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Nur dort, wo eine Katastrophe örtlid1 die Entwicklung rückgängig macht oder gar auf ihren Ausgangspunkt zurückführt, vermag wieder

Lärchenverjüngung aufzukommen.

Solche

Katastrophen tret

,

en

im

unberührten Naturwald recht häufig auf.

Einzelne . Bäume werden mit

der Zeit übeTalt. Wind und Wetter entwurzeln sie, einen

größeren

oder kleineren Wurzelteller aus der V:egetation herausre.iflend. Beobachtungen im Nationalpark lehren, daß nur etwa 5 % der Bäume durch Brucli, 95 % aber durch Wurf zu Fall kommen. So entstehen ver-streut im ·wald immer wieder kleine Rohbodenflecke, die bei der Arve 10 und mehr m

2

groß werden können. Hier kann sicli die Lärclie wieder verjüngen. Außerdem sind auch größere Katastrophen, wie Steinschlag, Lawinen, Murgänge, Stürme, Waldbrände im Arven-Lärchenwald keine

,

seltenen Ereignisse.

Waldbrandspuren in Form von Kohleresten treten fast bei jeder

Boden-profilöffnung zutage. Die stai;ke heutige Vertretung der Lärche im

Ober-engadin geht zum großen Teil auf die . Wirkung früherer Waldbrände zurück. Diese Nachwirkung wird in Zukunft zunehmend abklingen.

In

Waldpartien, wo die Entwicklung von Boden und Vegetation über lange Zeiträume ungestört fortschreiten konnte, kann die Geschichte des ursprünglichen Arv,en-Lärchenwaldes noch weiter verfolgt werden. Hier sielt man fest, daß sich auch die Arve mit wachsender Mächtigkeit der Moos- und Zwergstrauchdecke immer seltener natürlich verjüngt.

Braun - B 1 an q u et gibt in seinem zusammenfassenden Bericht über die Beobachtungen der «Vegetationsentwicklung im Schweiz. Natio-nalpark » ein Sukzessionsstadium des

Pineto-Ericetum an,

das der natür-lichen Arvenverjüngung besonders zusagt. (3, Seite 29.) Die von ihm an.-gegebene Artenliste, welche das erwähnte Stadium auszeichnet, deckt sich floristisch gut mit jener eines besonders verjüngungsbereiten Frühsta-diums des

Rhodoreto-V accinietum.

Kennzeichnend hiefür ist besonders der geschlossene , 4 bis 8 cm hohe Moosteppich mit vorherrschen.dem

Hylo-com ium splendens

Bryol. eur.;

Eniodon Schreberi

Moenkem.;

Rhytidia-delphus friqueter

(L) Warnst.;

Dicranum scoparium (L.)

Hedw. Er wird von niedrigen Vaccin.ien nur 10 bis 15 cm überragt. Bald dominiert

Vac-cinium myrtillus

(L), bald

V accinium vitis idaea L.

Verstreut finden sich einige mesophilere Arten wie:

Homogyne alpina

(L) Cass.;

Desdiampsia flexuosa

(L) Trin.;

Linnaea borealis L.; Empetrum hermaphroditum

(Lange) Hagernp. ;

Oxalis acetosella L.;

usw. ·

Immer tritt auf verjüngungsbereiten Standorten die Alpenrose in Menge, Soziabilität und Vitalität stark zurück. Auch im

Rhodoreto Vac-cinietum

scheint die Verjüngung in einem bestimmten Sukzessionssta-dium wesentlich erleichtert zu sein.

Eine Auszählung der Verjüngung auf einer ha fast reinen Arven-waldes auf dem NW-Abha ng des Muottas Muragl (1950-2050 m ü. M.)

~rgab folgendes Resultat: (Siehe nebenstehende Tab. 20).

Auf gleiche Bezugsfläd1en umg·erechnet, ergibt sich aus diesen Auf-nahmen die r e 1 a t i v e Dichte der Arven v er j ü n g u n g. auf dem moosreichen

V

accinium-Stadium.

Aufnahme Vegetation Anzah 1 J ungarven 2? Moos- Vaccinien-Stadium 28 32

Rhod. Vacc. cembretosum

mit viel Alpenrosen 6

Verhältnis 4,7 1

Natürliche Arven- und Lärchenverjüngung bei verschiedener Vor-herrschen von Alpenrosen stark behindert wird.

Gerade dort, wo Katastrophen ausbleiben, die Arve mit der Zeit allein steht, wächst die frostempfindlidie, schneeschutzsuchende. Alpen-rose vermehrt. Es bleibt infolgedessen hier die Arvenverjüngung immer häu.figer aus. Die ganze Entwicklung führt zu einem überreifen, ja ver-greisten Stadium, wie im folgenden Beispiel:

Lage: Gele. Bevers, Val Bever, «God da Cu.a.s», Nähe der untersten Lawinenmauer.

19-00 m ü. M. Expo,s. NW. Neigung 70 %, auf dem seitlichen Hang einer ausgeprägten , in der Fallinie absteigenden 10 m hohen Rippe. Sehr schattige Lage. Die Alp,enrosen blühen hier noch Ende Juli! Fo1,silriche Beeinflussmi.g sehr gering.

Bestand: Reiner Arvenbesiiand. Ca. 200-250jährig. Brnsthöhendurdunesser 30-5-0 cm.

2-3 Arven pro Are. 15-18 m hoch, walzenförmig .tief beaistet, a,str•einer Schaft

4 m hoch, lockerer-räumiger Stand. Sehr starker Flechtenbehang.

~ gut ausgebildet, deckt 30 %

55 Rhododendron f.errugineum L.

33 Vaccinium Myrtillus L.

23 Hyprium crisf:ia castrensis 22 En.todon Schreberi, Moenkem.

212 Rhytidiadelphus triqueter (L.) Warnst.

+2 :' .

.Polytrichum juniperinum . Willd.

CM

Bodenprofil aus einem vergreisten Rhodoreto- Vaccinietum c.embretosum.

Fig. 18 (Gele. Be ver s, Go<l da Cuas.)

.\·i,eclere Strauchschicht, 50-60 cm, dicht.

Lebende Moose, 15-20 cm, dicht.

Blattf allsdädit, 8-10 cm, unscharf begrenzt, locker, holorga-nisch, koprogen. Hauptsächlich Moosdetritus.

Fennentationszone; Oben: lagig-filziger Rohhun1Us. Viele Pflanzenreste sid1tbar. Intensiv mit weißem Pilzmycel durch-setzt, kopr01gen. Zll'r Hälfte aus tierisch zerkleinerten Phasen bestehend. Deutlich abgegTenzt gegen:

untere Zone: Fetter, fast schwarzer Mor wechselnder .Mäch-tigkeit, krümelig-plastisch, mit häufigen, gTofien Kohleresten.

Ziemlich scharf abgegrenzt gegen:

Bleicherdehorizont. Schlecht ausgebildet, mit schwarzem Mor durchsetzt, humos, bräunlich-grau, viel Skelett, bis faustgroß.

Sehr locker gelagert, Mineralkörner wie auf gehängt an den Faserwurzeln.

B Anreidierungshorizont. Sandig, rostbraun, humos. Kleine, un-echte Krümel, s.teckna<lelkopfgrofi. Viel und grobes Gestein mit dicker Oxydationsrinde. Lagerung allgemein sehr locker bis auf Profiltiefe. Fleckige Humusanreicherung in den ober-sten Lagen des B-horizontes.

Die Florenliste ist außergewöhnlich artenarm. Junge Arven sind in größerem Umkreis keine zu finden. Die dichte, niedrige St:muchschicht von Alpenrosen und Vaccinien hat ihr Aufkommen verhindert. Der Wald hat sich offensi chtlid1 überlebt. Auch das Bodenprofil hat sich über das der Sd1lußg·esellschaft zugeordnete Eisenpodsol hinaus entwickelt.

Hauptsächlich dank dem außerordentlich groben Bodenfilter haben auch die mitteldispersen Humusteilchen nach unte.n zu wandern begonnen.

Der Bleid1erdehorizont ist nicht mehr typisch. Die urspünglich sicher einmal stark gebleichte, sandige Mineralerde ist bereits leicht verbraunt durch eingespülten Humus. Auch der Anreicherungshorizont ist stark humos gefleckt. A2 - und B-horizont sind außerordentlich lo-cker gelagert.

Die Mineralkörner und Krümel scheinen mitunter nur wie an den Wur-zelfasern aufgehängt.

Die Arvenwurzeln finden bis in 110 _cm Tiefe nur eine schlechte Ver-ankerungsmöglichkeit. Dieser Umstand fördert den Zerfall der Wald-gesellschaft besonders. Bei ungestörter Entwicklung werden die wenigen Arven mit der Zeit auch noch verschwinden. Der Abbau der Baumschicht löst eine langsame natürlid1e Regression aus, die sich unter diesen Um-ständen folgendermaßen auswirken wird: Unter dem erhöhten

Lid1tein-63

fall und verminderten Sdin~schutz verliert die Alpenrose an Kampf-kraft. Si.e wird auf geschütztere Standorte zurückgedrängt. An ihre Stelle treten die Vaccinien, vor allem

Vaccinium myrtillus L.

Längs den Wild-wedlseln wandern vermehrt die Gramineen · ein und breiten sid1 etwas aus. Sd10n in diesem Rückbildungsstadium kann sich die Arve wieder natürlicch .verjüngen. Mit ihrem Aufkommen setzt wieder die Entwick-lung in der Richtung zur Klimax ·ein.

Es ist aber auch möglich, dafl durch die Gramineen-Einwanderung die Rückbildung örtlich bis zu einer Art «Urwiesengesellschaf t» geht, der ein sekundäres Braunerdeprofil zugeordnet sein müßte. Von dieser Ur-wiese aus würde dann wieder die normale Sukzession zur Waldgesell-sd1aft eintreten.

In

_jedem Falle , wo die Regression nidlt durch eine mi-neralerdeabdech~nde Katastrophe eingeleitet wird , kann Lärchenverjün-gung nicht erwartet werden.

Da& Fortbestehen der anthropogen ungestörten Klimaxgesellschaft beruht jedenfalls nicht auf einem absoluten Gleichgewicht. Es ist örtlich wohl immer ei~ langsames Penddn um die abstrahierte , ideale Linie. Sukzession endet mit Vergreisung. Diese wechselt mit Regression , welche einmal wieder in ,eine Sukzession übergeht. Wie weit die Pendel-ausschläge gehen, hängt vom Eintreten und von -der Art der Katastr ophe ab, welche die Entwicklungsumkehr einleitet. Das Fortbestehen

des

Wal-des ist also nicht stetig. Nach der Optimalphase kommt der sprun ghaft e Zerfall , wo-rauf wieder der lange , stetige Aufbau einsetzt.

26 Einflu_fi des Wirtschafters auf die natürliche Entwicklung des Lärchen-Arvenwaldes.

Wird durch den Eingriff des Wirts chafters in den Bestand die natürlich e Entwick-lungstendenz verlangsamt? Kann somit die Periode der natürlichen Lärchenverjüngun g durd1 waldbauliche Mittel beliebig verilängert werden?

Den wirtschaftli hen und topographisdien Verhältnissen des Ober-engadins entsprechend, sind Holzproduktion und Sdmtzzweck i. e. S.

die zwei vorherrschenden Gesichtspunkte, nad1 denen die Bewirtschaf-tung seiner Waldungen ausgerichtet sein mufl. Man strebt daher schon seit jeher den möglichst ungleichförmigen Bestandesaufbau an und sucht ihn da, wo er schon erreicht ist, zu erhalten. Einzelplenterung ist der nor-male waldbauliche Eingriff .

Diese Einzelaushiebe wirken sich für die Erhaltung der Lärcile ver-hängnisvoll aus. Schon direkt fällt die Lärche diesen Eingriffen häufiger zum Opfer als die Arve, denn wo sie weit' in die Boden- und

Vegetations-entwicklung zur Klimaxgesellsd:iaft hineinragt, zeigt sie aus nod1 unah-geklärten Ursachen einen ständig abnehmenden Zuwachs. Obwohl sie die Arve meist um einige Meter überragt, wird ihre Krone sd:iütter und der Gipfel sd:iU.eRlich dürr. Es ist wahrscheinlich, dafl die immer mäd:i-tiger und dichter werdende Rohhumus-Morauflage ihre Wurzeltätigkeit zunehmend hemmt. Nach Eid man n (17) ist die Atmungsintensität der Lärchenwurzeln höher als diejenige unserer häufigsten Nadelhölzer und zwar bei jeder Temperatur des Bodens. Man könnte sich also leicht vorstellen, dafl der anmorige Auflagehumus den Gasaustausd:i zwischen Bodenluft und Atmosphäre so stark drosselt, dafl im Boden eine toxisd:i wirkende C0 2-Konzentration entsteht. Eine mächtige Auflagehumus-schicht dämpft und verzögert den frühsommerlichen Temperaturanstieg in den Mineralerdehorizonte.n sehr stark ( P a

11

m a n n H. u. F r e i

E.;

5 1 ) . Es ist möglich, dafl diese starke Isolationswirkung an sich schon die Wurzelatmungsintensität bei der Lärche unter das Minimum zu senken vermag·.

J

ndirekt leistet die Entfernung der abgehenden Bäume durch Aus-hieb dem Zurückgehen des Lärchenanteils aber noch weiter Vorschub.

Die im unberührten Naturwald reichlich vorhandenen Möglichkeiten für die Lärche, sich auf den Wurzeltellern umgeworfener Bäume wieder an-zusiedeln verschwinden fast vollkommen im Wirtschaftswald.

Wie sich die Eingriffe auf die Holzartenvertretung auswirken, sei mit den speziellen Aufnalimen aus einem Bestand am NW-Abhang des Muottas Muragl belegt. Er steht an einer Stelle des Abhanges, wo weder Lawinen noch Steinschlag den ReifungsprozeH behindern. («Ganda nai-ra», Gde. Samaden, 1950-2050 m ü. M. Die auffallend große Zahl von Lä.rchenstöcken in dem heute fast reinen Arvenwald bewog mich, die Verhältnisse näher zu studieren. Auf einer Hektare wurden sowohl der stehende Holzvorrat als auch die erfolgten Nutzungen durch Auszählung und Messung der Sfö.cke auskluppiert. Das Alter der Stöcke, an deren Frische abgeschätzt, sowie das Studium der forstlichen Schlag·kontrolle, erlaubten die Nutzungen der letzten Jahre annähernd zu datieren.

Alle auf dieser Fläche nachweisbaren Nutzungen de;m heutigen Auf-nahmeinventar gegenübergestellt, lassen erkennen , daH sich auf diesem Standort in relativ kurzer Zeit fast ein vollständiger Holzartenwechsel von der Lärc-he zur Arve vollzogen hat. Die Bodenprofile zeigen in der ganzen Umgebung· deutliche Kohlereste. Die Vermutung liegt deshalb nahe , es handle sich bei der ehemals starken V edretung· um die ur-sprünglich auf einer Brandflä che aufgekommene Lärchengeneration , die heute schon bis auf 41 Bäume dezimiert worden ist. Auch diese tragen bereits alle Anzeichen eines baldig·en Absterbens. Die Arven sind nach

J ahrringzählungen an frischen Stöcken etwa 300 Jahre alt. Die Lärchen sind zum gröfüen Teil schon mit 200 bis 250 Jahren ausgehauen worden.

.Nutzzmgen und Vorrat allf einer Hektare gesdilossenen Waldes auf der Sdiattenseite des Oberengadins.

(Gde.·Samaden, Ganda naira.)

Fig. 19

OURC~~: STÜCK, 198 417 43 94 46 4 337 515

30

20

10

NUTZUNGEN

-VOR 1900 1900 -1915 1938 NUTZUNG TOTAL.

422 41

HEUTIGER VORRAT.

65

Das bedeutet, daH durch den wirtsd.rnftenden Eingriff de~ Mensd1en der natürliche Holzartenwechsel besd1le

.

unigt wird und sich schon innerhalb

2

bis

3

Jahrhunderten vollziehen kann.

Der

Aushieb

von abgehenden Bäumen und der

· Mangel an