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4. Ergebnisse und Diskussion

4.7 Geochemische Untersuchungsergebnisse

4.7.2.1 Bor als Indikator der Paläosalinität

Bor gilt als marines Leitelement und erfüllt weitgehend die Anforderungen an einen geochemi-schen Faziesindikator. Unter entsprechenden Voraussetzungen kann es zur Rekonstruktion von Paläosalinitätsschwankungen verwendet werden. Auf den Zusammenhang zwischen der Salinität des Meerwassers und der Bor-Konzentration mariner Tone wurde erstmals von GOLDSCHMIDT

& PETERS (1932) hingewiesen. Die Autoren nahmen an, daß die erhöhten Borgehalte von Meeres-sedimenten auf eine Adsorption von Borat-Ionen zurückzuführen sei (s.a. LANDERGREN 1945), und bezeichneten Bor als ein thalassophiles Element. GOLDBERG & ARRHENIUS (1958) stellten fest, daß der Borgehalt der Tonfraktion nicht ausgewaschen werden kann, und daß somit ein Großteil des Bors fest an die Tonminerale gebunden sein muß. Diese Beobachtung wurde durch die experimentellen Untersuchungen von HARDER (1959) und FREDERICKSON & REYNOLDS

(1960) bestätigt. Untersuchungen zum Borgehalt von Illiten wurden in neuerer Zeit u.a. von GOLDBERG & GLAUBIG (1986), BEAUCHAMP (1990), STARKE (1991) und BEAUCHAMP et al.

(1995) durchgeführt.

[%] A B C D

SiO2 55,1 53,6 48,4 49,9

Al2O3 22,5 21,7 21,6 24,2

Fe2O3 5,28 2,87 4,11 4,74

Na2O 0,08 k.A. 0,17 0,23

K2O 8,04 7,08 7,32 8,12

CaO 0,02 k.A. 0,53 0,79

MgO 2,80 k.A. 3,23 3,08

TiO2 0,63 0,81 0,85 0,61

(k.A. = keine Angabe)

Nach WEDEPOHL (1984) enthält die obere kontinentale Kruste im Durchschnitt 10 ppm Bor. Die von VINOGRADOV (1962) und TAYLOR & MCLENNAN (1981) angegebenen CLARKE-Werte lie-gen mit 12ppm und 10 ppm in ver gleichbarer Höhe. In primären Gesteinen kommt das Element hauptsächlich im Borosilikat Turmalin (ca. 10 % B), in Glimmern sowie zum Teil auch in Ser-pentinen vor (GREW 1996). Turmalin tritt in der säureunlöslichen Tonfraktion des Unteren Mu-schelkalks nicht auf. In magmatischen und metamorphen Gesteinen enthalten Muskovite im Vergleich zu Biotiten wesentlich mehr Bor (SAUERER & TROLL 1990, PEREIRA & SHAW 1996).

Tabelle 4.5 zeigt einen Überblick über den durchschnittlichen Borgehalt verschiedener Gestei-ne.

Tab. 4.5: Mittlerer Borgehalt von verschiedenen Gesteinstypen (nach WEDEPOHL 1984, Angaben in ppm):

Basalt/Gabbro 5 B [ppm]

Gneis/

Glimmerschiefer 9

Tonstein 100 Granit

9 Ultrabasite

3

Sandstein Kalkstein

35 20

Im Zuge der Verwitterung wird Bor in Form leicht löslicher Borsäure H3BO3 (bzw. B(OH)3) mobilisiert und über den Oberflächenabfluß ins Sedimentationsbecken transportiert. Die durch-schnittliche Borkonzentration von Fließgewässern beträgt ca. 10 µg/l (SCHEFFER & SCHACHT

-SCHABEL 1989). Im Vergleich dazu ist der mittlere Borgehalt von Meerwasser bei normaler Salinität (35‰) relativ hoch (4,5 mg/l, SEIM & TISCHENDORF 1990). Durch seine hohe Löslich-keit wird Bor mit zunehmendem Salzgehalt im Meerwasser angereichert und fällt erst im letzten Eindampfungsabschnitt u.a. in Form von Boracit aus (z.B. Zechstein 2 u. 3, MÜLLER 1988). In den Salzlagerstätten arider Gebiete kommt das Element auch als Na-, Mg- oder Ca-Borat vor.

Beim Eintritt ins marine Environment liegt Bor zunächst als undissoziiertes B(OH)30 vor und wird im alkalischen Milieu als B(OH)4- an die subaquatischen Sedimente adsorbiert. Die Adsorptionsneigung steigt mit zunehmendem pH-Wert stark an und erreicht zwischen pH 9,0 und 9,7 ihr Maximum (KEREN & MEZUMAN 1981). Bor wird dabei vorwiegend an Tonminerale und organische Substanzen sowie an Fe- und Al-Oxide gebunden. Das Phyllosilikat Illit besitzt dabei mit Abstand die höchste Adsorptionskapazität (HENRY & DUTROV 1996). Illit-Smektite können ebenfalls Bor adsorbieren. Durch Chlorit, Kaolinit und Montmorillonit wird dagegen ein vergleichsweise geringer Anteil fixiert (STARKE 1991, LEEMAN & SISSON 1996). Der selek-tive Einbau von Bor in Illite sowie in sericitische Verwitterungsprodukte wurde u.a. auch von COUCH & GRIM (1968) und MACKIN (1987) nachgewiesen.

Nach spezifischer Adsorption an die dioktaedrische 2:1-Schichtstruktur des Illits wird Bor in die äußeren Tetraederschichten des Kristallgitters eingebaut und kann als B3+ sowohl Al3+ als auch Si4+ ersetzen (HARDER 1970, SHEARER & PAPIKE 1986, LIANG et al. 1995). Die Kationenbelegung hat hierbei nach KEREN & O’CONNOR (1982) nur einen geringen Einfluß auf die Boradsorption.

Durch den Einbau in die Phyllosilikatstruktur wird der silikatisch gebundene Anteil des Bors immobil und kann auch bei sinkender Konzentration nur sehr schwer wieder in die Lösung überführt werden.

Gegen eine ausschließlich adsorptive Bindung von Bor spricht vor allem die Tatsache, daß sich auch nach langer Verweilzeit in hochkonzentrierter Borsäure- oder Natriumtetraborat-Lösung kein Gleichgewicht einstellt (HARDER 1961 u. 1963). Bei einer Adsorption wäre dagegen nach kurzer Zeit mit einer vollständigen Belegung der Tonmineral-Grenzflächen zu rechnen. Auch der von vielen Autoren beobachtete Anstieg der Bor-Aufnahme mit der Temperatur widerspricht einem reinen Adsorptionsprozeß.

Die Menge des inkorporierten Bors ist außer von der Salinität des Meerwassers von weiteren geochemischen Faktoren sowie von der Illitkristallinität abhängig (PORRENGA 1967, COUCH

1971, WOLF & CHILINGARIAN 1976). Aufgrund höherer Defektdichte und randlicher Aufweitung sind besonders Illite mit geringer Kristallinität in der Lage, größere Mengen von Bor zu binden.

Dieses Phänomen wird von FAIRCHILD et al. (1988) mit Hilfe des sog. „core-rind“-Modells beschrieben, nach dem Illitkristalle aus einen strukturell kohärenten Kern („silicate core“) und einen strukturell inkohärenten Rand („frayed rind“) bestehen (s.a. GAUDETTE et al. 1966). Da sich diese Zonierung mit zunehmender Kristallinität zugunsten des kohärenten Kernbereichs verschiebt, können gut kristallisierte Illite im Vergleich weniger Bor aufnehmen.

Der Einbau von Bor in Illite verläuft parallel zur spezifischen Fixierung des Elements Kalium, welches im pseudohexagonalen Ring der Tetraeder-Zwischenschicht gebunden wird. WALKER

(1981) schlägt daher vor, das B/K2O-Verhältnis zur geochemischen Faziesanalyse zu verwen-den („adjusted boron“, s.a. WALKER & PRICE 1963). Dies setzt jedoch voraus, daß der gemes-sene Kaliumgehalt der Tonfaktion ausschließlich der Mineralphase Illit zugeordnet werden kann und nicht durch vorhandene Fremdphasen beeinflußt wird (z.B. Orthoklas, Albit, etc.).

Schwankungen der Bor- und Kaliumkonzentration in den karbonischen Tongesteinen der Yoredale Formation (Nordengland) wurden von WALKER (1981) in erster Linie auf die unterschiedliche Korngrößenverteilung in der Tonfraktion sowie auf den unterschiedlichen Verwitterungsgrad der Proben zurückgeführt. Diese Faktoren können für das analysierte Probenkollektiv (Profile Pforzheim, Ühlingen und Waldshut) weitgehend ausgeschlossen werden.

Auf der Grundlage von Borgehaltsmessung wurde in der Vergangenheit häufig versucht, ein allgemeingültiges Klassifikationsschema zur Unterscheidung limnischer und mariner Sedimen-te aufzusSedimen-tellen (ERNST 1963, SHIMP et al. 1969). Dieser Versuch scheiterte jedoch an der Tatsa-che, daß der Einbau von Bor in Illite kumulativ verläuft. Ein großer Teil der Sedimentgesteine wurde im Verlauf der Erdgeschichte mehrmals erodiert und resedimentiert, so daß sich der rezente Borgehalt der Illite aus der ursprünglichen Primärkonzentration und der Summe der danach erworbenen Borgehalte zusammensetzt. Die Aussage, daß Süßwassersedimente in der Regel <

50 mg/kg und marine Sedimente > 80 mg/kg Bor enthalten, ist somit an die Voraussetzung gebunden, daß nur ein sedimentärer Zyklus durchlaufen wurde. Auch HELING (1988) gibt zu bedenken, daß die Signifikanz von Bor als Faziesindikator dadurch herabgesetzt wird, daß der Borgehalt im Verlauf der chemischen Verwitterung nicht gelöscht wird.

Andererseits ermöglicht gerade die feste silikatische Bindung des Bors die Erhaltung von faziellen Informationen über geologische Zeiträume hinweg. Diese Feststellung deckt sich auch mit den Untersuchungen HARDERs (1961), der in pleistozänen Tonhorizonten, die durch Umlagerung

älterer Röttone sedimentiert wurden, Borgehalte zwischen 300 und 500 mg/kg feststellte. Nach den Untersuchungen von QUEST (1985) ist dagegen im warm-humiden Klimabereich eine Lö-schung der ererbten Borgehalte nicht generell auszuschließen (s.a. BOHOR & GLUSKOTER 1973, FAIRCHILD et al. 1988).

Nach GREW (1996) ist im Verlauf der Diagenese nicht mit Konzentrationsverlusten zu rechnen, da auch borhaltige Muskovite unter erhöhten p-T-Bedingungen stabil sind. Bor-Muskovit (KAl2[BSi3O10](OH)2) wurde z.B. von STUBICAN & ROY (1962) bei 2 kbar und 500 °C synthe-tisiert. Nach WERDING & SCHREYER (1996) ist über die Wechselwirkung borhaltiger Hellglimmer mit koexistierenden Fluidphasen relativ wenig bekannt. HENRY & DUTROW (1996) geben für Pelite/Psammite im Stadium der Diagenese bzw. niedriggradigen Metamorphose bezüglich des relativen Borgehalts der Minerale das folgende Schema an:

Turmalin >> Illit > Muskovit > Montmorillonit > Albit > Kaolinit, Chlorit, K-Feldspat, Quarz Für Karbonatsedimente (niedriggradige Metamorphose) wird die folgende Konzentrationsreihe angegeben (HENRY & DUTROW 1996):

Turmalin >> Illit > Muskovit >> Aragonit > Calcit, Dolomit, Quarz

Bis in das Stadium der mittleren Metamorphose ist somit Illit nach Turmalin das zweitwichtigste Bormineral.