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4. Ergebnisse und Diskussion

4.4 Bestandteile des unlöslichen Rückstands

4.4.5 Phyllosilikate

4.4.5.6 Chlorit

Chlorite sind Vierschichtminerale und bestehen aus negativ geladenen Talkschichten (2:1-Struk-tur) und positiv geladenen (Mg, Fe)(OH)6-Oktaeder-Zwischenschichten (Brucit-Schicht). Im Mischkristallsystem der Chlorite werden Mg-, Al-, Fe2+- und Fe3+-reiche Varietäten unterschie-den (RÖSLER 1991). Von den insgesamt vier in der Natur vertretenen Strukturvarianten tritt der IIb-Polytyp mit ca. 80 % am häufigsten auf (BAILEY & BROWN 1962, HEIM 1990). Er kann sowohl in Metamorphiten als auch als hydrothermale oder authigene Bildung vorkommen. Eine eindeutige Unterscheidung nach Herkunft und Genese ist daher bei trioktaedrischen Chloriten nicht möglich (HEIM 1990).

Aufgrund der Lage der (060)-Interferenzen (1,54 - 1,55 Å) handelt es sich bei den Chloriten des Unteren Muschelkalks um tri-/trioktaedrische Minerale. Chlorit liegt vorwiegend als IIb-Struk-tur vor, was anhand der Position charakteristischer (h0l)-Reflexe bei 2,01, 2,26, 2,45 und 2,59 Å nachvollzogen werden konnte (MOORE & REYNOLDS 1997). Aufgrund der geringen Chloritanteile in der Tonfraktion kann keine Aussage über die Existenz weiterer Polytypen gemacht werden.

Mit Ausnahme der Bohrung Obernsees kommt Chlorit zusammen mit Illit in nahezu allen Pro-ben vor. Sein Anteil liegt in der Tonfraktion der Profile Lengfurt, Pforzheim, Ühlingen und Waldshut im Durchschnitt bei 3,6 %. In der Siltfraktion ist Chlorit teilweise durch einen sehr schwachen Reflex bei 14Å zu erkennen.

In der Kernbohrung Obernsees tritt Chlorit nur in einer Probe in deutlicher Konzentration auf (OS 751,70). In den übrigen Proben der Tonfraktion konnten mit Ausnahme der Probe OS 796,80 keine Chlorite nachgewiesen werden (Abb. 4.29 b). Auch von LIPPMAN & BERTHOLD (1992) wurde das Mineral im Profil Geislingen am Kocher nur in zwei Proben identifiziert (Obere Schaumkalkbank und Basisschichten des mm).

Im Gegensatz dazu treten in der Tonfraktion der Bohrung Mersch wesentlich höhere Chloritgehalte auf. Wie Abbildung 4.23 zeigt, erscheint das Mineral neben Illit mit relativ schmalen Basis-reflexen, wobei das Verhältnis der (001)- bzw. (003)-Intensitäten zu den (002)- bzw. (004)-Intensitäten auf eine eisenreiche Varietät hindeutet (BROWN & BRINDLEY 1980). Der deutliche (002)-Reflex wird hierbei nicht durch die Existenz von Kaolinit verursacht. Das Mineral konnte in der Bohrung Mersch nicht nachgewiesen werden (s. Kap. 4.4.5.4).

Illit (001)

Illit (002)

Chlorit (003) Chlorit (002)

Chlorit (001)

208,14 m

so

I

II

mm so

I

II

mm so

I

II

mm Teufe

°[2ϑ]

5 20

Abb. 4.23: Tonmineralassoziation von Chlorit und Illit im Profil der Kernbohrung Mersch, I = Muschelsandstein, II = Tonige Wechselfolge (Stratigraphie nach SCHWARZ 1975).

In der Profilübersicht (Abb. 4.23) fällt auf, daß im Unteren Teil der Abfolge (I) die Chlorit- und Illitgehalte in der Tonfraktion etwas höher liegen als im oberen Teil (II). Die Zweiteilung der Abfolge entspricht dabei genau der von SCHWARZ (1975) vorgenommenen lithostratigraphischen Untergliederung in Muschelsandstein (I) und Tonige Wechselfolge (II).

Vor dem Hintergrund der Analysenergebnisse kann der höhere Illit- bzw. Chloritgehalt der unte-ren Sequenz nicht auf einen sedimentäunte-ren Wechsel des terrigenen Detrituseintrags zurückge-führt werden, sondern wird durch eine unterschiedliche Tonmineral-Neubildungsrate verursacht.

Aufgrund der höheren Permeabilität der Muschelsandstein-Schichten (I) gegenüber der Toni-gen Wechselfolge (II) muß im unteren Teil der Abfolge ein erhöhter Fluiddurchsatz anToni-genom- angenom-men werden, durch den ein verstärktes Illit- bzw. Chloritwachstum ausgelöst wurde. Die Ein-wirkung magnesiumreicher Fluide wird dabei durch das Auftreten von sekundär entstandenem Magnesit belegt, der die Karbonate häufig in Form von Umkristallisationen verdrängt (Kap. 4.1, Anhang: Taf. 3, Fig. 5 u. 6).

Die Illite der Kernbohrung Mersch besitzen des weiteren eine vergleichsweise hohe Kristallinität, was ebenfalls auf eine intensive diagenetische Überprägung hinweist (Kap. 4.6, Abb. 4.30 a).

Auch der niedrige Gehalt an Illit-Smektiten sowie das völlige Fehlen von Kaolinit läßt eine Zufuhr von K- bzw. Mg-haltigen Lösungen vermuten. Es muß daher angenommen werden, daß primär eingetragene Tonminerale wie Illit-Smektit oder Kaolinit im Verlauf der Diagenese zu Illit bzw. Chlorit umgewandelt wurden (s.a. LIPPMAN & PANKAU 1988, MASON & MOORE 1985).

Die auffallende Übereinstimmung mit der von SCHWARZ gezogenen Grenze (Abb. 4.23, Teufe:

208,14 m) ist somit nicht zufällig, sondern reflektiert die unterschiedliche Porosität bzw. Per-meabilität der stratigraphischen Einheiten. Analog dazu beschreibt SCHWARZ (1977) hohe Ma-gnesium- und niedrige Eisengehalte in den Muschelsandstein-Schichten sowie ein gegensätzli-ches Verhalten dieser Parameter in der Tonigen Wechselfolge. Die Tonmineralassoziation der Bohrung Mersch zeigt damit eine große Ähnlichkeit mit der von WEAVER (1989) und CHAMLEY

(1989) beschriebenen Illit/Chlorit-Fazies des spätdiagenetischen Stadiums.

In den entlang der Beckenachse gelegenen Profilen Pforzheim und Ühlingen kann an der Gren-ze zum Buntsandstein ein deutlicher Rückgang der Chloritgehalte beobachtet werden, der den lithologischen Wechsel zu den Röttonen markiert (Abb. 4.24, ab PF 67,53 bzw. UE 106,20).

Cps03000 Cps09000

67,53

Pforzheim Ühlingen

106,2

106,2 85,60 43,75

Teufe

Teufe

so mu

so 67,53 mu

Chlorit (001)

Chlorit (002) Illit (001)

Chlorit (001)

Chlorit (002) Illit (001)

Abb. 4.24: Rückgang der Chloritgehalte an der Röt/Muschelkalk-Grenze, Proben aus der Tonfraktion der Bohrungen Pforzheim und Ühlingen.

In der Bohrung Lengfurt kann diese Tendenz jedoch nicht nachvollzogen werden. Dort ist Chlorit bis zum Auftreten von Corrensit in nahezu gleichbleibender Konzentration auch im Buntsand-stein vorhanden. PAUL & FRANKE (1977) beobachteten dagegen im Bereich dieser Grenze eine Zunahme der Chloritgehalte im Röt. Ein eindeutig korrelierbarer Trend läßt sich auch im Be-reich der mu-Obergrenze nicht feststellen. Während Chlorit im Mittleren Muschelkalk der Boh-rung Pforzheim kaum mehr nachgewiesen werden kann, ist das Mineral in den Profilen Ühlin-gen und Waldshut als Durchläufer auch oberhalb der mu/mm-Grenze vorhanden. Im Bohrprofil Obernsees fehlt es dagegen nahezu vollständig.

Chlorite entstehen durch Zersetzung bzw. metasomatische Umwandlung magnesiumreicher Mafite (z.B. Pyroxene, Amphibole) und sind ein charakteristisches Mineral in den Gesteinen der Grünschieferfazies. Chlorit tritt darüber hinaus häufig in paläozoischen Tonschiefern bzw.

Phylliten sowie in metamorphen Gesteinsserien auf. Über die Herkunft und Stabilität von

Chloriten in jüngeren Sedimenten existieren in der Literatur zum Teil recht unterschiedliche Auffassungen. KÖSTER (1993) vertritt die Meinung, daß Chlorite, die in der Tonfraktion vor-kommen, sowohl detritischer als auch authigener Natur sein können. Ein gewisser Teil wird als sedimentäre Neubildung angesehen. Bei den Chloriten, die in der Fein- und Mittelsiltfraktion (2 - 20 µm) auftreten, handelt es sich dagegen um detritische Minerale der Pennin- oder Prochlorit-reihe, die aus Chlorit-Glimmerschiefern und anderen Metamorphiten stammen. Sie zeigen häu-fig Verwachsungen mit Muskovit (KÖSTER 1993). HELING (1988) nimmt an, daß Chlorite auf-grund ihrer Verwitterungsstabilität im wesentlichen unverändert in die Sedimente gelangen und unter Umständen mehrere sedimentäre Zyklen durchlaufen können. Er hält jedoch bei ausrei-chender Magnesiumzufuhr auch eine früh- bis spätdiagenetische Entstehung aus Smektiten bzw.

Kaoliniten für möglich. Dagegen stuft KONTA (1991) Biotite und Chlorite aufgrund ihrer hohen Fe- und Mg-Gehalte gegenüber chemischen Verwitterungseinflüssen als instabil ein. Diese Auf-fassung begründet er durch deren rasche Zersetzung in Bodenhorizonten der tropischen Klima-zonen. DRONKERT et al. (1990) interpretieren die Chlorite der Trias-Evaporite als primär detritische Minerale, welche im Zuge der Diagenese schwach rekristallisiert wurden. WALKER (1993) kommt zu dem Ergebnis, daß die weitverbreiteten Chlorite des IIb-Polytyps in Sedimenten bei Tempe-raturen unter 200°C ohne polymorphe Zwischenstufen in situ gebildet werden können.

Im marinen Milieu besitzen dioktaedrische Chlorite die Fähigkeit, Magnesium aus dem Meer-wasser aufzunehmen, was u.a. von GRIM & JOHNS (1954) experimentell nachgewiesen wurde.

Hinweise darauf ergeben sich auch aus den von LIPPMANN (1979) angegebenen Stabilitäts-beziehungen. Hohe Chloritkonzentrationen wurden daher beispielsweise auch in der magnesium-reichen Evaporitfolgen des Zechsteins und in der Salina Group (New York State, USA) beob-achtet (MOORE & REYNOLDS 1997). Auf den Aspekt einer möglichen sysnsedimentären Chloritbildung wird in Kapitel 4.7.1 näher eingegangen.