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2 Mergers & Acquisitions

2.4 Performance und Erfolg von Mergers & Acquisitions

2.4.1 Empirische Erkenntnisse

2.4.1.1 Kapitalmarktbasierte Performance-Studien

dingungen (die Situation an den Kapitalmärkten) dazu führen, dass zum Betrachtungszeit-punkt ein besonders hoher Verkaufspreis erzielt werden kann.142 Weiters können Motive beo-bachtet werden, die eine Erweiterung des EigentümerInnenkreises eines Unternehmens not-wendig machen, bspw. die Finanzierung eines Wachstums oder bei Liquiditätsengpässen.143

quisitions zu messen. Den überwiegenden Anteil dieser Studien stellen Ereignisstudien, häu-fig auch unter dem englischen Begriff ‚Event Study‘ diskutiert, dar. Das Grundprinzip dieser Studien ist in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6: Grundprinzip von Ereignisstudien

(Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Glaum/Hutzschenreuter, 2010, 98)

Dabei werden die Aktienkurse der relevanten Unternehmen (in der M&A-Forschung bspw. das akquirierende oder das Zielunternehmen) betrachtet. Wird nun eine neue Information bekannt gegeben (zB die Ankündigung einer M&A-Transaktion), geht die Ereignisstudie davon aus, dass die KapitalmarktteilnehmerInnen diese Information verarbeiten, ihre subjektiven Erwar-tungen an die künftigen Cashflows, welche mit der Aktie verbunden sind, adjustieren und ggf.

Kauf- bzw. Verkaufsentscheidungen treffen. Diese Entscheidungen spiegeln sich anschlie-ßend im Aktienkurs wider. In Abbildung 6 zeigt sich diese Überlegung grafisch, wo ein Unter-nehmen vor der neuen Informationen einen alten Gleichgewichtskurs aufweist (p0). Die neue Information wird zwischen dem Zeitpunkt t0 und dem Zeitpunkt t1 von den MarktteilnehmerIn-nen verarbeitet, wo sich alsdann ein neuer Gleichgewichtskurs einstellt (p1). Ist der Gleichge-wichtskurs in t1 größer als in t0, so wurde die Information positiv von den AnlegerInnen

wahr-genommen, man spricht von positiven (kumulierten) Überrenditen. Gleichermaßen ist ein Er-eignis als negativ zu betrachten, wenn der neue Gleichgewichtskurs niedriger als der alte Gleichgewichtskurs ist.150

Zugrunde liegt diesen Überlegungen die Annahme eines rationalen Verhaltens am Kapital-markt, wodurch sich in Folge der Einfluss eines Ereignisses sofort im Aktienkurs widerspiegeln sollte. Sie beruht damit auf der Prämisse einer halb-strengen Informationseffizienz der Kapi-talmärkte,151 was durchaus immer wieder als größter Kritikpunkt an der Ereignisstudie moniert wird.152

Problematisch an dieser Methode ist auch die Definition des Untersuchungszeitraumes (des Ereignisfensters/Event Windows), dh. wie lange der in Abbildung 6 dargestellte Zeitraum zwi-schen t0 und t1 ist, welchen man in den empirizwi-schen Studien heranzieht/definiert. Ist der Zeit-raum nur sehr kurz (wenige Stunden oder Tage) spricht man von kurzfristigen Ereignisstudien, welche dahingehend benachteiligt sein können, dass der Kapitalmarkt die Information mög-licherweise noch nicht vollständig berücksichtigt hat und der neue Gleichgewichtspreis noch nicht erreicht wurde. Langfristige Ereignisstudien betrachten die Reaktionen des Kapitalmark-tes über mehrere Monate oder Jahre hinweg, sind aber mit dem Problem konfrontiert, dass andere Informationen (confounding events) den Aktienkurs beeinflussen und ein direkter Rückschluss auf die ursprüngliche Information (zB die Ankündigung einer M&A-Transaktion) nicht mehr eindeutig möglich ist.153154 Kritisch kann auch angemerkt werden, dass mit kapital-marktbasierten Studien ausschließlich börsennotierte Unternehmen untersucht werden kön-nen, womit ein Großteil der Unternehmenslandschaft ausgeschlossen wird.155 Zusätzlich dazu ist (insbesondere bei langfristigen Studien) die Wahl des Benchmarks schwierig und häufig mit methodischen Problemen konfrontiert.156 Schließlich gilt es auch noch mit dem Problem

150 Vgl. Glaum/Hutzschenreuter, 2010, 96 ff.; Wirtz, 2017, 418 ff.; Bruner, 2002, 49 f.; Campbell/Lo/MacKinlay, 1997, 149 ff.; Ravenscraft/Scherer, 1987, 5 ff.; Göthlich, 2009, 119 ff.; McWilliams/Siegel, 1997, 626 ff.

uvam.

151 Vgl. Oler/Harrison/Allen, 2008, 152. Zur Informationseffizienz der Kapitalmärkte siehe Fußnote 113.

152 Vgl. Glaum/Hutzschenreuter, 2010, 99; Bruner, 2002, 51; Ravenscraft/Scherer, 1987, 8; McWilliams/Siegel, 1997, 630; Martynova/Renneboog, 2008a, 2153.

153 Vgl. Wirtz, 2017, 419; Bruner, 2002, 51; Göthlich, 2009, 470 ff.

Von daher ist es insbesondere bei Ereignisstudien wichtig, dass die Stichprobengröße ausreichend groß ist (vgl. Bruner, 2002, 51).

154 Auch Veränderungen gesamtwirtschaftlicher Faktoren beeinflussen einen individuellen Aktienkurs, werden aber sowohl bei kurzfristigen als auch langfristigen Ereignisstudien üblicherweise durch Berücksichtigung eines Benchmarks (zB eines Aktienindex) eliminiert. Details dazu in den Kapiteln 6.4.1 und 6.4.2.

155 Vgl. Papadakis/Thanos, 2010, 861.

156 Vgl. Barber/Lyon, 1997, 341 ff.

zugehen, dass insbesondere bei kleineren Unternehmen ‚thin trading', also ein geringes Han-delsvolumina eines Wertpapieres die Analyse von Kapitalmarktreaktionen erschwert.157 Posi-tiv an kapitalmarktbasierten Performance-Studien ist, dass ihr Blick durch Verwendung des Aktienkurses eines Unternehmens zukunftsgerichtet ist.158 Auch die Möglichkeit relativ rasch (aufgrund der sofortigen bzw. schnellen Reaktion des Kapitalmarktes) den Erfolg messen zu können,159 sowie die leichte Verfügbarkeit der Daten gehören zu den Vorzügen dieser Me-thode.160 Schließlich kann auch ihre höhere Objektivität ggü. anderen Methoden als Vorteil gewertet werden.161

Eine andere, in der M&A-Forschung seltenere Variante kapitalmarktbasierter Performance-Studien sind Tobin’s-Q-Untersuchungen.162 Das Tobin’s Q ist eine von Tobin/Brainard (1976) propagierte Bewertungskennzahl. Sie setzt den Marktwert der Aktiva eines Unterneh-mens in Relation zu den Wiederbeschaffungskosten selbiger. Ist der Quotient größer 1, ist das ein Hinweis darauf, dass das Unternehmen seine Aktiva effizient einsetzt und Überrenditen erwirtschaftet. Der Kapitalmarkt berücksichtigt dabei den Wert des immateriellen Vermögens (zB Marktmacht, Qualität des Managements, etc.) und daraus resultierende hohe Cashflows in der Zukunft positiv. Im Gegensatz dazu würde ein Tobin’s Q kleiner 1 bedeuten, dass ein Unternehmen seine Vermögenswerte nicht effizient einsetzt. Problematisch an der genannten Ermittlungsmethode des Tobin’s Q ist, dass die relevanten Werte nicht oder nur äußerst schwierig zu beschaffen sind, weshalb zumeist eine Herangehensweise von der Passiva be-vorzugt wird, indem der Marktwert von Eigen- und Fremdkapital durch den Buchwert selbiger Positionen dividiert wird. Nachdem der Marktwert des Fremdkapitals häufig nicht zur Verfü-gung steht, greift man oftmals hilfsweise auf den Buchwert des Fremdkapitals zurück. Die Höhe des Tobin’s Q (zB im Vorher-Nachher-Vergleich) kann Aufschluss darüber geben, ob eine M&A-Transaktion erfolgreich ist, ob also die AnlegerInnen bspw. die Meinung teilen, dass durch eine M&A-Transaktion erfolgreich Synergien erreicht werden können.163

Auch die Untersuchung von Akquisitionsprämien ist eine Möglichkeit den kapitalmarktba-sierten M&A-Erfolg zu messen, indem der Kaufpreis einer Aktie des Zielunternehmens mit dessen Börsenkurs vor der M&A-Transaktion in Relation gesetzt wird. Je höher diese Prämie,

157 Vgl. Anderson, 2012, 1 ff.; Maynes/Rumsey, 1993, 145 ff.

Eine ausführliche Diskussion möglicher Probleme kapitalmarktbasierter Studien findet sich bei Eisenbarth, 2013, 227 ff.

158 Vgl. Bruner, 2002, 50.

159 Vgl. Campbell/Lo/MacKinlay, 1997, 149.

160 Vgl. Campa/Hernando, 2004, 49.

161 Vgl. Goerke, 2009, 467.

162 Vgl. Glaum/Hutzschenreuter, 2010, 99 f.

163 Vgl. Damodaran, 2012, 533 ff.; Mondello, 2017, 495 ff.; Glaum/Hutzschenreuter, 2010, 99 f.; Tobin/Brainard, 1976, 2 f.

umso stärker profitiert der/die VerkäuferIn und umso mehr bezahlen muss das akquirierende Unternehmen.164 Die Akquisitionsprämie sagt allerdings per Definition nur etwas über den in-dividuell realisierten Preis aus und gibt dahingehend Auskunft über die Erwartungen des ak-quirierenden Unternehmens hinsichtlich der Potentiale des Zielunternehmens in Relation zu den Markterwartungen. M&A-Erfolg kann somit, nach Meinung des Autors, nur bedingt gemes-sen werden. So muss eine hohe Akquisitionsprämie nicht zwangsweise bedeuten, dass die M&A-Transaktion für das akquirierende Unternehmen nachteilig ist; beispielhaft könnte es so eine Technologie erlangen, welche ihr erlaubt ihre operative Performance deutlich zu verbes-sern.165 Auch in der finanzwirtschaftlichen Forschung wird die Akquisitionsprämie aus dem genannten Grund selten in der Erfolgsmessung eingesetzt und häufiger dafür herangezogen um M&A-Motive zu verifizieren/falsifizieren bzw. versucht sie als Determinante des M&A-Er-folgs einzusetzen.166

Kapitalmarktbasierte Performance-Studien über Mergers & Acquisitions gibt es in unglaublich großer Anzahl. Einige AutorInnen haben bereits versucht in der Studienvielfalt einen Über-blick über die Ergebnisse zu erhalten und Tendenzen zu erkennen. Die Ergebnisse dieser Meta-Studien und narrativen Überblicksstudien sind in Tabelle 1 dargestellt.167168

164 Vgl. Haleblian et al., 2009, 485 ff.

165 Die höchsten Akquisitionsprämien werden in der High-Tech-Branche bezahlt (vgl. Laamanen, 2007, 1359).

166 Vgl. insbesondere Sirower, 1997, 18 ff.; Laamanen, 2007, 1359 ff.; Hayward/Hambrick, 1997, 103 ff.

167 Aufgrund der unüberschaubaren Anzahl an Forschungsarbeiten zu Mergers & Acquisitions kann hier keine vollständige Auflistung von Einzelstudien erfolgen. Aus diesem Grund wird weitestgehend auf Meta-Analy-sen und Überblicksarbeiten narrativ darstellender Art zurückgegriffen.

168 Arbeiten aus dem vorigen Jahrtausend, die mehrere Studien vergleichen und versuchen Trends zu erken-nen oder auch Meta-Analysen durchführen, werden hier (bzw. auch bei den anderen Erfolgsmessmetho-den), auch wenn sie in der Literatur noch häufig zitiert werden, aufgrund ihres Alters und damit fehlender Aktualität nicht mehr berücksichtigt. Dazu gehören bspw. die häufig zitierten Arbeiten von Datta/Pin-ches/Narayanan, 1992, 67 ff., Jensen/Ruback, 1983, 5 ff. oder Weidenbaum/Vogt, 1987, 157 ff.

Studie169 Anzahl analysierter Einzelstudien170

Zielunter-nehmen

Akquirierendes Unternehmen

Agrawal/Jaffe (2000) 22171

Tichy (2001) 46172

Bruner (2002) 65173 + + ↔ – 174

Campa/Hernando (2004) 34 + + ↔ – 175

King et al. (2004) 93176 + – 177

Weston/Mitchell/Mulherin (2004) 19 +

Tuch/O'Sullivan (2007) 30178 ↔ –

Martynova/Renneboog (2008a) 65 + + ↔ – 179

Haleblian et al. (2009) 16180 + ↔ –

Dutta/Saadi (2011) k. A. + + ↔ – 181

Ismail/Abdou/Annis (2011) 9 + ↔ – + ↔ – 182

Das/Kapil (2012) 46 + +

Brunner (2012) 30 + ↔ –

Drees (2014) 204183

Meckl/Röhrle (2016) 33184

Yaghoubi et al. (2016b) 75185 + ↔ – 186

+ = Tendenziell ist eine Wertsteigerung im Rahmen von M&A-Transaktionen zu beobachten – = Tendenziell ist eine Wertsenkung im Rahmen von M&A-Transaktionen zu beobachten

↔ = Tendenziell werden keine Überrenditen (positiv oder negativ) erreicht

Tabelle 1: Erkenntnisse von Meta-Studien und narrativen Überblicksstudien zur M&A-Perfor-mance auf der Basis von kapitalmarktbasierten PerforM&A-Perfor-mance-Studien

169 Darstellung in chronologischer Reihenfolge auf Basis des Publikationsjahres.

170 Im Regelfall unterscheiden die hier genannten Arbeiten nicht separat zwischen kurz- und langfristigen Stu-dien. Wenn dies aber doch geschieht, so folgt hier eine Information diesbezüglich in der Fußnote.

171 Es handelt sich um eine Analyse langfristiger Ereignisstudien.

172 Es werden ausschließlich langfristige Studien untersucht.

173 21 Studien betrachten das Zielunternehmen, 44 Studien das akquirierende Unternehmen.

174 Etwa ein Drittel der betrachteten Studien beobachtet eine Wertvernichtung durch Mergers & Acquisitions, ein weiteres Drittel eine Wertgenerierung und das letzte Drittel der analysierten Arbeiten eine Wertbeibehal-tung (dh. nicht signifikante Ergebnisse). Dabei bringen seinen Erkenntnissen zufolge ältere Studien eher positive Ergebnisse zutage, jüngere Studien tendenziell negative Ergebnisse.

175 Dabei stellen die Autoren fest, dass die Performance bei längerfristigen Studien tendenziell schlechter ist.

176 Es handelt sich um eine Meta-Studie.

177 King et al., 2004, 192 zeigen in ihrer Meta-Analyse mit Daten aus 33 Studien, dass am Tag der Ankündigung signifikant positive abnormale Renditen erreicht werden, diese aber innerhalb weniger Tage verschwinden und ab 180 Tage nach der Ankündigung durchschnittlich negative abnormale Renditen erreicht werden.

King et al., 2004, 196 schließen ihre Analyse mit den Worten „Thus, after decades of research the over-whelming conclusion must be that M&A activity, on average, does not positively contribute to an acquiring firm’s performance.”

178 Die Autoren untersuchen dabei 14 langfristige und 16 kurzfristige Ereignisstudien.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Zielunternehmen von einer M&A-Transaktion tendenziell profitiert. Ob M&A-M&A-Transaktionen für das akquirierende Unternehmen allerdings (bei Betrachtung des Kapitalmarktes) wertschaffend, werterhaltend oder wertredu-zierend sind, kann auf Basis der bestehenden empirischen Literatur nicht gesagt werden, zu groß sind die Differenzen zwischen den Ergebnissen der Studien.

Interessant ist allerdings, dass es Indizien dafür gibt, dass Abweichungen zwischen den un-tersuchten Weltregionen bestehen. Tuch/O'Sullivan (2007) erkennen beispielsweise Unter-schiede zwischen Studien über den US-amerikanischen Raum sowie dem Vereinigten König-reich (in welcher Mergers & Acquisitions tendenziell negativ performen) und Studien aus an-deren Weltregionen, bei welchen tendenziell positivere Ergebnisse zu beobachten sind.

Gleichermaßen erkennen sie, dass langfristige kapitalmarktbasierte Studien zumeist eine ne-gative Performance aufweisen.187 Auch Dutta/Saadi (2011) beobachten in den bestehenden Studien einen Unterschied zwischen US-amerikanischen akquirierenden Unternehmen (keine oder negative abnormale Renditen) und jenen, welche ihren Sitz in anderen Regionen der Welt haben (positive abnormale Renditen).188189