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Zerstörte od. beschädigte Gebäude

VI. Kanton Wallis (Tab. 82)

Goms und Lötschental waren die Gebiete mit den größten Schadenlawinen im Kanton Wallis.

Es darf immerhin festgestellt werden, daß die in frühem Zeiten verheerend aufgetretenen Lawinen im Goms nicht oder ohne wesentliche Schadenwirkung zu Tale gefahren sind. Die Verbauungen und Direktschutzbauten haben sich bewährt, wenn auch einzelne Ergänzungen und Erweiterungen unerläßlich sein werden. Besondere Erwähnung verdient der Ablenkdamm von Niederwald, der den Anprall von sechs Lawinen abwehrte und dadurch den östlichen Dorfteil vor einem folgenschwe-ren Unglück schützte. Der Großteil der Walliser Lawinen ist an Südexpositionen abgeglitten, was wohl teilweise auf die an Sonnenseiten bedeutend stärkere Besiedlungsdichte und die damit ver-bundenen größeren Rodungen und Abholzungen zurückzuführen ist.

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Zone I: Oberwallis bis V i s p i n k I. S i m p I o n (Tab. 83)

Bei Oberwald ging neben der öfters und diesmal besonders groß auftretenden Jostbach-Lawine (2) die bisher nur sehr selten beobach-tete Rätrisbach-Lawine (1) in gro-ßem Ausmaß nieder. Am östlichen Dorfrand prallten die Schneemas-sen vom Spaltkeil der Kirche ge-gen die Gebäude jenseits der Stra-ße und verursachten dort groStra-ßen Schaden. Die Kirche blieb unver-sehrt. Von den übrigen Lawinen des Obergoms stießen wohl einige in bedrohliche Nähe der Siedlun-gen vor, größere Schäden entstan-den jedoch nirgends.

Sehr ernst war die Lage im Bi nn a t a l und nur mit großem Glück wurde dieser abgelegene Ort nicht Schauplatz einer Katastrophe ähnlich jener am Ofenpaß. Sehr groß sind dagegen die materiellen Schäden. Die größten Schäden ver-ursachten die Gandhornlawine (26), die letztmals 1926 beobachtete La-wine von der Grauen Fluh (27) und die gewaltige, den Weiler Feld ge-fährdende Feldbach/Gartschlucht-Lawine (28). Als erste war um halb elf Uhr die bekannte Meilibach-La-wine (30) unmittelbar östlich Binn niedergegangen und hatte fünf Bauern verschüttet. Diese hatten zu ihren Ställen gelangen wollen, um das Vieh in Sicherheit zu brin-gen, als sie wenig außerhalb des Dorfes von der Lawine überrascht wurden. Leute aus dem Dorfe hat-ten aber ihr Verschwinden beob-achtet und schlugen sofort Alarm.

Zwei Grenzwächter mit einem La-winenhund trafen nach wenigen Minuten auf der Unglücksstelle ein.

Innert kurzer Zeit hatten sie zwei der Verschütteten, die den Kopf noch aus dem Schnee herausstreck-ten und um Hilfe riefen, befreit.

Un-terdessen waren weitere Helfer aus dem Dorfe eingetroffen. Wenige Meter neben den beiden Ge-retteten ragten die Arme eines weiteren Verunglückten aus dem Schnee. Der Vierte befand sich unter dem Körper eines der Ersteren. Während man mit der Befreiung der vier aufgefundenen Män-ner beschäftigt war, hatte der Hund ohne Führung die Umgebung abgesucht und begann plötzlich in einiger Entfernung zu bellen und zu scharren. Man sondierte an dieser Stelle und stieß in ca.

1 m Tiefe auf den Körper des letzten Vermißten. Es war Rudolf Imhof, der bereits das Bewußtsein verloren hatte und der künstlichen Atmung bedurfte. Er konnte aber ebenfalls gerettet werden.

Nach ungefähr einer halben Stunde waren so alle fünf Verschütteten befreit und die ganze Ret-tungsmannschaft verließ mit ihnen - Imhof mußte getragen werden - sofort die Lawine. Der Hund

Fig. 80 Lawinenkarte des Binnatales

.,Diepp" heulte ganz außergewöhnlich; ob er wohl weitere Gefahr witterte? Kaum tOMinuten nach-dem die Leute das Lawinenfeld geräumt hatten, kam vomEggerhorn eine zweite, größere Lawine und deckte die Schneemassen der ersten vollständig zu. Da sie bedeutend breiter war, zerstörte sie auch die nahe Sägerei. Wäre diese Lawine nur 10 Minuten früher abgestürzt, so hätte sie die ganze Rettungsmannschaft samt der vorher Verschütteten begraben und zu einem weit größeren Unglück geführt. Offen bleibt die Frage, ob der Hund .,Diepp" tatsächlich etwas von der nahen Gefahr spürte und mit seinem seltsamen Heulen die Leute warnen wollte? Ganz sicher ist, daß dank seiner Hilfe ein zweites Unglück verhütet wurde, da man ohne ihn den fünften Verschütteten nicht so rasch ge-funden hätte . .,Diepp" ist der erste Lawinenhund, der in unseren Alpen einen Verschütteten noch lebend aufzuspüren vermochte.

Zone II : V i s p bis S i er r e in k 1 u s i v e S e i t e n l ä 1 e r. (Tab. 84)

Die V i s p er t ä 1 er wurden in weit geringerem Ausmaß betroffen, als beispielsweise 1945.

Opfer entstanden keine.

Von den zahlreichen bekannten Lawinen des Mattertales gingen wohl die meisten nieder, groß jedoch nur dieSchweifinen- (15) und die Jungbach-Lawine (17). Erstere stürzte in selten großemAus-maß vom linksseitigen Talhang auf das Bahnhofareal von Zermatt nieder und richtete dort erhebli-chen Schaden an. Die Jungbach-Lawine verschüttete den Bahnkörper der Visp-Zermatt-Bahn auf 150m Länge. Am Dorfrand von St. Niklaus wurden zwei Mädchen zugedeckt; sie konnten jedoch rasch und unversehrt geborgen werden. Die Abstürze im Saastal verursachten neben unbedeuten-den Waldschäunbedeuten-den zahlreiche Unterbrüche des Straßenverkehrs.

Fig. 81 Lawinenkarte des Lötschentales

Aeußerst schwer betroffen wurde das L ö t s c h e n t a 1, wo am 20. Januar über 20 Schadenlawi-nen niedergingen. Neben den beträchtlichen Waldschäden, die in diesem waldarmen Tal doppelt schwer zählen, fielen den Schneemassen auch sechs Menschen zum Opfer. Wie außerordentlich die Situation war, beweist die Tatsache, daß das älteste Wohnhaus des Tales, das 1404 gebaute sog.

Hennenhaus in Eisten, vernichtet wurde. An einigen Stellen ist der Schutzwald der Siedlungen so stark mitgenommen worden, daß für diese nun verschärfte Gefahr besteht.

Großes Unheil traf den zur Gemeinde Blatten gehörenden ·weiler Eisten.

Am frühen Nachmittag des 20. Januar lösten sich im Bereich der oberen Waldgrenze des Blü-henden Brandes, ca. 2100 m ü. M., große Schneemassen (28.) Sie fanden in dem verlichteten Wald-bestand zu wenig Widerstand, um aufgehalten zu werden. Auf einer Fläche von nahezu 40 ha legten sie rund 1650 m3 Holz nieder und trafen schließlich, gegen Westen abgelenkt, das Dörfchen Eisten.

Einem Augenzeugenbericht entnehmen wir folgendes:

.,Sobald sich die Staubwolken verzogen hatten, bot sich ein Bild, das jeder Beschreibung spottete. Mitten im Dörfchen Eisten, zwischen der Saumstraße und der Kapelle, stand kein einziges Gebäude mehr. Sofort eilte ein Skifahrer zurück ins Dorf Blatten und alarmierte alles, was nur irgendwie möglich war. Die Sturmglocke rief alle zu Hilfe, um zu retten, was noch möglich war. In Eisten wurde fieberhaft gearbeitet, denn es galt, Menschenleben zu retten. Das Wohnhaus des Marinus Ritler war samt der Familie in den Schneemassen verschwunden und von der Familie waren fünf Menschen unter den Trümmern begraben.

Im unteren Teil des Dorfes war Walter Ruhin-Kalbermatten beim Vieh beschäftigt, und auch dieser war in der Lawine."

Von den insgesamt sieben verschütteten Personen wurden im Laufe des Nachmittags fünf ge-borgen; die Lebendrettung gelang aber nur beim 1940 geborenen Knaben Wendelirr Ritler, und zwar nach halbstündigem Wiederbelebungsversuch. Bei den geborgenen Opfern handelte es sich um

Genoveva Ritler-Bellwald, geb. 1909, und ihr Kind Viktoria, geb. 1941;

Viktoria Ritler, geb. 1893, sowie Walter Rubin-Kalbermatten, geb. 1914.

Während der Nacht mußten die Sucharbeiten eingestellt werden. Gegen Mittag des folgenden Ta-ges gelang es schließlich, die Leichen der beiden jüngsten Kinder der Familie Ritler zu bergen;

nämlich Rita, geb. 1942, und Hildegard, geb. 1950.

Fig. 82 Das teilweise zerstörte Dörfchen Eisten

Besonders hart wurde von der Unglücksbotschaft der Familienvater Ritler betroffen, der selbst seit mehreren Tagen mit seinem Vieh westlich Weißenried eingeschneit war und etwa 21

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Stunden nach dem Niedergang der Unglückslawine in Eisten eintraf.

"Welch ein Anblick bot sich ihm dort. Von seinem trauten Heim war nichts mehr zu sehen; Weib, Kinder, Haus und Habe, alles hat ihm das weiße Element geraubt, zertrümmert und vernichtet; nur sein einziger Knabe ist ihm geblieben." Außer dem Haus Ritler wurde noch das erwähnte alte ,Hennehaus' vollständig zerstört; mehr als zwei Dutzend Ställe fielen dieser gewaltigen Lawine zum Opfer. Von den 8 Ställen im Gerinn blieb nur ein einziger stehen; von den i2 verschütteten Ziegen kamen acht um."

Am 21. Januar riß eine Lawine in den sogenannten Angstwängen unter dem Emshorn in ca.

2400 m ü. M. an und fuhr durch eine Waldschneise bis auf die Höhe der Maiensäßsiedlung Grie-bjinen hinunter (53). Wenn auch der angerichtete Waldschaden gering ist, so verdient diese Lawine doch besondere Beachtung. Aus demselben Gebiet sind nämlich schon größere Niedergänge be-kannt, z. B. 1818, 1852, 1905, 1922, 1923, wobei mehrmals das Dorf Oberems (Leuk) gefährdet war;

1818 sollen dort sogar sechs Personen ums Leben gekommen sein. Leider wurden die zu Ende des letzten Jahrhunderts ausgeführten Verbauungen und Aufforstungen nicht genügend unterhalten, so daß man heute erneut vor der Frage steht, wie das Dorf Oberems zu schützen ist.

Z o n e I I I : U n t e r w a ll i s (Tab. 85)

Die materiellen Schäden im Unterwallis sind unbedeutend und betreffen hauptsächlich den Wald.

Ein vereinzelter Niedergang erfolgte am 21. Januar bei Champery (51). Bei der Bergstation der Seil-bahn Champery-Planachaux waren Arbeiter mit Schneeräumungsarbeiten beschäftigt, als ein sich wenig oberhalb lösendes Schneebrett über die Station wegfuhr. Drei Männer wurden einige hun-dert Meter mitgerissen und verschüttet: während zwei der Verschütteten mit dem Leben davon kamen, erlitt der Hilfsmechaniker Alphanse Marie, Vater von vier Kindern, den Lawinentod.

VII. Uebriges Alpengebiet 1. B er n er 0 b er l an d (Tab. 92)

Von den Berneralpen erhielten besonders die östlichen Teile große Niederschläge, welche zu Lawinengängen führten. Westlich des Kandertales kam es zu keinen Abstürzen. Die wesentlichsten Schäden entstanden an Alpgebäuden, Verkehrsunterbrüchen auf Straßen und Bahnen, sowie an Installationen der Kraftwerke Oberhasli. Die Schäden an Wald sind unbedeutend.

Von den bekannten Lawinen traten jene des Gadmentales und des Brienzersees in größerem Um-fange auf. Außerordentlichen Charakter hatte vor allem der Niedergang vom Balmi (11), der die Alphütten von Rotschalp-Läger zerstörte. Diese Alp hatte bisher als lawinensicher gegolten. Der Verkehr auf Bahn und Straße wurde durch mehrere Abstürze vom Brienzergrat unterbrochen. Auch auf der Balisalp entstanden bedeutende Verwüstungen an den Alpgebäuden vom Vorderen Staffel.

Für die übrigen Schäden sei auf Tab. 92 verwiesen.

2. 0 b walden (Tab. 91)

Die meist erst nachträglich festgestellten Lawinenschäden in den Alpgebieten dürften zur Mehr-zahl aus der Januarperiode herrühren. Bewohnte Gebiete wurden nirgends betroffen, und der Wald wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen. Große Schadenfälle ereigneten sich keine.

3. Sc h wy z

Aus den Bergen des Kantons Schwyz wurde nur eine Schadenlawine gemeldet: Von den, den Uebergang von Muotathal nach Riemenstalden nördlich flankierenden Hängen, stürzte vom Dri-angel eine Lawine gegen die Alpgebäude in der Goldplangg nieder. Ein großer Alpstall und die Alphütte eines Muotathaler Bauern wurden stark beschädigt. Seit Menschengedenken soll hier nie eine Lawine niedergegangen sein.

4. A p p e n z e ll A. Rh.

Die einzige Schadenlawine ging auf die Alphütten von "Hölzli", westlich des Kronberges, Ge-meindegebiet Hundwil, nieder. Ein Alpgebäude wurde zerstört.

5. Te s s in

Die Januarlawinenperiode erreichte die Tessineralpen in nur unbedeutendem Ausmaß. Zu Schä-den kam es nur in vereinzelten Fällen. Eine große WaldschaSchä-denlawine ging am 20. Januar NE Airolo im Val Canaria nieder, und oberhalb Brugnasco lösten sich gleichentags die Schneemassen am Föisc und glitten durch die restlichen Waldbestände NE der Ortschaft (I/11, 13). Außer 2 ha Wald wurden zwei Ställe zerstört. Der Lawine oberhalb Campello fiel ein Alpgebäude auf der Alpe di Cari zum Opfer. Aus der unteren Leventina wurde lediglich ein Waldschaden im Val d'Ambra gemeldet (II/48).