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4. Ergebnisse und Diskussion

4.4 Bestandteile des unlöslichen Rückstands

4.4.5 Phyllosilikate

4.4.5.5 Kaolinit

Kaolinit (Al2 [Si2O5(OH)4]) ist ein Zweischichtsilikat und besitzt außer Si4+ und Al3+ keine struk-turell gebundenen Kationen. Es entsteht vorzugsweise bei der Zersetzung feldspatführender Si-likate bzw. unter dem Einfluß saurer Lösungen und tritt als Verwitterungsprodukt in der subtro-pisch-humiden Klimazone auf (SCHEFFER & SCHACHTSCHABEL 1989). Nach KÖSTER (1993) variiert der mittlere Teilchendurchmesser von Kaoliniten zwischen 0,5 und 4µm. Kaolinite kom-men daher vor allem in der Mittel- und Grobtonfraktion vor (> 0,2 µm). Aufgrund ihrer hohen Kristallinität erzeugen sie deutliche Röntgenreflexe. Bei höheren Gehalten in der Tonfraktion sind Kaolinite häufig auch in der Siltfraktion nachweisbar.

Da in einem großen Teil der untersuchten Rückstandsproben auch Chlorite vorkommen, wurde Kaolinit im Rahmen der Analysen mittels Dimethylsulfoxid (DMSO) bzw. Formamid nachge-wiesen (MACEWAN & WILSON 1980; s. Kap. 3.2.5). Durch die Behandlung mit DMSO konnte nach 30 Tagen noch keine vollständige Aufweitung der Kaolinitschichten erzeugt werden. An-statt des normalerweise bei d = 11,2 Å erscheinenden diagnostischen DMSO-Reflexes (vgl.

MOORE & REYNOLDS 1997) wurde lediglich eine Verlagerung der (001)-Interferenz auf d=

7,58 Å beobachtet (Abb. 4.20). Dies deutet auf eine sehr langsam ablaufende bzw. nicht voll-ständig beendete Einlagerungsreaktion hin (s. Kap. 3.2.5). Durch die Behandlung mit Formamid konnte dagegen nach einer Reaktionszeit von 60 Tagen eine vollständige Expansion der Kaolinitschichten erreicht werden, was anhand des u.a. von CHURCHMAN et al. (1984) und THENG

et al. (1984) beschriebenen Reflexes bei d = 10,1 Å zu erkennen ist (Abb. 4.21).

Aufgrund der diffraktometrischen Pulveraufnahmen handelt es sich bei dem nachgewiesenen 7Å-T onmineral um einen Kaolinit mit verzerrter 1 M-Struktur (JCPDS/PDF Nr. 6-0221:

Kaolinite, 1 Md), wobei in mehreren Proben die charakteristischen (202

-)-, (131

-)- und (131-)-

(131)-Reflexe bei d= 2,34 und 2,29 Å beobachtet werden konnten ( BAILEY 1980). Für den (060)-Reflex wurde ein d-Wert von 1,49 Å gemessen. Es ergaben sich keine Hinweise auf die Existenz von Dickit, Nakrit oder Halloysit (s.a. MOORE & REYNOLDS 1997).

Von den untersuchten Profilen tritt Kaolinit am häufigsten in der Kernbohrung Obernsees auf.

Das Mineral wurde in nahezu allen Präparaten der Tonfraktion nachgewiesen. Da Chlorite hier nur sehr vereinzelt vorkommen, kann Kaolinit anhand seines ersten Basisreflexes bei d = 7,1Å eindeutig identifiziert werden (s. Abb. 4.22, vgl. Kap. 3.2.5). Im Muschelsandstein (OS 796,80 - 801,00), in den Mittleren Mergeln (OS 788,30, OS 778,40) sowie im Übergangsbereich Mitt-lere Mergel/Unterer Wellenkalk (OS 764,00 - 768,30) wurden die höchsten Reflexintensitäten

Abb. 4.20: Unvollständige Aufweitung der Kaolinitschichten durch Einlagerung von DMSO-Molekülen,eine Expansion aller Schichten wird erst bei einem Versatz des (001)-Reflexes nach d = 11,2 Å erreicht.

0

Abb. 4.21: Vollständige Aufweitung der Kaolinitschichten durch Einlagerung von Formamid-Molekülen,die Intercalationsreaktion wird durch die Verlagerung des (001)-Reflexes auf d = 10,1 Å angezeigt.

gemessen. Im oberen Teil der Abfolge läßt sich dagegen ein merklicher Rückgang feststellen (Wellenkalk und orbicularis-Schichten). Im Mittleren Muschelkalk liegen die Gehalte im Be-reich der Nachweisgrenze (Abb. 4.22). Diese Beobachtungen lassen sich auch anhand der Pulver-präparate der Siltfraktion nachvollziehen.

OS 739,00 OS 801,50

Illit (001)

Kaolinit

Chlorit (001)

Illit (002)

(002) Chlorit (004) (001)

Chlorit (002)

Illit (003)

mm

Liegende Deckbänke Untere Mergel

Mittlere Mergel Schiefertonfolge Mittlere Mergel Unterer Wellenkalk Oberer Wellenkalk Orbicularisschichten

so

°[2ϑ]

5 30

Abb. 4.22: Kaolinit in der Tonfraktion des unlöslichen Rückstands der Forschungsbohrung Obernsees.

In den entlang der NNE-SSW-streichenden Beckenachse gelegenen Bohrprofilen Lengfurt, Pforz-heim sowie Ühlingen und Waldshut sind die Kaolinitgehalte sehr gering. Das Mineral läßt sich außer in wenigen Proben der Bohrung Pforzheim kaum nachweisen. Auch nach den Untersu-chungen von TRUCKENBRODT (1976) ist das Auftreten größerer Mengen Kaolinit auf die Rand-fazies beschränkt. In der Bohrung Wollau 2 (Oberpfälzer Bucht, NE-Bayern) wurden anhand von 4 Proben (W1 - W4) Kaolinitgehalte zwischen 9 und 40 % gemessen (Fraktion 0,6 - 2µm, TRUCKENBRODT 1976). STARKE (1970) beschreibt die Existenz von Kaolinit auch aus einigen Proben des Unteren Muschelkalks von Ost-Brandenburg (Beckenfazies). In dem von LIPPMANN

& BERTHOLD (1992) bearbeiteten Profil (Geislingen am Kocher, Beckenfazies) konnten keine Kaolinite nachgewiesen werden.

Von SCHWARZ (1975 u. 1977) werden bezüglich des Auftretens der Tonminerale Kaolinit und Chlorit in der Kernbohrung Mersch widersprüchliche Angaben gemacht. Nach SCHWARZ (1975, Seite 1) besteht die säureunlösliche Tonfraktion der Bohrung Mersch aus „Kaolinit, Illit und Chlorit“, nach SCHWARZ (1977, Seite 44) dagegen „überwiegend aus Illit und Kaolinit“.

Im Gegensatz dazu konnte nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit im Unteren Muschel-kalk der Kernbohrung Mersch kein Kaolinit nachgewiesen werden (durchschnittlicher Beprobungsabstand: 1,15 m). In keinem analysierten Texturpräparat konnte die Winkellage des 7 Å-Reflexes durch die Behandlung mit DMSO oder Formamid (s.o.) beeinflußt werden. Auch durch Erhitzen auf 550 °C (Zerstörung der Kaolinitstruktur) konnte keine merkliche

Schwä-chung des 7 Å-Peaks herbeigeführt werden. Dagegen belegen die deutlichen Reflexe bei 14 Å außergewöhnlich hohe Chlorit-Konzentrationen (Abb. 4.23). Die hohe Intensität der geradzah-ligen Basisreflexe (002, 004, etc.) ist hierbei auf den erhöhten Eisengehalt der Chlorite zurück-zuführen (BROWN & BRINDLEY 1980, MOORE & REYNOLDS 1997).

In Anbetracht der exponierten Randlage der Bohrung Mersch und der großen Nähe zu potentiel-len Kaolinit-Liefergebieten (Ardennisches Hochgebiet, London-Brabant-Massiv, etc.) kann das Fehlen von Kaolinit nur durch eine sekundäre Umwandlung in Chlorit oder Illit erklärt werden.

Der primäre Eintrag von detritischen Kaoliniten kann analog zum östlichen Beckenrand (Boh-rung Obernsees) auch für die westliche Randfazies angenommen werden (Kap. 4.4.5.5).

Authigen entstandene Kaolinite sind vor allem aus Sandsteinen bekannt. Da ihre Entstehung ein saures Milieu voraussetzt, können sie nicht marin gebildet werden (MILLOT 1964). In Kalkstei-nen erscheint eine sekundäre Entstehung unter dem Einfluß von ioKalkstei-nenreichen alkalischen Poren-lösungen unwahrscheinlich (s.a. BAUSCH 1980). Die Zirkulation saurer Fluide wird hier durch die Pufferwirkung der Karbonate wirksam verhindert (Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht).

Für eine detritische Herkunft der Kaolinite des Untern Muschelkalks spricht vor allem die Tat-sache, daß sie in höherer Konzentration in der randnahe gelegenen Bohrung Obernsees auftre-ten, in den Profilen der Beckenfazies jedoch weitgehend fehlen. Aufgrund ihres vergleichs-weiße großen Teilchendurchmessers (s.o.) ist eine Akkumulation im Küstenbereich zu erwar-ten. Der Rückgang der Gehalte im Mittleren Muschelkalk deutet auf die abnehmende Stabilität dieser Minerale im salinaren Milieu hin.