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4. Ergebnisse und Diskussion

4.4 Bestandteile des unlöslichen Rückstands

4.4.5 Phyllosilikate

4.4.5.4 Illit-Smektit

Als Illit-Smektite werden unregelmäßige, zum Teil auch nahezu geordnete Wechsellagerungen bezeichnet, die sowohl aus nicht quellfähigen Illitschichten als auch quellfähigen Smektitschichten bestehen (KÖSTER 1993). Ihr Ordnungsgrad und ihre chemische Zusammensetzung ist oft sehr unterschiedlich. Illit-Smektite besitzen eine geringe Korngröße und können bei Na+-Belegung der Zwischenschichtkationen in Wasser zu sog. fundamental particles zerfallen, die aus mehre-ren Silikatschichten bestehen können (vgl. NADEAU et al. 1984). In der Natur treten Illit-Smektite oft in Sedimentgesteinen auf. Sie werden auch als I/S-mixed-layer bzw. I/S-Wechsellagerungs-minerale bezeichnet (REYNOLDS 1980, KÖSTER 1993, MOORE & REYNOLDS 1997).

Im Unteren Muschelkalk kommen Illit-Smektite relativ häufig vor. Unter dem Rasterelektronen-mikroskop konnten sehr kleine, unregelmäßig begrenzte Blättchen identifiziert werden (Abb.

4.16). Im Kleinwinkelbereich der Illit-(001)-Reflexe ist oft eine asymmetrische Reflex-verbreiterung erkennbar, die durch Reflex-Modellierung aufgelöst werden kann. Da in keiner der Proben durch Glykolisieren ein scharfer Reflex bei ~ 17 Å erzeugt werden konnte, liegt der maximale Smektitanteil der I/S-Wechsellagerungen im Unteren Muschelkalk bei ca. 50 % (MOO

-RE & REYNOLDS 1997). In der Tonfraktion der analysierten Rückstandsproben ist der smektitische Anteil daher meist gering.

Es gibt kaum Hinweise auf die Existenz einer eigenständigen Smektitphase. Nach der Behand-lung mit Ethylenglykol konnte nur in sehr wenigen Proben ein schwacher Reflex bei ~17Å beobachtet werden (Abb. 4.17 c).

a

a

Abb. 4.16: Runde, unregelmäßig begrenzte Illit-Smektitblättchen, Größe: 0,2-0,5 µm, REM-Aufnahme der Probe PF 23,30 (1 Md-Polytyp, s. MOORE & REYNOLDS 1997).

Die Halbwertsbreite der Illit-(001)-Reflexe wird durch die Existenz von I/S-Wechsellagerungen stark beeinflußt. Abbildung 4.17 a - c zeigt charakteristische Reflexformen aus unterschiedli-chen Profilabschnitten.

Im Gegensatz dazu wird die Breite der Illit-(002)-Reflexe durch das Auftreten von Illit-Smektiten nicht beeinflußt. Der smektitische Anteil läßt sich somit über die Differenz der Halbwertsbreiten quantifizieren (KÖSTER 1993). Durch die Behandlung mit Ethylenglykol wird der Illit-(001)-Reflex auf seine normale Breite reduziert und repräsentiert dann den Anteil an nicht quellfähigem, reinem Illit (Abb. 4.17 d).

0

Abb. 4.17 a - d: Einfluß von I/S-Wechsellagerungsmineralen auf die Halbwertsbreite und Form der Illit-(001)-Reflexe, Beispiele aus dem Unteren und Mittleren Muschelkalk.

In Kapitel 4.6, Abbildung 4.30 a - c sind die gemessenen (001)- und (002)-Halbwertsbreiten für alle untersuchten Proben dargestellt. Beim Vergleich der Meßwerte zeigt sich, daß der quantita-tive Anteil der I/S-Wechsellagerungsstrukturen sowohl innerhalb der Abfolgen als auch von Profil zu Profil unterschiedlich ist. Dies kann auf die Tatsache zurückgeführt werden, daß Illit-Smektite sehr empfindlich auf diagenetische Einflußfaktoren reagieren.

Wie die Abbildung 4.29 a und b (Kap. 4.5.1) zeigt, kommen I/S-Wechsellagerungsminerale in der Kernbohrung Mersch nur in wenigen Proben vor, in den Bohrungen Ühlingen und Waldshut treten sie dagegen relativ häufig auf. Erhöhte I/S-Gehalte konnten im oberen Teil des Unteren Muschelkalks beobachtet werden (Profile Pforzheim, Ühlingen und Obernsees; Abb. 4.29 a, b).

Im Mittleren Muschelkalk zeigt z.B. die Probe OS 739,00 einen stark verbreiterten (001)-Reflex (Kap. 4.4.5.8, Abb. 4.28).

In den Bohrungen Pforzheim und Mersch besitzen die (001)-Reflexe dagegen über größere Schichtkomplexe hinweg eine annähernd gleichbleibende Halbwertsbreite und erlauben keine eindeutige Zuordnung zu bestimmten stratigraphischen Einheiten (Abb. 4.30 a).

In den Profilen Lengfurt, Pforzheim, Waldshut und Obernsees ist eine überproportionale Abnahme der (001)Halbwertsbreiten mit zunehmender Versenkungstiefe erkennbar (Abb. 4.30 a -c). Parallel dazu nimmt die Kristallinität der Illite zu (Verschmälerung der (002)-Reflexe). Dies weist auf eine kontinuierliche Umwandlung der smektitischen Anteile hin.

Nach INOUE et al. (1987 u. 1988) vollzieht sich dieser Umwandlungsprozeß über I/S-Wechsel-lagerungen mit immer illitreicheren Stapelfolgen bei gleichzeitiger Zunahme des Ordnungs-grads. Hierbei treten innerhalb von zwei Mischkristallsystemen (solid solutions) drei morpholo-gischen Formen mit unterschiedlicher Polytypie auf. Im Anfangsstadium existiert eine ungeord-nete I/S-Wechsellagerungsstruktur (Reichweite 0), deren quellfähiger Anteil zwischen 100 und 50 % variiert (Mischkristall 1). Im Verlauf der Illitisierung entwickelt sich hieraus eine zunächst teilweise, später vollständig geordnete I/S-Wechsellagerung (Mischkristall 2), wobei das End-stadium der Reaktion mit der Bildung von reinem Illit erreicht wird (quellfähiger Anteil < 5 %).

100 - 50% quellfähige Schichten 50 - 5% quellfähige Schichten Mischkristall 1 Mischkristall 2

1Md 1M 2M1

Illit-Reifung K -Fixierung+

Abb. 4.18: Two-solid-solution-Modell nach INOUE et al. (1987), aus MOORE & REYNOLDS (1997).

Innerhalb der ersten Mischkristallreihe treten runde Partikel mit unregelmäßig begrenzten Rän-dern auf (1 Md-Polytyp), die sich im Verlauf des Transformationsprozesses über leistenförmige Formen (1 M-Polytyp) zu hexagonalen Blättchen (2 M1-Polytyp) entwickeln (zweite Misch-kristallreihe). Nach INUOE et al. (1987) vollzieht sich die Umwandlung der Polytypen über eine fortschreitende Lösungs-Fällungsreaktion, die als Ostwaldscher-Reifungsprozeß angesehen werden kann (INOUE et al. 1988; vgl. Kap. 4.6.2).

Wie ein Vergleich der Abbildungen 4.15, 4.16 und 4.18 zeigt, treten diese drei morphologischen Erscheinungsformen (4.16: a und 4.15: b, c) auch in den unlöslichen Rückständen des Unteren Muschelkalks auf. Das Two-solid-solution-Modell scheint somit direkt auf die diffraktometrischen und rasterelektronenmikroskopischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit übertragbar zu sein.

Die diagenetische Entwicklung vom 1 Md- über den 1M- zum 2 M1-Polytyp wurde bereits von DUNOYER DE SEGONZAC (1970) beobachtet und ist im wesentlichen auf die zunehmende Temperaturstabilität innerhalb der Abfolge 1 Md → 1 M → 2 M zurückzuführen (YODER &

EUGSTER 1954, REYNOLDS 1963). Auch nach KÖSTER (1993) besitzen die aus Smektiten ent-standenen authigenen Illite primär die 1 M-Modifikation (s.a. HEIM 1990), aus der sich mit fortschreitender Diagenese ein 2 M1-Polytyp bildet.

Die auffallend geringe Häufigkeit der 1 M-Polytypie könnte unter diesem Aspekt möglicher-weise auf ein thermisches Ereignis bzw. auf einen hohen Reifungsgrad (fortgeschrittenes Um-wandlungsstadium) der Illite in den Schichten des Unteren Muschelkalks hinweisen. Die dia-genetische Bildung von leistenförmigen Illiten könnte hierbei durch eine vollständige Zementa-tion des Porenraums behindert worden sein.

Nach CHAMLEY (1989) vollzieht sich die Umwandlung der Illit-Smektite bei einem geothermi-schen Gradienten von 30 °C/km ab einer Versenkungstiefe von 2,5 - 3 km. Dagegen wird von VELDE (1995) eine Phasenumwandlung von Smektiten, die unter Oberflächenbedingungen ge-bildet wurden, bereits innerhalb der ersten 1 - 1,5 km angenommen.

2000

4000 1500

100 200

3000 0

Geothermischer Gradient: ~ 30 °C/km

SM

50% Illit

100% Illit

240 Alter [Ma]

Versenkungstiefe [m]

Maximales Sedimentationsalter Versenkungspfad des Unteren

Muschelkalks nach GENG (1995) Sedimentation

Versenkung Hebung

Reaktionsisograden der Smektit-Illit-Transformation

nach VELDE (1995)

98% Illit

Abb. 4.19: Reaktionsisograden der Smektit-Illit-Transformation nach Velde (1995). Es läßt sich ein maximaler smektitischer Anteil von 2% ablesen. In das Diagramm wurde der erdgeschichtliche Versenkungspfad des

Unteren Muschelkalks im Zentrum des Germanischen Beckens eingezeichnet (nach GENG 1995).

Gemäß den Reaktionsisograden des von VELDE (1995) angegebenen Modells (Abb. 4.19) müß-ten im Unteren Muschelkalk bei einem Gesteinsalter von max. 240 Ma bereits 98 % der I/S-Wechsellagerungsminerale in Illit umgewandelt worden sein. Ein Großteil der Illite wäre somit im Verlauf der Diagenese authigen aus der Umwandlung von Smektiten bzw. Illit-Smektiten entstanden. Das Zeit/Versenkungstiefe-Diagramm nach VELDE (1995) läßt hierbei jedoch den potentiellen Einfluß reaktionskinetischer Prozesse außer acht. Eine Umwandlung von

Illit-Smektiten sowie ein sekundäres Neuwachstum von authigenen Illiten könnte auch durch kaliumhaltige alkalische Fluide ausgelöst worden sein.

Nach WEAVER (1989) ist das Endstadium der Tonmineraldiagenese durch eine vollständige Um-wandlung der gesamten smektitischen Anteile in Illit und Quarz bzw. Illit, Chlorit und Quarz gekennzeichnet, welche häufig in paläozoischen Sedimenten beobachtet werden kann (sog. Illit/

Chlorit-Fazies). Auch nach CHAMLEY (1989) ist neben der maximalen Versenkungstiefe und der damit verbundenen thermischen Beanspruchung vor allem der Faktor Zeit von Bedeutung.

Im Gegensatz zu den beschriebenen Reaktionsmodellen wird der Nachweis authigener Illitphasen in der vorliegenden Bearbeitung durch die Ergebnisse der isotopischen Datierung erbracht (Kap.

4.8). Über die Entstehung von I/S-Wechsellagerungstrukturen und deren Verhalten den in ver-schiedenen geologischen Environments existieren in der Literatur unterschiedliche Auffassun-gen (s.a. CHAMLEY 1989). In diesem Zusammenhang sind neben dem Two-solid-solution-Mo-dell (INOUE et al. 1987 u. 1988) vor allem das Fundamental-Particle-Modell (NADEAU et al.

1984) sowie das MacEwan-Crystallite-Modell (S. ALTANER & BETHKE 1988) von Bedeutung (vgl. MOORE & REYNOLDS 1997).