilt werden.

Wenn wir über die Energiewende sprechen, gehören dazu auch konventionelle Energie- träger. Es reicht nicht, wenn die Gesamtmen- ge der Erneuerbaren Energien theoretisch den Bedarf decken könnte, sie muss auch stets zur Verfügung stehen. Im Sinne der Versorgungs- sicherheit setzen wir auf einen ausgewogenen Energiemix, zu dem mittelfristig auch die Ver- stromung der heimischen Braunkohle zählt. Die Rolle als Grundlastträger müssen nach dem Ausstieg aus der Kernenergie nun andere Ener- giequellen ausfüllen.

Hartmut Möllring, Minister für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt

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UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 04 / DEZEMBER 2014 15

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

Obwohl Deutschland vom Atomunfall in Fukushima nicht betroffen gewesen sei, hätte sich die Politik auf Druck der öffentlichen Meinung zu radikalen Lösungen entschließen müssen, sagt Mathias Hartung. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Nordhausen und stellvertretende Vor- sitzende der VKU-Landesgruppe Thüringen stellt

die Frage, inwiefern auf der politischen Ebene überhaupt ausreichende Kompetenz für das extrem komplexe Vorhaben der Energiewende vorhanden sein und von dort erwartet werden könne. Dieser Weg sei bisher von keiner Volks- wirtschaft auf der Welt begangen worden. „Jetzt aber, wo wir uns dafür entschieden haben – und

die Mehrheiten waren ausgesprochen breit – müssen alle Akteure ein gemeinsames Bewusst- sein für die große Aufgabe entwickeln. Wenn wir die momentane Verzagtheit nicht ablegen, ist ein Scheitern vorprogrammiert. Und wenn wir es nicht schaffen, wer dann?“ Mit seinen dezentralen Strukturen sowohl politisch als auch VfkE

AUS DEM VORTRAG VON DR. KARSTEN HEUCHERT,

VORSITZENDER DES VORSTANDS DER VNG – VERBUNDNETZ GAS AG AUS LEIPZIG:

Im November 2013 traf sich die VfkE- Koordinierungsgruppe in Leipzig, um das Thema für das kommende Jahr zu erörtern. Nur wenige Stunden zuvor wurde der Koalitionsvertrag im Bund von den Parteivorsitzenden Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer unterzeichnet.

Damit wurden auch die energiepolitischen Leit- linien für die kommenden vier Jahre besiegelt – mit den entsprechenden Auswirkungen auf Kommunen und kommunale Versorger. Inner- halb der Koordinierungsgruppe wurden wir uns recht schnell einig, dass die Auswirkungen der Energiewende aktuell eines der drängendsten kommunalen Themen überhaupt darstellen.

„Energiewende kommunal“ wurde aber auch deshalb zum Jahresthema 2014 bestimmt, weil die Leistungen und Herausforderungen der Kommunen im Kontext der Energiewende noch immer viel zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Die kommunale Verankerung gehört zur Identität unseres Unternehmens. Die Unter- stützung von Initiativen wie dem Verbundnetz für kommunale Energie (VfkE) ist daher für uns selbstverständlich. Die VNG AG in Leipzig ist ein Kind der friedlichen Revolution und ohne Partner und Freunde – auch aus dem kommunalen Umfeld – hätten wir den Übergang von der Plan- wirtschaft in die Marktwirtschaft nicht erfolgreich vollziehen können. So arbeiten wir seit vielen Jahren eng mit unseren kommunalen Kunden und natürlich auch mit unseren kommunalen Aktionären zusammen – und werden es auch in Zukunft tun. Dank dieser Kooperationen konnte sich die VNG von einem reinen Erdgasimporteur zu einem Erdgasspezialisten mit europäischer Ausrichtung entwickeln.

Die VNG will dieses Vertrauen zurückzahlen, indem wir die Region Ostdeutschland nach- haltig stärken. Mit unserem Unternehmenssitz in Leipzig und unserem Engagement in allen neuen Bundesländern sorgen wir dafür, dass Wertschöpfung in der Region bleibt. Im ver- gangenen Jahr wurden fast zwei Drittel unserer Aufträge an Firmen aus Ostdeutschland ver- geben. VNG übernimmt seit vielen Jahren auch gesellschaftliche Verantwortung in der Region – für Soziales, Kultur, Bildung und Forschung. So unterstützt die VNG seit 2001 mit dem Verbund- netz der Wärme ehrenamtliches Engagement in

Deutschland. Das Netzwerk unter der Schirm- herrschaft von Mathias Platzeck hat mittlerweile über 200 aktive Mitglieder.

Ich freue mich, dass wir heute in Lutherstadt Wit- tenberg zu Gast sind. Seit Mai 1991 ist die Luther- stadt ein zuverlässiger und starker Partner unseres Unternehmens. Die Stadtwerke Wittenberg waren das erste Stadtwerk, das mit der VNG einen lang- fristigen Liefervertrag abgeschlossen hat. Es ist seit 2003 auch Aktionär unseres Unternehmens.

Der Geschäftsführer der Stadtwerke Wittenberg, Hans-Joachim Herrmann, ist gleichzeitig Vorsit- zender der Gesellschafterversammlung bei der VNG Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteili- gungsgesellschaft m.b.H. (VUB). Hier sind die An- teile der kommunalen Aktionäre gebündelt.

Ohne enge Kooperationen zwischen und mit den Kommunen hätten wir die erste Energie- wende in den beginnenden 90er Jahren nicht bewältigen können. Durch umfangreiche Inves- titionen in die Strom- und Wärmeversorgung ist das Energiesystem seit der Wiedervereinigung deutlich modernisiert worden. Damit haben die Neuen Bundesländer einen wesentlichen Beitrag zum Rückgang der Treibhausgasemis- sionen in Deutschland geleistet. Voraussetzung waren massive Investitionen in die Netze und in die Infrastruktur. Allein in den ersten zehn

Jahren nach der Wiedervereinigung investierte die deutsche Gaswirtschaft über 16 Milliarden DM. Das war auch deshalb möglich, weil die kommunalen und privaten Investoren langfristig planen konnten. Sie hatten die Sicherheit, dass sich ihre Investitionen auch rentieren.

Die Ergebnisse der aktuellen VfkE-Studie zeigen allerdings, dass dies heute nicht mehr so ist.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat für 2016 die nächste Reform des Erneuerbare-Energien- Gesetzes angekündigt. Dies ist sinnbildlich für den aktuellen Zustand der Energiepolitik. Die Gesetzgebung ändert sich ständig, die Rahmen- bedingungen sind nicht stabil – mit den ent- sprechenden Folgen für die Energiewirtschaft.

Investitionen, die in den 90er Jahren noch möglich waren, werden heute zurückgehalten.

Investitionen, die gestern noch wirtschaftlich waren, sind es heute nicht mehr. Ein Beispiel ist die Kraft-Wärme-Kopplung. Insbesondere die kommunalen Energieversorger investierten in den vergangenen Jahren in hocheffiziente KWK- Anlagen auf Erdgasbasis. Im Zusammenhang mit der EEG-Reform und der Belastung durch die EEG-Umlage droht heute jedoch einer Viel- zahl von KWK-Anlagen die Stilllegung. Dies hat erhebliche negative wirtschaftliche Folgen für die kommunalen Energieversorger. Angesichts eines vielerorts bestehenden steuerlichen Quer- verbunds wird sich dies direkt auf die Kommu- nen auswirken. Wir sollten uns gemeinsam bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Novelle des KWK-Gesetzes möglichst schnell und zielführend umgesetzt wird.

Damit die Energiewende gelingen kann, muss aus der Stromwende endlich auch eine Wär- mewende werden. Der Wärmemarkt hat mit 40 Prozent den höchsten Anteil am Energiever- brauch und ist verantwortlich für ein Drittel der CO2-Emissionen. Hier schlummert ein enormes Potenzial und trotzdem sind heute 75 Prozent der Heizungen nicht auf dem Stand der Technik.

Die jährliche Sanierungsrate bei Heizungen liegt bei drei Prozent. So werden sich die für das Jahr 2020 formulierten Klimaziele nicht erreichen lassen. Wir wollen ein klares Signal nach Berlin senden. Nur mit starken Kommunen wird unser Gemeinwesen auch in Zukunft funktionieren.

VNG steht bereit, um ihren Beitrag zu leisten.

Dr. Karsten Heuchert, Vorsitzender des Vorstands der VNG – Verbundnetz Gas AG aus Leipzig

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