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1 GENERAL INFORMATION

3 ALLGEMEINE VERFAHREN UND TECHNIKEN ZUR VERMINDERUNG DER EMISSIONEN VON GROSSFEUERUNGSANLAGEN

3.3 Techniken zur Verminderung von Schwefeloxidemissionen

3.3.2 Sekundärmaßnahmen zur Verminderung von Schwefeloxidemissionen

3.3.3.1 Kalk-/Kalkstein-Nasswäscher

Die erste erfolgreich betriebene Kalk-Nasswaschanlage wurde 1972 von der Mitsui Miike Engineering Company (MIMC) im kohlebefeuerten Omuta-Kraftwerk von Mitsui Aluminium in Japan errichtet. Bei dieser Anlage wurde Kalksuspension verwendet und ein Schlamm aus Kalziumsulfiten/Sulfaten und Flugasche erzeugt, der in einen Teich ausgetragen wurde. Seitdem wurden Kalk-Nasswäscher in den USA allgemein eingesetzt, nicht aber sofort in anderen Ländern, insbesondere wegen des damit einher gehenden Flächenbedarfs zur Schlammlagerung. Die erste Gips erzeugende Kalkstein-Nasswaschanlage bei einem kohlebefeuerten Dampfkessel eines Versorgungsunternehmens wurde von MMEC im Takasago-Kraftwerk von EPDC (Electric Power Development Company) errichtet und nahm ihren Betrieb im Jahre 1975 auf. Anfänglich traten Probleme auf, aber der Grad der Betriebszuverlässigkeit liegt seit 1977 bei über 99 %.

Heute zählen Kalkstein-Nasswäscher zu den am weitesten benutzten REA-Verfahren (Abgasentschwefelung), mit einem Anteil von ca. 80 % der gesamten installierten REA-Kapazität. Abb. 3.8 zeigt ein typisches Flussdiagramm eines neueren Kalk/Kalkstein-Nass-REA-Systems. Kalkstein ist das allgemein verwendete Sorbens, weil er im großen Umfang in vielen Ländern benutzt wird und i.d.R. ungefähr drei bis vier Mal kostengünstiger ist als andere Sorbenzien. Bei früheren Anlagen wurde Kalk üblicherweise als Reagenz benutzt wegen seines besseren Reaktionsvermögens mit SO2. Allerdings wurde Kalk durch Kalkstein ersetzt, weil man das Risiko des Kalkkalzinierens verringern wollte, dessen Behebung energie- und kostenintensiv und zeitaufwändig ist. Trotzdem ist wegen der Forderung der Verwender von REA-Gips, dass dieser weiß sein muss, in einige Fällen Kalk anstelle von Kalkstein zu benutzen. In jedem Fall konnte bei der REA unter Verwendung von Kalkstein fast derselbe SO2-Abscheidungsgrad wie mit Kalk erzielt werden. Das Reaktionsvermögen von Kalkstein übt einen wichtigen Einfluss auf den Wirkungsgrad eines REA-Verfahrens aus; gegenwärtig existiert jedoch kein standardmäßiges oder normiertes Verfahren zum Prüfen der Reaktionsfähigkeit. Es werden auch andere Sorbenzien wie beispielsweise mit Magnesium angereicherter Kalk verwendet.

Abbildung 3.8: Flussdiagramm eines Nasswaschverfahrens der Kalk/Kalkstein-REA

Das aus dem Staubabscheidungssystem kommende Abgas passiert i.d.R. einen Wärmeaustauscher und gelangt in den REA-Absorber, wo SO2 im direkten Kontakt mit einer wässrigen Suspension aus fein gemahlenem Kalkstein ausgefällt wird, wobei der Kalkstein über 95 % CaCO3 aufweisen sollte. Frische Kalksteinsuspension wird kontinuierlich dem Absorber zugeführt. Das gewaschene Abgas passiert den Tröpfchenabscheider und wird über einen Schornstein oder einen Kühlturm in die Atmosphäre abgeleitet. Die Reaktionsprodukte werden dem Absorber entzogen und zur Entwässerung und weiteren Verarbeitung weiter geleitet.

Kalkstein-Nasswäscher unterteilen sich generell in zwei Kategorien, je nach der Art der Oxidation: die zwangsläufige Oxidation und die natürliche Oxidation. Die Oxidationsart wird durch die chemischen Reaktionen, den pH-Wert der Absorbenssuspension und das entsprechende Nebenprodukt bestimmt. Bei der zwangsläufigen Oxidationsart mit einem pH-Bereich von 5 bis 6, der bei nassen Kalksteinwäschern üblich ist, gibt es folgende chemische Reaktionen:

SO2 + H2O → H2SO3 (1) CaCO3 + H2SO3 → CaSO3 + CO2 + H2O (2) CaSO3 + ½O2 + 2H2O → CaSO4 • 2H2O (3) CaCO3 + SO2 + ½O 2 + 2H2O → CaSO4 • 2H2O + CO2 (4) CaSO3 + ½H2O → CaSO3 • ½H2O (5)

Die Reaktionen (1) und (2) haben alle Nass-REA-Systeme gemeinsam. Die Reaktion (3) zeigt die zwangsläufige Oxidation von Kalziumsulfit mit Luft und die Bildung (Kristallisation) von Kalziumsulfat-Dehydrat oder Gips bei dieser Oxidationsart. Bei dieser Art der zwangsläufigen Oxidation wird Luft am Unterteil des Absorbers zugeführt, damit Kalziumsulfit mit einem Oxidationsgrad von über 99 % zu Kalziumsulfat oxidiert.

Bei der natürlichen Oxidationsart wird Kalziumsulfit teilweise durch den im Abgas vorhandenen Sauerstoff oxidiert. Das Hauptprodukt ist Semihydrat (5). Das erzeugte Gemisch aus Kalziumsulfit-Semihydrat und Gips liegt als Schlamm vor.

Im unteren pH-Bereich von 4,5 bis 5,5 verläuft die chemische Reaktion anders. Nach der SO2-Absorption (1) ist das Primärprodukt der Neutralisation durch Kalkstein nicht Kalziumsulfit sondern Kalziumbisulfit Ca(HSO3)2

CaCO3 + 2H2SO3 → Ca(HSO3)2 + CO2 + H2O (6) Ca(HSO3)2 + ½O2 + H2O → CaSO4 - 2H2O + SO2 (7)

Kalziumbisulfit ist viel leichter löslich als Kalziumsulfit. Daher besteht beim Betrieb im niedrigen pH-Bereich ein geringeres Risiko der Gipsverkrustung und Verstopfung. Kalziumbisulfit oxidiert und kristallisiert und bildet Gips bzw. dehydriertes Kalziumsulfat (7).

In der Tabelle 3.4 wird der Vergleich zwischen der zwangsläufigen Oxidation und natürlichen Oxidation im Kalkstein-Nasswäscher dargestellt. Bei zwangsläufiger Oxidation lässt sich Wasser leicht entziehen, weil die Gipskristalle relativ groß sind. Zur primären Entwässerung werden i.d.R. Hydrozyklone verwendet, mit nachfolgendem sekundären Wasserentzug in Filtern oder Zentrifugen. Das Endprodukt mit einem Feststoffanteil von ungefähr 90 % lässt sich einfach handhaben und wird entweder hauptsächlich als Gips für Gipsverbände, Zement und Gipswandplatten verkauft und tritt an die Stelle von Naturgips, der zum Auffüllen von Bergwerksminen oder Deponien dient. Der Verkauf von Gips kann zur Reduzierung der allgemeinen Betriebskosten beitragen. Zum Verkauf angebotener Gips muss jedoch während des sekundären Wasserentzugs gewaschen werden, um lösliche Salze wie beispielsweise Chloride zu entfernen.

Modus Nebenprodukt

Tabelle 3.4: Vergleich zwischen Zwangsoxidation und natürlicher Oxidation

Das Nebenprodukt beim Betrieb mit natürlicher Oxidation besteht aus einem Gemisch, das sich nur schwer entwässern lässt. Dieses Gemisch besteht aus Kalziumsulfit-Semihydrat und Kalziumsulfat-Dehydrat. Für die primäre Entwässerung ist daher ein Eindicker erforderlich. Die sekundäre Entwässerung erfolgt mittels Filtern oder Zentrifugen. Im endgültigen Nebenprodukt verbleibt 40-50 % Wasser. In vielen Fällen wird es in einem Sammelbecken oder auf einer Deponie entsorgt, muss jedoch zuerst wegen seiner thixotropischen Natur mit Flugasche und Kalk vermischt werden. Der natürliche Oxidationsprozess wird hauptsächlich in den USA angewandt. Seine Zuverlässigkeit wurde verbessert, aber sie liegt noch immer nur bei ungefähr 95-99 % aufgrund der Gipsablagerungsprobleme. Es besteht eine Tendenz zur Umstellung vom natürlichen Modus zum Zwangsoxidationsmodus, weil dieser Gips qualitativ besser ist als der Schlamm, auch für Deponiezwecke.

Die Konfiguration von nassen Kalksteinwäschern wird allgemein in vier Typen unterteilt (a, b, c und d) wie in der Abb. 3.9 dargestellt. Hier werden c und d im Zwangoxidationsmodus dargestellt, die Umstellung auf natürliche Oxidation und damit zum Schlammrückstand wäre jedoch möglich, indem die Luftzufuhr im Oxidationsbehälter begrenzt wird.

Abbildung 3.9: Verschiedene Typen von Kalk/Kalkstein-Nasswäschern [38, Soud, 2000]

Flue gas outlet: Abgasaustritt;

Water: Wasser;

Limestone + water: Kalkstein und Wasser;

Flue gas inlet: Abgaseintritt;

Prescrubber: Vorwäscher;

Oxidation vessel: Oxidationsbehälter;

Sulphuric acid: Schwefelsäure;

Air: Luft;

Gypsum: Gips;

Waste water: Abwasser

Typ (a) und Typ (b) verwenden einen zusätzlichen Oxidationsbehälter und werden hier nicht weiter behandelt, weil Oxidationsbehälter nur zu Forschungszwecken benutzt wurden und heute keine Anwendung mehr finden.

Typ (c) erfordert keinen separaten Oxidationsbehälter. Hier wird die Oxidationsluft in den Boden des Absorbers zur Gipsbildung eingeblasen. Dieses Oxidationsverfahren wird gewöhnlich als in-situ-Oxidation bezeichnet und gilt gegenwärtig als das am weitesten verbreitete Verfahren. Erfolgt die Oxidation in einem Oxidationskessel, so wie bei den Typen (a) und (b), so wird der Prozess ex-situ-Oxidation genannt. Obgleich ein Vorwäscher vor allem HCl und HF abscheiden soll, entfernt er bei niedrigem pH-Wert auch Quecksilber sowie lFeinstaub, der andere Spurenelemente enthalten kann. In Japan sind viele neue REA-Anlagen des Typs (c) wegen der erzielten hohen Gipsqualität und ausgezeichneten Verfügbarkeit installiert worden, wobei mögliche Probleme vermieden werden, die ohne Vorwäscher auftreten können.

Eine Hauptentwicklung bei der REA-Technologie ist der Wegfall des Oxidationsbehälters bzw. die Umstellung von der zur in-situ-Oxidation. Die in-situ-Oxidation weist viele Vorteile gegenüber der ex-situ-Oxidation auf.

• erstens verhindert in-situ-Oxidation Probleme der Gipsverkrustung und Verstopfung durch die vollständige Oxidation des Produktes im Absorber, wodurch eine höhere Betriebszuverlässigkeit erzielt wird. Wegen der Teiloxidation des Produkts durch den Sauerstoffanteil im Abgas kommt es zur Gipsablagerung im Absorber;

• zweitens wird mittels der in-situ-Oxidation ein besserer SO2-Abscheidungsgrad erzielt im Gegensatz zur ex-situ-Oxidation.

• drittens muss festgestellt werden, dass die in-situ-Oxidation den Wirkungsgrad der SO2-Abscheidung, selbst bei niedrigen pH-Werten erhöht, weil H2SO4, die bei der Oxidation von H2SO3 durch Luftzufuhr entsteht, schnell mit Kalkstein reagiert. Zudem ist der Umsetzungsgrad von Kalkstein aufgrund der höheren Löslichkeit von Kalkstein bei niedrigen pH-Werten höher als bei der ex-situ-Oxidation. Das molare Ca/S-Verhältnis liegt zwischen 1,01 bis 1,05.

Ein weiterer Vorteil der in-situ-Oxidation ist die Möglichkeit, die Bildung von S2O3 zu verringern. Dies ist ein Nebenprodukt der Nebenreaktion der SO3-Oxidation und ist eine Substanz die den chemischen Sauerstoffbedarf beeinflusst (CSB). Durch die CSB-Verringerung auf ein Fünftel bis zu einem Zehntel im Abwasser kann der Aufwand für die Abwasseraufbereitung reduziert werden. Auch ist es nicht nötig, H2SO4 zur Oxidation hinzuzufügen, im Gegensatz zu den Typen (a) und (b). Das Aufkommen des in-situ-Verfahrens der Zwangsoxidation hat die Anwendung von nassen Kalksteinwäschern attraktiver gemacht.

Typ (d) verfügt über die einfachste Konfiguration unter den nassen Kalksteinwäschern und ist jetzt das führende REA-Verfahren geworden. Alle chemischen Reaktionen laufen in einem integrierten Einzelabsorber ab. Dadurch können die Investitionskosten sowie der Stromverbrauch gesenkt werden. Bei Typ (d) wurden seit Ende der 80-er Jahre ein hoher Zuverlässigkeitsgrad und angemessene Gipsqualität erzielt. Ein integrierter Einzelturm erfordert weniger Platz, wodurch das Nachrüsten vorhandener Dampfkesselanlagen erleichtert wird.

In Deutschland sind die neuesten REA-Anlagen die des Typs (d). In den USA wird der Typ (d) auch allgemein wegen seiner geringen Kosten und des hohen Wirkungsgrads gern verwendet.

Der Konstruktionsweise des Absorbers kommt bei Nass-REA-Systemen wesentliche Bedeutung zu. In der Abbildung 3.10, REA-Anlagen, werden Beispiele verschiedener Absorbertypen dargestellt, wobei alle chemischen REA-Reaktionen zusammen auftreten.

Abbildung 3.10: Verschiedene Absorbertypen [33, Ciemat, 2000]

Type 1 Spray tower: Typ 1 - Sprühturm;

Type 2 Packed tower: Typ 2 - gepackter Turmabsorber;

Type 3 Jet bubbling reactor: Typ 3 Jet Bubbling-Reaktor;

Type 4 Double loop tower: Typ 4 Double-Loop-Turm;

Spray tower: Sprühturm;

Mist eliminators: Tröpfchenabscheider;

Water: Wasser;

Limestone, water: Kalkstein, Wasser;

Gypsum: Gips